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2. Auszug aus dem Urteil vom 26. Januar 1972 i.S. X. AG gegen Y. und Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich. | |
Regeste |
Art. 4 BV; Akteneinsicht. | |
Sachverhalt | |
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A.- Im Jahre 1960 gründete die Beschwerdeführerin X. AG einen internationalen Immobilien- und Wertschriften-Anlagefonds. Im Frühjahr 1969 wurde gegen den Direktor der X. AG, der auch dem Verwaltungsrat dieser Firma angehörte, wegen Veruntreuungen ein Strafverfahren eingeleitet. Mit Verfügung vom 26. September 1969 entzog die Eidg. Bankenkommission gestützt auf Art. 44 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Anlagefonds (AFG) der X. AG die Bewilligung zur Geschäftstätigkeit und ernannte an ihrer Stelle für den in Liquidation befindlichen Anlagefonds die Treuhandgesellschaft Y. als Sachwalterin; ferner wurde die X. AG verpflichtet, für Ansprüche der Anleger den Betrag von 3,5 Millionen Franken bei einer Bank sicherzustellen. Die Bankenkommission begründete diesen Entscheid damit, dass die X. AG ihre gesetzlichen und vertraglichen Pflichten mehrfach grob verletzt habe. Eine hiegegen erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde wies das Bundesgericht ab (BGE 96 I 474).
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B.- Am 21. Juli 1970 reichte die Sachwalterin bei der Bezirksanwaltschaft Zürich gegen die verantwortlichen Organe und Hilfspersonen der X. AG und weitere Beteiligte Strafanzeige wegen Betruges ein. Die Bezirksanwaltschaft nahm in der Folge am Sitz der X. AG eine Hausdurchsuchung vor, wobei ein grosser Teil der Akten dieser Firma und damit des Anlagefonds beschlagnahmt wurde. Am 21. Mai 1971 verfügte die ![]() | 3 |
C.- Gegen den Rekursentscheid der Staatsanwaltschaft führt die X. AG staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde, soweit es darauf eintritt, ab.
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Aus den Erwägungen: | |
4. a) Die Hauptfrage, welche die Beschwerdeführerin aufwirft, ist die, ob die kantonalen Behörden der Y. in Verletzung des Art. 4 BV Einsicht in die beschlagnahmte Buchhaltung der X. AG gewährt haben. Nach § 34 StPO ist es den Beamten und Angestellten untersagt, aus den Akten einer schwebenden Untersuchung Mitteilungen an Drittpersonen zu machen. Vorbehalten bleiben die Fälle, in denen solche Mitteilungen für den Zweck der Untersuchung förderlich sind. Nach § 10 Abs. 3 StPO ist dem Geschädigten Gelegenheit zu geben, Einsicht in die Akten zu nehmen, soweit dies ohne Gefährdung des Untersuchungszweckes geschehen kann. Eine allgemeine, für das Zivil- und Strafverfahren geltende Vorschrift über die Einsicht Dritter in Gerichtsakten findet sich in § 186 a des zürcherischen Gerichtsverfassungsgesetzes. Es wird in den genannten gesetzlichen Regeln nicht ausdrücklich bestimmt, dass auch Behörden einen Anspruch auf Einsicht in Strafakten haben. Es entspricht aber, wie mit Grund angenommen werden kann, allgemeiner Ansicht und Praxis, einer Behörde unter bestimmten Voraussetzungen Einsicht in Strafakten zu gewähren. Die Beschwerdeführerin anerkennt das in ihrer Replik selber, und in der Rechtslehre wird die Ansicht vertreten, das Akteneinsichtsrecht sei gegeben, wenn ein schutzwürdiges rechtliches Interesse glaubhaft gemacht werde, das mit der Amtsfunktion der ersuchenden Behörde im Zusammenhang steht (HAUSER/HAUSER, Kommentar zum Gerichtsverfassungsgesetz, 3. A., S. 613 f.; HARTMANN, Die Stellung des Geschädigten sowie von Dritten im zürcherischen Strafprozess, Separatabzug aus: Kriminalistik 1971, S. 15; KEHL, Die gegenseitige Akteneditionspflicht, Zürich ![]() | 6 |
Nach den Erwägungen des angefochtenen Entscheids muss allerdings ein schutzwürdiges rechtliches Interesse glaubhaft gemacht werden, das mit der amtlichen Funktion in Zusammenhang steht. Die Annahme ist nicht willkürlich, die Y. könne ein solches Interesse geltend machen. Nach Art. 43 VV AFG hat der Sachwalter Bestand und Umfang des Fondsvermögens festzustellen, Ansprüche auf Einwerfung der dem Anlagefonds widerrechtlich entzogenen oder vorenthaltenen Vermögenswerte geltend zu machen und Tatbestände zu erforschen, die ![]() | 7 |
In den Erwägungen des angefochtenen Entscheids wird auf einen frühern, grundsätzlichen Entscheid der Staatsanwaltschaft verwiesen. Nach ihm genügt nicht ohne weiteres, dass eine Amtsstelle ein rechtlich geschütztes Interesse an der Akteneinsicht glaubhaft macht. Dieses Interesse muss vielmehr jenes des Betroffenen an der Verweigerung des Einsichtsrechts überwiegen. Dieser Gedanke liegt auch dem bereits genannten Urteil des Bundesgerichts vom 1. Oktober 1969 (i.S. Senn, nicht publ. Erw. 3 a, S. 16 f.) zugrunde. Das Bundesgericht hat in diesem Zusammenhang zu prüfen, ob die kantonalen Behörden bei der Interessenabwägung das ihnen in diesem Bereich zustehende Ermessen missbraucht und die widerstreitenden Interessen in offensichtlich unhaltbarer Weise gegeneinander abgewogen haben. Ein solcher Verstoss gegen Art. 4 BV kann im zu beurteilenden Fall den kantonalen Behörden nicht zur Last gelegt werden. Wie ausgeführt, konnten sie mit sachlichen Gründen annehmen, die Y. habe ein ganz erhebliches Interesse an der Akteneinsicht, um ihre öffentlichen Aufgaben erfüllen zu können. Die X. AG begründet ihr Interesse an der Geheimhaltung gegenüber der Y. damit, diese sei ihr gegenüber feindselig eingestellt und sie könnte aus den Akten zivilrechtliche Schadenersatzansprüche konstruieren. Glaubt die Beschwerdeführerin, ![]() | 8 |
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