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63. Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 13. Juli 1979 i.S. Stauffacher gegen Kanton Zürich (staatsrechtliche Beschwerde) | |
Regeste |
Anfechtung der Weisungen der Finanzdirektion an die Steuerbehörden über die Neueinschätzung der Liegenschaften. |
a) Anfechtung von Verwaltungsverordnungen (Präzisierung der Rechtsprechung, E. 2a). |
b) Legitimation zur Anfechtung von Verfügungen und Erlassen wegen Privilegierung Dritter (E. 3). |
2. Zulässigkeit der Stimmrechtsbeschwerde (E. 4). |
Erlasse der Verwaltung, die nach der verfassungsrechtlichen Ordnung zum vorneherein nicht der Volksabstimmung unterliegen, sind nicht mit Stimmrechtsbeschwerde anfechtbar. Zulässig ist einzig die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung der Gewaltentrennung. Die Stimmrechtsbeschwerde kann auch nicht gegen Einzelverfügungen der Verwaltung ergriffen werden, mit der Begründung, dass die Verfügung im Ergebnis einer Gesetzesänderung gleichkomme. | |
Sachverhalt | |
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Die Finanzdirektion des Kantons Zürich erliess letztmals am 28. Juli 1978 Weisungen über die Einschätzung der Liegenschaften. Die Ziffern 90 und 92 dieser Weisungen lauteten wie folgt:
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90. Falls sich bei Wohn- und Geschäftshäusern sowie bei Stockwerkeigentum eine Erhöhung des Steuerwertes um mehr als 30% ergeben sollte, werden die Einschätzungsbehörden angewiesen, bei der Einschätzung für die Steuerjahre 1979 und 1980 die Erhöhung auf 30% des bisherigen Steuerwertes zu begrenzen. Die Anpassung an die gemäss dieser Weisung ermittelten Steuerwerte erfolgt bei der Einschätzung 1981.
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92. Falls sich bei der Ermittlung des Mietwertes eines vom Eigentümer bewohnten Einfamilienhauses eine Erhöhung von mehr als 30% ergeben sollte, werden die Einschätzungsbehörden angewiesen, bei der Einschätzung für die Steuerjahre 1979 bis 1982 die Erhöhung auf 30% des bisherigen Eigenmietwertes zu begrenzen. Die Anpassung der Eigenmietwerte von Einfamilienhäusern erfolgt aufgrund der dannzumaligen Verhältnisse bei der Einschätzung 1983.
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(Fassung gemäss Änderung vom 6. März 1979)
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Das Bundesgericht tritt auf die Beschwerde nicht ein.
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Erwägungen: | |
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2. a) Gemäss Art. 84 Abs. 1 OG kann sich die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger ![]() | 9 |
Die Verwaltungsrechtslehre hat indes seit jeher erkannt, dass Verwaltungsverordnungen auf die Rechtsstellung der Bürger zumindest "zurückwirken" und für diese faktisch von erheblicher Tragweite sein können. Das gilt namentlich dann, wenn eine Verwaltungsverordnung nicht bloss das behördliche Handeln in organisatorischer Hinsicht regelt, sondern zuhanden der Beamten festlegt, wie die Bestimmungen des objektiven Rechts im Einzelfall auszulegen und anzuwenden sind (vgl. FLEINER, a.a.O., S. 63; GIACOMETTI, Allgemeine Lehren des rechtsstaatlichen Verwaltungsrechts, 1960, S. 157; vgl. dazu und zu den verschiedenen Arten von Verwaltungsverordnungen namentlich auch MANFRINI, Nature et effets juridiques des ![]() | 10 |
