BGE 98 Ia 627 | |||
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90. Urteil vom 13. Dezember 1972 i.S. Stricker, Rinklin und Mitbeteiligte gegen Grossen Rat des Kantons Basel-Stadt. | |
Regeste |
Art. 85 lit. a OG, kantonale Wahlen. | |
Sachverhalt | |
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"Die Amtsdauer der Mitglieder des Grossen Rates ist auf vier Jahre festgesetzt. Zwischenwahlen für erledigte Grossratsstellen sind jährlich einmal an einem gesetzlich zu bestimmenden Tage vorzunehmen.
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Wer dem Grossen Rat ununterbrochen während dreier Amtsperioden angehört hat, ist für die nächstfolgende Amtsperiode nicht wählbar. Angebrochene Amtsperioden werden vollen Amtsperioden gleichgestellt."
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B.- Am 3., 4. und 5. März 1972 wurde im Kanton Basel-Stadt die Gesamterneuerungswahl der 130 Mitglieder des Grossen Rates für die Amtsperiode 1972-1976 durchgeführt. Die Staatskanzlei veröffentlichte die Ergebnisse im Kantonsblatt Nr. 23 vom 22. März 1972. Unter den dort als gewählt bezeichneten Personen befinden sich Dr. Ernst Stricker von der Liberal-demokratischen Bürgerpartei Basel-Stadt (Liste 3 des Wahlkreises Gross-Basel West) und Rudolf Rinklin von der Bürgerlichen Mittelstand- und Gewerbepartei Riehen (Liste 8 des Wahlkreises Riehen).
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Am 16. März 1972 erhob Dr. Tilmann Wernle bei der Wahlprüfungskommission des Grossen Rates Einsprache und wies darauf hin, dass Dr. med. Ernst Stricker und Rudolf Rinklin bereits während der Amtsdauern 1960-1964, 1964-1968 und 1968-1972 dem Grossen Rat angehört hätten, weshalb sie gemäss § 33 Abs. 2 KV für die Amtsdauer 1972-1976 nicht als Mitglieder dieses Rates wählbar seien.
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Auf Einladung der Wahlprüfungskommission prüfte das Justizdepartement diese Angaben. Dabei stellte es folgendes fest:
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Dr. med. Ernst Stricker rückte im Januar 1963 in den Grossen Rat nach. Er verblieb darin bis zum Ende der Amtsdauer im April 1964. Ende März 1967 rückte er erneut nach und verblieb im Grossen Rat bis zum Ende der Amtsdauer im April 1968. Hierauf wurde er wiedergewählt und gehörte dem Kantonsparlament die ganze Amtsdauer 1968-1972 an.
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Rudolf Rinklin rückte am Ende der Legislaturperiode 1952-1956 in den Grossen Rat nach und wurde bei der Gesamterneuerung von 1956 wiedergewählt. Er gehörte dem Rat die ganze Amtsdauer 1956-1960 an. 1960 wurde er zum zweiten Mal gewählt, doch verzichtete er im Dezember des gleichen Jahres auf das Grossratsmandat, nachdem er in den Engern Gemeinderat von Riehen gewählt worden war. Für die Amtsperiode 1964-1968 kandidierte er erneut für den Grossen Rat, und im Januar 1968, d.h. kurz vor der Gesamterneuerung, rückte er nach. Dem Kantonsparlament gehörte er hierauf die ganze Amtsdauer 1968-1972 an.
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Die Zugehörigkeit der Genannten zum Grossen Rat während der letzten drei Amtsdauern lässt sich demnach wie folgt darstellen:
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Amtsdauer: Stricker: Rinklin
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1960-1964: 1 Jahr + 3 Monate: - 9 Monate
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1964-1968: 1 Jahr -: 3 Monate
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1968-1972: 4 Jahre: 4 Jahre
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Total: 6 Jahre + 3 Monate: 5 Jahre
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Die Wahlprüfungskommission holte einen Bericht des Justizdepartements und ein Gutachten von Prof. Dr. Kurt Eichenberger ein. Das Justizdepartement kam in seinem Bericht vom 24. März 1972 zum Ergebnis, bei den beiden betroffenen Personen liege weder Sesselkleberei noch Missbrauch vor; es bestehe kein hinreichender Anlass, ihre Wahl nicht zu validieren. Prof. Eichenberger gelangte in seinem Gutachten zum gegenteiligen Schluss. Er erklärte, dass § 33 Abs. 2 KV keine Ansätze für eine differenzierte Behandlung darbiete, dass eine solche die Praktikabilität der Norm sehr stark erschweren würde und dass eine allenfalls erwünschte Korrektur vom Gesetzgeber ausgehen müsste.
