BGE 102 Ia 143 | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
23. Auszug aus dem Urteil vom 19. Mai 1976 i.S. Caretta gegen Bezirksrat Einsiedeln, Regierungsrat des Kantons Schwyz und Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz | |
Regeste |
Kurtaxe, Art. 4 und 46 Abs. 2 BV. |
Art. 4 BV wird nicht dadurch verletzt, dass Passanten die Kureinrichtungen mitbenützen, wenn dem Verhältnis zwischen ihnen und den Kurgästen bei der Bemessung der Kurtaxe Rechnung getragen wird (E. 2c). | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Sachverhalt | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
1 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Die Abgabe stützt sich auf das Kurtaxen-Reglement des Bezirkes Einsiedeln vom 6. Mai 1971, das seine Grundlage seinerseits im schwyzerischen "Gesetz über die Erhebung einer Kurtaxe durch die Gemeinden" vom 10. September 1970 hat.
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Der Regierungsrat und das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz bestätigten auf Beschwerde hin die Verfügung.
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Mit staatsrechtlicher Beschwerde gestützt auf Art. 4 und 46 Abs. 2 BV verlangt Caretta die Aufhebung des letztinstanzlichen kantonalen Urteils. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
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Aus den Erwägungen: | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Unter dem Gesichtspunkt des Doppelbesteuerungsverbotes ist massgebend, welcher rechtliche Charakter der Kurtaxe zuzuerkennen sei. Das Bundesgericht hat sich mit dieser Frage schon in einer Reihe von veröffentlichten Entscheidungen beschäftigt (BGE 64 I 303; BGE 67 I 200; BGE 90 I 86; BGE 93 I 17 und ZBl 73 S. 116; BGE 99 Ia 351; BGE 100 Ia 60). Es hat namentlich im Entscheid BGE 90 I 92 ff. (E. 3), der die Kurtaxe der Gemeinde Flims betraf, mit einlässlicher Begründung festgestellt, dass es sich bei dieser Taxe nicht um einen Beitrag oder eine Vorzugslast, sondern um eine voraussetzungslos geschuldete Abgabe, also um eine Steuer handle. Hieran wurde in der Folge in den Urteilen BGE 93 I 17 ff. (Gemeinde St. Moritz), BGE 99 Ia 351 ff. (Kanton Tessin) und BGE 100 Ia 60 ff. (Kanton Wallis und société de développement de Verbier) festgehalten. Auch heute besteht kein Anlass, auf diese Frage zurückzukommen.
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Dass die Kurtaxe eine Steuer darstellt, bedeutet indessen noch nicht, sie dürfe von Einwohnern anderer Kantone nicht erhoben werden. Sie ist nicht eine ordentliche, zur Finanzierung des Staats- oder Gemeindehaushaltes dienende Abgabe, sondern vielmehr eine Zwecksteuer. Als solche hält sie vor Art. 46 Abs. 2 BV stand, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruht, ausschliesslich dem Zwecke des Kurbetriebes dient und es sich um eine Steuer von geringer Höhe handelt, die nicht in der Grössenordnung derjenigen Steuern liegt, die der Pflichtige bei Wohnsitz am betreffenden Ort von seinem Erwerbseinkommen und vom beweglichen Vermögen zu bezahlen hätte (vgl. die zit. bundesgerichtliche Rechtsprechung; ferner IMBODEN, Schweiz. Verwaltungsrechtsprechung, 3. Auflage, Band II, Nr. 411, welcher dieser Praxis beipflichtet). An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Somit ist zu prüfen, ob die Kurtaxe von Einsiedeln die dargelegten Voraussetzungen erfülle und damit rechtsbeständig sei.