An dieser Praxis ist grundsätzlich festzuhalten, doch bedarf sie einer Einschränkung und Verdeutlichung. Es ist nämlich nicht gerechtfertigt, die Anfechtung einer Verwaltungsverordnung unter der alleinigen Voraussetzung zuzulassen, dass die Dienstanweisung "Aussenwirkungen" im umschriebenen Sinne entfalte. Wie das Bundesgericht in BGE 98 Ia 508 ff. zur Begründung seiner neueren Rechtsprechung ausgeführt hat, ist der Beamte, der Dienstanweisungen zu beachten und Verwaltungsverordnungen anzuwenden hat, nicht immer gehalten, eine auf dem Beschwerdeweg anfechtbare Verfügung zu treffen. Die Anwendung einer Verwaltungsverordnung kann formlos erfolgen, was z.B. dann zutrifft, wenn die Verordnung das Vorgehen des Spitalpersonals bei der Vornahme von Obduktionen und Organentnahmen regelt. Verhält es sich so, so bleiben die verfassungsmässigen Rechte der Bürger im Bereich der erwähnten Aussenwirkungen in der Tat schutzlos, wenn es den Betroffenen nicht möglich ist, die einschlägige Verwaltungsverordnung selber anzufechten. In diesem Falle sowie dann, wenn die Anfechtung von Anwendungsakten zwar an sich möglich, dieses Vorgehen dem Bürger aber nicht zuzumuten ist, drängt es sich im Interesse eines wirksamen Grundrechtsschutzes auf, die unmittelbare Anfechtung der für das Handeln der Behörden massgebenden Dienstanweisung zuzulassen. Das ist jedoch nicht geboten, wenn in dem durch die Verwaltungsverordnung geregelten Bereich Verfügungen ergehen, gegen die sich die Betroffenen ohne Nachteil auf dem üblichen Beschwerdeweg zur Wehr setzen können. Unter diesen Umständen kann nicht ![]() | 11 |
b) Die angefochtene Weisung über die Neueinschätzung der Liegenschaften ist eine Verwaltungsverordnung, die Aussenwirkungen im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung entfaltet. Die erste Bedingung für ihre Anfechtung ist daher erfüllt. Hingegen ist die zweite Voraussetzung (Fehlen anfechtbarer Hoheitsakte) nicht gegeben. Die Weisung der Finanzdirektion bezieht sich auf die Steuerveranlagung. Diese erfolgt auf dem Verfügungsweg, so dass die kantonalen Rechtsmittel und grundsätzlich auch die staatsrechtliche Beschwerde ergriffen werden können. Der hier zu beurteilende Fall weist freilich die Besonderheit auf, dass der Beschwerdeführer im wesentlichen eine Privilegierung anderer Steuerpflichtiger rügt und geltend macht, diese hätten nicht den vollen Verkehrs- und Mietwert ihrer Liegenschaften zu versteuern. Eine derartige Rüge könnte er gegen spätere Veranlagungsverfügungen nicht erheben, da ihm dazu die Legitimation fehlen würde (dazu näher E. 3a). Daraus ist aber nicht abzuleiten, dass die Anfechtung der einschlägigen Verwaltungsverordnung zu ermöglichen sei. Wenn das Gesetz selber die Anfechtung der Einzelverfügungen ausschliesst und wenn demnach nicht bloss faktisch eine Beschwerdemöglichkeit fehlt, so muss es damit sein Bewenden haben. Es besteht kein Grund, als Ersatz für das ausdrücklich ausgeschlossene Beschwerderecht die Anfechtung der massgebenden Verwaltungsverordnung zuzulassen.