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Die Wahlprüfungskommission empfahl dem Grossen Rat einstimmig, die Einsprache von Dr. Tilmann Wernle gutzuheissen und die Wahl der Kandidaten Stricker und Rinklin nicht zu validieren. Der Grosse Rat folgte am 13. April 1972 diesem Antrag. Er stellte fest, dass die beiden Kandidaten für die Legislaturperiode 1972-1976 der Amtszeitbeschränkung unterständen, und er erklärte ihre Wahl vom 3./5. März 1972 für ungültig. An Stelle der Herren Stricker und Rinklin wurdenje die nächstfolgenden Kandidaten mit den höchsten Stimmenzahlen auf der Liste 3 des Wahlkreises Gross-Basel West und auf der Liste 8 des Wahlkreises Riehen als gewählt erklärt, und die Grossratswahlen wurden so bereinigt validiert (Kantonsblatt Nr. 29 vom 15. April 1972).
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C.- Gegen diesen Grossratsbeschluss vom 13. April 1972 haben Dr. Ernst Stricker (Beschwerdeführer I) und drei Mitbeteiligte (Beschwerdeführer II) sowie Rudolf Rinklin (Beschwerdeführer I) und acht Mitbeteiligte (Beschwerdeführer II) je eine staatsrechtliche Beschwerde eingereicht. Mit der ersten Beschwerde wird beantragt, es sei der Validierungsbeschluss aufzuheben, soweit durch ihn der Kandidat Stricker als nicht wählbar erklärt wurde. Ferner wird verlangt, es sei Dr. Stricker im Wahlkreis Gross-Basel West auf der Liste 3 als gewählt zu erklären und der letzte der im Grossratsbeschluss vom 13. April 1972 als gewählt Erklärte als erster Nachrückender der Nichtgewählten zu bezeichenen; eventualiter sei der Fall zu neuer Beschlussfassung an den Grossen Rat zurückzuweisen.
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In der zweiten Beschwerde wird ein analoges Begehren zugunsten des Rudolf Rinklin gestellt.
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a) Der Grosse Rat habe § 33 Abs. 2 KV unrichtig ausgelegt. Die Bestimmung bezwecke, der Sesselkleberei Einhalt zu gebieten. Niemand solle länger als 12 Jahre dem Grossen Rat angehören, ohne mindestens 4 Jahre auszusetzen. Der zweite Satz in § 33 Abs. 2 habe demgegenüber nur untergeordnete Bedeutung. Er stelle klar, dass in Fällen, wo ein Mitglied noch nicht 12 Jahre dem Rat angehört habe, in einer weitern Amtsperiode aber auf über 12 Jahre käme, die Wiederwahl unzulässig sei. Wer schon über 8 Jahre dem Grossen Rat angehört habe, könne daher ohne Unterbruch von mindestens 4 Jahren nicht neuerdings gewählt werden. Für Kandidaten mit 8 Amtsjahren oder weniger stelle sich das Problem überhaupt nicht. Dr. Stricker habe dem Parlament nur während rund 6 Jahren angehört. Die Annahme der Nichtwiederwählbarkeit sei bei ihm unhaltbar. Rudolf Rinklin habe in den 12 Jahren 1960-1972 dem Grossen Rat 7 Jahre nicht angehört.
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b) Die Auslegung, die dem angefochtenen Validierungsbeschluss zugrunde liege, führe zu unhaltbaren Ergebnissen, die nicht dem Sinn des § 33 Abs. 2 KV entsprächen. Nach der Auslegung des Grossen Rates könnte die Nichtwiederwählbarkeit theoretisch schon eintreten bei jemandem, der in 12 Jahren gesamthaft nur drei Tage (in jeder Amtsperiode einen Tag) dem Grossen Rat angehört hätte. So aber dürfe die Ausnahmeregel des § 33 Abs. 2 KV nicht ausgelegt werden, sonst würde das passive Wahlrecht nahezu auf Null reduziert. Es ergäbe sich das groteske Resultat, dass einzelne Bürger nach 12 jähriger, andere aber nach nur 3tägiger Ratszugehörigkeit ausscheiden müssten. Die Beschwerdeführer machten daher subsidiär auch geltend, der angefochtene Beschluss verletze die Rechtsgleichheit. Diese Folge sei durch sachgerechte Auslegung des § 33 Abs. 2 KV vermeidbar.
