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25. Urteil vom 21. Mai 1975 i.S. Schwery gegen Moser und Appellationshof (III. Zivilkammer) des Kantons Bern. | |
Regeste |
Art. 59 BV. Garantie des Wohnsitzgerichtsstandes; adhäsionsweise Geltendmachung von Zivilansprüchen im Strafprozess. |
2. Heisst der Strafrichter die Zivilansprüche gegen den strafrechtlich verurteilten Angeklagten nur "dem Grundsatze nach" gut und verweist er die Parteien zur Festsetzung der Höhe dieser Leistungen an den Zivilrichter, so gilt für dieses nachfolgende Zivilverfahren, das der Geschädigte zur vollständigen Durchsetzung seiner Ansprüche anzustrengen hat, die Gerichtsstandsgarantie des Art. 59 BV (Erw. 3). |
3. Ausnahme vom Grundsatz der kassatorischen Natur der staatsrechtlichen Beschwerde (Erw. 4). | |
Sachverhalt | |
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"Wenn die zur vollständigen Beurteilung der Zivilklage notwendige Beweisführung das Verfahren unverhältnismässig verlängert, kann ausnahmsweise der Strafrichter die Zivilklage nur dem Grundsatze nach beurteilen und die Parteien zur Festsetzung der Höhe des Anspruches an den Zivilrichter verweisen."
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B.- Herbert Moser wurde in Leissigen (Kt. Bern) vom Hund des in Fiesch (Kt. Wallis) wohnhaften Leo Schwery gebissen und verletzt. Er reichte bei den bernischen Behörden gegen den Hundehalter Strafanzeige ein und konstituierte sich als Privatkläger. Die II. Strafkammer des bernischen Obergerichtes erklärte am 13. März 1973 als Appellationsinstanz Leo Schwery der fahrlässigen Körperverletzung schuldig und verurteilte ihn zu 30 Tagen Gefängnis, bedingt auf zwei Jahre, sowie
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"gegenüber Moser Herbert zum Ersatz des durch den Hundebiss vom 14.11.1970 verursachten Schadens, sowie zu einer angemessenen Genugtuungssumme, wobei die Parteien zur Festsetzung der Höhe dieser Leistungen an den Zivilrichter verwiesen werden."
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D.- Leo Schwery führt wegen Verletzung von Art. 59 BV staatsrechtliche Beschwerde.
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Das Bundesgericht zieht in
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Erwägung: | |
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Es ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer zahlungsfähig ist und in der Schweiz, nämlich im Kanton Wallis, einen festen Wohnsitz hat; ebenso steht fest, dass es sich bei der vor dem bernischen Appellationshof gegen ihn eingeleiteten Zivilklage um eine "persönliche Ansprache" im Sinne von Art. 59 Abs. 1 BV handelt. Es kann sich nur fragen, ob die in dieser Verfassungsbestimmung enthaltene Gerichtsstandsgarantie hier deshalb eine Einschränkung erleidet, weil der streitige Zivilanspruch zuvor adhäsionsweise im Strafverfahren vor den bernischen Behörden geltend gemacht worden ist.
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2. Ob und unter welchen Voraussetzungen Zivilansprüche im Strafverfahren gegen den Angeschuldigten geltend gemacht und beurteilt werden können, ist in erster Linie eine Frage des kantonalen Prozessrechtes (BGE 63 I 60 Nr. 14). Der Adhäsionsprozess ist eine Einrichtung zugunsten des durch die strafbare Handlung geschädigten Privaten; er will dem Verletzten auf möglichst einfachem und sicherem Weg die Durchsetzung seiner zivilrechtlichen Ansprüche gegen den Täter ermöglichen. Das Bundesgericht hat dieser besonderen Interessenlage bei der Auslegung von Art. 59 Abs. 1 BV Rechnung getragen und seit jeher anerkannt, dass sich der einer ![]() | 10 |
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Ob und wieweit eine derartige Aufteilung des Entscheides über die Zivilansprüche zweckmässig ist, kann dahingestellt bleiben. Sie ist jedenfalls nicht bundesrechtswidrig; auch Art. 175 Abs. 1 BStP sieht diese Möglichkeit vor (zu den Rechtswirkungen solcher Adhäsionsurteile vgl. THEODOR WEISS, Die Behandlung connexer Civil- und Strafsachen, Diss. Zürich 1893, S. 150-52). Aus der erwähnten Rechtsprechung folgt sodann, dass die grundsätzliche Gutheissung der Zivilansprüche durch den bernischen Strafrichter nicht gegen Art. 59 Abs. 1 BV verstiess. Da dieser im vorliegenden Fall sogar zu ![]() | 12 |
