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Informationen zum Dokument  BGE 106 Ia 126  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
2. a) Gemäss Art. 27 Abs. 1 SchKG können die Kantone di ...
3. Wie bereits erwähnt, hat das Bundesgericht schon in BGE 7 ...
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24. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 16. Mai 1980 i.S. Studer gegen Regierungsrat des Kantons Uri (staatsrechtliche Beschwerde)
 
 
Regeste
 
Art. 31 BV; Bewilligung zur gewerbsmässigen Vertretung von Gläubigern (Art. 27 SchkG).  
 
Sachverhalt
 
BGE 106 Ia, 126 (127)Das urnerische Einführungsgesetz zum SchKG vom 3. Mai 1891 (EGzSchKG) enthält in Art. 15 folgende Vorschriften:
1
"Zur gewerbsmässigen Vertretung der Gläubiger ist die Patentierung als Geschäftsagent erforderlich.
2
Das Patent wird vom Regierungsrate gegen eine einmalige Staatsgebühr von Fr. 100.-- erteilt.
3
Es dürfen nur solche Personen patentiert werden, die verfassungsgemäss wählbar, persönlich ehrenhaft und zuverlässig, sowie mit der einschlägigen Gesetzgebung vertraut sind."
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Gemäss Art. 21 Abs. 1 der Verfassung des Kantons Uri vom 6. Mai 1888 (KV) ist stimmberechtigt, ungeachtet des Geschlechts, jeder 20jährige, im Kanton sesshafte Kantons- und Schweizerbürger, letzterer jedoch erst nach Ablauf einer dreimonatigen Frist vom Tage der gesetzlich vollzogenen Niederlassung an. Gemäss Art. 24 Abs. 1 KV ist wahlfähig jeder Stimmberechtigte, ausgenommen die nicht rehabilitierten Konkursiten und ausgepfändeten Schuldner.
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Am 21. August 1978 stellte Heinz Studer, Bücherexperte, Bern, bei der Justizdirektion Uri das Gesuch um Erteilung der Bewilligung zur gewerbsmässigen Vertretung von Gläubigern im Kanton Uri. Mit Beschluss vom 16. Juli 1979 lehnte der Regierungsrat das Gesuch ab, im wesentlichen mit der Begründung, dass Studer nicht im Kanton Uri Wohnsitz habe und daher nicht "verfassungsgemäss wählbar" sei, wie Art. 15 Abs. 3 EGzSchKG dies als Voraussetzung für die Erteilung der nachgesuchten Bewilligung verlange.
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Das Bundesgericht heisst die dagegen erhobene staatsrechtliche Beschwerde gut.
7
 
Aus den Erwägungen:
 
