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49. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 27. November 1973 i.S. X gegen Firma A. | |
Regeste |
Art. 20 Abs. 1 und Art. 66 OR. |
2. Verstösst der Beauftragte gegen die Weisung, so kann er sich nicht auf Art. 66 OR berufen, um der Schadenersatzforderung des Auftraggebers aus Vertrag oder aus unerlaubter Handlung zu entgehen. | |
Sachverhalt | |
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B.- Der Schiedsrichter sprach der Klägerin am 15. März 1972 in teilweiser Gutheissung der Klage Fr. 78'917.-- nebst Zins zu. Darin sind Fr. 60'662.50 inbegriffen, weil er die Pflicht des Beklagten zur Rückerstattung der £ 5000 bejahte.
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Der Beklagte beschwerte sich beim Obergericht und beim KassationsgerichtdesKantonsZürich insbesondere wegen Verletzung klarer gesetzlicher Bestimmungen, hatte aber keinen Erfolg.
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Gegen den Entscheid des Kassationsgerichtes vom 14. Februar 1973 führte X. staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
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Aus den Erwägungen: | |
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Das Obergericht widerlegt zunächst den Einwand des Beschwerdeführers, Gautschi sage an der angeführten Stelle gerade das Gegenteil (Erw. 4 Abs. 1), und führt dann aus (Erw. 4 Abs. 2), die Auffassung des Schiedsrichters stehe auch sonst mit einer verbreiteten Meinung zu Art. 66 OR in Lehre und Rechtsprechung im Einklang, nämlich mit VON TUHR/SIEGWART § 52 VI S. 413/14, VON BÜREN, SJZ 58 S. 225, einem Urteil des Obergerichtes des Kantons Zürich in ZR 45 Nr. 142 Erw. 6 und BGE 53 II 40 /41, während freilich RUSCH, SJZ 47 S. 369 für eine ausdehnende Anwendung des Art. 66 OR eineintrete und das auch im wesentlichen der neueren Praxis des Bundesgerichtes (BGE 74 II 26, BGE 84 II 184, BGE 95 II 40 ff.) zu entsprechen scheine.
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b) Der Beschwerdeführer war Geschäftsführer der Firma B. Sein Arbeitsvertrag war in deren Namen von der Beschwerdegegnerin abgeschlossen worden. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese ihn in seiner Eigenschaft als Arbeitnehmer der Tochtergesellschaft in Anspruch nahm oder ihm einen selbständigen Auftrag erteilte, als sie ihm £ 5000 zukommen liess mit der Weisung, den Betrag der Farsura zur Verfügung zu halten. So oder so erhielt der Beschwerdeführer das Geld auf Grund eines Vertrages, aus dem die Beschwerdegegnerin zu klagen legitimiert ist, denn die Firma B. hat ihr ihre Ansprüche abgetreten.
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c) Die weitere Frage, ob eine vertragliche Forderung der Beschwerdegegnerin oder ihrer Tochtergesellschaft gemäss Art. 20 Abs. 1 OR gar nicht habe entstehen können, weil die Farsura beabsichtigte, den Betrag zu Schmierzwecken zu verwenden, ist zu verneinen. Mit der Verschiebung des Betrages auf den Beschwerdeführer nach Nigeria verstiess noch niemand ![]() | 11 |
d) Dadurch unterscheidet sich der vorliegende Fall von BGE 37 II 66 ff. Erw. 3 und 4, BGE 74 II 23 ff. und BGE 95 II 38 ff. Im ersten dieser drei Urteile war zu entscheiden, ob ein vom Konkurs bedrohter Schuldner, der seinem Schwiegervater Geld übergeben hatte, um es den Gläubigern zu entziehen, den Betrag zurückfordern könne. Das Bundesgericht verneinte dies, weil die Hingabe des Geldes als Vorbereitung betrügerischen Bankerottes strafrechtlich unerlaubt und daher nach Art. 17 aoR ungültig sei und ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäss Art. 75 aoR (= 66 OR) nicht bestehe.
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Auch im zweiten Präjudiz erachtete das Bundesgericht das Rechtsgeschäft (Hingabe eines Betrages zur Beschaffung gemünzten Goldes) als nichtig, und zwar gemäss ausdrücklicher Bestimmung des Art. 6 des BRB vom 7. Dezember 1942 über die Überwachung des Handels mit Gold.
