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63. Auszug aus dem Urteil vom 3. Dezember 1975 i.S. Bischoff gegen Gemeinde Muttenz, Regierungsrat und Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Landschaft | |
Regeste |
Art. 85 lit. a OG; kommunales Referendum. |
Der Entscheid über eine Volksinitiative braucht nicht unbedingt in einer Urnenabstimmung getroffen zu werden (E. 5b). | |
Sachverhalt | |
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Aus den Erwägungen: | |
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Es besteht kein Anlass, von diesen Erwägungen abzuweichen. Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, schlägt nicht durch. Er macht geltend, er habe den negativen Beschluss des Gemeinderats mit kantonalen Rechtsmitteln und letztlich mit staatsrechtlicher Beschwerde anfechten können; das Referendum sei nichts anderes als eine Pluralbeschwerde, sodass nicht einzusehen sei, weshalb es nicht auch wie eine Beschwerde gegen einen negativen Beschluss ergriffen werden könne. Ein Volksrecht lässt sich aber klarerweise nicht mit einem prozessualen Rechtsmittel vergleichen, das dem Bürger zur Verfügung steht, um den Entscheid einer untern Instanz bei einer obern anzufechten. Mehr Beachtung verdient der Einwand, den der Beschwerdeführer gegen die bundesgerichtliche Erwägung vorbringt, das Referendum habe - wie sich auch GIACOMETTI ausdrückte - "negativen Charakter" (BGE 99 Ia 529). Er macht geltend, wer das Referendum gegen einen Beschluss ergreife, müsse nicht unbedingt dessen Ablehnung anstreben, er könne auch bei positiver Einstellung die beschlossene Sache für so wichtig halten, dass nach seiner Meinung darüber das Volk entscheiden solle. Es mag in der Tat ausnahmsweise vorkommen, dass eine Gruppe trotz Einverständnis mit einem Beschluss dagegen das Referendum ergreift, weil sie der Meinung ist, um der Bedeutung der Sache willen solle der Souverän darüber beschliessen. Das ändert aber nichts daran, dass nach allgemeiner schweizerischer Auffassung den Stimmbürgern die Initiative zur Verfügung steht, ![]() | 4 |
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5. Das Bundesgericht hat in BGE 99 Ia 533 E. 6 das Referendum gegen ablehnende Beschlüsse unter anderem mit Hinweis auf die Tatsache ausgeschlossen, dass den Stimmberechtigten ![]() | 6 |
a) Das Verwaltungsgericht führte aus, die Initiative sei auch in der ordentlichen Gemeindeorganisation vorgesehen, während der Regierungsrat der Ansicht des Beschwerdeführers beipflichtete, das Initiativrecht sei bei der ordentlichen Gemeindeorganisation nicht gegeben. Rein formell ist im Gesetz nur bei der ausserordentlichen Gemeindeorganisation neben dem Referendum auch die Initiative (§§ 122 ff.) erwähnt, während bei der ordentlichen Organisation allein das Referendum ausdrücklich genannt ist (§ 49). § 68 GG sieht indes bei der Regelung der Gemeindeversammlung vor, dass jeder Stimmberechtigte Anträge stellen kann, sofern diese in die Befugnis der Gemeindeversammlung fallen. Für die Änderung der Gemeindeordnung ist ein schriftlicher Antrag einer bestimmten Zahl von Stimmberechtigten nötig, wobei in Gemeinden mit mehr als 3000 Stimmbürgern 150 Unterschriften genügen. Damit ist ein Rechtsinstitut geschaffen, das der Sache nach als Initiative zu betrachten ist. Wenn, wie hier, die Änderung der Gemeindeordnung in Frage ist, kann eine bestimmte Anzahl von Stimmbürgern ein entsprechendes Begehren stellen, über das hernach obligatorisch die Bürgerschaft abzustimmen hat. Der Unterschied zwischen der Initiative bei der ordentlichen und der ausserordentlichen Gemeindeorganisation besteht darin, dass im ersten Fall die Stimmberechtigten in der Gemeindeversammlung, im zweiten Fall an der Urne darüber zu befinden haben. Dieser Unterschied ergibt sich aus der verschiedenen Struktur der Gemeinwesen.
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b) Nach der Meinung des Beschwerdeführers gehört es zum Wesen der Pluralinitiative, dass der Entscheid der Stimmberechtigten in einer Urnenabstimmung als letzter Instanz getroffen wird. Es kann aber in einem Gemeinwesen, das im wesentlichen nach dem Prinzip der direkten Demokratie organisiert ist, das Initiativrecht sehr wohl so ausgestaltet sein, dass über das begehren in der Versammlung der Stimmberechtigten und nicht an der Urne entschieden wird, wie das ![]() | 8 |
c) Der Regierungsrat erklärt in seiner Beschwerdeantwort, § 48 GG schliesse es bei der ordentlichen Gemeindeorganisation schlechthin aus, die Hürde des zustimmenden Gemeindeversammlungsbeschlusses zu umgehen. In der Tat spricht § 48 deutlich für die Auslegung, welche die kantonalen Instanzen dem § 49 geben. Nach § 48 unterliegen die Gemeindeordnung und deren Änderungen nach Genehmigung durch die Gemeindeversammlung noch der Urnenabstimmung. Die Initianten können demnach nur dann eine Urnenabstimmung über ein Begehren um Erlass einer neuen Gemeindeordnung oder um Änderung der bestehenden erwirken, wenn vorher die Gemeindeversammlung zugestimmt, also die Initiative erheblich erklärt hat. Es wäre mit dieser Ordnung nicht im Einklang, wenn Initianten nach Ablehnung ihres Begehrens auf Einführung der ausserordentlichen Gemeindeorganisation durch die Gemeindeversammlung eine Urnenabstimmung erzwingen könnten. Selbst wenn man - zu Unrecht - annähme, die Initianten könnten die Grundsatzfrage der Einführung der ausserordentlichen Gemeindeorganisation nach Ablehnung durch die Gemeindeversammlung an der Urne entscheiden lassen, käme das Unternehmen nach § 48 GG nicht zum Ziel, wenn die Gemeindeversammlung die neue Gemeindeordnung nicht genehmigte. Nach dem klaren Wortlaut des § 48 sind nur die von der Gemeindeversammlung genehmigten Vorlagen über die Revision der Gemeindeordnung der Urnenabstimmung unterstellt. Es entspricht demnach dem Sinn des Gesetzes, dass die kantonalen Behörden die Durchführung der verlangten Volksabstimmung ablehnten; die Beschwerde ist somit abzuweisen.
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6. Es ist einzuräumen, dass die gesetzliche Ordnung des Initiativrechts bei der ordentlichen Gemeindeorganisation in ![]() | 10 |
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