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60. Auszug aus dem Urteil vom 18. September 1974 i.S. Gugelberg gegen Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden. | |
Regeste |
Art. 85 lit. a OG; Gemeindeautonomie. |
Voraussetzungen, unter denen eine Autonomieverletzung mittels Stimmrechtsbeschwerde nach Art. 85 lit. a OG gerügt werden kann. | |
Sachverhalt | |
1 | |
A.- Leonhard Hermann-Kuoni stellte bei der Stadtverwaltung Maienfeld das Gesuch, seine im Übrigen Gemeindegebiet gelegene Parzelle Nr. 1714 in die Wohnzone W 1 umzuteilen. Der Stadtrat beschloss einstimmig, der Gemeindeversammlung das Gesuch zu Annahme zu empfehlen, diese lehnte es jedoch in der Folge mit grosser Mehrheit ab.
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B.- Das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden hiess einen von Hermann hiegegen erhobenen Rekurs gut, hob den ablehnenden Gemeindeversammlungsbeschluss auf und wies die Gemeinde an, die fragliche Parzelle in die Wohnzone W 1 umzuteilen.
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C.- Die Stadtgemeinde Maienfeld und der in Maienfeld stimmberechtigte Dr. Andreas von Gugelberg führen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes je staatsrechtliche Beschwerde. Die Stadtgemeinde rügt eine Verletzung der Gemeindeautonomie, Dr. von Gugelberg eine Verletzung seines politischen Stimmrechtes durch Missachtung der Gemeindeautonomie.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde der Stadtgemeinde Maienfeld gut. Auf die Beschwerde des Dr. A. von Gugelberg tritt es hingegen mangels Legitimation nicht ein.
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Aus den Erwägungen: | |
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Nach der neuern Rechtsprechung des Bundesgerichtes ist der Bürger, der wegen Verletzung anderer verfassungsmässiger ![]() | 7 |
Wie das Bundesgericht in BGE 72 I 24ff. feststellte, kann ein Gemeindestimmbürger den Entscheid einer kantonalen Aufsichtsbehörde, welche einen Gemeindeversammlungsbeschluss wegen inhaltlicher Unvereinbarkeit mit übergeordnetem Recht aufhebt, nicht wegen Verletzung seines Stimmrechtes anfechten. Ebenso ist eine Stimmrechtsbeschwerde ausgeschlossen, wenn die kantonale Aufsichtsbehörde einem Beschluss der Gemeindestimmbürger aus materiellrechtlichen Gründen die Genehmigung verweigert (nicht publ. Urteil vom 4. März 1948 i.S. Bösch gegen Regierungsrat St. Gallen, E. 3). An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Dasselbe muss gelten, wenn eine kantonale Rechtsmittelinstanz über die inhaltliche Zulässigkeit eines Gemeindeversammlungsbeschlusses zu befinden hat. Der einzelne Stimmbürger kann gegen die Aufhebung eines solchen Beschlusses nur dann gestützt auf Art. 85 lit. a OG staatsrechtliche Beschwerde führen, wenn die Rechtmässigkeit des Abstimmungsverfahrens oder die Ermittlung des Abstimmungsergebnisses in Frage steht, nicht aber, wenn die materielle Zulässigkeit eines an sich rechtmässig zustandegekommenen ![]() | 8 |
Dieser Grundsatz unterliegt gewissen Ausnahmen. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung lässt den Stimmbürger zum Beispiel dann zur Beschwerde gemäss Art. 85 lit. a OG zu, wenn eine kantonale Aufsichtsbehörde entgegen dem Willen der Stimmberechtigten eine Erhöhung des kommunalen Steuerfusses anordnet (BGE 100 Ia 266 E. 1; in diesem Sinne auch BGE 42 I 185). Ebenso ist der Bürger zur Stimmrechtsbeschwerde legitimiert, wenn die kantonale Aufsichtsbehörde das Budget für ein kommunales Elektrizitätswerk, das von den Stimmberechtigten verworfen wurde, selber für verbindlich erklärt (Urteil vom 18. September 1968 i.S. Döbeli gegen Einwohnergemeinde Brugg und Regierungsrat Aargau, nicht publizierte Erw. 2). Läuft die Anordnung der kantonalen Behörde darauf hinaus, dass die Befugnisse der Stimmbürger in bestimmten wesentlichen Fragen der kommunalen Selbstverwaltung überhaupt ausgeschaltet werden, so ist es gerechtfertigt, dass der einzelne Stimmbürger die Zulässigkeit dieser Massnahme gestützt auf Art. 85 lit. a OG überprüfen lassen kann.
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Ein derartiger Fall liegt hier jedoch nicht vor. Es steht kein grundlegender Eingriff in die Rechte der Stimmbürger in ![]() | 10 |
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