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41. Urteil vom 5. Juli 1978 i.S. X. gegen Kantone Zug und Zürich | |
Regeste |
Art. 46 Abs. 2 BV. | |
Sachverhalt | |
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Mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung von Art. 46 Abs. 2 BV beantragt X., es seien die angefochtenen Veranlagungen aufzuheben und die Kantone Zürich und Zug anzuweisen, die vom Beschwerdeführer in den Bemessungsjahren getätigten gemeinnützigen Zuwendungen in vollem Umfange zum Abzug zuzulassen, in dem Sinne, dass der Abzug der gesamten gemeinnützigen Zuwendungen vom gesamten - ![]() | 2 |
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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a) § 20 des zugerischen Gesetzes über die Kantons- und Gemeindesteuern vom 7. Dezember 1946 (ZG StG) zählt verschiedene zulässige Abzüge vom Roheinkommen wie Berufsauslagen, Abschreibungen, Geschäftsverluste, gesetzliche Beiträge an Versicherungen oder Sozialwerke, Gebäudeunterhaltskosten oder Krankheitskosten auf. Gemäss § 20 Ziff. 12 ZG StG können vom rohen Einkommen namentlich abgezogen werden:
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"Zuwendungen an den Kanton und seine Anstalten, an zugerische Gemeinden und ihre Anstalten und Werke sowie an Institutionen, die eine gemeinnützige, wohltätige, kirchliche, wissenschaftliche oder kulturelle Tätigkeit ausüben, bis zu höchstens 10 Prozent des Jahreseinkommens,
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soweit diese Zuwendungen insgesamt den Betrag von Fr. 500.- pro Jahr übersteigen und im Einzelfall mindestens Fr. 100.- betragen."
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b) Unter dem Randtitel "2. Abzüge a) Im allgemeinen" erwähnt § 25 des zürcherischen Gesetzes über die direkten Steuern vom 8. Juli 1951 (ZH StG) als Abzüge von den steuerbaren Einkünften beispielsweise Berufs- und Geschäftsauslagen, Kosten für den Liegenschaftenunterhalt, Schuldzinsen, Alimente, Versicherungsprämien, Spareinlagen für unmündige Kinder und Beiträge an politische Parteien. Laut § 25 lit. m ZH StG können auch abgezogen werden:
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"Zuwendungen an den Kanton und seine Anstalten, an zürcherische Gemeinden und ihre Anstalten und an andere juristische Personen, welche im Hinblick auf gemeinnützige Zwecke von der Steuerpflicht im Kanton befreit sind, bis zu höchstens 20% des Reineinkommens."
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§ 31 ZH StG führt unter dem Marginale "5. Steuerberechnung a) steuerfreie Beträge" gewisse zahlenmässig bestimmte Abzüge vom Reineinkommen an, nämlich einen persönlichen Abzug sowie Alters-, Kinder- und Unterstützungsabzüge. Unter demselben Randtitel sieht § 41 ZH StG auch gewisse Abzüge vom Reinvermögen vor.
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c) Die Abzüge, welche die beiden Steuergesetze vorsehen, stimmen im wesentlichen überein. Während der Kanton Zürich Zuwendungen an gemeinnützige Institutionen bis zu einem Betrag von 20% des Reineinkommens zum Abzug zulässt, begrenzt der Kanton Zug diesen Abzug bei 10% des Jahreseinkommens. Dagegen bindet die zürcherische Regelung den Abzug sachlich an engere Voraussetzungen als der Kanton Zug.