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c) Die Auffassung der Beschwerdeführer entspreche namentlich auch dem Wortlaut des § 33 Abs. 2 KV. Die Nichtwiederwählbarkeit trete erst ein, wenn jemand dem Grossen Rat "ununterbrochen" während dreier Amtsdauern angehört habe. Die gegenteilige Auslegung beachte den Ausdruck "ununterbrochen" nicht. Die vom Wortlaut abweichende Auslegung verstosse übrigens auch gegen Sinn und Zweck der Norm, nämlich, der "Sesselkleberei" Einhalt zu gebieten.
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d) Der Grosse Rat habe mit seinem Beschluss vom 13. April 1973 den § 33 Abs. 2 KV erstmals in der angefochtenen Weise ausgelegt. 1968 seien die Mandate von mindestens zwei Kandidaten validiert worden, die nach der neuen Auslegung nicht wählbar gewesen wären. Einer der beiden Kandidaten sei Rinklin selber gewesen, der schon 1956-1960 dem Grossen Rat angehört habe. Der angefochten Beschluss stehe demnach auch im Widerspruch zur bisherigen Praxis des Grossen Rates. Im übrigen handle es sich um einen Zufallsentscheid, der unter Zeitdruck zustande gekommen sei. Das absolute Mehr aller Grossratsmitglieder betrage 66 Stimmen, der Beschluss sei mit 58: 41 Stimmen bei 10 Enthaltungen gefasst worden. Es könne ihm deshalb nicht die Vermutung der Richtigkeit zukommen.
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e) Die in beiden Beschwerden unter II aufgeführten Beschwerdeführer hätten für die Kandidaten Stricker oder Rinklin gestimmt. Diese Beschwerdeführer hätten aber ihre Stimmkraft anders eingesetzt, wenn sie von der Nichtwiederwählbarkeit der beiden Kandidaten Kenntnis gehabt hätten. Sie seien deshalb gegenüber andern Wählern, die für andere Kandidaten gestimmt hätten, benachteiligt. Ihr Vertrauen in die Wählbarkeit der Herren Stricker und Rinklin sei zu schützen. Dies umso mehr, als der Chef des Polizeidepartements in der Debatte im Grossen Rat anerkannt habe, sein Departement hätte die Wählbarkeitsvoraussetzungen nach § 33 Abs. 2 KV abklären müssen.
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D.- Der Grosse Rat des Kantons Basel-Stadt beantragt die Abweisung der staatsrechtlichen Beschwerden. Der Inhalt der Vernehmlassung ergibt sich, soweit nötig, aus den nachfolgenden Ausführungen.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerden ab.
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Erwägungen: | |
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2. Der Grosse Rat hat als erste und letzte kantonale Instanz entschieden. Die staatsrechtlichen Beschwerden sind daher zulässig. Auf die Begehren der Beschwerdeführer ist indessen nur insoweit einzutreten, als sie eine teilweise Aufhebung des angefochtenen Grossratsbeschlusses verlangen, nicht aber soweit sie darüber hinaus eine Validierung der Wahl der beiden Beschwerdeführer I und anderes mehr beantragen. Denn staatsrechtliche Beschwerden der vorliegenden Art sind rein kassatorischer Natur (BGE 98 Ia 69 E. 2, BGE 94 I 124). Eine Ausnahme davon wäre nur dann zu machen, wenn der verfassungsmässige Zustand nicht anders als mit einer sachbezogenen Anordnung des Bundesgerichts hergestellt werden könnte (BGE 97 I 226 E. 1, 841 E. 1, BGE 96 I 354 /55). Das trifft hier nicht zu. Würde die Beschwerde als begründet erklärt und der angefochtene Beschluss, soweit angefochten, aufgehoben, so würde der Zustand wiederhergestellt, wie er nach der Einsprache von Dr. Tilmann Wernle und vor dem Validierungsbeschluss des Grossen Rates bestanden hat. Der Grosse Rat hätte alsdann einen neuen Beschluss zu fassen und dabei den Erwägungen des Bundesgerichts Rechnung zu tragen (BGE 95 I 516).
