BGE 103 Ia 76 | |||
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17. Urteil vom 2. März 1977 i.S. Gewerkschaft Bau und Holz, Burgdorf gegen Dr. B. und Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton Bern | |
Regeste |
Art. 4 BV; Beschwerde gegen die Ernennung des Sachwalters. | |
Sachverhalt | |
Mit Verfügung vom 16. November 1976 erteilte der Gerichtspräsident II von Burgdorf als Nachlassbehörde der Firma Vibrobeton AG Nachlassstundung und bezeichnete Dr. B. als Sachwalter. Auf die von der Sektion Burgdorf der Gewerkschaft Bau und Holz (im folgenden: GBH) eingereichte Beschwerde, mit welcher die Ernennung des Sachwalters wegen mangelnder Eignung und Objektivität angefochten wurde, trat die Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton Bern mit Entscheid vom 24. November 1976 nicht ein, mit der Begründung, Entscheidungen der Nachlassbehörden unterlägen nicht der Beschwerde gemäss Art. 17 SchKG, und zur Appellation gegen einen Entscheid über die Nachlassstundung seien die Gläubiger nicht legitimiert. Diesen ihr am 30. November 1976 eröffneten Entscheid zog die GBH am gleichen Tag ans Bundesgericht weiter. Dr. B. beantragt Abweisung; die Aufsichtsbehörde hat sich nicht vernehmen lassen.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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Soweit sie das in ihrer Eigenschaft als Beschwerdeinstanz gemäss Art. 17 SchKG tat, unterliegt ihr Entscheid dem Weiterzug ans Bundesgericht nach Art. 19 SchKG. Insoweit, d.h. als SchKG-Beschwerde im Sinne der Art. 75 ff. OG, muss das Rechtsmittel jedoch ohne Zweifel abgewiesen werden, weil der SchKG-Beschwerde gemäss Art. 17 SchKG nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes lediglich Amtshandlungen des Betreibungs- oder Konkursamtes, nicht aber richterliche Verfügungen, wie sie Entscheide der Nachlassbehörden darstellen, unterliegen (BGE 80 III 132). In dieser Beziehung hat die Aufsichtsbehörde es somit zu Recht abgelehnt, auf die Beschwerde einzutreten.
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Soweit die Aufsichtsbehörde indessen als obere kantonale Nachlassbehörde entschieden hat, ist dagegen die staatsrechtliche Beschwerde ans Bundesgericht gegeben, weil es sich um einen letztinstanzlichen kantonalen Endentscheid handelt, der keinem andern eidgenössischen Rechtsmittel unterliegt (BGE 74 III 27). Da in der Rechtsmitteleingabe ausgeführt wird, die Auffassung der Aufsichtsbehörde, es stehe den Gläubigern kein Rechtsmittel gegen die Bezeichnung des Sachwalters zu, sei eine klare Rechtsverletzung, erscheine schlechtweg unhaltbar und verstosse jedenfalls gegen Art. 4 BV, genügt diese den Anforderungen an eine staatsrechtliche Beschwerde. Die Frist dazu ist eingehalten; dass sie an die Aufsichtsbehörde statt direkt an das Bundesgericht adressiert wurde, schadet nicht, weil sie innert der Frist beim Bundesgericht eingegangen ist.
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2. Wie aus der Beschwerde der GBH an die Aufsichtsbehörde zu entnehmen ist, ist die Beschwerdeführerin offenbar nicht Gläubigerin der Nachlassschuldnerin, sondern hat ausdrücklich erklärt, sie führe namens verschiedener Gläubiger Beschwerde. Sie hätte daher im Entscheid der Aufsichtsbehörde nicht als Partei, sondern als Vertreterin verschiedener Gläubiger behandelt werden sollen. Als Partei fehlt der GBH die Beschwerdelegitimation, weil sie nicht persönlich durch den Entscheid in ihren Rechten getroffen wird (Art. 88 OG).
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Hingegen ist sie als Vertreterin der Gläubiger, welche rechtsgültig Vollmacht erteilt haben, zur Beschwerdeführung legitimiert. Dass sie sich in der Beschwerde an das Bundesgericht nicht mehr ausdrücklich als Vertreterin von Gläubigern bezeichnet hat, kann ihr nicht zur Last gelegt werden, weil die Aufsichtsbehörde sie bereits als Partei behandelt hat.