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b) Das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz hat allerdings erklärt, wenn das kantonale Kurtaxengesetz und das kommunale Kurtaxenreglement den bundesrechtlichen Anforderungen entsprächen, dann könnte eine allfällig fehlerhafte Handhabung dieser Erlasse durch die Vollzugsbehörden, insbesondere eine zweckwidrige Verwendung der Einkünfte, nicht zur Gutheissung des Antrages des Beschwerdeführers auf Befreiung von der Abgabe führen; dieser könnte dann vielmehr nur verlangen, dass der Bezirksrat Einsiedeln dazu verhalten werde, die rechtswidrige Verwendung der Mittel inskünftig zu unterlassen. Tatsächlich hat das Bundesgericht in BGE 90 I 96 f. ausgeführt, für den Entscheid dafür, ob die Kurtaxe mit Art. 46 Abs. 2 BV vereinbar sei, komme es nur auf ihren gesetzlichen Zweck an. Eine von diesem abweichende Verwendung der Taxeinnahmen gebe dem Pflichtigen keinen Anspruch auf volle oder Teilbefreiung von der Abgabe, sondern lediglich das Recht, mit Beschwerde zu verlangen, dass die gesetzwidrige Verwendung eingestellt werde. Dieser Satz wurde in BGE 93 I 22 und BGE 100 Ia 72 wiederholt. In den beiden zuerst zitierten Bündner Fällen stand dem Beschwerdeführer ein besonderes kantonales Rechtsmittel zu, mit dem er die vorschriftsgemässe Verwendung der Kurtaxengelder verlangen konnte (BGE 90 I 96 f., BGE 93 I 22 E. 3). Unter welchen Bedingungen und Grenzen diese Praxis auch dann zutrifft, wenn ein solches Rechtsmittel fehlt, kann im vorliegenden Fall offen bleiben, weil - wie noch zu zeigen ist - von einer gesetzwidrigen Verwendung der Mittel keine Rede sein kann. Im Sinne der zitierten Praxis wäre jedenfalls auch dann zu entscheiden, wenn nur ein geringfügiger Teil der Kurtaxengelder in gesetzwidriger Weise verwendet worden wäre.
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c) § 1 des Kurtaxengesetzes bestimmt, dass die Kurtaxe ausschliesslich zur Förderung des Fremdenverkehrs zu verwenden sei. In § 8 des gestützt auf dieses Gesetz erlassenen Kurtaxenreglementes des Bezirks Einsiedeln wird dieser Satz wiederholt und ausdrücklich beigefügt, die Entlastung des ordentlichen Bezirkshaushaltes durch Kurtaxengelder sei nicht zulässig. Es kann daher keinem Zweifel unterliegen, dass die rechtlichen Grundlagen, auf denen die Erhebung einer Kurtaxe in Einsiedeln beruht, den dargelegten Anforderungen der bundesgerichtlichen Praxis entsprechen. Zu prüfen bleibt, ob diese Praxis für Einsiedeln zu einem unhaltbaren Ergebnis führe, wie dies die Beschwerde geltend macht.
