BGE 109 Ia 1 | |||
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1. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 22. März 1983 i.S. Landis und Schäfer gegen Einwohnergemeinde Lenzburg und Regierungsrat des Kantons Aargau (staatsrechtliche Beschwerde) | |
Regeste |
Art. 33 RPG, Verfahren. | |
Aus den Erwägungen: | |
2. Die Beschwerdeführer machen in erster Linie geltend, der Regierungsrat habe Art. 33 RPG willkürlich angewendet und sich eine formelle Rechtsverweigerung zuschulden kommen lassen. Die Instruktion des Einspracheverfahrens sei an das Baudepartement delegiert worden, dessen Sachbearbeiter das Verfahren, verbunden mit einem Augenschein, abschliessend instruiert habe. Der Sachbearbeiter habe auch Erwägungen und Dispositiv des angefochtenen Regierungsratsbeschlusses formuliert. Weil das Baudepartement zudem alle Zonenplanentwürfe vorprüfe, übe es einen sehr starken Einfluss auf die Ausgestaltung der Zonenpläne der Gemeinden aus. Da das Baudepartement mitplane, sei es Richter in eigener Sache, und da der Regierungsrat die Einsprachebehandlung faktisch ihm überlassen habe, sei die Angelegenheit nicht von einer unabhängigen Beschwerdebehörde entschieden worden.
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Gemäss Art. 33 Abs. 2 RPG muss das kantonale Recht wenigstens ein Rechtsmittel vorsehen gegen Nutzungspläne, die sich auf das eidgenössische Raumplanungsgesetz und auf die kantonalen und eidgenössischen Ausführungsbestimmungen stützen; Art. 33 Abs. 3 lit. b RPG sieht die volle Überprüfung durch wenigstens eine Beschwerdebehörde vor. Die Abs. 2 und 3 von Art. 33 RPG gehören sachlich zusammen und sind als Mindestvoraussetzungen kantonaler Rechtsschutzeinrichtungen bei der Überprüfung von Nutzungsplänen zu verstehen (EJPD/BRP, Erläuterungen RPG, N. 13 und 14 zu Art. 33 RPG). Aus den Materialien zum eidgenössischen Raumplanungsgesetz ergibt sich, dass Art. 33 Abs. 3 lit. b RPG nicht zwingend eine Beschwerdebehörde im eigentlichen Sinne verlangt, sondern eine Einspracheinstanz genügt. Erforderlich ist anderseits, dass die zuständige kantonale Instanz den angefochtenen Entscheid frei überprüft (BGE 108 Ia 34 E. 1a).
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Der Regierungsrat hat die Einsprachen der Beschwerdeführer ohne Einschränkung der Kognition geprüft und insbesondere auch zu Ermessensfragen und Problemen der planerischen Zweckmässigkeit Stellung genommen. Was die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs anbelangt, machen die Beschwerdeführer nicht geltend, es seien irgendwelche kantonalen Vorschriften verletzt worden. In Übereinstimmung mit § 21 des Dekrets über die Organisation und Geschäftsführung des Regierungsrats und seiner Departemente vom 17. März 1969 instruierte das Baudepartement im vorliegenden Fall das Einspracheverfahren und stellte dem Regierungsrat Antrag. Damit wurde der aus Art. 4 BV folgende minimale Gehörsanspruch nicht verletzt. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung liegt nämlich keine Verletzung von Art. 4 BV vor, wenn an einem Augenschein in einem kantonalen Beschwerdeverfahren, in dem der Regierungsrat entscheidet, kein Mitglied dieser Behörde persönlich anwesend ist (BGE 100 Ib 400 E. 2). Dies gilt im konkreten Fall um so mehr, als sich der Regierungsrat auf Grund von Plänen und Kopien sowie gestützt auf ein ausführliches Augenscheinsprotokoll ein klares Bild über die tatsächlichen Verhältnisse machen konnte. Die Rüge, der Staatskanzlei sei der Antrag des Sachbearbeiters des Baudepartements einfach vorgelegt worden und der Staatsschreiber habe ihn unterzeichnet, ist haltlos. Aus der Tatsache, dass nach einem Beschluss des Regierungsrats vom 23. März 1967 ab 1. April 1967 die Unterschrift des Landammanns auf dem regierungsrätlichen Originalprotokoll nicht mehr erforderlich ist, ergibt sich in Verbindung mit dem angefochtenen Entscheid zweifelsfrei, dass dieser in der Sitzung des Regierungsrats vom 29. März 1982 gefasst worden ist. Ein Verstoss gegen Art. 4 BV kann ebensowenig darin erblickt werden, dass das Baudepartement, das sich schon im Verlaufe des Vorprüfungsverfahrens zum Zonenplan Lenzburg geäussert hatte, das Einspracheverfahren instruierte und dem Regierungsrat Antrag stellte zum Entscheid. Jenes Verfahren stellt die Koordination der Planung sicher und will verhindern, dass planerisch und rechtlich mangelhafte Vorlagen zustande kommen. Da es vor der öffentlichen Planauflage und vor dem Entscheid des kommunalen Zonenplangesetzgebers, mithin vor dem Einspracheverfahren, stattfindet, liegt kein Entscheid in eigener Sache vor. Der Entscheid ging vom Gesamtregierungsrat aus, der sich vorher, insbesondere während des Vorprüfungsverfahrens, nicht zum Zonenplan der Stadt Lenzburg geäussert hatte. Es ist in solchen Fällen zudem nach der bundesgerichtlichen Praxis nicht nur zulässig, sondern gar geboten, dass neben den Beschwerdeführern auch die Vertreter der Gemeinde und der kantonalen Planungsbehörde als Fachorgan angehört werden; gerade dadurch wurde im vorliegenden Fall dem aus Art. 4 BV folgenden Anspruch auf rechtliches Gehör Rechnung getragen und für eine umfassende Sachverhaltsabklärung gesorgt. Gegenüber der dargelegten Rechtsprechung hat Art. 33 Abs. 2 und 3 RPG für die Fragen, die sich hier ergeben, keine Änderung gebracht.
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