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c) Anders verhielte es sich nur, wenn eine bestimmte Rüge ![]() | 13 |
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a) Gestützt auf diese gesetzliche Regelung lässt das Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerden, mit denen geltend gemacht ![]() | 15 |
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts kann grundsätzlich auch ein Erlass nicht wegen Privilegierung eines Dritten angefochten werden (BGE 85 I 53). Diese Praxis ist wiederholt kritisiert worden, und zwar namentlich mit der Begründung, dass ohne solche Anfechtungsmöglichkeiten das Verbot rechtsungleicher Behandlung gegenüber dem Gesetzgeber nicht durchgesetzt werden könne (vgl. H. HUBER, in ZbJV 96/1960, S. 353 ff.). Das Bundesgericht hat seine Praxis aufgrund dieser Kritik in BGE 86 I 285 in dem Sinne präzisiert, dass die Legitimation zur Anfechtung einer durch Gesetz eingeräumten Vergünstigung nur demjenigen fehle, der an deren Anfechtung "nicht anders als jeder andere Angehörige seines Kantons" interessiert sei. Demjenigen, der in "besonderer Weise" interessiert sei, könne die Beschwerdelegitimation dagegen nicht abgesprochen werden. Es sei deshalb namentlich die Beschwerde als zulässig zu erachten, in welcher behauptet werde,dass die für die Ausübung des Berufs eines Zahnprothetikers geforderte Prüfung gewissen Personen erlassen werde und dass damit zwei Kategorien von Zahnprothetikern geschaffen würden (BGE 86 I 286). Die neuere Rechtsprechung hat an dieser Präzisierung indes nicht festgehalten. Sie lässt die Anfechtung eines Erlasses, der angeblich Dritte in verfassungswidriger Weise begünstigt, gleich wie im Falle der Anfechtung einer Verfügung, nur dann zu, wenn eine Rechtsvorschrift besteht, die neben der Wahrung öffentlicher Interessen auch den Schutz der Privaten vor Begünstigungen Dritter bezweckt (BGE 103 Ia 69 E. 1c; in BGE 102 Ia 207 wurde die Frage offen ![]() | 16 |
b) Der Beschwerdeführer macht geltend, die beanstandete Privilegierung der Eigenheimbesitzer habe zur Folge, dass die übrigen Steuerpflichtigen für den entsprechenden Steuerausfall aufzukommen hätten. Ob das zutrifft, ist zweifelhaft. Die Gesamtsteuereinnahmen stellen nicht eine feste Grösse dar. Es kann deshalb nicht gesagt werden, dass Rückgänge bei einzelnen Einnahmekategorien automatisch Erhöhungen bei andern zur Folge hätten. Eine schlechte Finanzlage des Staates, sei es infolge ungenügender Steuereinnahmen, sei es infolge hoher Ausgaben, kann zwar längerfristig zu Steuererhöhungen führen. Diese bloss mittelbare und in ihrer numerischen Grösse nicht feststellbare Auswirkung vermag aber keine Legitimation zur Erhebung staatsrechtlicher Beschwerde zu begründen (BGE 101 Ia 543; vgl. Urteil vom 18. Juli 1978 i.S. von Flüe, in ZBl 79/1978, S. 555). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass die angefochtenen Erleichterungen nur für eine bzw. zwei Veranlagungsperioden Geltung haben. Sie beziehen sich damit nur auf einen Zeitraum, während dem aus entsprechenden Minder- oder Mehreingängen an Steuern keine Änderung der Steuerbelastung insgesamt zu erwarten ist. Unmassgeblich ist sodann, dass der Beschwerdeführer Eigentümer einer vermieteten Liegenschaft ist. Dieser Umstand ändert nichts daran, dass ihn die beanstandeten Weisungen höchstens in seiner Eigenschaft als Steuerzahler treffen. Das vermag, wie bereits erwähnt, die Beschwerdelegitimation nicht zu begründen. In sonstiger Weise werden seine persönlichen Interessen nicht berührt.
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c) An diesem Ergebnis vermag auch die Anrufung von Art. 19 Abs. 1 und 3 der zürcherischen Kantonsverfassung nichts zu ändern. Art. 19 Abs. 1 KV sieht vor, dass alle Steuerpflichtigen im Verhältnis der ihnen zu Gebote stehenden Mittel an die Staats- und Gemeindelasten beizutragen haben. Art. 19 ![]() | 18 |
Ob Art. 19 Abs. 1 KV ein verfassungsmässiges Recht gewährleiste, wurde in der früheren Rechtsprechung des Bundesgerichts bejaht (BGE 48 I 83 ff.), später jedoch offen gelassen (BGE 90 I 149 mit Hinweisen). Das Bundesgericht entschied indes unlängst im Hinblick auf den mit Art. 19 Abs. 1 der zürcherischen Kantonsverfassung vergleichbaren Art. 62 Abs. 4 der solothurnischen Verfassung, dass eine derartige Bestimmung nicht bloss als Weisung an den Gesetzgeber, sondern zugleich als verfassungsmässiges Recht der Bürger zu verstehen sei (BGE 104 Ia 288 E. 3). Es erscheint deshalb richtig, in Übereinstimmung mit der früheren Rechtsprechung davon auszugehen, dass Art. 19 Abs. 1 KV ein verfassungsmässiges Recht enthalte. Wie es sich damit verhält, braucht indes nicht abschliessend erörtert zu werden, da der Beschwerdeführer diese Verfassungsgewährleistung nur dann anrufen könnte, wenn er durch die angefochtenen Weisungen in seiner eigenen Rechtsstellung beeinträchtigt würde. Das ist jedoch, wie bereits dargelegt, nicht der Fall.
