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40. Auszug aus dem Urteil vom 7. Juni 1972 i.S. X. gegen Kanton Zürich und Verwaltungsgericht des Kantons Zürich. | |
Regeste |
Art. 4 BV; kant. Erbschafts- und Schenkungssteuer. | |
Sachverhalt | |
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A.- Die Geschwister O. S., geb. 1897, und H. S., geb. 1899, waren Gesellschafter einer Kollektivgesellschaft mit Sitz in Zürich. Am 15. November 1955 wurde ein neuer Gesellschafts vertrag abgeschlossen, welcher dem 1924 geborenen X., dem Sohn von O. S., die Stellung eines weiteren geschäftsführenden Gesellschafters mit Einzelunterschrift einräumte. Am Gewinn und Verlust hatten die drei Gesellschafter gleichen Anteil. Jedem Gesellschafter wurde ein festes Salär angesetzt, das beim Übertritt in den Ruhestand dahinfallen sollte. Weiter wurde im Gesellschaftsvertrag vereinbart:
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"8. Scheidet ein Teilhaber zufolge Tod oder Kündigung aus, so wird die Gesellschaft unter den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt. Verbleibt nur noch ein Gesellschafter, so kann dieser das Geschäft als Einzelkaufmann fortsetzen.
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9. Der ausscheidende Gesellschafter bzw. seine Erben werden auf Grund der Buchwerte abgefunden, mit Ausnahme von X. (bzw. seiner Erben), bei welchem die seit 1. Januar 1951 erfolgten Änderungen der stillen Warenreserven (gemäss Inventaren nach bisherigen Grundsätzen) entsprechend seinen jeweiligen Gewinnanteilen zu berücksichtigen sind..."
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Nachdem O. S. 1959 gestorben war, wurde die Gesellschaft von X. und dessen Tante H. S. weitergeführt. In einem Nachtrag zum Gesellschaftsvertrag von 1955 vereinbarten die beiden am 30. November 1965 unter anderem, dass H. S. in den Ruhestand trete und nicht mehr geschäftsführend sei; ausserdem wurde die Gewinnbeteiligung von H. S. neu geordnet.
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B.- Am 21. Februar 1968 starb H. S. und hinterliess als gesetzlichen Erben u.a. den einzig noch verbleibenden Gesellschafter X. In dem daraufhin von den zürcherischen Behörden ![]() | 6 |
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut, u.a. aus folgenden
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Erwägungen: | |
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"§ 1. Der Kanton erhebt eine Erbschafts- und eine Schenkungssteuer.
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§ 2. Der Erbschaftssteuer unterliegen:
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a) Vermögensanfälle und Zuwendungen kraft gesetzlichen Erbrechts oder auf Grund einer Verfügung von Todes wegen (Erbeinsetzung, Vermächtnis, Erbvertrag, Schenkung auf den Todesfall), sofern der Erbgang im Kanton Zürich eröffnet worden ist.
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Der Schenkung auf den Todesfall sind gleichgestellt:
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1. das einer Stiftung auf den Todesfall gewidmete Vermögen,
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2. die Zuwendungen von infolge Todes fällig werdenden Versicherungsbeträgen."
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Nach § 5 unterliegen der Schenkungssteuer bestimmte Zuwendungen unter Lebenden und diesen gleichgestellte Rechtsgeschäfte.
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b) Gemäss der angefochtenen Verfügung der Finanzdirektion hat der Beschwerdeführer "nach den Gesellschaftsverträgen und der letztwilligen Verfügung" aus dem Nachlass seiner am 21. Februar 1968 verstorbenen Tante H. S. erhalten:
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b) Erbteil: Fr. 151'748.--
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Total: Fr. 349'373.--
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Hievon erhebt der Kanton Zürich (unter Berücksichtigung der interkantonalen Steuerausscheidung) eine Erbschaftssteuer von Fr. 80'721.75. Dass der Beschwerdeführer für den Teilbetrag von Fr. 151'748.-- eine Erbschaftssteuer zu entrichten hat, ist unbestritten. Streitig ist einzig, ob eine Erbschaftssteuer auch auf dem ihm gemäss Gesellschaftsvertrag vorweg zugekommenen Anteil von Fr. 197'625.-- an den stillen Reserven der Firma erhoben werden darf. Im Urteil des Verwaltungsgerichtes wurde festgestellt, dass die Zuwendung dieses Anteils entgegen der früheren Annahme der Steuerbehörde nicht der Schenkungssteuer unterliege. Es ist daher bloss zu prüfen, ob das Verwaltungsgericht ohne Willkür annehmen konnte, sie unterliege der Erbschaftssteuer. Da dieser Vermögensanfall nicht kraft gesetzlichen Erbrechts erfolgte, kann nur fraglich sein, ob es sich um eine Zuwendung "auf Grund einer Verfügung von Todes wegen (Erbeinsetzung, Vermächtnis, Erbvertrag, Schenkung auf den Todesfall)" handelt.
