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44. Auszug aus dem Urteil vom 11. Juli 1975 i.S. Gemeinde Täsch gegen Staatsrat des Kantons Wallis. | |
Regeste |
Gemeindeautonomie; Anwendung kommunaler Bauvorschriften (Wallis). | |
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2. Streitig ist die Auslegung und Anwendung des kommunalen Baureglementes. Dessen Vorschriften stellen in bezug auf jene Fragen, die im kantonalen Recht keine abschliessende Regelung erfahren haben und bei denen der Gemeinde eine relative Entscheidungsfreiheit zusteht, autonomes Recht dar; die Gemeinden können sich gegenüber dem Entscheid einer kantonalen Behörde, welche als Rechtsmittelinstanz über die ![]() | 1 |
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b) Das kantonale Baugesetz vom 19. Mai 1924 (BauG) ordnet das Bauwesen nicht erschöpfend. Es enthält selber keine baupolizeilichen Vorschriften, sondern beschränkt sich darauf, in Art. 4 die Gemeinden zum Erlass von Reglementen über die Baupolizei zu ermächtigen und in den Art. 8/9 den obligatorischen und fakultativen Gegenstand dieser Reglemente festzulegen. Unter diesen Umständen ist ohne weiteres anzunehmen, dass die beschwerdeführende Gemeinde beim Erlass ihres Baureglementes jedenfalls in bezug auf die hier streitigen Fragen eine relativ erhebliche Entscheidungsfreiheit besass und dass die im vorliegenden Fall für die Erteilung der Baubewilligung massgebenden Vorschriften des BauR im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung autonomes Gemeinderecht darstellen. Dass sämtliche kommunalen Reglemente, insbesondere auch die Baureglemente, der Genehmigung des Staatsrates bedürfen (Art. 82 Abs. 2 KV, Art. 6 BauG), ändert daran nichts. Auch der Staatsrat stellt dies nicht in Abrede.
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c) Streitig ist jedoch der Umfang der Überprüfungsbefugnis, die der Staatsrat als Beschwerdeinstanz bei der Anwendung ![]() | 4 |
"1 Mit der Beschwerde können alle Rechtsverletzungen, die Unangemessenheit des Inhalts der Verfügung sowie die unrichtige oder unvollständige Feststellung des Sachverhaltes geltend gemacht werden. Ermessensmissbrauch und Ermessensüberschreitung gelten als Rechtsverletzung.
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2 In Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises der Gemeinde ist die Rüge der Unangemessenheit unzulässig."
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Der Staatsrat vertritt die Auffassung, dass das Bauwesen zum übertragenen Wirkungskreis der Gemeinden gehöre, weshalb er gemäss Art. 21 Abs. 1 VWV als Rechtsmittelinstanz im Baubewilligungsverfahren den Entscheid der kommunalen Behörde in jeder Hinsicht frei, d.h. auch auf seine Angemessenheit hin überprüfen könne. Die Gemeinde hingegen macht geltend, die Behandlung von Baugesuchen gehöre "ohne Zweifel" zum eigenen Wirkungskreis, weshalb der Staatsrat auf eine blosse Rechtskontrolle beschränkt sei. Das Bundesgericht seinerseits hat die Frage, ob die Walliser Gemeinden bei der Ausübung der ihnen im Bauwesen zustehenden Befugnisse im Rahmen des eigenen oder des übertragenen Wirkungskreises handeln, in früheren Entscheiden offen gelassen (BGE 100 Ia 86; nicht publiziertes Urteil i.S. Gemeinde Saas-Fee vom 13. November 1968 E. 3).
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Die erwähnte Unterscheidung, welche der Staatsrat, offenbar in Anlehnung an die frühere Autonomierechtsprechung, bei der Regelung der Kognition in Art. 21 VWV als Abgrenzungskriterium verwendet hat, ist heute für die Bestimmung des autonomiegeschützten Bereiches nicht mehr massgebend (BGE 93 I 432, 158). Sie behält jedoch ihre Bedeutung für die Frage nach der der kantonalen Rechtsmittelinstanz zustehenden Kognition, soweit sich diese nach Art. 21 VWV bestimmt (BGE 100 Ia 86). Die Beschwerdeführerin stellt die Verfassungsmässigkeit der in Art. 21 VWV getroffenen Regelung nicht in Zweifel. Streitig ist einzig, ob diese vom Staatsrat erlassene Vorschrift hier richtig ausgelegt und angewendet wird, was das Bundesgericht nur unter dem Gesichtswinkel der Willkür prüft. Da der zur Bestimmung der Kognition verwendete ![]() ![]() | 8 |
d) Ist aber davon auszugehen, dass der Staatsrat als Beschwerdeinstanz im vorliegenden Falle auch die Handhabung des Ermessens überprüfen konnte, so erweist sich die Autonomie der Gemeinde nicht bereits dann als verletzt, wenn der aufgehobene Entscheid des Gemeinderates noch im Rahmen des rechtlich Zulässigen liegt und auf einer haltbaren Ausübung der Ermessens beruht. Eine dahingehende Rüge könnte nur dort vorgebracht werden, wo die kantonale Behörde auf eine Rechtskontrolle beschränkt ist. Gegenüber einer mit freier Überprüfungsbefugnis ausgestatteten Beschwerdeinstanz besteht indessen der Schutz der Gemeindeautonomie einzig darin, dass der Sachentscheid der Rechtsmittelbehörde seinerseits nicht auf einer willkürlichen Handhabung autonomen Gemeinderechts beruhen darf (BGE 99 Ia 254; Urteil vom 22. Mai 1974 i.S. Gemeinde Schwyz, publiziert in ZBl 1974 S. 431 ff.). Nur unter diesem letzteren Gesichtswinkel ist der angefochtene Entscheid im folgenden zu prüfen.
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