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3. Der Kanton Zürich verweigert dem Beschwerdeführer jeglichen Abzug für gemeinnützige Zuwendungen von dem im Kanton Zürich steuerpflichtigen Einkommen. Er stützt sich dabei auf § 7 Abs. 1 ZH StG, welcher unter dem Marginale "Steuerberechnung bei beschränkter Steuerpflicht" bestimmt, dass beschränkt Steuerpflichtigen "steuerfreie Beträge ... anteilsmässig gewährt" werden. Er folgert daraus, dass diese anteilsmässige Anrechnung nur für die in den §§ 31 (für die Einkommenssteuer) und 41 (für die Vermögenssteuer) unter den ![]() | 13 |
Es kann dahingestellt bleiben, ob das Bundesgericht sich in dieser Angelegenheit zu Recht auf eine Willkürprüfung beschränkte. Jedenfalls kann dieser Fall nicht als Präjudiz in einem Doppelbesteuerungsstreit herangezogen werden, da es sich bei dem kurzen Exkurs zu dieser Frage lediglich um ein obiter dictum handelt, das nicht näher begründet worden ist. Die Frage, wie § 7 Abs. 1 ZH StG auszulegen ist, kann ebenfalls ![]() | 14 |
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Das Bundesgericht hat aus diesem Grundsatz abgeleitet, dass ein Kanton mit Reinvermögenssteuersystem einem Steuerpflichtigen, dessen Vermögen noch der Steuerhoheit anderer Kantone unterworfen ist, den Abzug der Schulden verhältnismässig, entsprechend dem seiner Steuerhoheit unterliegenden Teil sämtlicher Vermögensgegenstände des Steuerpflichtigen, gewähren muss (BGE 99 Ia 677 E. 3c; HÖHN, Doppelbesteuerungsrecht, Bern 1973, S. 295; LOCHER, Doppelbesteuerung, Bd. 3, § 9 I A).
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Bei der Verlegung der Abzüge vom Einkommen auf die betroffenen Kantone ist im Anwendungsbereich der allgemeinen Reineinkommenssteuer nach Lehre und Praxis auf die Art dieser Abzüge abzustellen und der besonderen Verbundenheit gewisser Einnahmen und Ausgaben Rechnung zu tragen (BGE 63 I 71; BLUMENSTEIN, a.a.O., S. 90). In der bundesgerichtlichen ![]() | 17 |
a) Auslagen, welche direkt mit der Erzielung bestimmter Einkünfte verbunden sind, werden demjenigen Kanton zum Abzug zugewiesen, der diese Einkünfte besteuert. Die Kosten für den Unterhalt von Gebäuden beziehen sich immer auf einzelne Liegenschaften. Als Belastung des Ertrages dieser Liegenschaften sind sie daher objektmässig auszuscheiden, d.h. vom Liegenschaftskanton zu tragen (HÖHN, a.a.O., S. 294).
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b) Schuldzinsen werden als besondere Belastung des Vermögensertrages betrachtet, weil die Praxis den inneren Zusammenhang zwischen Vermögen und Kredit als massgebend ansieht (BGE 63 I 72). Sie sind daher in erster Linie vom Vermögensertrag abzuziehen und werden quotenmässig, im Verhältnis der in den einzelnen Kantonen gelegenen Aktiven, den betroffenen Kantonen zum Abzug zugewiesen (BGE 97 I 40 f. E. 2 mit Verweisungen; ASA 39 S. 327 E. 3 mit Verweisungen; HÖHN, a.a.O., S. 295; vgl. die Kritik bei PASCHOUD, L'imposition des immeubles et de leur rendement en droit fiscal intercantonal, Diss. Lausanne 1970, S. 138, 152 ff.). Dieser Grundsatz wurde durch das Bundesgericht analog auf eine Rente ausgedehnt, welche die Ehefrau eines Steuerpflichtigen ihrer Mutter als Gegenleistung für Vermögen ausrichten musste, das sie von ihrem Vater geerbt hatte und das in verschiedenen Kantonen lag (BGE 85 I 15 E. 3; kritisch: PASCHOUD, a.a.O., S. 147).