2. a) Gemäss Art. 27 Abs. 1 SchKG können die Kantone die gewerbsmässige Vertretung der Gläubiger organisieren. Insbesondere können sie die Ausübung dieses Berufes von dem Nachweis persönlicher Tauglichkeit und Ehrenhaftigkeit und BGE 106 Ia, 126 (128)von einer Sicherheitsleistung abhängig machen und die Gebühren für die einschlägigen Verrichtungen festsetzen. Damit ist durch Bundesgesetz und demnach in für das Bundesgericht verbindlicher Weise (Art. 113 Abs. 3 BV) festgelegt, dass die Kantone befugt sind, den Betrieb einer Geschäftsagentur der Bewilligungspflicht zu unterstellen und vom Besitz eines Fähigkeitsausweises abhängig zu machen. Wie das Bundesgericht in BGE 95 I 332 E. 3 dargelegt hat, will Art. 27 Abs. 1 SchKG die Kantone indes nicht ermächtigen, bei der Ausgestaltung der entsprechenden Massnahmen von der Handels- und Gewerbefreiheit abzuweichen. Hinsichtlich der Anforderungen, die für die Erlangung der Bewilligung zum Betrieb einer Geschäftsagentur aufgestellt werden können, sind deshalb die Grundsätze zu beachten, die sich aus Art. 31 BV ergeben. Die kantonalen Beschränkungen müssen demnach auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen und dürfen nicht über das hinaus gehen was erforderlich ist zur Erreichung des polizeilichen oder sozialpolitischen Zwecks, durch den sie gedeckt sind (BGE 103 Ia 596 E. 1a mit Hinweisen).
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b) Die Bewilligungspflicht, welche die Kantone aufgrund von Art. 27 SchKG einführen können, ist zum Schutze der Gläubiger und Schuldner bestimmt, die für das Verfahren vor den Betreibungsbehörden die Dienste eines gewerbsmässigen Vertreters in Anspruch nehmen wollen. Sie soll verhindern, dass sich Gläubiger oder Schuldner Personen anvertrauen, die vertrauensunwürdig sind oder die nicht über die Kenntnisse verfügen, die zur gehörigen Interessenwahrung nötig sind. Für die Erreichung dieser Zielsetzung ist nicht erforderlich, dass der gewerbsmässige Vertreter im Kanton Wohnsitz habe, in dem er als Vertreter eines Gläubigers oder Schuldners tätig werden will. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts kann ein Wohnsitzerfordernis für Erwerbstätigkeiten, die unter dem Schutz von Art. 31 BV stehen, nur statuiert werden, wenn es aufgrund besonderer Umstände als unabdingbar erscheint. Derartige Umstände wurden namentlich für Rechtsanwälte (BGE 80 I 152; BGE 65 I 6), Ärzte (BGE 67 I 198), Zahnärzte (BGE 83 I 254), Chiropraktoren (BGE 80 I 15), Installateure (BGE 88 I 68), Hersteller von Grabmälern (BGE 80 I 127) und Taxichauffeure (BGE 99 Ia 394), aber auch für Geschäftsagenten (BGE 71 I 254) verneint. Die Kantone haben zwar ein gerechtfertigtes Interesse daran, die Tätigkeit dieser Personen zu BGE 106 Ia, 126 (129)regeln und zu überwachen, doch vermag das ein Wohnsitzerfordernis nicht zu begründen. Eine entsprechende Überwachung ist ohne weiteres möglich durch die Kontrolle der im Kanton selber ausgeübten Tätigkeit. Soweit für die Beurteilung der Fähigkeit und Vertrauenswürdigkeit des Bewilligungsinhabers auch die ausserkantonale Tätigkeit von Bedeutung ist, so vermag sich der Bewilligungskanton darüber ohne weiteres ins Bild zu setzen, sei es durch Auflagen, die dem Bewilligungsinhaber gemacht werden, sei es gegebenenfalls auf dem Weg der interkantonalen Rechtshilfe. Die Auffassung, dass ein Wohnsitzerfordernis in der Regel eine unverhältnismässige Beschränkung der Handels- und Gewerbefreiheit darstellt, wird nicht nur in der Rechtsprechung vertreten, sondern auch von der herrschenden Lehre geteilt (vgl. AUBERT, Droit constitutionnel suisse, Bd. II, Nr. 1891; SALADIN, Grundrechte im Wandel, 2. Aufl., S. 217, 222; MARTI, Die Wirtschaftsfreiheit der schweizerischen Bundesverfassung, S. 105, 54 ff.; HOTZ, Zur Notwendigkeit und Verhältnismässigkeit von Grundrechtseingriffen, Diss. Zürich 1977, S. 97, 112; SCHÜRMANN, Wirtschaftsverwaltungsrecht, S. 50).
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3. Wie bereits erwähnt, hat das Bundesgericht schon in BGE 71 I 255 entschieden, dass ein Wohnsitzerfordernis als Voraussetzung für die Betätigung als Geschäftsagent unverhältnismässig sei und gegen Art. 31 BV verstosse. Soweit jener Entscheid auf Art. 31 BV Bezug nahm, befasste er sich freilich nur mit jener von Geschäftsagenten häufig ausgeübten Tätigkeit, die nicht unter Art. 27 Abs. 1 SchKG fällt und die Beratung und nicht gerichtliche Vertretung von Privaten bei Rechtsgeschäften oder in sonstigen, rechtliche Interessen berührenden Angelegenheiten umfasst. Hinsichtlich der gewerbsmässigen Vertretung der Gläubiger vor den Betreibungsbehörden nahm das Bundesgericht in seiner damaligen Rechtsprechung nämlich an, dass Art. 27 SchKG den Kantonen verwehre, die Tätigkeit von Geschäftsagenten mit ausserkantonalem Wohnsitz zu regeln, und zwar selbst dann, wenn diese innerkantonal tätig wurden und Gläubiger mit Wohnsitz im Kanton vertraten (BGE 52 III 107; vgl. auch BGE 53 I 397). Das Bundesgericht gab diese Auslegung von Art. 27 SchKG in der Folge auf (BGE 92 III 49; vgl. auch BGE 95 I 332; BGE 103 Ia 49). Das heisst aber nicht, dass die Kantone die Bewilligung der unter Art. 27 SchKG fallenden Tätigkeit nunmehr an die Bedingung knüpfen könnten, BGE 106 Ia, 126 (130)dass der betreffende Geschäftsagent im Kanton Wohnsitz habe. Vielmehr gelten auch in bezug auf diese Tätigkeit die in BGE 71 I 255 angestellten Erwägungen, dass ein Wohnsitzerfordernis unverhältnismässig ist und gegen Art. 31 BV verstösst. Insoweit ist jener Entscheid durch die spätere Änderung der Rechtsprechung nicht berührt worden.
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