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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
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3. Auszug aus dem Urteil vom 9. Februar 1977 i.S. Stierli und Schweizerische Kreditanstalt gegen Bezirksanwaltschaft Zürich und Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich | |
Regeste |
Art. 4 BV; strafprozessuale Beschlagnahme. |
2. Der Pfandgläubiger wird durch die strafprozessuale Beschlagnahme nicht in seiner Rechtslage beeinträchtigt und ist daher nicht zur staatsrechtlichen Beschwerde legitimiert (Erw. III/1). | |
Sachverhalt | |
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II. Zur Beschwerde des Werner Stierli
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Die Rechtsprechung zu § 83 der zürcherischen StPO geht davon aus, diese Vorschrift gestatte nur die Beschlagnahme von Vermögen des Angeschuldigten, nicht aber desjenigen von Drittpersonen. Demgemäss gilt es als unzulässig, auf Grund dieser Bestimmung in einem Strafverfahren gegen die Organe einer Aktiengesellschaft oder Genossenschaft oder gegen die Teilhaber einer Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft Aktiven der Gesellschaft (oder solche einer an deren Stelle getretenen Konkursmasse) mit Beschlag zu belegen, jedenfalls dann, wenn die Gesellschaft oder die Konkursmasse für die sicherzustellenden öffentlichrechtlichen Ansprüche nicht mithaftet (BGE 101 Ia 326 ff. mit Verweisungen). Ob an dieser Rechtsprechung uneingeschränkt festzuhalten sei, wenn die Beschlagnahme unter anderem auch auf Grund des revidierten Art. 58 StGB, also zur Beseitigung eines unrechtmässigen Vorteils erfolgt, kann hier offen bleiben. Der Beschwerdeführer macht nämlich nicht geltend, der Schuldbrief gehöre zum Vermögen der SKA; er behauptet vielmehr, dieser stehe daran ein Pfandrecht zu, was unbestritten geblieben ist. Durch die Hingabe als Pfand hat aber der Schuldbrief nicht aufgehört, Bestandteil des Vermögens des Beschwerdeführers zu bilden, abgesehen von allfälligen Ansprüchen der am vorliegenden Verfahren nicht beteiligten Firma Trade-Import AG. Weder der Wortlaut von § 83 StPO ("Vermögen des Angeschuldigten") noch die Eigentumsgarantie steht somit seiner Beschlagnahme ![]() | 3 |
III. Zur Beschwerde der Schweizerischen Kreditanstalt
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Wie bereits im Zusammenhang mit der Beschwerde Stierlis ausgeführt wurde, steht ausser Zweifel, dass der Staat auch zu blossen Sicherungszwecken nicht auf Vermögen Dritter greifen darf. Dies ergibt sich aus dem massgebenden Strafprozessrecht (hier: § 83 StPO: "Vermögen des Angeschuldigten") sowie unmittelbar aus der bundesrechtlich gewährleisteten Eigentumsgarantie. Ein Dritter, dessen Vermögen ganz oder teilweise der Beschlagnahme unterworfen wird, ist somit zur staatsrechtlichen Beschwerde legitimiert (BGE 101 Ia 325 f. mit Verweisungen). Indessen kann nicht dasselbe gelten für Dritte, die lediglich beschränkte dingliche oder gar nur obligatorische Rechte an den beschlagnahmten Sachen geltend machen. Solche Ansprüche Dritter bedeuten nicht, dass die betreffenden Werte aus dem Vermögen des Angeschuldigten ausgeschieden sind, weshalb weder der Wortlaut von § 83 StPO noch die Eigentumsgarantie ihrer Beschlagnahme entgegenstehen. Es können daran durchaus mehrere Sicherungsansprüche nebeneinander bestehen, wobei es in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung ist, ob es sich um solche privatrechtlicher oder öffentlichrechtlicher Natur handelt (vgl. Art. 886 ZGB über die Nachverpfändung; ferner ![]() | 6 |
Aus dem Gesagten folgt, dass derjenige, der lediglich Sicherungsansprüche an den beschlagnahmten Sachen geltend macht, durch die Beschlagnahme in seiner aktuellen Rechtslage nicht beeinträchtigt wird; denn die Sicherungsfunktion des Pfandes wird dadurch nicht beeinträchtigt, dass es infolge der Beschlagnahmung dem Eigentümer nicht mehr herausgegeben werden darf, und weitere Folgen hat die Beschlagnahmung als solche für den Pfandgläubiger nicht, jedenfalls dann nicht, wenn er wie im vorliegenden Falle im Besitze der beschlagnahmten Werte belassen wird. Stärkere Rechte als das Pfandrecht, wie sie sich z.B. aus einer Sicherungsübereignung ergeben könnten, macht die SKA nicht geltend. Soweit sie kein Pfandrecht behauptet, nämlich betreffend das auf den Namen" Trade-Import AG" lautende Privatkonto Nr. 21277, beruft sie sich lediglich auf ein Verrechnungsrecht gemäss ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen. Ein solches Recht ![]() | 7 |
c) Dieses Ergebnis vermag auch vom praktischen Standpunkt aus zu befriedigen. Das Beschlagnahmeverfahren muss, wenn es seinen Zweck erfüllen soll, ein schnelles sein. Es hat rein tatsächliche Bedeutung; die Abklärung der Rechtsbeziehungen zu Dritten hat später zu erfolgen. Die Strafuntersuchungsbehörden wären auch sachlich kaum geeignet, grundsätzliche Fragen aus dem Grenzgebiet zwischen öffentlichem und Privatrecht zu entscheiden, wie sie sich in einem späteren Zeitpunkt stellen können, wenn der Staat konkrete Ansprüche erhebt. Deren Lösung ergibt sich nicht zwingend aus Art. 58bis Abs. 2 StGB, da sich diese Bestimmung nur auf den eingezogenen Gewinn, jedoch nicht oder doch jedenfalls nicht unmittelbar auf Bussen und Prozesskosten bezieht. Auch kann es nicht Sache des Bundesgerichtes sein, im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren solche Fragen gewissermassen erstinstanzlich zu entscheiden. Es ist daher richtig, den zuständigen kantonalen Richter über die Rangfolge unter den verschiedenen Ansprechern entscheiden zu lassen. Ob dies der Strafrichter oder der Zivilrichter sein wird, braucht hier nicht untersucht zu werden. Jedenfalls wird der SKA im Hauptverfahren Gelegenheit zu geben sein, ihren Standpunkt zu vertreten. Sollte es ohne ungebührliche Verzögerung des Entscheides im Strafpunkt nicht möglich sein, über die beschlagnahmten Werte definitiv zu befinden, so werden im Urteil geeignete Anordnungen zu treffen sein, um deren Verwendung vor einem zivilrichterlichen Entscheid zu verhindern.
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Der SKA droht auch kein materieller Nachteil für den Fall, dass sie in die Lage kommen sollte, vor dem richterlichen Entscheid im Sinne der vorstehenden Ausführungen Pfandgegenstände zur Deckung fälliger Forderungen in Anspruch zu nehmen; denn im Verwertungsverfahren würde dann einfach vorzeitig ein Widerspruchsprozess im Sinne der Art. 106-109 ![]() | 9 |
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