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64. Urteil vom 24. September 1975 i.S. X. gegen die Kantone Thurgau und St. Gallen | |
Regeste |
Art. 46 BV; Zwischentaxation bei Änderung der für die interkantonale Steuerausscheidung massgebenden Verhältnisse. | |
Sachverhalt | |
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Die Steuerbehörde des Kantons St. Gallen lehnte es ab, die auf den 1. Mai 1971 erfolgte interkantonale Steuerausscheidung durch entsprechende Zwischenveranlagungen zu korrigieren, ![]() | 2 |
Die Steuerbehörde des Kantons Thurgau erblickte hingegen im nachträglichen Erwerb der beiden thurgauischen Liegenschaften eine Änderung der Grundlagen der auf den 1. Mai 1971 bezogenen Steuerausscheidung und nahm entsprechende Zwischenveranlagungen vor, die jeweils zu einer für den Kanton Thurgau günstigeren Steuerteilung führten. X. setzte sich gegen die im Kanton Thurgau ergangenen Zwischenveranlagungen erfolglos zur Wehr.
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Im Anschluss an den letztinstanzlichen Entscheid der thurgauischen Steuerrekurskommission führt X. gegen die Kantone Thurgau und St. Gallen wegen Verletzung des Doppelbesteuerungsverbotes staatsrechtliche Beschwerde.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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4. a) Art. 46 Abs. 2 BV gewährt dem Bürger ein Individualrecht, indem es ihn gegen eine doppelte Besteuerung schützt. Er hat jedoch keinen Anspruch darauf, dass die Doppelbesteuerung in einer bestimmten Art und Weise vermieden wird. Es ist vielmehr eine Aufgabe des Bundesrechtes, darüber ![]() | 9 |
b) Es ist ein seit langem geltender und allgemein anerkannter Grundsatz, dass Liegenschaften und der aus ihnen fliessende Ertrag der Steuerhoheit des Kantons der gelegenen Sache unterliegen (HÖHN, Doppelbesteuerungsrecht, S. 158, BLUMENSTEIN, System des Steuerrechts, 3. A., S. 84 ff.). Gegebenenfalls hat er bei Wechsel in den Eigentumsverhältnissen Anspruch auf eine "pro rata"-Besteuerung. Befinden sich natürlichen Personen gehörende Liegenschaften nicht im Kanton, in dem jene ihr primäres Steuerdomizil haben, ist somit eine Steuerausscheidung zwischen dem Wohnsitzkanton und dem Kanton der gelegenen Sache nötig. Dabei ist die bundesgerichtliche Rechtsprechung stets davon ausgegangen, dass der Kanton der gelegenen Sache die Besteuerungsbefugnis vom ersten Tag an, an dem der Steuerpflichtige im Liegenschaftskanton über die Liegenschaft verfügt, in Anspruch nehmen kann. Auf diesen Zeitpunkt hin ist deshalb nötigenfalls die Steuerausscheidung vorzunehmen (Urteil des Bundesgerichts vom 8. Juli 1943 i.S. Bohrer, E. 3, Urteil vom 9. Oktober 1963 i.S. Zürcher, E. 5). An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Es wäre sachlich ungerechtfertigt, wenn der Liegenschaftskanton, dem im Zusammenhang mit dem Grundeigentum regelmässig Aufwendungen erwachsen, die Liegenschaft und ihren Ertrag während einer bestimmten Zeit deshalb nicht besteuern könnte, weil das Steuerverfahrensrecht eines Drittkantons die Möglichkeit einer sofortigen Zwischenveranlagung, welche dem Eigentumsübergang Rechnung tragen würde, nicht vorsieht. Der Standpunkt des Kantons St. Gallen, wonach die beiden fraglichen Liegenschaftskäufe erst bei der neuen Haupteinschätzung, d.h. bei der Veranlagung 1973 zu berücksichtigen seien, erweist sich daher nicht als haltbar. Die Unrichtigkeit seines Standpunktes wird umso deutlicher, wenn man den Fall in Betracht zieht, dass der ![]() | 10 |
Selbstverständlich spielt es nun keine Rolle, ob der Steuerpflichtige im andern Kanton ein einziges oder, in Abständen, mehrere Grundstücke erwirbt. Es ist dann jedesmal eine Voraussetzung für die Zwischeneinschätzung gegeben, und eine solche ist auch durchzuführen, wenn sie zu einem erheblichen, fiskalisch vielleicht nicht ganz gerechtfertigten Verwaltungsaufwand führt. Es mag in solchen Fällen Sache der beteiligten Kantone sein, im Einvernehmen mit dem Steuerpflichtigen nach einer möglichst wenig aufwendigen Lösung zu suchen.
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Es ist ferner nicht ausgeschlossen, wie die st. gallische Steuerverwaltung behauptet, dass der thurgauische Fiskus bei einer umfassenden Betrachtung durch die vom Kanton St. Gallen vertretene Lösung nicht benachteiligt wird, da er in andern Fällen selber ihr Nutzniesser sein könnte. Doch vermag auch diese Auffassung, abgesehen davon, dass sie sich auf Vermutungen stützt, nicht gegen die bewährten doppelbesteuerungsrechtlichen Abgrenzungsgrundsätze aufzukommen.
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Schliesslich wendet die Steuerverwaltung des Kantons St. Gallen ein, die vom Kanton Thurgau verfochtene Auffassung könne schwierige Abgrenzungsfragen in quantitativer und ![]() | 14 |
6. Die Beschwerde ist somit gegenüber dem Kanton St. Gallen als begründet zu erklären. Die Steuerverwaltung des Kantons St. Gallen wird ihre Steuereinschätzung unter Berücksichtigung der Liegenschaftenkäufe des Beschwerdeführers aus dem Jahre 1971 neu vorzunehmen und eine allfällig vom Steuerpflichtigen zu viel bezahlte Steuer zurückzuerstatten haben. Gegenüber dem Kanton Thurgau ist die Beschwerde unbegründet; doch wird im weitern Verlauf des Veranlagungsverfahrens ![]() | 15 |
Demnach hat das Bundesgericht erkannt:
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