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49. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 17. Oktober 1979 i.S. Israel British Bank Ltd. (in winding up) gegen Schweiz. Volksbank, Handelsgericht und Kassationsgericht des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde). | |
Regeste |
Art. 2 ÜbBest. BV. Kautionspflicht von Konkursmassen. | |
Sachverhalt | |
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, in diesem Punkt aus folgender
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Erwägung: | |
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a) Das Kassationsgericht nimmt im angefochtenen Entscheid vom 25. Januar 1979 zu dieser Frage nicht mehr direkt Stellung, sondern verweist dafür auf die Erwägungen im früheren Entscheid vom 5. Juli 1977. Dort hat es offen gelassen, ob die Beschwerdeführerin als Konkursmasse zu behandeln sei, da die Kautionspflicht, auch wenn sie einer Konkursmasse auferlegt werde, die Verwirklichung des Bundesrechts nicht gefährde. Dem schweizerischen Konkursrecht liege der Gedanke zugrunde, dass die Konkursverwaltung mangels ausreichender flüssiger Mittel von der Prozessführung absehen und von der Möglichkeit der Abtretung nach Art. 260 SchKG ![]() | 4 |
b) Die Beschwerdeführerin macht demgegenüber geltend, die bundesrechtliche Ordnung schütze den Prozessgegner und die Gerichtskasse dadurch, dass Ansprüche bezüglich Gerichtskosten und Prozessentschädigungen aus Prozessen der Konkursmasse Masseforderungen würden. Daneben schaffe das Bundesrecht durch die Ordnung der Konkursverwaltung praktisch Gewähr dafür, dass für die Konkursmasse sachgemäss gehandelt werde. Diese Ordnung sei abschliessend und gestatte es den Kantonen nicht, die Kautionspflicht der Konkursmasse einzuführen. Das gelte gleich wie in der Schweiz auch in Israel. Durch die Einführung der Kautionspflicht für Konkursmassen würde die Verwertung der Aktiven des Gemeinschuldners zu Gunsten der Gläubigergesamtheit verhindert, da sie der Konkursverwaltung die Prozessführung in manchen Fällen verunmögliche. Keine Konkursmasse habe flüssige oder bevorschussbare Mittel in Millionenhöhe, auch wenn sie genügend Aktiven besitze. Eine Abtretung im Sinne von Art. 260 SchKG biete gerade im vorliegenden Falle keine Gewähr dafür, dass die Aktiven der Gemeinschuldnerin verwertet würden, da kein Gläubiger eine so grosse Forderung habe, dass es als vernünftig erschiene, ein solches Prozesskostenrisiko zu tragen. § 73 Ziff. 7 ZPO führe dazu, dass Schuldner grosser Forderungen sich im Konkurs des Gläubigers darauf beschränken könnten, die Forderung wider besseres Wissen zu bestreiten, mit der Folge, dass sie nicht zu bezahlen hätten. Dieses Ergebnis könne vom Bundesrecht nicht zugelassen werden. Die Bestimmung der Zürcher ZPO über die Kautionspflicht der Konkursmasse sei ![]() | 5 |
c) Die Beschwerdegegnerin wendet in ihrer Vernehmlassung hauptsächlich ein, die Konkursverwaltung dürfe einen Prozess gar nicht führen oder weiterführen, wenn nicht feststehe, dass die Masse zur Kostendeckung ausreiche. Die Kautionspflicht erleichtere ihr die Einhaltung dieser Pflicht, da sie oft nur schwer zum voraus den Erlös aus der Verwertung von Aktiven und die Höhe künftiger Prozesskosten abschätzen könne. Das Risiko, dass die Prozesskosten die Aktiven überstiegen, sei bei einer Konkursmasse mindestens ebenso gross wie bei einer Aktiengesellschaft in Liquidation. Auch könne die Konkursmasse die Verjährung von Forderungen durch Betreibung unterbrechen, bis sie ihre Aktiven verwertet habe und wisse, ob sie über die für die Prozessführung notwendigen Mittel verfüge.
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d) Die Frage, ob die Beschwerdeführerin als Konkursmasse zu behandeln und bezüglich der Kautionspflicht einer solchen gleichzustellen ist, kann auch im vorliegenden Verfahren offen gelassen werden, weil, wie zu zeigen sein wird, das Bundesrecht der kantonalrechtlichen Festsetzung einer Kautionspflicht für Konkursmassen nicht entgegen steht.
