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32. Urteil vom 3. Mai 1972 i.S. Bulletti gegen Kantone Solothurn und Freiburg. | |
Regeste |
Doppelbesteuerung. |
2. Nichtkaufmännische Kollektivgesellschaft, die aus Angehörigen einer Familie besteht und sich ausschliesslich mit der Verwaltung des gemeinsamen Vermögens der Gesellschafter befasst. Handelt es sich um eine gewöhnliche Vermögensverwaltung und besitzt die Gesellschaft keine ständigen körperlichen Anlagen und Einrichtungen für einen Geschäftsbetrieb, so sind die einzelnen Gesellschafter für ihren Anteil am Gesellschaftsvermögen und andessen Ertrag nicht an dem im Handelsregister eingetragenen Sitz der Gesellschaft, sondern an ihrem Wohnsitz zu besteuern (Erw. 3). | |
Sachverhalt | |
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Im Jahre 1963 wurde die Kropf & Co (unter Änderung der Firma in Kropf & Cie) in eine Kollektivgesellschaft umgewandelt und ihr Sitz nach Freiburg verlegt. Gesellschaftszweck ist nur noch die "Verwaltung der Vermögen der Gesellschafter". Die Gesellschaft besteht aus sechs Angehörigen des Karl Kropf-Steffen, die zu je 1/6 am Gesellschaftsvermögen beteiligt sind, darunter Frau Dory Bulletti-Kropf, die mit ihrem Ehemann ![]() | 2 |
Bis 1967 wurden die Gesellschafter für ihre Anteile und deren Ertrag in Freiburg besteuert, wobei der Kropf & Cie die gleichen Steuerprivilegien wie einer Holdinggesellschaft gewährt wurden.
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Im Jahre 1967 nahmen die Solothurner Steuerbehörden an, es rechtfertige sich nicht, die nichtkaufmännische Kollektivgesellschaft Kropf & Cie weiterhin wie eine kaufmännische Kollektivgesellschaft zu behandeln und die Besteuerung des Anteils von Frau Dory Bulletti-Kropf dem Kanton Freiburg zu überlassen. Die Steuerkommission Grenchen rechnete daher diesen Anteil und dessen Ertrag bei der Veranlagung für 1967 zum Vermögen und Einkommen des Ehemanns Bulletti. Dieser erhob hiegegen Einsprache und nach deren Abweisung Rekurs. Die Kantonale Rekurskommission Solothurn (KRK) wies den Rekurs mit Urteil vom 27. Februar 1971 ab, indem sie feststellte, dass die Ehefrau des Rekurrenten für ihren Anteil am Kapital und Ertrag der Kollektivgesellschaft Kropf & Cie per 1. Januar 1967 in Grenchen steuerpflichtig sei. Zur Begründung führte sie aus: Die bundesgerichtliche Rechtsprechung, wonach die Gesellschafter für ihren Anteil am Gesellschaftssitz steuerpflichtig seien, beziehe sich auf Kollektivgesellschaften, die mit ihrem kaufmännischen oder technischen Betrieb nach aussen in Erscheinung träten. Bei einer nichtkaufmännischen Kollektivgesellschaft, die - wie die Kropf & Cie - lediglich die Verwaltung des Vermögens der Gesellschafter bezwecke, fehle der wirtschaftliche und steuerrechtliche Grund für die steuerrechtliche Erfassung an einem einzigen Orte. Die Anteile der einzelnen Gesellschafter seien Privatvermögen derselben und entsprechend an ihrem Wohnsitz zu besteuern, und dasselbe müsse für den Ertrag des Vermögens gelten. Bei dieser Sachlage spiele es keine Rolle, ob der Sitz der Kropf & Cie zur Steuerumgehung nach Freiburg verlegt worden sei. Wäre die Frage massgebend, so wäre sie zu bejahen (wird näher ausgeführt).
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C.- Die KRK Solothurn beantragt Abweisung der Beschwerde. Sie hält an der Auffassung fest, dass bei nichtkaufmännischen Gesellschaften und insbesondere bei solchen, die lediglich die Verwaltung gemeinsamen Vermögens bezwecken, die einzelnen Gesellschafter an ihrem Wohnsitz für ihren Anteil am Vermögen der Gesellschaft und an dessen Ertrag zu besteuern seien.