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Stände der erste Satz von Absatz 2 des § 33 KV allein da, gäbe es wohl keinen Zweifel darüber, dass eine Person erst dann für eine Amtsperiode nicht mehr wiedergewählt werden dürfte, wenn sie dem Grossen Rat "ununterbrochen" drei Amtsperioden angehört hätte. Das hätte aber zur Folge, dass der Eintritt der vorübergehenden Nichtwiederwählbarkeit durch Unterbrüche in der Zugehörigkeit verhindert werden könnte. Zweifellos aus diesem Grunde bestimmt der zweite Satz von Art. 33 Abs. 2 KV, dass angebrochene Amtsperioden den vollen gleichgestellt seien. Damit soll offensichtlich die beschriebene Wirkung allfälliger Unterbrüche ausgeschlossen werden. Das zwingt aber zur Annahme, dass sich das Wort "ununterbrochen" auf die Aufeinanderfolge der Amtsperioden bezieht, wenn man nicht annehmen will, die KV sei in sich selbst widerspruchsvoll. Nach § 33 Abs. 2 KV soll daher für eine Amtsperiode vom Grossen Rat ausgeschlossen sein, wer ihm drei aufeinanderfolgende Amtsperioden angehört hat (so auch EICHENBERGER, S. 6 des Gutachtens), gleichgültig, ob einzelne Amtsperioden angebrochen waren oder nicht.
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Dass das der Sinn und die Wirkung des nicht sorgfältig redigierten Initiativtextes sei, ist schon bei der von einer Kommission des Grossen Rates durchgeführten Vorprüfung der Initiative gesehen worden, ohne dass die extremen Auswirkungen vollständig erkannt worden wären. Im Bericht der Kommission an den Grossen Rat vom 26. September 1963 heisst es auf Seite 15:
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"Wenn man sich mit einer Amtszeit von 12 Jahren, d.h. 3 vollen Amtsperioden, zur Not noch befreunden könnte, so bestehen anderseits grosse Bedenken in bezug auf die Auswirkungen des Postulates, dass angebrochene Amtsperioden vollen gleichgestellt werden sollen. Das heisst doch nichts anderes, als dass ein Mitglied, das Ende einer Amtsperiode in den Rat nachgerückt ist, nach etwas mehr als zwei vollen Amtsperioden, also nach etwas mehr als 8 Jahren, bereits wieder aus dem Rat ausscheiden muss."
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Nun geht aber die Wirkung der Vorschrift, wie die hier streitigen Fälle zeigen, noch weiter. Sie kann auch Leute treffen, die überhaupt nie eine ganze Amtsperiode dem Rat angehört haben. Auch wenn man das von den Beschwerdeführern erwähnte extreme Beispiel - Zugehörigkeit zum Grossen Rat während je eines Tages in drei aufeinanderfolgenden Amtsperioden - als unrealistisch ablehnt, so muss doch anerkannt werden, dass schon die Zugehörigkeit von einigen Monaten in drei aufeinanderfolgenden Amtsperioden dazu führen kann, dass sich jemand in einer vierten Amtsperiode nicht mehr zur Wahl stellen darf. Das ist die Folge davon, dass die KV die Zugehörigkeit zum Parlament nicht nach Jahren, sondern nach Amtsperioden begrenzt. Diese Regelung mag als politisch unklug empfunden werden, schliesst aber nicht aus, dass die Verfassungsvorschrift so beobachtet wird, wie es ihr Wortlaut und Sinn gebieten. In einem Stadtstaat wie Basel, wo der Prozentsatz der zur Ausübung eines Grossratsmandates geeigneten Personen wohl grösser ist als anderswo, dürfte die strikte Einhaltung der Vorschrift auch kaum ernsthafte Nachteile zur Folge haben.
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a) Soweit die Beschwerdeführer behaupten, die Auslegung des Grossen Rates verstosse gegen den Text des § 33 Abs. 2 KV, ist ihre Argumentation durch die vorstehenden Überlegungen bereits widerlegt. Die Beschwerdeführer reissen den Absatz 2 in Stücke, wobei der erste Satz die Hauptsache, der zweite nur eine minder wichtige Hilfsvorschrift enthalten soll. Sie interpretieren nicht den Text der KV, sondern das, was sie als Inhalt der KV gern hätten. Insbesondere gehen sie darüber hinweg, dass die KV die Zugehörigkeit des einzelnen Mitgliedes zum Grossen Rat nicht nach Jahren, sondern nach Amtsperioden beschränkt.