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Die Rechtsprechung des Bundesgerichtes geht dahin, solche Einrichtungen als ausschliesslich im Interesse des Kurortes und damit nicht im Rahmen des ordentlichen Gemeinde- oder Bezirkshaushaltes liegend zu betrachten, die für die Ortseinwohner allein nicht geschaffen oder betrieben würden (BGE 93 I 26 E. 5b; BGE 100 Ia 72). Diese Begriffsbestimmung führt zu befriedigenden Ergebnissen in Kurorten wie St. Moritz, Arosa oder Verbier, die nach ihrer Lage und Struktur vorwiegend für einen mehrtägigen Aufenthalt aufgesucht werden. Es fragt sich, ob sie auch im Falle von Einsiedeln haltbar sei, wo neben den Kurgästen und Ortseinwohnern eine dritte Gruppe von Benützern der Kureinrichtungen besonders in Erscheinung tritt, nämlich die Passanten, die sich nur tagsüber im Orte aufhalten. Dem Beschwerdeführer ist darin beizupflichten, dass dieser Kategorie von Besuchern in Einsiedeln überragende Bedeutung zukommt. Einsiedeln geniesst seit jeher den Ruf eines religiösen, kulturellen und historischen Zentrums ersten Ranges. Hinzugekommen ist in neuerer Zeit die Entwicklung zu einem Mittelpunkt des Wintersports in den Voralpen der deutschsprachigen Schweiz, dies insbesondere in den allerletzten Jahren, in denen der Skilanglauf als Volkssport neben dem Abfahrtslauf einen fast ebenbürtigen Rang erlangt hat. Da sich Einsiedeln von der grössten Schweizerstadt, Zürich, aus sowohl mit der Bahn als auch mit dem Auto in einer knappen Stunde erreichen lässt, hat dies einen sehr starken Zustrom von Passanten zur Folge, die nicht in Einsiedeln übernachten. Die Behauptung des Beschwerdeführers, die nicht genau messbare Zahl dieser Passanten gehe im Jahr in die Millionen, dürfte zutreffen. Ebenso ist richtig, dass sie die Zahl der in Einsiedeln während einer oder mehrerer Nächte logierenden Gäste um ein Vielfaches übersteigt.
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Prüft man nun, ob dieser Tatsache ein Einfluss auf das Recht des Bezirks Einsiedeln zur Erhebung einer Kurtaxe zukomme, so ist von den Grundsätzen auszugehen, die das Bundesgericht hinsichtlich der Mitbenützung der Kureinrichtungen durch die ortsansässige Bevölkerung aufgestellt hat, die - wie die Passanten - ebenfalls keine Kurtaxe zu entrichten hat. Wie bereits erwähnt, wurde wiederholt festgestellt, dass diejenigen Einrichtungen aus Kurtaxen finanziert werden dürften, die für die Ortseinwohner allein nicht notwendig gewesen wären und somit den ordentlichen Haushalt einer Gemeinde ohne Kurgäste nicht belasten würden. Hält man an diesem Grundsatz fest, so ist nicht einzusehen, weshalb das Recht zur Erhebung einer Kurtaxe dann entfallen sollte, wenn neben die eigentlichen Kurgäste und die ortsansässige Bevölkerung noch eine beträchtliche Anzahl von nicht am Orte übernachtenden Passanten als mögliche Nutzniesser der Kureinrichtungen treten. Zur Aufenthaltssteuer wird die Kurtaxe dadurch nicht, so dass Art. 46 Abs. 2 BV nicht als verletzt erscheint. Freilich ist nicht zu verkennen, dass sich das Problem der Rechtsgleichheit im Falle von Einsiedeln ausgeprägter zeigt als in andern Kurorten etwa vom Range von St. Moritz. Für Einsiedeln lässt sich nicht in Abrede stellen, dass zwischen den mit der Taxe belasteten Kurgästen und denjenigen Personen, welche die Einrichtungen des Kurortes mitbenützen, ohne zu übernachten und demgemäss ohne eine Kurtaxe zu entrichten, eine gewisse Rechtsungleichheit besteht. Es handelt sich hier jedoch nicht um eine Grundsatzfrage, sondern um eine solche des Masses. Artikel 4 BV ist dann nicht verletzt, wenn dem Verhältnis zwischen Kurgästen und Passanten bei der Bemessung der Kurtaxe Rechnung getragen wird. Trifft dies zu, so kann angenommen werden, ein wesentlicher Teil der für die Annehmlichkeit der Passanten aufgewendeten Mittel werde aus dem ordentlichen Bezirks- oder Gemeindehaushalt aufgebracht. Verhält es sich so, dann ist der Rüge, wonach eine nach Logiernächten zu bemessende Abgabe an sich willkürlich sei, der Boden entzogen. Die Zulässigkeit der Heranziehung der Besitzer von Ferienhäusern zur Kurtaxe bedarf keiner erneuten, grundsätzlichen Erörterung. Es kann hierzu auf die einlässlichen Erwägungen in BGE 90 I 98 ff. E. 5 und BGE 93 I 22 ff. E. 4 verwiesen werden.