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Die Frage der Sicherstellung von Gerichtskosten und Anwaltskosten der Gegenpartei ist eine solche des Prozessrechts und wird demnach im kantonalen Verfahren vom kantonalen Recht beherrscht. Das SchKG enthält selbst für Prozesse vollstreckungsrechtlichen Charakters keine entsprechenden Vorschriften. Beim vorliegenden Prozess handelt es sich zudem, ungeachtet der Tatsache, dass mit der Klage ein Arrest prosequiert wird und die Beklagte und Widerklägerin eine Konkursmasse sein mag, um einen normalen Forderungsprozess. Das SchKG enthält auch keine Vorschriften, welche sich auf die prozessuale Kautionspflicht von Konkursmassen beziehen. Die Beschwerdeführerin behauptet dies selber nicht; sie will die Unzulässigkeit der Kautionsauflage aus allgemeinen Grundsätzen des Konkursrechts ableiten.
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Wenn die konkursrechtlichen Verfahrensvorschriften die Konkursverwaltung verpflichten, für die Masse nur Prozesse zu führen, falls ausreichende Mittel zur Deckung der Kosten vorhanden sind, und wenn diesen Kosten der Charakter von Massaschulden zukommt, so wird damit nicht primär der ![]() | 9 |
Auch der Einwand vermag nicht durchzudringen, die Kautionspflicht von Konkursmassen verunmögliche die bestmögliche Verwertung der Aktiven zu Gunsten der Gesamtheit der Konkursgläubiger und widerspreche deshalb dem Bundesrecht. Zwar hat das Bundesgericht in BGE 85 I 147 ausgeführt, um eine gleichmässige Befriedigung aller Gläubiger zu ermöglichen, seien grundsätzlich auch bestrittene Rechte durch die Konkursmasse selber auf dem Prozessweg geltend zu machen. Sei die Konkursmasse im Falle der Klageerhebung kautionspflichtig, so bestehe beim Fehlen liquider Mittel die Gefahr, dass sie selbst begründete Ansprüche nicht geltend machen könne und deren Abtretung nach Art. 260 SchKG anbieten müsse; dadurch würden die kleinen Gläubiger, die das Prozessrisiko nicht zu übernehmen wagten, benachteiligt. Das Bundesgericht erachtete aber als fraglich, ob im Hinblick auf diese für die ordnungsgemässe Liquidation unerwünschte Folge die Auferlegung einer Prozesskaution an eine Konkursmasse geradezu bundesrechtswidrig sei.
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Entgegen der Argumentation des Kassationsgerichts ist dem zitierten bundesgerichtlichen Urteil darin beizupflichten, dass die Abtretung von Ansprüchen der Konkursmasse an die Gläubiger zur Geltendmachung gemäss Art. 260 SchKG die kleinen Gläubiger eher benachteiligt. Nur ein Gläubiger mit einer hohen Forderung wird in der Regel das Risiko auf sich nehmen, Prozesse mit grösseren Streitwerten zu führen, da das Prozessergebnis bis zur Deckung seiner Konkursforderung dem prozessierenden Gläubiger zugute kommt. Ein "kleiner" Gläubiger wird kaum einen Prozess um Ansprüche führen, welche den Betrag seiner Konkursforderung erheblich übersteigen, liegt es doch nicht in seinem Interesse, für die übrigen Gläubiger die Kastanien aus dem Feuer zu holen. Diese Regelung wird ![]() | 11 |
Vor allem aber ist zu beachten, dass die Prozessführungsmöglichkeiten von Konkursmassen nicht in erster Linie durch die Kautionspflicht, sondern durch die zur Verfügung stehenden Mittel beschränkt werden. Die Konkursverwaltung kann angesichts ihrer Aufgabe, für die Gesamtheit der Gläubiger eine möglichst hohe Dividende zu erzielen, nicht alle vorhandenen Mittel für die Führung riskanter Prozesse einsetzen. Sie wird schon aus diesem Grunde keine Prozesse führen, wenn zur Kostendeckung die liquiden Mittel nicht ausreichen. Die Kautionspflicht bringt deshalb keine ins Gewicht fallende Erschwerung der Prozessführung mit sich, sondern erleichtert es der Konkursverwaltung, das Kostenrisiko eines Prozesses abzuschätzen. Ferner trifft es zu, dass der Entscheid über die Prozessführung in der Regel so lange hinausgeschoben werden kann, bis aus der Liquidation der Aktiven die Mittel für die Kautionsleistung bereitstehen.
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Aus diesen Gründen kann nicht gesagt werden, die Kautionspflicht von Konkursmassen gemäss § 73 Ziff. 7 der Zürcher ZPO laufe dem SchKG zuwider. Selbst wenn die Beschwerdeführerin - was offen bleiben kann - als Konkursmasse zu behandeln wäre, würde daher die auf dieser Bestimmung beruhende Kautionsauflage des Kassationsgerichtes nicht gegen die derogatorische Kraft des Bundesrechts und damit nicht gegen Art. 2 ÜbBest. BV verstossen.
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