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D.- Die Steuerverwaltung des Kantons Freiburg beantragt Abweisung der Beschwerde in dem Sinne, dass Vermögen und ![]() | 7 |
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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Am Ausgang des Rechtsstreites sind mittelbar auch die Kantone Bern, Aargau und Waadt interessiert, in denen die andern ![]() | 9 |
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Mit der Frage des Steuerdomizils einer nichtkaufmännischen Kollektivgesellschaft hatte sich das Bundesgericht, soweit ersichtlich, einzig in BGE 55 I 389 ff. zu befassen. Die damals zu beurteilende Gesellschaft war, wie die Kropf & Cie, zur Verwaltung ![]() | 12 |
Offensichtlich im Hinblick auf diesen Satz vertritt die freiburg. Steuerverwaltung die Auffassung, das Steuerdomizil der Kropf & Cie habe sich im Jahre 1967 in Grenchen befunden, denn die Geschäfte derselben seien in Wirklichkeit nicht von den Gesellschaftern gemeinsam, sondern von Frau Bulletti-Kropf allein von deren Wohnsitz in Grenchen aus geführt worden. Selbst wenn diese vom Beschwerdeführer bestrittene Behauptung richtig sein sollte, könnte Grenchen nicht als Sitz und Steuerdomizil der Kropf & Cie gelten. Die in BGE 55 I 389 ff. beurteilte Kollektivgesellschaft unterscheidet sich auch abgesehen davon, dass dort alle Gesellschafter am gleichen Orte wohnten, in wesentlichen Punkten von der Kropf & Cie. In jenem Falle handelte es sich um eine stark spekulative Verwaltung, welche einen offenbar nicht unbeträchtlichen Teil der Arbeitszeit der beiden geschäftsführenden Gesellschafter in Anspruch nahm, und überdies stand der Gesellschaft für die untergeordneten Arbeiten ein ständiger Angestellter zur Verfügung, der täglich mehrere Stunden für sie tätig war. Bei der Kropf & Cie dagegen handelt es sich um eine gewöhnliche Vermögensverwaltung. Entscheidungen der Gesellschafter über die Geschäftsführung waren nach den unbestrittenen Angaben des Beschwerdeführers in der Zeit um 1967 verhältnismässig selten zu treffen und erforderten nur wenige Zusammenkünfte der Gesellschafter im Jahr, während ihre Bücher vom Vizedirektor einer Treuhandgesellschaft geführt wurden, der dafür, wie im Einspracheentscheid der Steuerkommission Grenchen ausgeführt und vom Beschwerdeführer nicht bestritten wurde, im Jahre 1967 ein Honorar von nur Fr. 1150.-- bezog.
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Bei einer nichtkaufmännischen Kollektivgesellschaft, deren Tätigkeit sich dergestalt in einer gewöhnlichen Vermögensverwaltung erschöpft, rechtfertigt es sich nicht, ein besonderers ![]() | 14 |
Im vorliegenden Falle fehlt ein Geschäftsbetrieb und bestehen dementsprechend auch keine ständigen körperlichen Anlagen und Einrichtungen, die einem solchen Betrieb dienen. Der Ort, wo die Gesellschafter gelegentlich zusammenkommen und sich beraten lassen und wo sie - ohne hiezu verpflichtet zu sein (BGE 79 I 61) - Bücher führen lassen, begründet kein Steuerdomizil (vgl. BGE 55 I 395 /96). Die Gesellschafter der Kropf & Cie hätten sich für die gemeinsame Verwaltung ihres Familienvermögens ebenso gut zu einer einfachen Gesellschaft zusammenschliessen können. Von einer solchen unterscheidet sich die von ihnen gegründete nichtkaufmännische Kollektivgesellschaft lediglich dadurch, dass diese mit einer Firma im Handelsregister eingetragen ist und dass die Gesellschaft wie auch ihre Mitglieder der Konkursbetreibung unterliegen. Diese Unterschiede der nichtkaufmännischen Kollektivgesellschaft von einer einfachen Gesellschaft haben, wenn sich die Gesellschaftstätigkeit auf gewöhnliche Vermögensverwaltung beschränkt, so wenig praktische Bedeutung, dass sie eine verschiedene Behandlung hinsichtlich des Steuerdomizils nicht zu rechtfertigen vermögen. Die Anteile der Gesellschafter am Vermögen und Ertrag der Kropf & Cie sind daher, wie die Kantonale Rekurskommission Solothurn zu Recht angenommen hat, von den einzelnen Gesellschaftern an ihrem Wohnsitz zu versteuern.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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