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76. Urteil vom 26. November 1976 i.S. Gemeinde und Gemeinderat Meggen gegen Frey Treuhand- und Verwaltungs-AG und Verwaltungsgericht des Kantons Luzern | |
Regeste |
Gemeindeautonomie, Kanalisationsanschlussgebühr. |
2. Willkürliche Anwendung des kommunalen Kanalisationsreglementes durch die kantonale Rechtsmittelinstanz. Eine einem Zweckverband für Abwasserreinigung angehörende Gemeinde kann - unter bestimmten Voraussetzungen - von einem Grundeigentümer ihres Gebietes auch dann eine Kanalisationsanschlussgebühr erheben, wenn dieser seine Abwässer ohne Inanspruchnahme des kommunalen Kanalisationsnetzes direkt in einen Sammelkanal des Zweckverbandes leitet und auf diesem Wege der zentralen Reinigungsanlage zuführt (E. 3). | |
Sachverhalt | |
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Die Beschwerdegegnerin begann mit den Bauarbeiten und leistete für die Kanalisationsanschlussgebühren Akontozahlungen von insgesamt Fr. 82'197.95. Mit Schreiben vom 30. September 1973 ersuchte sie die Gemeinde Meggen darum, ihr die Anschlussgebühren zu erlassen, da die von ihr auf eigene Kosten erstellte Kanalisationsleitung auf Gebiet der Stadt Luzern in den zur Reinigungsanlage führenden Sammelkanal einmünde und das Leitungsnetz der Gemeinde Meggen somit gar nicht beansprucht werde. Die Gemeinde Meggen lehnte dieses Befreiungsgesuch ab und setzte mit Einspracheentscheid vom 21. August 1975 aufgrund der nunmehr erfolgten Brandversicherungsschatzung die zu entrichtenden Anschlussgebühren auf insgesamt Fr. 245'200.-- fest (abzüglich Akontozahlungen). Das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern hiess eine Beschwerde der Firma Frey Treuhand- und Verwaltungs-AG mit Urteil vom 22. März 1976 gut. Es verneinte das Bestehen der Gebührenpflicht, hob den Einspracheentscheid der Gemeinde auf und wies diese an, über die anbegehrte Rückerstattung der Akontozahlungen zu befinden.
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Die Gemeinde Meggen wie auch der Gemeinderat Meggen führen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes wegen Verletzung der Gemeindeautonomie staatsrechtliche Beschwerde.
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b) Nicht einzutreten ist auf die Beschwerde, soweit sie vom Gemeinderat Meggen in eigenem Namen erhoben wird. Der Gemeinderat Meggen ist lediglich ein Organ der Gemeinde und als solches weder selbständig rechtsfähig noch parteifähig. Träger der verfassungsrechtlich geschützten Autonomie ist die Gemeinde. Selbst dort, wo die kommunale Exekutive generell befugt ist, wegen Verletzung der Gemeindeautonomie staatsrechtliche Beschwerde zu führen, und zur Einreichung einer solchen nicht der jeweiligen Zustimmung eines übergeordneten Gemeindeorganes bedarf (vgl. BGE 101 Ia 394 E. 1), kann als beschwerdeführende Partei lediglich die Gemeinde auftreten. Praktisch spielt diese Differenzierung hier jedoch keine Rolle, da es sich um eine einzige, gemeinsame Beschwerdeschrift handelt. Besondere Kosten sind durch das unzulässige Beschwerdebegehren des Gemeinderates nicht entstanden.
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c) Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichtes hebt den Einspracheentscheid der Gemeinde, durch den die Beschwerdegegnerin zur Bezahlung von Anschlussgebühren im Betrag von Fr. 245'200.-- (abzüglich Akontozahlungen) verpflichtet wurde, auf (Ziff. 1 des Urteilsdispositivs) und weist die Gemeinde an, im Sinne der Erwägungen über das von der Beschwerdegegnerin gestellte Rückerstattungsbegehren zu befinden (Ziff. 2 des Urteilsdispositivs). In diesem letzten Punkt stellt das angefochtene Urteil keinen Endentscheid, sondern einen blossen Zwischenentscheid dar. Eine staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung der Gemeindeautonomie kann indessen schon im Anschluss an einen letztinstanzlichen Zwischenentscheid erhoben werden (Art. 86 Abs. 2 OG; BGE 102 Ia 176 E. 2; Urteil vom 24. September 1975 i.S. Gemeinde Titterten, nicht publ. Erw. 1b). Die Gemeinde Meggen kann daher mit der vorliegenden Autonomiebeschwerde ![]() | 6 |
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3. a) Die Gemeinde Meggen gehört zusammen mit der Stadtgemeinde Luzern und sieben anderen Gemeinden dem ![]() | 8 |
Dem Zweckverband ist somit nicht die Abgabehoheit in dem Sinne übertragen worden, dass er von den Abwassererzeugern im Verbandsgebiet selbst Anschluss- oder Benützungsgebühren oder Beiträge erheben könnte, obschon dies nach § 23 Abs. 1 des kantonalen EG zum GSchG an sich anginge. Die einzelnen Gemeinden erheben vielmehr selber solche Gebühren und Beiträge, um daraus den Finanzaufwand für die Gemeindekanäle und die Kostenbeiträge an den Zweckverband ZALU zu decken.