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Kein verfassungsmässiges Recht ist dagegen in Art. 19 Abs. 3 KV gewährleistet. Anlässlich der Beratungen über die zürcherische Verfassung wurde geltend gemacht, dass verschiedene Gemeinden trotz des im Gemeindegesetz enthaltenen Verbots mit einzelnen Steuerpflichtigen Abkommen über die Höhe des zu versteuernden Vermögens träfen. In der Folge wurde in die Verfassung ein ausdrückliches Verbot von Steuerprivilegien aufgenommen, welches das schon bestehende gesetzliche Verbot bekräftigen sollte. Art. 19 Abs. 3 ist daher anders als Art. 19 Abs. 1 KV nicht zum Schutze der einzelnen Steuerpflichtigen aufgestellt, sondern im öffentlichen Interesse zur Verhinderung von Missständen im Steuerwesen erlassen worden (vgl. STRÄULI, Verfassung des eidgenössischen Standes Zürich, S. 89; REIMANN/ZUPPINGER/SCHÄRRER, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, Bd. I, N. 7 zu Art. 19 Abs. 3 KV; vgl. auch BGE 86 I 285; BGE 85 I 55 E. 4). Der Beschwerdeführer kann sich deshalb nicht auf diese Verfassungsbestimmung berufen.
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Gleich verhält es sich in bezug auf Art. 5 BV, den der Beschwerdeführer ebenfalls als verletzt bezeichnet. Diese Bestimmung stellt kein verfassungsmässiges Recht der Bürger dar (BGE 101 Ia 372; BGE 98 Ia 69 E. 1).
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Im vorliegenden Fall macht der Beschwerdeführer geltend, dass die Weisungen der Finanzdirektion Dritte in unzulässiger Weise privilegierten. Wie bereits ausgeführt, tut er damit keine Beeinträchtigung seiner eigenen rechtlich geschützten Interessen dar (E. 3a, b). Da die Weisungen der Finanzdirektion den Beschwerdeführer weder aktuell noch virtuell in seiner Rechtsstellung betreffen, erweist sich die Berufung auf den Grundsatz der Gewaltentrennung als unzulässig.
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Das führt zum Ergebnis, dass auf die Beschwerde nicht einzutreten ist, soweit sie sich auf Art. 84 Abs. 1 lit. a OG stützt und eine Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt wird. Die behauptete Privilegierung einer bestimmten Kategorie von Steuerpflichtigen kann nicht mit staatsrechtlicher Beschwerde gerügt werden, und zwar weder im Falle der Anfechtung einer Einzelverfügung noch dann, wenn die Beschwerde unmittelbar gegen den begünstigenden Erlass gerichtet ist. Im folgenden ist daher zu prüfen, ob auf die Beschwerde eingetreten werden könne, soweit sie sich auf Art. 85 lit. a OG (Verletzung des politischen Stimmrechts) stützt. II. Stimmrechtsbeschwerde
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4. a) Gemäss Art. 85 lit. a OG beurteilt das Bundesgericht Beschwerden betreffend die politische Stimmberechtigung ![]() | 25 |
Daniel Stauffacher ist im Kanton Zürich stimmberechtigt. Sofern die Stimmrechtsbeschwerde im vorliegenden Fall überhaupt ergriffen werden kann, ist er daher ohne Zweifel zur Beschwerdeführung legitimiert.
