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22. Urteil vom 26. Mai 1977 i.S. X. gegen Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden | |
Regeste |
Art. 4 BV; amtliche Grundstückschatzung; Vorkaufsrecht. | |
Sachverhalt | |
1 | |
Die kantonale Schätzungskommission setzte im Jahre 1975 im Zuge einer allgemeinen Revision der Grundstückschatzungen den Verkehrswert der erwähnten Parzelle auf Fr. 837'000.-- fest. Sie bestimmte ausserdem den Ertragswert der Liegenschaft (Fr. 685'000.--) sowie den Neuwert und den Zeitwert der darauf befindlichen Gebäude (Zweifamilienhaus und Fabrikgebäude).
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X. vertritt den Standpunkt, der Verkehrswert seiner Liegenschaft könne wegen des darauf lastenden limitierten Vorkaufsrechtes nicht mehr als Fr. 260'000.-- betragen. Er führt gegen einen Rekursentscheid des bündnerischen Verwaltungsgerichtes, welches die angefochtene Verkehrswertschätzung bestätigt hat, wegen Verletzung von Art. 4 BV staatsrechtliche Beschwerde. Das Bundesgericht weist diese ab aus folgenden
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Erwägungen: | |
2. Die amtliche Schätzung der Grundstücke erfolgt zum Zwecke der Gebäudeversicherung, der Belehnung und der ![]() | 4 |
Das Steuergesetz des Kantons Graubünden vom 21. Juni 1964 sieht in Art. 44 ff. die Erhebung einer Vermögenssteuer vor. Nach Art. 46 Abs. 2 werden Grundstücke "zum Verkehrswert unter angemessener Berücksichtigung des Ertrages und der Ertragsfähigkeit" bewertet. "Wohn- und Geschäftshäuser sind zum Mittel des Verkehrswertes und des zweifachen Ertragswertes der letzten sechs Jahre zu bewerten" (Art. 46 Abs. 3).
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3. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass seine Liegenschaft ohne Berücksichtigung des fraglichen Vorkaufsrechtes einen Verkehrswert von Fr. 837'000.-- aufweist. Er erhebt auch keine Einwendungen gegen die Festsetzung des Ertragswertes auf Fr. 685'000.--. Er macht jedoch geltend, dass das der Stadt Chur eingeräumte limitierte Vorkaufsrecht, wiewohl es im Grundbuch nicht mehr vorgemerkt sei, nach wie vor bestehe und auf dem Grundstück laste. Es bestehe kein Zweifel, dass die Stadt Chur im Veräusserungsfalle von dem für sie günstigen Vorkaufsrecht Gebrauch machen würde. Auch bei einer Veräusserung des Grundstückes an einen Dritten lasse sich im Ergebnis kein höherer Erlös als Fr. 260'000.-- erzielen, wenn man die in diesem Fall seitens der Vorkaufsberechtigten zu erwartenden Schadenersatzansprüche in Rechnung stelle. Ob das Vorkaufsrecht im Grundbuch vorgemerkt sei oder nicht, könne keine Rolle spielen. Die diesbezüglich vom Verwaltungsgericht gemachte Unterscheidung sei willkürlich und finde im Schätzungsreglement keine Grundlage. Ein Vorkaufsrecht stelle auch ohne Vormerkung im Grundbuch im Sinne des Schätzungsreglementes (Abschnitt A, Ziff. 3 lit. a) eine "mit dem Grundstück verbundene" ![]() | 6 |
a) Diese Argumentation dringt nicht durch. Nach dem Schätzungsreglement (Abschnitt A, Ziff. 1 lit. a) gilt als Verkehrswert der "mittlere Preis, zu dem Grundstücke gleicher oder ähnlicher Grösse, Lage und Beschaffenheit in der betreffenden Gegend unter normalen Verhältnissen verkauft werden". Diese Definition entspricht der allgemein üblichen Umschreibung des Verkehrswertbegriffes. Danach ist der Verkehrswert einer Liegenschaft ein objektivierter Wert, der sich auf das Grundstück als solches bezieht und nicht von den besonderen persönlichen Verhältnissen des Eigentümers abhängt. Massgebend sind die Eigenschaften des Grundstückes und die ihm anhaftenden rechtlichen und tatsächlichen Vorteile und Lasten, die im Veräusserungsfalle auf den neuen Eigentümer übergehen; einzig hienach bestimmt sich der mutmasslich erzielbare Kaufpreis. Erlösmindernde Faktoren, die nicht dem Grundstück anhaften, sondern in den besonderen persönlichen Rechtsverhältnissen des gegenwärtigen Eigentümers begründet sind, haben auf den Verkehrswert des Schätzungsobjektes begriffsgemäss keinen Einfluss. Wenn die kantonalen Instanzen bei der Verkehrswertschätzung nur Rechte und Lasten berücksichtigen, die in diesem Sinne "mit dem Grundstück verbunden" sind (Ziff. 3 lit. a des Schätzungsreglementes), verfallen sie nicht in Willkür.
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b) Ein gewöhnliches, unlimitiertes Vorkaufsrecht ist schon seinem Inhalt nach grundsätzlich nicht geeignet, den Verkehrswert der belasteten Liegenschaft zu beeinflussen. Anders verhält es sich bei einem limitierten Vorkaufsrecht. Ist es im Grundbuch vorgemerkt und daher gegenüber jedem Eigentümer wirksam (Art. 681 ZGB), so kann sich diese dem Grundstück anhaftende Veräusserungsbeschränkung, je nach der Höhe des fixierten Kaufpreises und der Dauer des Vorkaufsrechtes, auf das Preisangebot eines (Dritt-)Käufers ungünstig auswirken. Ein im Grundbuch vorgemerktes limitiertes Vorkaufsrecht hat insoweit, als es einen Wiederverkauf des Grundstückes zum höchstmöglichen Preis erschwert, eine Schmälerung des Verkehrswertes zur Folge.
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c) Das hier in Frage stehende limitierte Vorkaufsrecht ist heute indessen nicht mehr im Grundbuch vorgemerkt und wirkt daher bloss noch gegenüber dem Beschwerdeführer persönlich ![]() | 9 |
4. Mit der amtlichen Verkehrswertschätzung, um die es hier einzig geht, ist die Frage, wie das Grundstück vermögenssteuerrechtlich zu behandeln sei, noch nicht entschieden. Für die steuerliche Bewertung ist neben dem Verkehrswert auch der Ertragswert zu berücksichtigen (Art. 46 StG). Sodann können gewisse Verpflichtungen, die nicht das Grundstück, sondern nur das Vermögen des Eigentümers belasten, einen Schuldenabzug rechtfertigen (BLUMENSTEIN, System des ![]() | 10 |
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