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c) Eine dritte Kategorie bilden die Sozialabzüge. Sie stehen in aller Regel nicht in einem organischen Zusammenhang mit der Erzielung eines bestimmten Teiles der Einkünfte, sondern betreffen das ganze Einkommen ohne Unterschied. Im Falle eines Steuerpflichtigen, der im Kanton Thurgau wohnte und teils dort, teils im Kanton Schaffhausen erwerbstätig war, hiess das Bundesgericht eine staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 46 Abs. 2 BV gut, weil sich der Kanton Schaffhausen geweigert hatte, die im schaffhauserischen Steuergesetz nur für Kantonseinwohner vorgesehenen Sozialabzüge verhältnismässig auf den in diesem Kanton steuerbaren Einkommensteil anzurechnen (nicht veröffentlichtes Urteil vom 3. Dezember 1937 in Sachen Z.). Wie das Bundesgericht ausführte, sind solche Abzüge, soweit sie in den massgebenden Steuergesetzen überhaupt vorgesehen sind, anteilsmässig auch denjenigen ![]() | 20 |
5. Es bleibt zu prüfen, ob die unter der vorstehenden Ziffer 4/c dargelegten Regeln über die Behandlung der Sozialabzüge auch auf andere Arten von Steuererleichterungen angewendet werden können, die nicht in besonderem Zusammenhang mit bestimmten Teilen des Einkommens stehen. Diese Frage ist grundsätzlich zu bejahen. Doppelbesteuerungsrechtlich ![]() | 21 |
Sowohl der Kanton Zug als auch der Kanton Zürich sieht Abzüge für gemeinnützige Zuwendungen vor. Diese Zuwendungen stehen in keinem Zusammenhang mit bestimmten Einkommensteilen (vgl. BLUMENSTEIN, a.a.O., S. 224 Ziff. 5). Wichtige Gründe, die gebieten würden, sie allein dem Wohnsitzkanton aufzubürden, sind nicht ersichtlich und werden auch nicht geltend gemacht. Es rechtfertigt sich daher, sie kollisionsrechtlich im Verhältnis der steuerpflichtigen Einkommensquoten auf die betroffenen Kantone zu verlegen. Dies führt zur Abweisung der Beschwerde gegenüber dem Kanton Zug.
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Für den Kanton Zürich folgt aus diesen Ausführungen, dass die im zürcherischen Steuergesetz vorgesehenen Abzüge für gemeinnützige Zuwendungen den im Kanton Zürich beschränkt steuerpflichtigen Auswärtigen nach Massgabe des in Zürich steuerpflichtigen Einkommensanteils in gleicher Weise zu gewähren ist wie den ausschliesslich im Kanton Zürich steuerpflichtigen Bürgern. Soweit das zürcherische Steuergesetz, so wie es von den zürcherischen Steuerbehörden im vorliegenden Fall ausgelegt wurde, den Auswärtigen diesen Abzug schlechthin verweigert, verstösst es gegen Art. 46 Abs. 2 BV. Der Kanton Zürich wird daher zu prüfen haben, welcher Teil der gesamten gemeinnützigen Zuwendungen des Beschwerdeführers den etwas einschränkenderen Voraussetzungen des § 25 lit. m ZH StG genügt. Eine diesem Verhältnis entsprechende Quote des doppelbesteuerungsrechtlich ihm zum Abzug zugewiesenen Anteils der gemeinnützigen Vergabungen des Beschwerdeführers muss er zum Abzug zulassen. Gegenüber dem Kanton Zürich ist die Beschwerde daher im Sinne der vorstehenden Erwägungen gutzuheissen.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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Die Beschwerde wird gegenüber dem Kanton Zürich im Sinne der Erwägungen gutgeheissen, und die Einschätzungsentscheide der Steuerkommissärs des kantonalen Steueramtes Zürich vom 22. Juni 1977 für die Steuerjahre 1974 und 1975 werden aufgehoben; soweit sich die Beschwerde gegen den Kanton Zug richtet, wird sie abgewiesen.
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