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b) Der Versuch, den Text der KV durch deren ratio auszumanövrieren, schlägt fehl. Gewiss liegt der Vorschrift die Absicht zugrunde, die "Sesselkleberei" zu verunmöglichen. Aber darin erschöpft sie sich nicht. Es ging seinerzeit den Initianten ebensosehr darum, die Ratsmitglieder durch Beschränkung der Dauer ihrer Zugehörigkeit zum Parlament zu intensiverer Arbeit anzutreiben, die Ämterkumulation zu bekämpfen sowie die Aufstellung und Wahl neuer Kräfte, insbesondere durch Heranziehung des politischen Nachwuchses, zu fördern (vgl. die Berichte des Regierungsrates vom 8.3.1962 und der Grossratskommission vom 26.9.1963 zur Verfassungsinitiative).
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Um die ratio gegen den Text ins Feld zu führen, hätten die Beschwerdeführer dartun müssen, dass der Text dem Zweck der Vorschrift zuwiderlaufe. Davon kann indessen keine Rede sein. Der Zweck der Vorschrift wird zweifellos erreicht, wenn auch auf eine Weise, die man im Einzelfall als unnötig hart erachten mag. Die Frage, ob sich der Zweck auch mit einer andern, weniger einschneidenden Regel hätte erreichen lassen, hätte sich der Verfassungsgeber stellen können und sollen. Es ist dies keinesfalls eine Frage, die den Richter zu einer Korrektur an der Verfassung veranlassen könnte.
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c) Härten kommen im politischen Leben immer wieder vor. Durch den angefochtenen Beschluss hat aber der Grosse Rat das passive Wahlrecht der Kandidaten Stricker und Rinklin nicht "beinahe auf Null reduziert". Es ist lediglich für 4 Jahre aufgehoben worden, nachdem die erwähnten Personen im einen Fall über 6 Jahre, im andern Fall 5 Jahre dem kantonalen Parlament angehört haben.
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d) Von den Beschwerdeführern wird subsidiär eine Verletzung der Rechtsgleichheit geltend gemacht, weil es nicht angehe, dass einzelne Grossräte erst nach 12 Jahren aus dem Grossen Rat ausscheiden müssten, während andere theoretisch nach nur 3 Tagen Zugehörigkeit für 4 Jahre nicht mehr wählbar seien.
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Ob die Beschwerdeführer damit nur die Auslegung anfechten wollen, die der Grosse Rat der KV gegeben hat, oder aber die KV selber für den Fall, dass sie richtig ausgelegt wurde, kann der Beschwerde nicht mit Sicherheit entnommen werden. Nach der bisherigen, in der Wissenschaft allerdings angefochtenen Praxis prüft das Bundesgericht die Übereinstimmung eines kantonalen Verfassungssatzes mit der BV selbst dann nicht, wenn die diesbezügliche Beschwerde im Anschluss an eine Anwendungsverfügung erhoben wird (BGE 83 I 181 E. 6, BGE 89 I 398; dazu AUBERT, Traité de droit constitutionnel suisse, Bd. I Nr. 585). Ob an dieser Praxis festzuhalten sei, braucht hier nicht erörtert zu werden; denn ein Verstoss gegen Art. 4 BV liegt ohnehin nicht vor.
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§ 33 Abs. 2 KV trifft jede Person, die sich bei den Wahlen in den Grossen Rat wiederholt um ein Mandat bewirbt. Wenn die direkt gewählten Personen die grössere Aussicht haben, drei ganze aufeinanderfolgende Amtsperioden dem Grossen Rat anzugehören, als ihre Mitbewerber, die bloss auf der Liste der Nachrückenden erscheinen, so ist das die Folge davon, dass jene in der Gunst der Wähler weiter vorn stehen als diese. Dass aber auch die direkt Gewählten betroffen werden können, zeigt der Fall des Rudolf Rinklin. 1960 hat er den Rat schon 9 Monate nach der Wahl aus eigenem Entschluss verlassen und sich damit die Möglichkeit einer längern Zugehörigkeit zum Parlament selber geschmälert.
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In der Demokratie gibt es Gewählte und Nichtgewählte, und bei den Gewählten Leute mit verschieden langer Zugehörigkeit zu den Behörden. Wichtig ist nur, dass für alle Bewerber und alle Gewählten dieselben Kriterien der Wahl und der Wiederwählbarkeit angewandt werden. Ein solches, für alle mehrmals Gewählten einheitliches Kriterium enthält § 33 Abs. 2 der Basler KV. Von einer Verletzung der Rechtsgleichheit kann hier nicht die Rede sein.
