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6. Auszug aus dem Urteil vom 16. Februar 1978 i.S. B. gegen Bezirksanwaltschaft Zürich und Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich | |
Regeste |
Art. 4 BV; Art. 6 Ziff. 3 EMRK; Strafuntersuchung. | |
Sachverhalt | |
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Aus den Erwägungen: | |
2. Der Umfang der Rechte des Angeschuldigten auf Verteidigung bestimmt sich im schweizerischen Recht zunächst nach den kantonalen Verfahrensvorschriften. Wo dieser ![]() | 2 |
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Willkür ist im Fall des Beschwerdeführers umso weniger gegeben, als seine Verteidigerin verhindert war, am fraglichen Termin an der Befragung teilzunehmen, und der Bezirksanwalt ein Verschiebungsgesuch abgelehnt hatte. § 17 StPO gibt dem Verteidiger, wie das Bundesgericht mit bezug auf den im wesentlichen gleichlautenden Art. 118 BStP entschieden hat, höchstens ein Recht, der Befragung zuzuhören; er darf sich nicht in das Verhör einmischen und kann deshalb keine Verschiebung der Einvernahme verlangen, wenn er aus irgend einem Grund daran nicht teilnehmen kann (BGE 95 IV 47). Gerade bei stark beanspruchten Untersuchungsbehörden bedeutet jede Verschiebung eine Verlängerung der Untersuchungsdauer. Wo deshalb, wie im zürcherischen Recht, der Beizug des Verteidigers zur Einvernahme des Angeschuldigten ins Ermessen des Untersuchungsbeamten gestellt ist, verletzt der Bezirksanwalt die StPO nicht, wenn er bei Verhinderung eines Verteidigers die Einvernahme in dessen Abwesenheit durchführt.
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4. Der Beschwerdeführer macht im weiteren mindestens dem Sinne nach geltend, die Regelung von § 17 StPO, wonach die Zulassung des Verteidigers zur Einvernahme seines Mandanten im Ermessen des Untersuchungsbeamten stehe, sei an sich verfassungswidrig; analog zur Rechtsprechung des amerikanischen Supreme Court sei dem Angeschuldigten nach dem Prinzip der Waffengleichheit das Recht zuzugestehen, schon ![]() | 6 |
Im Rahmen des heutigen Verfahrens ist nicht zu prüfen, wann einem inhaftierten Beschuldigten ein erster Kontakt mit seinem Verteidiger gestattet werden muss. Es ist zu untersuchen, ob ein Angeschuldigter, der sich in Freiheit befindet und deshalb vor der Einvernahme mit seinem Verteidiger Fühlung nehmen und sich beraten lassen kann, unmittelbar aus Art. 4 BV einen Anspruch auf Teilnahme seines Verteidigers an der ersten Einvernahme ableiten kann. In der Literatur wird diese Forderung verschiedentlich erhoben (vgl. SCHULTZ in ZBJV 107/1971 S. 347; PONCET, La protection de l'accusé par la Convention européenne des droits de l'homme, Genève 1977, S. 166 ff.). Auch ist nicht zu verkennen, dass für viele Angeschuldigte die Anwesenheit eines Verteidigers schon bei der ersten Einvernahme eine psychologische Hilfe bedeutet; der Beschuldigte hofft darauf, der Verteidiger werde den Untersuchungsrichter schon gleich zu Beginn des Untersuchungsverfahrens veranlassen, zusätzliche Fragen zu stellen, deren Beantwortung sich zu seinen Gunsten auswirken könne. Zudem weiss der Untersuchungsbeamte, dass der Verteidiger die Art seiner Fragestellung laufend kontrolliert. Der Wegfall dieser Kontrollmöglichkeit beeinträchtigt die Verteidigungsrechte des Angeschuldigten jedoch nicht, da der Verteidiger auf jeden Fall in einem späteren Zeitpunkt, wenn ihm volle Akteneinsicht gewährt wird, eine zusätzliche Befragung des Angeschuldigten fordern kann. Andererseits kann in vielen Fällen eine erste Einvernahme ohne Anwesenheit des Verteidigers zur objektiven Wahrheitserforschung wesentlich beitragen. Sollte ein Untersuchungsbeamter bei der ersten Einvernahme Rechtsvorschriften verletzen und beispielsweise unzulässige Druckmittel anwenden, so kann dies im nachfolgenden Verfahren gerügt werden. Ein aus Art. 4 BV abgeleiteter Anspruch des Beschuldigten auf Teilnahme seines Verteidigers an der ersten Einvernahme entspricht in der Schweiz auch nicht einer allgemeinen Rechtsüberzeugung, welche mindestens in den neueren kantonalen Strafprozessordnungen und ![]() | 7 |
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