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Im dritten Präjudiz war zunächst die Auszahlung eines Schmiergeldes an einen Vormund zu würdigen. Das Versprechen, das ihr zugrunde lag, betraf einen typischen Fall des Gaunerlohnes und war gemäss Art. 20 Abs. 1 OR nichtig. Daher wurde auch die Übernahme der Schmiergeldschuld durch Dritte als nichtig erachtet und den ursprünglichen Schmiergeldschuldnern ![]() | 14 |
e) Weitere Urteile, in denen das Bundesgericht zu Art. 20 und 66 OR Stellung nahm, führen ebenfalls nicht zum Schluss, der Vertrag zwischen dem Beschwerdeführer und der Beschwerdegegnerin oder ihrer Tochtergesellschaft sei nichtig.
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In BGE 53 II 41 war es der Auffassung, Art. 20 und 66 OR seien nur auf Leistungen anzuwenden, die zur Belohnung einer zugesagten oder in Aussicht gestellten verbotenen oder unsittlichen Handlung gemacht werden, nicht auch auf Zuwendungen, die nach der Verabredung der Parteien an den Leistenden zurückgegeben werden sollen.
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Im Entscheid 75 II 294 erachtete das Bundesgericht wiederum auf Grund des Art. 6 BRB vom 7. Dezember 1942 ein Goldhandelsgeschäft als nichtig und ging es wie im Entscheid 74 II 23 ff. davon aus, Art. 66 OR schliesse die Bereicherungsklage nicht nur gegen den Empfänger von Gaunerlohn, sondern auch gegen den Empfänger anderer zur Erreichung des rechtswidrigen Erfolges gemachter Zuwendungen aus. Dennoch erklärte es den Empfänger des Geldes zur Rückerstattung verpflichtet, weil er dem Geber im Verlaufe der Auseinandersetzung Ersatz des Schadens versprochen hatte.
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In BGE 76 II 369 f. Erw. 5 wurde ein Schweigegeldvertrag als sittenwidrig und nichtig erachtet, die Rückforderung aber trotz Art. 66 OR geschützt mit der Begründung, die Berufung auf diese Bestimmung sei rechtsmissbräuchlich, weil das Geld unter dem Einfluss einer vom Empfänger zu vertretenden Drohung versprochen und gezahlt worden sei.
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In BGE 79 II 204 f. wurde die Klage auf Rückgabe eines Darlehens, das den Käufern eines landwirtschaftlichen Heimwesens die Zahlung eines dem BRB über Massnahmen gegen die Bodenspekulation widersprechenden Überpreises ermöglicht hatte, mit der Begründung geschützt, Art. 42 Abs. 2 dieses Beschlusses lasse die Rückforderung des Überpreises ausdrücklich zu und die Handlung des Darleihers wiege weniger schwer, könne also ebenfalls nicht unter Art. 66 OR fallen.
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BGE 82 II 75 lautet dahin, der entgeltliche Verzicht auf das bäuerliche Vorkaufsrecht falle nicht unter Art. 20 OR. Das Bundesgericht fügte unter Hinweis auf den Entscheid BGE 74 II 23 ff. bei, selbst wenn es anders wäre, könnte der Kläger gemäss Art. 66 OR die Abfindungssumme nicht zurückfordern.
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f) Bleibt es dabei, dass das Vertragsverhältnis mit dem Beschwerdeführer gültig ist, so ist dieser der Beschwerdegegnerin aus Vertrag verpflichtet, die anvertrauten £ 5000 zu ersetzen, da er sie weisungswidrig nicht der Farsura zur Verfügung gehalten, sondern eigenmächtig anderweitig verwendet hat. Der Anspruch der Beschwerdegegnerin beruht nicht auf ungerechtfertigter Bereicherung. Die Frage, ob Art. 66 OR nur die Rückforderung von sog. Gaunerlohn oder auch die Rückforderung anderer nichtiger Zuwendungen ausschliesse, stellt sich daher nicht.
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Das Urteil des Schiedsrichters ist somit im Ergebnis richtig. Da es nicht im Sinne von § 344 Ziff. 9 zürch. ZPO klares Recht verletzt, erfüllt auch der Entscheid des Obergerichtes diesen Nichtigkeitsgrund nicht und verletzte das Kassationsgericht Art. 4 BV nicht, indem es die Nichtigkeitsbeschwerde abwies.
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Dem Bundesgericht ist nicht verboten, einen mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Willkür angefochtenen Entscheid mit Erwägungen als haltbar zu erklären, die von denen der kantonalen Instanz abweichen (BGE 86 I 269). Anders verhält es sich nur, wenn kantonales Recht auszulegen ist und die zu substituierenden Erwägungen von der kantonalen Instanz ausdrücklich abgelehnt wurden oder an Willkür grenzen (BGE 91 I 38, BGE 94 I 311 Erw. 4). Diese Voraussetzungen treffen hier nicht zu.
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