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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server, A. Tschentscher | |||
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2. Auszug aus dem Urteil |
vom 4. Februar 1976 |
i.S. Bregy gegen Gemeinde Freiburg und Rekurskommission in Steuersachen des Kantons Freiburg. | |
Regeste | |
Regeste |
1. Delegation rechtsetzender Befugnisse vom kantonalen an den kommunalen Gesetzgeber; Voraussetzungen (E. 3b). |
2. Willkürlich breite Festsetzung der abgabepflichtigen Altersklassen in einem Fall, wo das Feuerwehrkorps aus einer beschränkten Zahl besonders ausgebildeter Freiwilligen besteht? (E. 5) |
3. Bemessung der Ersatzabgabe; Verhältnismässigkeitsprinzip (E. 6b). | |
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A.- Das freiburgische Gesetz vom 12. November 1964 betreffend die Feuerpolizei und den Schutz gegen Elementarschäden (kurz: FPG) bestimmt über die Dienstpflicht und die Ersatzabgabepflicht folgendes:
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"Art. 43. Dienstpflicht
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In der Gemeinde können die dort ansässigen Männer, gleich welcher Nationalität, verpflichtet werden, Feuerwehrdienst zu leisten durch Einteilung in das Feuerwehrkorps.
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Diese Verpflichtung kann alle Männer treffen, welche das 20. Altersjahr vollendet und das 50. noch nicht erreicht haben. Im Bedarfsfall kann die Altersgrenze auf 60 Jahre hinaufgesetzt werden. Jugendliche können ab 18 Jahren zum Feuerwehrdienst verpflichtet werden.
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Art. 44. Altersklassen
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Die Gemeinden setzen nach ihren Bedürfnissen die Altersklassen fest, die zum Feuerwehrdienst eingezogen werden können, beziehungsweise zur Entrichtung der Feuerwehrersatzsteuer verpflichtet sind. Zur Erhaltung des notwendigen Mannschaftsbestandes sind dem Korps regelmässig genügend Männer einzugliedern.
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Art. 45. Feuerwehr-Ersatzsteuer
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Die Männer, die nicht zum Feuerwehrdienst eingeteilt sind, aber sich im dienstpflichtigen Alter befinden, haben eine jährliche Feuerwehr-Ersatzsteuer zu entrichten.
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Der Steuersatz wird durch die Gemeindeversammlung unter Vorbehalt der Genehmigung durch den Staatsrat festgesetzt.
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Die Bestimmungen des Gesetzes über die Gemeindesteuern sind anwendbar."
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Gestützt auf dieses Gesetz hat die Stadtgemeinde Freiburg am 20. Februar/15. März 1968 ein "Règlement de perception de la taxe d'exemption du service dans le bataillon des sapeurs-pompiers" (Feuerwehr-Ersatzabgabe-Reglement, kurz FERegl) erlassen, das vom Staatsrat am 17. November 1969 genehmigt worden ist. In diesem Reglement bestimmt Art. 1:
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"Tout homme, quelle que soit sa nationalité, habitant la Commune de Fribourg, et non incorporé dans le bataillon des sapeurs-pompiers, est astreint au paiement d'une taxe annuelle d'exemption à partir du 1er janvier de l'année dans laquelle il atteint l'âge de 20 ans jusqu'au 31 décembre de celle dans laquelle il aura atteint l'âge de 50 ans." ![]() ![]() | 12 |
"La Taxe d'exemption s'élève au 7% de la cote d'impôt communal; le minimum de la taxe est fixé à Fr. 10.--, quelle que soit la durée de l'assujettissement pendant l'année et le maximum à Fr. 80.-- par année."
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Oswald Bregy wehrte sich gegen die Rechnung vom 16. Mai 1974, mit der von ihm die Feuerwehrabgabe der Stadt Freiburg für 1973 und 1974 erhoben wurde. Seine Einsprache wurde jedoch nicht geschützt, und einen Rekurs wies die Kantonale Rekurskommission in Steuersachen (KRK) mit Entscheid vom 11. Oktober 1974 ab. Mit staatsrechtlicher Beschwerde gestützt auf die Art. 4 und 22ter BV verlangt Bregy die Aufhebung des letztgenannten Entscheids.