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c) Das Rechtsgeschäft, aufgrund dessen dem Beschwerdeführer der Anteil an den stillen Reserven zufiel, ist der Gesellschaftsvertrag vom 15. November 1955 mit dem Nachtrag vom 30. November 1965. Das Verwaltungsgericht hat dieses Geschäft als Schenkung von Todes wegen betrachtet (Art. 245 Abs. 2 OR), bei der der Schenker ein der Annahme bedürftiges Schenkungsversprechen abgibt, der Vollzug dagegen auf den Augenblick des Todes aufgeschoben wird und nur dann erfolgt, wenn der Beschenkte alsdann noch lebt (Komm. TUOR, 2. A., N. 5 Einleitung zum 14. Titel des ZGB). Der Gesellschaftsvertrag ist an sich keine Schenkung von Todes wegen, und es wäre offenbar auch die Form nicht eingehalten, welche für solche Schenkungen vorgeschrieben ist (Art. 245 Abs. 2 OR, Art. 512 ZGB; Komm. TUOR, a.a.O.). Es ist indessen möglich, dass der vorliegende Gesellschaftsvertrag mit Nachtrag ein gemischtes Rechtsgeschäft darstellt, das im Zusammenhang mit den das Gesellschaftsverhältnis ordnenden Klauseln eine Schenkung auf den Todesfall mitumfasst. In Lehre und Rechtsprechung wird die Ansicht vertreten, dass gesellschaftsvertragliche ![]() ![]() | 21 |
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Wie das Bundesgericht in BGE 65 I 211 ff. ausgeführt hat, ist zivil- und steuerrechtlich eine Schenkung nicht denkbar ohne den Willen der einen Partei, der andern eine unentgeltliche Zuwendung zu machen. Gemäss Art. 580 OR hat der ausscheidende Gesellschafter einen Anspruch auf Abfindung, der sich vorbehältlich anderer Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages nach der Vermögenslage der Gesellschaft im Zeitpunkt des Ausscheidens richtet. Bei der Ermittlung dieser Vermögenslage sind grundsätzlich auch die Reserven der Gesellschaft in Rechnung zu stellen. Wenn ein Gesellschafter darauf verzichtet, dass dieser Vermögensteil bei der Festsetzung seines Abfindungsanspruchs berücksichtigt wird, so hat er sich damit in entsprechendem Ausmass entreichert. Er erspart auf diese Weise den verbleibenden Gesellschaftern die Auszahlung eines Kapitalbetrages, weshalb die Verschaffung eines solchen Vorteils eine unentgeltliche Zuwendung sein kann. Ob dies zutrifft, hängt von den Verhältnissen des Einzelfalles ab. Massgebend ist, ob der Wille unentgeltlicher Zuwendung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestand und für diesen wesentlich war (BGE 65 I 213). Eine Klausel, wonach die Abfindungssumme nach dem Buchwert zu bestimmen sei, kann sich aus rein betrieblichen Gründen, d.h. zum Schutze der Unternehmung als solcher aufdrängen, was, auch nach Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Annahme einer Schenkung ausschliesst. Als betrieblich begründet kann eine derartige Klausel zum Beispiel dann erscheinen, wenn für die nächsten Jahre mit einer ![]() ![]() | 23 |
4. a) In Wirklichkeit wurde im Gesellschaftsvertrag jedoch nicht vereinbart, dass beim Ausscheiden jeder Gesellschafter allein aufgrund der Buchwerte abzufinden sei. Eine dahingehende Vorschrift galt nur für die beiden älteren Gesellschafter, nicht aber für den Beschwerdeführer. Bei ihm waren bei der Bestimmung der Abfindungssumme "die seit 1. Januar 1951 erfolgten Änderungen der stillen Warenreserven (gemäss Inventaren nach bisherigen Grundsätzen) entsprechend seinem jeweiligen Gewinnanteil zu berücksichtigen". Während die beiden andern Gesellschafter bei ihrem Ausscheiden keinen Anspruch auf irgendwelche Reserven hatten, besass der Beschwerdeführer in jedem Falle einen Anspruch auf einen seiner Gewinnbeteiligung entsprechenden Anteil an den stillen Warenreserven. Darin liegt klarerweise eine Begünstigung des Beschwerdeführers, und was er dagegen vorbringt, schlägt nicht durch. Der Vorteil wurde ihm unentgeltlich zugewendet. Soweit ![]() | 24 |
b) Nach dem Gesagten verzichteten alle Gesellschafter für den Fall ihres Ausscheidens auf einen Anteil an den stillen Reserven, soweit es sich nicht um stille Warenreserven handelte. In diesem Ausmass galt die Klausel für jeden Gesellschafter, weshalb es insoweit gemäss Ziff. 3 der Erwägungen vor Art. 4 BV nicht zulässig war, eine Schenkung von Todes wegen anzunehmen und eine Erbschaftssteuer zu erheben. Mit Bezug auf die stillen Warenreserven hingegen war der Beschwerdeführer begünstigt, und in diesem Rahmen lässt sich mit sachlichen Gründen die Auffassung vertreten, es sei ihm eine Schenkung von Todes wegen zugekommen.
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