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a) Eingenommen wurden vom Bezirksrat unter dem Titel "Fremdentaxen" in den Jahren 1971-1973 brutto Fr. 546'219.--. In diesen Einnahmen sind jedoch, wie sich zwar nicht aus dem Urteil des Verwaltungsgerichtes, wohl aber aus einer schon bei den kantonalen Akten befindlichen Vernehmlassung der Bezirkskanzlei Einsiedeln vom 30. April 1975 ergibt, 30 Rappen pro Übernachtung inbegriffen, die von den Hoteliers und Gastwirten zusätzlich zu den Kurtaxen für Spezialzwecke einbezahlt werden. Die Summe dieser Beträge machte gemäss Beschwerdeantwort in den Jahren 1971-1973 Fr. 74'943.-- aus. Sie wurde unvermindert an den Verkehrsverein bzw. an einen Spezialfonds des Hoteliervereins weitergeleitet (Urteil des Verwaltungsgerichtes S. 7 unten: Summe der Ausgaben gemäss lit. d, e und g: Fr. 74'943.--). Als massgebende Kurtaxen-Einnahmen sind somit die restlichen Fr. 471'276.-- zu betrachten, und es sind andererseits auf der Ausgabenseite die Positionen d, e und g nicht zu berücksichtigen.
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Von den restlichen Ausgaben können drei Positionen wegen Unerheblichkeit beiseitegelassen werden, nämlich lit. b (Wartung der Pilgeraborte), c (Gehaltsanteil/Spesen/Telefon) und f (Postscheck/Div.). Damit verbleiben zwei wesentliche Ausgabenposten, nämlich Fr. 358'121.--, Weiterleitung an Verkehrsverein, und Fr. 92'317.-- "Fondierung für kommende Aufgaben".
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Die Rückstellung von 20% der Kurtaxeinnahmen für künftige grosse Aufgaben des Fremdenverkehrs (sogenannte Fondierung) ist in § 9 des Kurtaxen-Reglementes zwingend vorgeschrieben. Dass diese Verwendung unter dem Gesichtspunkt der Doppelbesteuerung unstatthaft wäre, wird in der Beschwerde nicht behauptet. Zu Recht, denn es gehört mit zu den Aufgaben eines Kurortes, für gewisse grössere Aufgaben, die sich einmal stellen können, Mittel zur Verfügung zu haben. Das Bundesgericht hat denn auch im Falle der Gemeinde Verbier bemerkt, der Kurtaxpflichtige könne demgegenüber nicht mit Erfolg geltend machen, er selbst komme nicht in den Genuss der entsprechenden Vorteile (BGE 100 Ia 74 E. 3c). Selbstverständlich wäre es unzulässig, die gesamten Kurtaxen oder den grössten Teil davon in einen für künftige Verwendung zu noch nicht bekannten Zwecken bestimmten Fonds fliessen zu lassen. Die Abzweigung einer Quote von 20% hiefür erscheint aber als durchaus vertretbar.
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b) Der weit überwiegende Teil der Einnahmen aus Kurtaxen wird vom Bezirksrat an den Verkehrsverein Einsiedeln weitergeleitet. Für 1971-1973 handelt es sich nach der Rechnung des Bezirksrates, die auf Jahresende abgeschlossen wird, um Fr. 358'121.--, nach derjenigen des Verkehrsvereins, dessen Rechnungsjahr jeweils mit dem 31. März abschliesst, um Fr. 343'000.--. Auszugehen ist von der zweiten dieser Zahlen, die sich aus den detaillierten Jahresrechnungen des Verkehrsvereins ergibt und auch dem Urteil des Verwaltungsgerichtes als Grundlage gedient hat. Von diesen Einnahmen wurden nach dem angefochtenen Entscheid verwendet:
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