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Auszug aus den Erwägungen: | |
Aus den Erwägungen:
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Erwägung 3 | |
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a) Der Beschwerdeführer gibt selber zu, dass er diesen Einwand im kantonalen Verfahren nicht erhoben hat, sondern erst vor Bundesgericht vorbringt. Bei Willkürbeschwerden und bei Beschwerden, wo die Rüge, eine andere Verfassungsbestimmung sei verletzt, mit jener der Willkür zusammenfällt, sind jedoch nach der Rechtsprechung zu Art. 87 OG neue rechtliche oder tatsächliche Vorbringen im bundesgerichtlichen Verfahren grundsätzlich ausgeschlossen, und zwar selbst dann, wenn die letzte kantonale Instanz freie Kognition besass und das Recht von Amtes wegen anzuwenden hatte (BGE 99 Ia 122 E. 4a und 98 Ia 52 E. 1, mit Hinweisen). Nun ruft der Beschwerdeführer Art. 22ter BV zu Unrecht an. Bei öffentlichen Abgaben käme die Anrufung der Eigentumsgarantie zum vornherein nur bei einer geradezu konfiskatorischen Besteuerung in Frage (BGE 99 Ia 648 E. 7 und 94 I 116 E. 4a, mit Hinweisen); davon und auch von einem schwerwiegenden Eingriff kann vorliegend bei einer Abgabe von höchstens Fr. 80.-- jährlich (Art. 5 FERegl.) offensichtlich nicht die ![]() ![]() | 17 |
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Nach Art. 76 KV hat das Gesetz alles anzuordnen, was auf die politische Einrichtung und die Verwaltung der Gemeinden Bezug hat. Die Kantonsverfassung schliesst aber die Delegation gewisser Gegenstände an den Gemeindegesetzgeber (die Gemeindeversammlung) nicht aus. Das Gemeindegesetz vom 19. Mai 1894 bestimmt in Art. 72c, dass die Gemeindeversammlungen die "direkten oder indirekten Auflagen" beschliessen, deren Höhe gemäss Art. 73 vom Staatsrat zu genehmigen ist. Die Kantonsverfassung verlangt aber nicht, dass die von der Gemeinde erhobenen Abgaben ihrem Masse nach in einem formellen kantonalen Gesetz verankert sein müssen. Es scheint auch zweckmässig, dass nicht der kantonale, ![]() ![]() | 19 |
Das in Art. 5 FERegl festgelegte Abgabenmass - nämlich 7% des Gemeindesteuersatzes, mit einem Minimum von Fr. 10.-- und einem Maximum von Fr. 80.-- pro Jahr - ist im übrigen nach den vom Beschwerdeführer unbestrittenen Erklärungen des Gemeinderates regelmässig von der Steuerpflichtigenversammlung (Art. 5, 6 und 8 des Gemeindegesetzes) beschlossen worden, was die KRK in ihrem Entscheid übersehen hat. Die Bezeichnung "Gemeindeversammlung" in Art. 45 Abs. 2 FPG ist allerdings etwas ungenau, enthält aber keine vom Gemeindegesetz abweichende Kompetenzbestimmung. Die Grundsätze der Gewaltentrennung und der Referendumsdemokratie sind also sowohl in der kantonalen gesetzlichen Regelung wie in der Praxis der Gemeindebehörden beachtet worden.
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Erwägung 5 | |
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KRK und Stadtrat Freiburg bestätigen, dass das Feuerwehrkorps der Stadt Freiburg aus Freiwilligen besteht und dass ein Feuerwehrdienst mit allgemeiner Dienstpflicht nicht mehr durchführbar wäre. Nach ihrer Meinung ist jedoch die Ersatzabgabe aufgrund der allgemeinen Dienstpflicht dennoch sinnvoll. Der Gesetzgeber habe mit dem FPG den Willen bekundet, dass weder die Gesamtheit der Steuerzahler noch ein kleiner Kreis, sondern eine möglichst grosse Zahl grundsätzlich Dienstpflichtiger die Kosten der Brandbekämpfung tragen sollte.
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Das Bundesgericht hat jedoch lediglich zu prüfen, ob der kommunale Gesetzgeber den Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit überschritten hat. Dabei fällt zunächst in Betracht, ob er ![]() ![]() | 25 |
Diese Regelung traf der kantonale Gesetzgeber am 10. Mai 1963, also in einem Zeitpunkt, als die Stadtgemeinde Freiburg das Milizsystem bereits aufgegeben hatte. Aufgrund der Materialien (Amtl. Tagblatt der Sitzungen des Grossen Rates des Kantons Freiburg, Bd. 116/1964: Botschaft des Staatsrates S. 219, Berichterstattung S. 329 ff., Beratung S. 347 f.) ist anzunehmen, dass der kantonale Gesetzgeber an der Regelung der Gemeinde Freiburg, der Institution des berufsmässig ausgebildeten Freiwilligenkorps, nichts ändern, sondern auch für diese die gesetzliche Grundlage liefern wollte. Es konnte also ohne Willkür angenommen werden, das FERegl liege innerhalb des gesetzlichen Rahmens. b) Es bleibt die Frage, ob FERegl und FPG mit der Altersklassenfestsetzung ![]() ![]() | 26 |
Ob es sinnvoller wäre, die Abgabe - wie der Beschwerdeführer vorschlägt - von jenen zu erheben, die aus der Einrichtung einen besonderen Nutzen ziehen (z.B. die Hauseigentümer) kann dahingestellt bleiben, da es in der Freiheit des kommunalen Gesetzgebers liegt, eine andere Lösung zu wählen. Aus Art. 4 BV lässt sich nicht eine bestimmte Methode der Besteuerung ableiten (BGE 96 I 66 E. 2, 567 E. 3a). Immerhin ist zu bemerken, dass auch die vom Beschwerdeführer vorgeschlagene Lösung ihre unbefriedigenden Seiten hat, da nicht nur die Hauseigentümer, sondern auch die übrigen Einwohner als Mieter oder etwa Autohalter einen direkten Nutzen von der Feuerwehr haben.
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Ist aber die angefochtene Regelung nicht als sinnlos zu betrachten, so hat sie vor Art. 4 BV Bestand und muss angewandt werden.
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Erwägung 6 | |
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Die Rechtsnatur der zu beurteilenden Abgabe scheint fraglich. Art. 45 FPG spricht von einer "Feuerwehr-Ersatzsteuer", was eher auf eine (Feuerwehr-)Sondersteuer hinweist, wie sie z.B. in den Kantonen Zürich (Kommentar REIMANN/ZUPPINGER/SCHÄRRER, Bd. IV N. 16 und 24 zu §§ 135-184 StG) ![]() ![]() | 30 |
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