Hätte der Strafrichter - was im vorliegenden Fall nach dem Wortlaut von Art. 3 StrV allerdings nicht zulässig gewesen wäre - von einer materiellen Beurteilung der Zivilansprüche überhaupt abgesehen und diese vollständig ad separatum verwiesen, so käme bei einem allfälligen Zivilprozess zwischen Geschädigtem und Angeschuldigtem, gleichgültig wie das Strafverfahren für diesen ausgegangen ist, klarerweise die Regel des Art. 59 Abs. 1 BV zum Zuge. Die Lage wäre dieselbe, wie wenn ein Strafverfahren mit adhäsionsweiser Geltendmachung der Zivilansprüche gar nicht stattgefunden hätte. Es verhält sich nicht so, dass mit der strafrechtlichen Verurteilung für die aus dem Delikt entstandenen Zivilansprüche im Strafverfolgungskanton ein neuer, vor Art. 59 Abs. 1 BV zulässiger Gerichtsstand begründet wird und der verurteilte Täter der Garantie des Wohnsitzgerichtsstandes ein für allemal verlustig geht. Nach der angeführten Rechtsprechung sind die mit einer strafbaren Handlung zusammenhängenden Zivilforderungen der Regel des Art. 59 Abs. 1 BV vielmehr nur insoweit entzogen, als sie auch ausserhalb des Wohnsitzkantons des Schuldners im Strafprozess gegen diesen adhäsionsweise geltend gemacht und, bei strafrechtlicher Verurteilung des Beschuldigten, vom Strafrichter zugesprochen werden können. Wird der Schuldner vom Geschädigten ausserhalb eines Strafprozesses, d.h. in einem Zivilverfahren belangt, findet Art. 59 Abs. 1 BV Anwendung.
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Geht man aber hievon aus, so erweist sich die vorliegende Beschwerde als begründet. Das im Kanton Bern gegen den Beschwerdeführer durchgeführte Strafverfahren hat mit dem Appellationsentscheid der II. Strafkammer vom 13. März 1973, in dem auch die prinzipielle Schadenersatz- und Genugtuungspflicht des Angeklagten rechtskräftig festgestellt wurde, seinen Abschluss gefunden. Damit ist das akzessorische Verhältnis der Zivilklage zum Strafverfahren, welches allein die Ausnahme von Art. 59 Abs. 1 BV zu rechtfertigen vermochte, ![]() | 14 |
Wohl mag es aus der Sicht des Geschädigten unbefriedigend erscheinen, dass er zur vollständigen Durchsetzung seiner privatrechtlichen Ansprüche ausserhalb des Kantons Bern im Wohnortskanton des Beschwerdeführers einen Zivilprozess einzuleiten hat. Dies ist jedoch die Folge der verfassungsmässigen Garantie des Wohnsitzgerichtsstandes, auf die sich, von bestimmten Ausnahmen abgesehen, auch der strafrechtlich verfolgte Schuldner berufen kann. Rechtlich entsteht dem Geschädigten in der Sache selber kein Nachteil. Der Walliser Zivilrichter ist an das im Strafprozess ergangene rechtskräftige Adhäsionsurteil ebenso gebunden, wie es allenfalls der bernische Zivilrichter wäre (Art. 61 BV; AUBERT, Traité de droit constitutionnel suisse, I, N. 863 ff., insbes. N. 865 und 868), und es stehen diesbezüglich dem Geschädigten die erforderlichen eidgenössischen Rechtsmittel zur Verfügung. Schliesslich ist auch der Hinweis auf die Ausführungen in BGE 31 I 402f., BGE 33 I 87 und BGE 36 I 597 unbehelflich. Es wurde hier der Grundsatz aufgestellt, dass die Anerkennung der örtlichen Zuständigkeit oder die vorbehaltlose Einlassung auf einen Prozess gegebenenfalls auch für einen anschliessenden zweiten Prozess gilt, wenn dieser lediglich als Fortsetzung des früheren Verfahrens erscheint, und Art. 59 BV daher nachträglich nicht mehr ![]() | 15 |
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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Die Beschwerde wird gutgeheissen und der angefochtene Beschluss der III. Zivilkammer des bernischen Appellationshofes vom 27. Januar 1975 aufgehoben; es wird festgestellt, dass die bernischen Zivilgerichte zur Behandlung der Zivilklage des Beschwerdegegners gegen den Beschwerdeführer nicht zuständig sind.
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