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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
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40. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 22. September 1982 i.S. Seebach gegen Gemeinderat Affoltern am Albis und Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde) | |
Regeste |
Abbruchbefehl. Verhältnismässigkeit. | |
Sachverhalt | |
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Aus den Erwägungen: | |
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Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Beschwerde weder hinsichtlich der Unvereinbarkeit mit den Bauvorschriften noch in Bezug auf die nachgesuchte Ausnahmebewilligung Erfolg haben kann (E. 2 und 3). Damit steht die Vorschriftswidrigkeit des streitigen Anbaus fest. Das bedeutet indessen noch nicht, dass der Anbau abgebrochen werden muss. Vielmehr sind die allgemeinen verfassungs- und verwaltungsrechtlichen Prinzipien des Bundesrechts zu berücksichtigen. Zu ihnen gehören die Grundsätze der Verhältnismässigkeit und des Schutzes des guten Glaubens. So kann der Abbruch unterbleiben, wenn die Abweichung vom Erlaubten nur unbedeutend ist oder der Abbruch nicht im öffentlichen Interesse liegt, ebenso wenn der Bauherr in gutem Glauben angenommen hat, er sei zur Bauausführung ermächtigt, und der Beibehaltung des ungesetzlichen Zustandes nicht schwerwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen (BGE 104 Ib 303 E. 5b).
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a) Der Beschwerdeführer bestreitet, den Anbau bösgläubig errichtet zu haben. Da er einerseits von der Gemeinde behindert worden sei und andererseits im kantonalen Verfahren in praktisch allen Punkten obsiegt habe, sei es nur verständlich, dass er "den bauordnungsgemässen Bau eben ohne kommunale Bewilligung" erstellt habe. Zudem bestehe ein schutzwürdiges Interesse, die im Anbau befindlichen Heizanlagen zu überdecken.
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b) Nach neuerer Rechtsprechung kann sich auch ein Bauherr, der sich nicht in gutem Glauben befindet, gegenüber einem Abbruchbefehl auf den Verhältnismässigkeitsgrundsatz berufen. Er muss es aber in Kauf nehmen, dass die Behörden aus grundsätzlichen Erwägungen, nämlich zum Schutz der Rechtsgleichheit und der baurechtlichen Ordnung, dem Interesse an der Wiederherstellung des gesetzmässigen Zustandes erhöhtes Gewicht beilegen und die dem Bauherrn allenfalls erwachsenden Nachteile nicht oder nur in verringertem Masse berücksichtigen (Urteil vom 15. März 1978, veröffentlicht in ZBl 79/1978 S. 393/394).
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Im Lichte dieser Rechtsprechung ist der Abbruchbefehl nicht zu beanstanden, da der fragliche Anbau den materiellen Bauvorschriften widerspricht. Der minimal zulässige Grenzabstand wird um rund einen Meter unterschritten. Von einer bloss geringfügigen Missachtung der Abstandsvorschriften kann nicht gesprochen werden. In dieser Hinsicht verstösst der angeordnete Abbruch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit.
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Der Beschwerdeführer sieht jedoch auch darin einen Verstoss gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit, dass sich der Abbruchbefehl nicht nur auf den als baurechtswidrig festgestellten Teil des streitigen Bauobjektes bezieht, sondern den Anbau als Ganzes erfasst. Zwar hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass der Anbau "in ganz erheblicher Weise gegen die Bauordnung der Gemeinde Affoltern a.A." verstosse. Schon die Baurekurskommission hatte den Anbau "abgesehen vom unterirdischen Wärmespeicher als nicht bewilligungsfähig und damit eindeutig als polizeiwidrig" bezeichnet. Beide Instanzen hatten sich jedoch darauf ![]() | 8 |
c) Erachtet es der Beschwerdeführer als möglich, den streitigen Anbau durch einen nur teilweisen Abbruch und allfällige weitere Änderungen als materiell baurechtskonform umgestalten zu können, so ist es ihm unbenommen, ein neues, entsprechend geändertes Baugesuch bei der Baubewilligungsbehörde einzureichen. Das hätte unverzüglich zu geschehen, um der Behörde einen Entscheid vor Ablauf der gemäss angefochtenem Urteil gesetzten Frist von 90 Tagen zu ermöglichen. Bestünde das neue Projekt im wesentlichen in einer Verkleinerung des rechtswidrig errichteten Anbaus und könnte es voraussichtlich bewilligt werden, so käme eine vollständige Vollstreckung des streitigen Abbruchbefehls vor einem rechtskräftigen Entscheid über das reduzierte Projekt mit dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit in Konflikt. Die Behörde hätte diesfalls die Tunlichkeit einer vollständigen Vollstreckung neu zu bedenken. Es versteht sich jedoch von selbst, dass dies nur dann in Frage käme, wenn das neue Projekt ernsthafte Aussichten auf eine Bewilligung hätte; bloss auf Zeitgewinn ausgerichtete, materiell aussichtslose Eingaben vermöchten einer Vollstreckung des Befehls nicht entgegenzustehen.
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d) Im Urteil F. vom 27. Mai 1981 hat das Bundesgericht bei der Prüfung der Verhältnismässigkeit eines beschränkten Abbruchbefehls unter anderem festgehalten, dass die Baubehörde von Amtes wegen zu untersuchen habe, welche Vorkehren einerseits erforderlich und geeignet sind, andererseits nicht zu einem schärferen Eingriff führen, als zur Erreichung des Zwecks unbedingt notwendig ist. Sie könne zwar dem Verpflichteten Gelegenheit bieten, selbst Vorschläge über die anzuordnenden Massnahmen einzureichen. Erwiesen sich diese indessen als ungeeignet, so befreie das die Baubehörde und die gerichtlichen Instanzen nicht von der Pflicht, unter verschiedenen möglichen Vollstreckungsvorkehren jene auszusuchen, die im genannten Sinne als verhältnismässig gelten dürfen, ![]() | 10 |
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