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b) Ob mit der Stimmrechtsbeschwerde geltend gemacht werden kann, ein Hoheitsakt der Exekutive (Verordnung oder Verfügung) stehe mit dem Gesetz in Widerspruch und verletze daher die politischen Rechte der Bürger im Bereich der Rechtssetzung (fakultatives oder obligatorisches Referendum), wurde im Laufe der Rechtsprechung nicht einheitlich entschieden. Das Bundesgericht bejahte die Frage vorerst und führte zur Begründung aus, dass das Mitwirkungsrecht der Stimmbürger an der Gesetzgebung verletzt werde, wenn die Exekutive Vorschriften erlasse, die in Form eines Gesetzes hätten ergehen müssen. Ob diese Betrachtungsweise zutreffe, wurde jedoch in späteren Entscheiden in Zweifel gezogen, und zwar mit der Begründung, dass die Rüge, eine Verordnung oder Verfügung der Exekutive stehe mit dem Gesetz in Widerspruch, die inhaltliche Richtigkeit des betreffenden Hoheitsaktes und nicht die politischen Rechte der Stimmbürger betreffe. Wenn in einem solchen Falle die Stimmrechtsbeschwerde ergriffen werden könnte, so käme das einer Aushöhlung der Vorschrift gleich, dass nur derjenige einen Erlass oder eine Verfügung wegen deren Inhalts anfechten könne, der durch den Hoheitsakt in seiner persönlichen Rechtsstellung beeinträchtigt werde (BGE 55 I 111; BGE 56 I 161 f.). Die aufgeworfene Frage wurde indes nicht endgültig entschieden, und in BGE 89 I 260 E. 5 bezeichnete das Bundesgericht die früher geäusserten Zweifel als unbegründet. In der Folge wurde die Frage während längerer Zeit nicht mehr einlässlich geprüft. Das Bundesgericht kam auf sie erst wieder in BGE 104 Ia 307 E. 1b zurück, wo es entschied, dass die Rüge, die Exekutive habe ihre Rechtssetzungskompetenz überschritten, nicht die Garantie des politischen Stimmrechts ![]() | 27 |
An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Die Stimmrechtsbeschwerde ist ein Rechtsbehelf, mit dem vorab durchgesetzt werden kann, dass ein Erlass oder Verwaltungsakt, der formell dem fakultativen oder obligatorischen Referendum unterliegt, diesem Mitwirkungsrecht des Volkes auch wirklich unterstellt wird. Mit der Stimmrechtsbeschwerde kann ferner durchgesetzt werden, dass die Abstimmung korrekt durchgeführt wird und dass die Behörde deren Ergebnis richtig ermittelt. Die gleiche Bedeutung hat die Stimmrechtsbeschwerde hinsichtlich der Anordnung und Durchführung von Wahlen und hinsichtlich der Ausübung des Initiativrechts. Sie ist aber nicht zur Anfechtung von Erlassen oder Einzelakten der Exekutive bestimmt, die nach der verfassungsrechtlichen Ordnung zum vorneherein nicht der Volksabstimmung unterliegen können und auch nicht die konkrete Durchführung einer Abstimmung oder Wahl betreffen. Enthält eine Verordnung oder ein Einzelakt der Verwaltung Vorschriften, die richtigerweise Gegenstand eines dem Referendum unterliegenden Gesetzes sein müssten, so ist nicht die Stimmrechtsbeschwerde, sondern gestützt auf Art. 84 Abs. 1 lit. a OG die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung der Gewaltentrennung zu ergreifen. Ziel der Beschwerde ist in diesem Falle nämlich nicht, eine Abstimmung herbeizuführen; die Beschwerde ist vielmehr auf die Aufhebung des fraglichen Hoheitsaktes gerichtet (vgl. KIRCHHOFER, Über die Legitimation zum staatsrechtlichen Rekurs, ZRS 55/1936, S. 153 f.). Dazu kann nur legitimiert sein, wer durch den Hoheitsakt in seiner persönlichen Rechtsstellung betroffen ist. Anders verhält es sich nur, wenn der fragliche Erlass selber das politische Stimmrecht regelt und er insbesondere durch die Schaffung einer Delegationsnorm die politischen Rechte der Bürger für die Zukunft beschränkt (BGE 104 Ia 308 mit Hinweisen).
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Zusammengefasst ergibt sich, dass die Stimmrechtsbeschwerde - soweit sie die politischen Rechte im Bereich der Rechtsetzung betrifft - nur gegen Erlasse des Grossen Rates, ![]() | 29 |
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