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b) Nach § 3 des Kanalisationsreglementes der Gemeinde Meggen werden "die Kosten für Erstellung, Betrieb, Unterhalt, Verzinsung und Abschreibung des öffentlichen Kanalisationsnetzes sowie die Kostenvergütungen an den ZALU" gedeckt durch Leistungen der Gemeinde, "durch Beiträge und Gebühren der Grundeigentümer" und durch allfällige Kantons- und Bundesbeiträge. Hinsichtlich der Beiträge und Gebühren bestimmt § 35 KR folgendes:
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"1 Für den direkten oder indirekten Anschluss der Bauten und Grundstücke
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an das öffentliche Kanalisationsnetz wird vom Grundeigentümer oder
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Baurechtsnehmer eine einmalige Anschlussgebühr erhoben.
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2 Zur Mitfinanzierung der Kostenvergütungen an den ZALU (Annuitäten- und
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Betriebskosten) wird von den Grundeigentümern oder Baurechtsnehmern
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bebauter
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und an das öffentliche Kanalisationsnetz
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jährlicher Baukostenbeitrag erhoben.
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3 ...".
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Die Anschlussgebühr beträgt für unüberbaute Grundstücke 2% der Katasterschatzung, für überbaute Grundstücke 2% der Brandversicherungssumme (§ 36 KR). Der in § 35 Abs. 2 vorgesehene jährliche Baukostenbeitrag beläuft sich auf 1%o der Brandversicherungssumme (§ 38 KR).
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Nach § 1 findet das Kanalisationsreglement Anwendung "auf alle im Gemeindegebiet anfallenden Abwässer". § 6 KR statuiert für jedes bestehende oder neu zu errichtende Gebäude die Pflicht zum Anschluss an das "öffentliche Kanalisationsnetz". Dieses ist seinerseits, wie § 2 Abs. 3 KR hervorhebt, über einen Zuleitungskanal der Abwasserreinigungsanlage des ZALU angeschlossen. Nach § 16 KR ist für jeden direkten oder indirekten Anschluss an das öffentliche Kanalisationsnetz eine Bewilligung des Gemeinderates erforderlich.
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c) Im vorliegenden Fall hat die Gemeinde Meggen der Beschwerdegegnerin auf deren Gesuch hin die Bewilligung erteilt, die Abwässer aus der Überbauung Hinterkreuzbuch gemäss den vorgelegten Plänen in den ARA-Sammelkanal einzuleiten. In der Bewilligungsverfügung wurde gleichzeitig festgehalten, dass für diesen Anschluss eine Gebühr von 2% der Brandversicherungsschatzung zu bezahlen sei. Diese Verfügung erwuchs unangefochten in Rechtskraft. Es ist hier davon auszugehen, dass die Zuleitung, die die Beschwerdegegnerin in der Folge erstellt hat, den genehmigten Plänen entspricht. Zwar verweist die Beschwerdegegnerin in ihrer Eingabe an die Gemeinde vom 30. September 1974 auf ein "erstes" Kanalisationsprojekt, das die Ableitung der Abwässer "nach Meggen" vorgesehen habe, und auch in der Baubewilligung ist von einem Anschluss an die "bestehende Kanalisation in der Gemeinde Meggen" die Rede. Die Gemeinde stellt jedoch in ihrer staatsrechtlichen Beschwerde selber fest, dass der Anschluss der Überbauung Hinterkreuzbuch an den ARA-Kanal den genehmigten Plänen entspreche, und etwas Gegenteiliges wird auch von der Beschwerdegegnerin nicht behauptet.