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5. Als selbständige Rüge machen die Beschwerdeführer geltend, mit dem angefochtenen Beschluss widerspreche der Grosse Rat seiner eigenen 1968 praktizierten Auslegung des § 33 Abs. 2 KV. Richtig ist, dass Rudolf Rinklin, der schon 1956-1960 im Grossen Rat gesessen hatte, diesem während der Amtsperiode 1968-1972 nicht hätte angehören dürfen. Änderungen einer als unrichtig erkannten Praxis verstossen indessen nicht gegen Art. 4 BV (BGE 96 I 376 und dort erwähnte Entscheide). Ausserdem ist hier die Praxis gar nicht geändert worden. 1968 lag keine Wahleinsprache vor, wie sie Dr. Tilmann Wernle 1972 eingereicht hat, und da das Fehlen einer Einsprache zusammenfiel mit einer Unaufmerksamkeit der Wahlprüfungskommission, wurde die Frage, ob § 33 Abs. 2 KV dem einen oder andern Gewählten entgegenstehe, überhaupt nicht aufgeworfen. Dagegen ist sie im Anschluss an die Einsprache 1972 nicht nur für die Kandidaten Stricker und Rinklin, sondern für alle Gewählten geprüft worden. Dabei nahm man auch in Aussicht, entsprechende Untersuchungen künftig für alle Kandidaten von Amtes wegen anzustellen. Das ist in Ordnung.
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Eine Pflicht der Behörden zur Beachtung des Rechtsirrtums des Bürgers besteht im allgemeinen dann, wenn der Bürger im Vertrauen auf Auskünfte oder Zusicherungen, die er von der zuständigen Amtsstelle erhalten hat und deren Unrichtigkeit er nicht ohne weiteres erkennen konnte, Dispositionen getroffen hat, die nicht mehr rückgängig zu machen sind (BGE 98 Ia 432 E. 3, BGE 96 I 15 /16 und dort erwähnte frühere Urteile; vgl. auch GUENG, Zur Verbindlichkeit verwaltungsrechtlicher Auskünfte und Zusagen, ZBl 71/1970 S. 449 ff.).
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Im vorliegenden Fall ist den Beschwerdeführern nichts versprochen worden; sie wurden weder durch eine Auskunft noch durch eine ausdrückliche Zusicherung getäuscht. Eine andere Frage ist die, ob sie aus der blossen Tatsache, dass die Herren Stricker und Rinklin offiziell als Kandidaten zur Wahl zugelassen wurden, schliessen durften, die Wählbarkeit dieser Personen sei von den zuständigen Stellen überprüft worden und gegeben. Das setzte aber doch wohl voraus, dass die Behörden verpflichtet wären, im Vorwahlverfahren von Amtes wegen abzuklären, ob für jede vorgeschlagene Person die Wählbarkeitsvoraussetzungen vorliegen. Ob sich eine solche Pflicht aus § 40 des Gesetzes betreffend die Wahlen und Abstimmungen vom 9. März 1911 herauslesen lässt, wie das die Beschwerdeführer meinen, ist eher fraglich, wird doch in dieser Bestimmung das Polizeidepartement lediglich beauftragt, dafür zu sorgen, dass ein Kandidat nicht auf mehreren Wahlvorschlägen erscheint. Wie es sich damit verhält, kann indessen dahingestellt bleiben. Käme man nämlich zum Schluss, es bestehe tatsächlich eine solche amtliche Pflicht zur Prüfung der Wählbarkeitsvoraussetzungen und der Wähler sei im vorliegenden Fall hinsichtlich der Wählbarkeit der Herren Stricker und Rinklin getäuscht worden, könnte das gleichwohl nicht - gleichsam zur Wiederherstellung des verletzten Vertrauens der Wähler - zur Validierung der Wahl der beiden Kandidaten führen, wie das mit den Beschwerden angestrebt wird. Vielmehr müsste eine solche Täuschung des Wählers die Kassation der Grossratswahlen selbst (oder jedenfalls eines Teils derselben) zur Folge haben. Ein Rechtsbegehren, das auf die Kassation der Wahlen ginge, haben die Beschwerdeführer aber nicht gestellt. Somit braucht nicht weiter untersucht zu werden, ob sie in ihrem berechtigten Vertrauen auf die Wählbarkeit der Herren Stricker und Rinklin verletzt worden seien.
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