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a) Doktrin und Praxis sind sich einig, dass die Gläubiger im allgemeinen zur Weiterziehung des Entscheides der untern Nachlassbehörde über die Gewährung einer Stundung nicht legitimiert sind, weil ihnen im Bewilligungsverfahren keine Parteistellung zukommt. Dabei handelt es sich aber lediglich um die Frage, ob die Gläubiger befugt seien, geltend zu machen, die Stundung hätte nicht bewilligt werden dürfen, weil die formellen oder materiellen Voraussetzungen dazu nicht erfüllt seien (JAEGER/DAENIKER, Schuldbetreibungs- und Konkurspraxis der Jahre 1911-1945, N. 7 zu Art. 294 mit Hinweisen, insbesondere auch der Berner Entscheid in ZBJV 37/1901 S. 541; JAEGER, Kommentar zum SchKG, N. 7 zu Art. 294 mit Hinweisen; FRITZSCHE, Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl., Bd. II, S. 314; CORADI, Der Sachwalter im gerichtlichen Nachlassverfahren nach Art. 293 ff. SchKG, Diss. Zürich 1973, S. 15).
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b) Eine andere Frage ist es hingegen, ob Schuldner oder Gläubiger befugt sind, gegen die Ernennung des Sachwalters Beschwerde zu führen. Der Sachwalter ist ein öffentliches Organ des Staates zur Leitung des Nachlassverfahrens; er hat die Interessen des Schuldners und der Gläubiger gleichermassen zu wahren (BGE 94 III 58 mit Hinweisen). Seine notwendigerweise neutrale Stellung erfordert, dass nicht nur der Schuldner, sondern auch die Gläubiger berechtigt sein müssen, Einwendungen gegen die Person des Sachwalters bezüglich Eignung oder Objektivität vorzubringen.
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Diese Meinung wird in Lehre und Rechtsprechung beinahe einhellig vertreten (ZR 15/1916 Nr. 219; JAEGER/DAENIKER, a.a.O., N. 3 zu Art. 295; JAEGER, a.a.O., N. 3 zu Art. 295; FAVRE, Droit des poursuites, 3. Aufl., S. 397; SJZ 4/1907/8 S. 85; indirekt auch BGE 80 III 132 und CORADI, a.a.O., S. 18). BLUMENSTEIN (Handbuch des Schweizerischen Schuldbetreibungsrechts S. 894 Fussnote 8) ist der Meinung, die Ernennung des Sachwalters könne weder vom Gläubiger noch vom Schuldner angefochten werden. Sein Hinweis auf Archiv für Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. IV Nr. 123, ist indessen unzutreffend, weil in jenem Berner Entscheid lediglich ausgeführt wird, der Schuldner könne sich nicht darüber beschweren, dass sein Vorschlag für den Sachwalter übergangen worden sei; der Entscheid behält jedoch ausdrücklich die Anfechtung für den Fall vor, dass fehlende Eignung oder Objektivität des Sachwalters geltend gemacht werden.
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Die bernische Aufsichtsbehörde als obere Nachlassbehörde hat denn auch in einem Entscheid vom 14. Januar 1939 (ZBJV 76/1940 S. 591 ff.) dem Gläubiger das Recht zugestanden, Einwendungen gegen die Person des Sachwalters mit Beschwerde vorzubringen. Zwar richtete sich die Beschwerde in jenem Fall nicht gegen einen Stundungs-, sondern gegen einen Bestätigungsentscheid, zu dessen Weiterzug die Gläubiger, die sich am erstinstanzlichen Verfahren beteiligt haben, nach konstanter Lehre und Rechtsprechung legitimiert sind (JAEGER/DAENIKER, a.a.O., N. 4 zu Art. 307 SchKG). Trotzdem muss, wenn dem Gläubiger noch in diesem fortgeschrittenen Stadium des Verfahrens das Recht zugestanden wird, gegen die Person des Sachwalters Einwendungen zu erheben, vernünftigerweise schon ein Beschwerderecht gegen seine Ernennung anerkannt sein. Setzt das kantonale Recht eine obere Nachlassbehörde ein, muss sie auch die Gläubiger zur Beschwerdeführung gegen die Ernennung des Sachwalters zulassen. Andernfalls verfällt sie in Willkür und verletzt Art. 4 BV. Der Entscheid der Aufsichtsbehörde muss deshalb aufgehoben werden.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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