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Das Verwaltungsgericht vertritt den Standpunkt, dass der in der Bewilligungsverfügung enthaltene Hinweis auf die Pflicht zur Entrichtung einer Kanalisationsanschlussgebühr rechtlich ![]() | 24 |
Ob diese Argumentation haltbar ist, bleibe dahingestellt. Der angefochtene Entscheid verletzt die Gemeindeautonomie, wie sich zeigen wird, auf jeden Fall insoweit, als er in der Sache selber auf einer offensichtlich unrichtigen Auslegung des kommunalen Kanalisationsreglements beruht. Es besteht materiellrechtlich kein Grund, der Gemeinde die Erhebung der streitigen Anschlussgebühr zu verweigern.
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d) Die Beschwerdegegnerin leitet die Abwässer aus der Überbauung Hinterkreuzbuch über eine private Leitung ausserhalb des Territoriums der Gemeinde Meggen direkt in einen Zuleitungskanal zur Reinigungsanlage Buholz. Man hätte sich allenfalls fragen können, wie es rechtlich zu halten wäre, wenn diese Abwässer in die Kläranlage einer Drittgemeinde geleitet würden, an der die Gemeinde Meggen nicht beteiligt ist. Hier jedoch gelangen die Abwässer über eine private Leitung in die Abwasserreinigungsanlage des ZALU, an die auch das Kanalisationsnetz der Gemeinde Meggen angeschlossen ist und die dementsprechend durch diese Gemeinde mitfinanziert wird. Wenn nach § 35 Abs. 1 des Kanalisationsreglementes von Meggen eine Anschlussgebühr für den direkten oder indirekten Anschluss an das öffentliche Kanalisationsnetz zu bezahlen ist, so liegt dem die Voraussetzung zugrunde, dass alle Liegenschaften zum Anschluss an die Gemeindekanalisation verpflichtet sind (§ 6 KR) und dass die Abwässer auf diesem Wege in die Reinigungsanlage des Verbandes gelangen (§ 2 Abs. 3 KR). Die in § 35 Abs. 1 KR vorgesehene Anschlussgebühr ist die einmalige Gegenleistung dafür, dass die auf dem Grundstück erzeugten Abwässer vom Gemeinwesen abgeleitet und gereinigt oder auf unschädliche Weise beseitigt werden. Diese Aufgabe erfüllt die Gemeinde Meggen dadurch, dass sie ihr örtliches Kanalisationsnetz an die Reinigungsanlage des Zweckverbandes angeschlossen hat ![]() | 26 |
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f) Nach § 35 Abs. 1 KR ist für jeden direkten und indirekten Anschluss an das öffentliche Kanalisationsnetz eine Anschlussgebühr zu bezahlen. Unter einem indirekten Anschluss ist im vorliegenden Zusammenhang nicht nur die Zuleitung über die private Kanalisation eines Dritten zu verstehen. § 35 KR setzt voraus, dass alle auf Gemeindegebiet liegenden Grundstücke an das öffentliche Kanalisationsnetz der Gemeinde angeschlossen werden. Diese Anschlusspflicht entspricht den im Gewässerschutz- und Abwasserrecht geltenden Rechtsanschauungen. Gestattet die Gemeinde im Einzelfall in Abweichung von dieser Regel die Ableitung des Abwassers in einen ausserhalb des Gemeindegebietes liegenden, nicht zum kommunalen Kanalisationsnetz i.e.S. gehörenden Kanal, so kann sie vom Grundeigentümer jedenfalls dann gleichwohl eine Anschlussgebühr verlangen, wenn es sich - wie hier - um den Anschluss an einen zur Verbandskläranlage führenden Sammelkanal handelt. Auch eine Zuleitung dieser Art muss als "indirekter Anschluss" im Sinne von § 35 KR angesehen werden. Zwar spricht § 35 Abs. 1 KR - wie übrigens auch § 35 Abs. 2 KR - von einem Anschluss an das "öffentliche Kanalisationsnetz", meint damit aber zweifelsfrei den Anschluss an die Abwasserreinigungsanlage, da darin die entscheidende Leistung des Gemeinwesens und der Vorzug für den Grundeigentümer liegt. Eine rein am Wortlaut ("öffentliches Kanalisationsnetz") haften bleibende Auslegung würde den unzweifelhaften Sinn der Vorschrift verfehlen. Die gegenteilige Auffassung des Verwaltungsgerichtes ist nicht haltbar und verletzt die Gemeindeautonomie.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1. Auf die Beschwerde des Gemeinderates Meggen wird nicht eingetreten.
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