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18. Auszug aus dem Urteil vom 11. Juli 1973 i.S. Gygax gegen Einwohnergemeinde Hallau und Obergericht des Kantons Schaffhausen. | |
Regeste |
Art. 4 BV, Rechtsgleichheit; Beiträge der Grundeigentümer an die Strassenbaukosten. | |
Sachverhalt | |
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Nach Art. 73 des Baugesetzes des Kantons Schaffhausen können die Gemeinden von den Anstössern Beiträge an die Strassenbaukosten verlangen. Die Gemeinde Hallau erliess am 1. Juli 1966 ein Reglement über die Beitragspflicht der Grundeigentümer an öffentliche Verkehrsanlagen (im folgenden: Reglement). Nach Art. 2 Abs. 1 dieses Reglements haben Grundeigentümer, deren Grundstücke durch Neubau oder Ausbau von Strassen, Wegen, Trottoirs und Plätzen eine Wertvermehrung ![]() | 2 |
"Das Beitragsreglement gilt für das Baugebiet der Gemeinde gemäss Bauzonenplan. Bei der Erschliessung von Industrieland erlässt die Gemeindeversammlung einen besonderen Kostenverteiler."
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Am 30. Juni 1967 beschloss die Gemeindeversammlung, den ersten Satz des Art. 1 Abs. 1 wie folgt neu zu fassen: "Das Beitragsreglement gilt für das Baugebiet der Gemeinde gemäss Zonenplan, ausgenommen Kernzone." Diese Änderung wurde damit begründet, dass bei Inkrafttreten des Reglements die Kernzone zum überwiegenden Teil strassenmässig bereits erschlossen gewesen sei. Für die Beitragspflicht an künftige Strassenbauten käme deshalb nur noch ein kleiner Teil der Eigentümer von in der Kernzone gelegenen Grundstücken in Frage. Diese wenigen Grundeigentümer sollten nicht mit Beiträgen belastet werden, während alle übrigen vor dem Erlass des Reglements von der Wertvermehrung durch Strassenerschliessung ohne Entgelt hätten profitieren können.
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Die Reglementsänderung wurde vom Regierungsrat des Kantons Schaffhausen am 19. Juli 1967 genehmigt.
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B.- In den Jahren 1967/68 wurden im Gebiet Schmalzgasse/Sellhof/Laame Quartierstrassen ausgebaut und asphaltiert. Dieses Gebiet liegt in der Wohnzone W 2. Karl Gygax ist Eigentümer verschiedener Grundstücke, die an die genannten Quartierstrassen angrenzen. Gemäss Verfügung der Gemeindebehörde vom 26. August 1969 hatte er bestimmte Anstösserbeiträge zu entrichten. Er erhob dagegen Einsprache, welche die kantonale Schätzungskommission für Enteignungen am 26. Oktober 1971 abwies. Gygax wandte sich hierauf mit einem Rekurs an das Obergericht des Kantons Schaffhausen. Er machte eine Verletzung des Grundsatzes der Rechtsgleichheit geltend, die er damit begründete, dass die Eigentümer von in der Kernzone gelegenen Grundstücken keine Anstösserbeiträge zu entrichten hätten, während die Eigentümer von in andern Bauzonen gelegenen Grundstücken zu Beiträgen herangezogen würden.
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Das Obergericht wies den Rekurs am 27. Oktober 1972 ab. Zur Begründung führte es unter anderem aus, die vom Gemeinderat Hallau angeführten Argumente wären eher geeignet, ![]() | 7 |
C.- Gegen das Urteil des Obergerichts vom 27. Oktober 1972 hat Karl Gygax gestützt auf Art. 4 BV staatsrechtliche Beschwerde erhoben.
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D.- Das Obergericht des Kantons Schaffhausen und der Gemeinderat Hallau beantragen Abweisung der Beschwerde.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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Nach der Rechtsprechung kann die Verfassungswidrigkeit eines Erlasses noch im Anschluss an einen Anwendungsakt mit staatsrechtlicher Beschwerde gerügt werden (BGE 97 I 915, 29 mit Verweisungen). Der im Anschluss an das obergerichtliche Urteil vom 27. Oktober 1972 erhobene Vorwurf, Art. 1 des Beitragsreglements verstosse gegen den Grundsatz der Rechtsgleichheit und stehe daher in Widerspruch zu Art. 4 BV, ist somit zulässig.
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3. Auf den ersten Blick mag verständlich scheinen, dass für die Eigentümervon in der Kernzone gelegenen Grundstücken keine Beitragspflicht bestehen soll. Diese Zone ist strassenmässig weitgehend erschlossen. Wie sich aus den Akten ergibt, wurden in der Kernzone vor Inkrafttreten des Beitragsreglements ![]() | 12 |
Schafft indessen eine Gemeinde eine neue Ordnung, mit der sie Anstösserbeiträge einführt, so müssen nach dem neuen Reglement beim Bau neuer Strassen alle Eigentümer, deren Grundstücke den gleichen Mehrwert erhalten, gleich behandelt werden. Massgebend ist nicht, ob die Eigentümer, deren Grundstücke nach Inkrafttreten des Reglements durch Strassenanlagen einen Mehrwert erhalten, gleich behandelt werden wie Eigentümer, deren Grundstücke vor dem Inkrafttreten des Reglements aus dem gleichen Grund eine Wertvermehrung erfahren haben. Art. 4 BV verlangt vielmehr, dass durch das neue Reglement alle Grundeigentümer, deren Grundstücke durch neue Strassen einen gleichen Mehrwert erhalten, auch gleichmässig zu Beiträgen herangezogen werden. Das trifft im vorliegenden Fall offensichtlich nicht zu. Werden in Zukunft Grundstücke der Kernzone durch Strassen erschlossen, so nimmt ihr Wert in gleichem oder ähnlichem Mass zu wie jener von neuerschlossenen Grundstücken in andern Bauzonen. Unter diesen Umständen besteht kein sachlicher Grund, die einen Grundeigentümer von der Beitragspflicht auszunehmen und von den andern - unter Umständen recht hohe - Beiträge zu verlangen. Wie das Obergericht zutreffend ausführt, wäre diese ungleiche Behandlung vor allem dann augenfällig, wenn eine über die Grenze der Kernzone hinweg führende Strasse erstellt würde. An die Baukosten für die nämliche Strasse hätten die einen Anstösser Beiträge zu leisten, während die andern davon völlig befreit wären. In andern Fällen wäre die Ungleichheit zwar nicht derart offensichtlich, sie bestünde indessen gleichwohl.
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Im Urteil 97 I 800/1 hat es das Bundesgericht freilich zugelassen, dass in einem Reglement nur die Ersteller von Neu- oder Umbauten, nicht aber die Eigentümer von Altbauten zur Errichtung von Parkplätzen verpflichtet werden, obschon auch diese oder ihre Mieter Motorfahrzeuge halten (vgl. dazu auch ![]() | 14 |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
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