![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server, A. Tschentscher | |||
![]() | ![]() |
36. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung |
vom 11. Oktober 1990 |
i.S. R. und Kons. gegen I. AG, Gemeinde Salouf und Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, Kammer 4 |
(staatsrechtliche Beschwerde) | |
Regeste |
Anforderungen an die Publikationspflicht bei Nutzungsplanänderungen (Art. 33 RPG, Art. 4 BV). Nichtigkeit und Anfechtbarkeit bei mangelhafter Publikation. |
1. Entspricht die Publikation einer Teilrevision eines Zonenplans den Anforderungen von Art. 33 RPG und Art. 4 BV, wenn sie einzig im Anschlagkasten der Gemeinde bekanntgemacht wird? Frage offengelassen (E. 2b). |
2. Entspricht die nach ortsüblicher Praxis erfolgte Veröffentlichung einer Zonenplan- und Baugesetzänderung im Anschlagkasten der Gemeinde den Anforderungen von Art. 33 RPG und Art. 4 BV nicht, liegt nur ein anfechtbarer rechtlicher Mangel des Publikationsverfahrens vor, der keine Nichtigkeit der publizierten Änderung zur Folge hat (E. 2c). | |
![]() | |
A. | |
Am 2. Dezember 1988 wurde am sogenannten "schwarzen Brett", dem öffentlichen Anschlagkasten der Gemeinde Salouf ein Antrag auf Änderung des kommunalen Baugesetzes bekannt gemacht, welcher vorsah, dass die Quartierplanpflicht im Gebiet Pulens aufgehoben und verschiedene Bauvorschriften geändert wurden. Innert der gesetzlichen Frist wurden keine Einwendungen erhoben. Der in der Folge von der Gemeindeversammlung am 9. Mai 1989 gefasste zustimmende Beschluss wurde am 10. Mai 1989 erneut am "schwarzen Brett" bekannt gemacht, wobei darauf hingewiesen wurde, dass Beschwerde an die Regierung des Kantons Graubünden als Genehmigungsbehörde erhoben werden könne. Mit Beschluss vom 3. Juli 1989 genehmigte die Regierung die Ergänzung des Baugesetzes und den geänderten Teilzonenplan Pulens. Die Aufhebung der Quartierplanpflicht wurde damit rechtskräftig. Am 3. Oktober 1989 reichte die I. AG ein Baugesuch für die Erstellung eines 6-Familienhauses auf Parzelle Nr. 192 in ![]() ![]() | 1 |
Auszug aus den Erwägungen: | |
Aus den Erwägungen:
| 2 |
Erwägung 2 | |
3 | |
4 | |
![]() | 5 |
Im vorliegenden Falle geht es nicht um die Publikation des Baugesuches der Beschwerdegegnerin I. AG, welches die Beschwerdeführer zum Anlass ihrer Einwendung der Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse genommen haben. Massgebend ist vielmehr allein die Frage, ob die sowohl vom kantonalen Recht als auch vom Bundesrecht verlangte öffentliche Auflage von Nutzungsplänen bzw. Nutzungsplanänderungen in rechtsgenügender Weise durchgeführt wurde. Zur Beantwortung dieser Frage ist zu beachten, dass die bundesrechtlich angeordnete Auflage nicht nur dazu dient, die Information und Mitwirkung der Bevölkerung im Sinne von Art. 4 RPG zu ermöglichen. Sie steht vielmehr im Dienste des Rechtsschutzes, wie der 5. Titel des Raumplanungsgesetzes zu den Art. 33 und 34 RPG festhält (LEO SCHÜRMANN, Bau- und Planungsrecht, 2. Auflage, S. 281 ff.). Dabei ist weiter zu beachten, dass im vorliegenden Falle nicht nur die baurechtliche Grundordnung der Gemeinde, sondern der Teilzonenplan für das Ferienhausgebiet Pulens geändert wurde, in welchem nach der früheren Ordnung die Quartierplanpflicht galt. Als ein der baurechtlichen Grundordnung nachgeordnetes, der Erschliessung des Teilgebietes Pulens und der Gestaltung seiner Überbauung dienendes Instrument (Art. 38 des kantonalen Raumplanungsgesetzes vom 20. Mai 1973, KRG) räumte diese Regelung den Eigentümern von Grundstücken im Quartierplangebiet eine weitergehende Mitsprache ein (Art. 45 KRG). Die von der Gemeindeversammlung am 9. Mai 1989 beschlossene Änderung des Teilzonenplanes nahm den Grundeigentümern und damit auch den Beschwerdeführern diese Mitsprachemöglichkeit.
| 6 |
Der vom Verwaltungsgericht zur Stützung seiner Auffassung angeführte BGE 106 Ia 310 bezieht sich auf die Frage der Gesamtrevision von Bauvorschriften und Zonenplan, wie sich aus E. 1a ergibt. Das Bundesgericht bezeichnete es jedenfalls nicht als ![]() ![]() | 7 |
8 | |
Nichtigkeit, d.h. absolute Unwirksamkeit einer Verfügung, wird nur angenommen, wenn der ihr anhaftende Mangel besonders schwer ist, wenn er offensichtlich oder zumindest leicht erkennbar ist und wenn zudem die Rechtssicherheit durch die Annahme der Nichtigkeit nicht ernsthaft gefährdet wird (BGE 104 Ia 176 f. E. 2c mit Verweisungen). Ein Publikationsverfahren durch Anschlag am amtlichen Anschlagbrett einer kleinen Gemeinde, das an sich nach den Anforderungen des kantonalen Rechts als ortsüblich zu bezeichnen ist, kann nicht als schwerwiegender Verfahrensfehler im Sinne der Rechtsprechung bezeichnet werden. Die ![]() ![]() | 9 |
Diese Feststellung besagt nicht, dass Eigentümer, welche wegen einer allenfalls mangelhaften Publikation benachteiligt sind, schutzlos sind. Der Mangel erlaubt ihnen die Anfechtung der Verfügung. Doch können sie mit einer Anfechtung nicht beliebig lange zuwarten. Sie müssen vielmehr das ihnen zustehende Rechtsmittel ergreifen, nachdem sie vom Mangel Kenntnis erhalten haben (BGE 102 Ib 93 E. 3).
| 10 |
11 | |
Von einer rechtzeitigen Anfechtung des Gemeindeversammlungsbeschlusses haben die Beschwerdeführer nach ihrer eigenen Darstellung bewusst abgesehen. Sie hätten, nachdem sie spätestens an der Aussprache mit einer Delegation des Gemeindevorstandes ![]() ![]() ![]() | 12 |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |