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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
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60. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 19. Dezember 1979 i.S. Heri gegen Bürgergemeinde Horriwil, Flurgenossenschaft Horriwil und Regierungsrat des Kantons Solothurn (Staatsrechtliche Beschwerde) | |
Regeste |
Güterzusammenlegung: Neuzuteilung. |
Anwendung dieser Kriterien im konkreten Fall (E. 3-5). Voraussetzungen, unter denen bei der Neuzuteilung nicht ausschliesslich auf die Bonitierungswerte abgestellt werden darf (E. 3b). | |
Sachverhalt | |
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Der Vorstand der Flurgenossenschaft Horriwil teilte Viktoria Heri auf Einsprache gegen einen ersten Neuzuteilungs-Entwurf hin die Parzelle Nr. 159.1 mit einer Fläche von 1413 m2 und dem Bonitierungswert von Fr. 4320.- zu. Diese Parzelle liegt zwar ebenfalls in der Dorfkernzone, wurde aber im Zuge der neuen Ortsplanung nicht dem eigentlichen "Zentrum" zugewiesen, in welchem weiterhin eine gemischte Bauweise gestattet ist, sondern dem als Wohnzone dienenden "übrigen Gebiet". Neue Eigentümerin der ehemaligen Parzelle Nr. 724 wurde die Bürgergemeinde Horriwil, die vor der Güterzusammenlegung weder ein Grundstück im "Zentrum", noch überhaupt Land in der Bauzone besessen hatte.
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Gegen diese Neuzuteilung reichte Viktoria Heri beim Regierungsrat des Kantons Solothurn Rekurs ein, welcher als unbegründet abgewiesen wurde. Das Bundesgericht hebt den Regierungsratsbeschluss auf staatsrechtliche Beschwerde hin auf.
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Aus den Erwägungen: | |
2. Das Bundesgericht hat in der Rechtsprechung der letzten fünfzehn Jahre folgende Kriterien für die Überprüfung von ![]() | 4 |
a) In methodischer Hinsicht ist zunächst festzuhalten, dass das Bundesgericht auf Beschwerde eines Grundeigentümers hin dessen gesamten Altbesitz mit der gesamten, endgültigen Neuzuteilung vergleicht, ohne sich damit zu befassen, welche Zuteilungs-Änderungen allenfalls im Verlaufe des kantonalen Verfahrens vorgenommen worden sind (BGE 94 I 610 E. 4b).
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b) Ergibt sich aus dieser Gegenüberstellung, dass sich der Beschwerdeführer nach der Güterzusammenlegung in einer Lage befindet, die sich schlechthin nicht rechtfertigen lässt und die nur in grober Missachtung der gesetzlichen Vorschriften oder elementarer Grundsätze des Güterzusammenlegungsverfahrens - insbesondere des Prinzips des vollen Realersatzes - geschaffen werden konnte, so hebt das Bundesgericht die angefochtene Zuteilung wegen Willkür auf (BGE 97 I 496 E. 1, 96 I 42, 85 I 90).
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c) Das Bundesgericht prüft den angefochtenen Entscheid zusätzlich auch unter dem Gesichtswinkel der Rechtsverweigerung und der rechtsungleichen Behandlung.
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Dem Grundsatz der Rechtsgleichheit kommt im Güterzusammenlegungsverfahren erhebliches Gewicht zu, obschon das Institut der Landumlegung nach einer sich immer mehr durchsetzenden globalen Betrachtungsweise der Nutzungsplanung zugeordnet wird und das Prinzip der rechtsgleichen Behandlung im Rahmen von Planungsmassnahmen der Natur der Sache nach nur eine beschränkte Bedeutung haben kann (BGE 103 Ia 257 E. 4, BGE 99 Ia 715, BGE 95 I 550). Es ist nicht zu übersehen, dass durch die Güterzusammenlegung, die die Verbesserung und Aufwertung des gesamten einbezogenen Bodens bezweckt und in welche beträchtliche öffentliche Mittel investiert werden, erhebliche Mehrwerte geschaffen werden. Die kantonalen Behörden haben dafür zu sorgen, dass die Grundeigentümer an diesen Vorteilen der Zusammenlegung - im Rahmen des Möglichen - in gleichem Masse teilhaben, und dass auch die mit dem Unternehmen notwendigerweise verbundenen Nachteile und Belastungen auf alle Betroffenen angemessen verteilt werden. Eine offensichtlich einseitige Bevorteilung einzelner Grundeigentümer kann mit Rücksicht auf das Gleichheitsprinzip vom Verfassungsrichter nicht geduldet werden. Nicht zuzulassen ist ebenfalls, dass ein Grundeigentümer deshalb ![]() | 8 |
Wenn auch für solche Fälle keine allgemein gültigen Regeln aufgestellt werden können, so ist immerhin festzuhalten, dass ein Eingreifen des Bundesgerichtes nur unter bestimmten Voraussetzungen in Frage kommt: Zum einen darf die festgestellte Ungleichbehandlung nicht als durch den Zweck der Güterzusammenlegung selbst gerechtfertigt erscheinen; zum anderen dürfen einer nachträglichen Änderung der Situation nicht unüberwindliche technische Schwierigkeiten entgegenstehen. Und schliesslich kann auch nur dann eingegriffen werden, wenn die für den Beschwerdeführer als wünschbar erachteten Verbesserungen nicht zu einer - ebenfalls ungerechtfertigten - Schlechterstellung eines anderen Grundeigentümers führen, das Problem also lediglich auf eine andere Ebene verschoben wird.
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d) Sieht sich das Bundesgericht im weiteren einer zwar unhaltbaren, aber nicht zu ändernden Lage des Beschwerdeführers gegenüber, so untersucht es, ob ein Eingriff vorliege, der einer Enteignung gleichkommt, und ob in diesem Falle, da ausnahmsweise Realersatz nicht geleistet werden kann, dem Beschwerdeführer ein Geldausgleich in Höhe des Verkehrswertes, d.h. die volle Entschädigung im Sinne von Art. 22ter BV zugekommen sei (BGE 99 Ia 495, 97 I 721, BGE 95 I 372 f.).
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e) Abschliessend ist zu betonen, dass sich das Bundesgericht bei der Kontrolle, die es anhand der dargestellten verschiedenen Kriterien ausübt, besondere Zurückhaltung auferlegt. Dies beruht nicht nur auf dem Umstand, dass die Kognition des Verfassungsrichters beschränkt ist, sondern auch darauf, dass die Lösungen, die im Güterzusammenlegungsverfahren getroffen werden, in weitem Masse von den örtlichen Verhältnissen abhängen, welche die kantonalen Behörden besser kennen und ![]() | 11 |
Eine weitere Einschränkung der Prüfungsbefugnisse in Güterzusammenlegungssachen würde sich aus rechtsstaatlichen Gesichtspunkten nicht rechtfertigen lassen. Insbesondere darf nicht ausser acht gelassen werden, welche schwerwiegenden Folgen durch eine ungenügende oder sonstwie mangelhafte Zuteilung für einen Grundeigentümer entstehen können, dessen Existenz gänzlich von seinem Landwirtschaftsbetrieb abhängt. Die mit voller Kognition ausgestatteten kantonalen Behörden sind deshalb anzuhalten, ihre Pflichten und ihre Verantwortung in solchen Verfahren sorgfältig wahrzunehmen und den vom Techniker vorgeschlagenen Lösungen, auch wenn sie in Form eines fertig ausgearbeiteten Projektes vorgelegt werden, nicht ohne kritische Prüfung zuzustimmen.
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b) Nach Ansicht des bundesgerichtlichen Experten wirken sich die Unterschiede zwischen Parzelle Nr. 724 und dem Grundstück Nr. 159. 1 hinsichtlich Erschliessungsgrad und Nutzungsmöglichkeit verkehrswertmässig in der Weise aus, dass der Wert des der Beschwerdeführerin neu zugeteilten Landes ![]() | 14 |
c) Ist, wie dargelegt, die Neuzuteilung an die Beschwerdeführerin im Vergleich zu ihrem früheren Besitzstand völlig ungenügend, so kann sie nur dann unverändert belassen werden, wenn eine gleichwertige Zuteilung - also die Zuweisung eines im "Zentrum" liegenden Grundstückes - an unüberwindbaren technischen Schwierigkeiten scheitern müsste oder wenn durch eine solche Zuteilung das Gelingen der Güterzusammenlegung selbst in Frage gestellt würde. Auch in diesem Falle müsste jedoch der angefochtene Entscheid aufgehoben werden, weil er der Beschwerdeführerin die ausnahmsweise an die Stelle des Realersatzes tretende Geldentschädigung in Höhe ![]() | 15 |
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5. (Der angefochtene Entscheid verstösst auch gegen den Grundsatz der rechtsgleichen Behandlung, da die Beschwerdeführerin gegenüber den anderen Grundeigentümern - denen für ihre alten, teilweise nicht überbaubaren Grundstücke in der Zentrumszone arrondierte Parzellen in gleicher Lage zugewiesen wurden - offensichtlich benachteiligt worden ist.)
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