BGE 109 Ia 128 | |||
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25. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 15. Juli 1983 i.S. Q. gegen Kantonspolizeiamt und Regierungsrat des Kantons Appenzell A.Rh. (staatsrechtliche Beschwerde) | |
Regeste |
Gastwirtschaftswesen; Patenterteilung "auf Zusehen und Wohlverhalten hin" |
- Die Behörde darf in einem derartigen Fall auf ihren Entscheid zurückkommen, wenn sich neue Tatsachen ergeben, die gegen die Patenterteilung sprechen. Sie kann ohne Bindung an den früheren Entscheid die bei der Patenterteilung bereits bekannten zusammen mit den neu eingetretenen Tatsachen frei würdigen (E. 7a). Ein sofort wirksamer Patententzug muss aber dem öffentlichen Interesse entsprechen und darf nicht dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu widerlaufen (E. 7b). Verhältnisse des vorliegenden Falles (E. 7c). | |
Sachverhalt | |
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"Wie Ihnen bereits mündlich eröffnet worden ist, teilen wir Ihnen im Auftrage der Polizeidirektion von Appenzell Ausserrhoden mit, dass Sie mit dem sofortigen Entzug des Wirtschaftspatentes zu rechnen haben, falls Sie zu irgend einer Klage Anlass geben.
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Die Patenterteilung erfolgt deshalb auf Zusehen und Wohlverhalten hin."
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Q. weist drei Vorstrafen auf, die auch der kantonalen Bewilligungsbehörde im Zeitpunkt der Erteilung des Wirtschaftspatentes bekannt waren. Es handelt sich dabei um Verurteilungen wegen verbotenen wirtschaftlichen Nachrichtendienstes (1976), fortgesetzter Unzucht mit einem Kind (1979), Fahrens in angetrunkenem Zustand, grober Verletzung von Verkehrsregeln und Vereitelung der Blutprobe (1981).
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Nach Aufnahme des Wirtschaftsbetriebes musste Q. im Zeitraum zwischen 20. Oktober 1982 und 14. Dezember 1982 dreimal wegen Übertretung wirtschaftspolizeilicher Vorschriften (wiederholtes Überwirten; Nichteintragen von Gästen in die Hotelkontrolle; widerrechtliche Publikation einer nicht bewilligten Verlängerung) bestraft werden.
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Mit Verfügung vom 21. Dezember 1982 entzog die Polizeidirektion des Kantons Appenzell A.Rh. Q. das Wirtschaftspatent. Auf Rekurs des Q. hin bestätigte der Regierungsrat des Kantons Appenzell A.Rh. die angefochtene Verfügung mit Beschluss vom 22. Februar 1983.
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Q. führt staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 und 31 BV.
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Der Regierungsrat schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
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Aus den Erwägungen: | |
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1 Die Polizeidirektion kann nach Anhörung des Gemeinderates und des Patentinhabers ein Patent jederzeit entziehen, wenn
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a) die Voraussetzungen, unter denen es erteilt worden ist, wegfallen oder sich wesentlich ändern;
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b) den Behörden erst nachträglich Tatsachen zur Kenntnis kommen, auf Grund derer es hätte verweigert werden müssen;
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c) die Wirtschaftsgebühren nicht bezahlt sind.
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Dem Hauseigentümer und den Grundpfandgläubigern, soweit ihr Adressen bekannt sind, ist von der Androhung des Bewilligungsentzuges Kenntnis zu geben.
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Sodann legt Art. 23 Wirtschaftsgesetz fest, welche persönlichen Voraussetzungen ein Wirt erfüllen muss:
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Ein Patent wird nur erteilt, wenn der Bewerber
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a) handlungsfähig ist und in bürgerlichen Ehren und Rechten steht;
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b) einen guten Leumund besitzt und mit den mit ihm in gemeinsamer Haushaltung lebenden Personen volle Gewähr für die Handhabung guter Ordnung und eine einwandfreie Betriebsführung bietet;
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c) geistig und körperlich zur Führung und Beaufsichtigung des Betriebes geeignet erscheint;
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d) in der betreffenden Gemeinde niedergelassen ist...;
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e) sich über genügende Fachkenntnisse zur Führung des Betriebes ausweist.
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a) Die Rüge ist zulässig. Auch wenn sich der Beschwerdeführer anlässlich der Patenterteilung mit dieser Einschränkung abgefunden hatte, muss im vorliegenden Verfahren vorfrageweise geprüft werden, welche Bedeutung diesem Zusatz beizumessen ist.
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b) Das Wirtschaftspatent gilt nach Lehre und Rechtsprechung als Polizeierlaubnis, egal ob die Voraussetzungen für dessen Erteilung polizeilich oder gewerbepolitisch motiviert sind (vgl. MANGISCH, Die Gastwirtschaftsgesetzgebung der Kantone im Verhältnis zur Handels- und Gewerbefreiheit, Diss. Bern 1982, S. 102 ff.). Die Patenterteilung schliesst die Feststellung ein, dass der Aufnahme des Wirtschaftsbetriebes keine öffentlichrechtlichen Hindernisse im Wege stehen. Auf die Erteilung einer solchen Bewilligung besteht nach allgemeinen Grundsätzen ein Rechtsanspruch, soweit sich der Bewerber über alle geforderten Voraussetzungen auszuweisen vermag. Das heisst indes nicht, dass die Bewilligung nur frei von Einschränkungen, wie z.B. Bedingungen oder Auflagen, erteilt werden darf.
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c) Generell bedingungsfeindliche Verfügungen bilden vielmehr die Ausnahme. So kann statt einer negativen Verfügung eine mit Bedingungen und Auflagen versehene positive erlassen werden (vgl. IMBODEN/RHINOW, Schweiz. Verwaltungsrechtsprechung, Nr. 39 B I, II, S. 232/3). Als Beispiel einer resolutiv bedingten ist die Verfügung mit Widerrufsvorbehalt zu nennen (BGE 99 Ia 458 E. cc).
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Als solche qualifiziert sich auch die Erteilung des Wirtschaftspatents "auf Zusehen und Wohlverhalten hin". Gleich wie ein (suspensiv) bedingt ausgesprochener Entzug des Wirtschaftspatentes, dessen Vollzug aufgeschoben wird, weil dem Betroffenen Gelegenheit gegeben werden soll, sich während eines bestimmten Zeitraums zu bewähren, kann auch die (erstmalige oder erneute) Patenterteilung in dem Sinne bedingt ausgesprochen werden, dass der Betroffene damit rechnen muss, die Behörde werde im Falle von Beanstandungen die Bewilligung widerrufen.
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d) Voraussetzung einer solchen bedingten Bewilligung ist jedoch ein sachlich vertretbares öffentliches Interesse. Ein solches ist dann vorhanden, wenn ernsthafte Zweifel bestehen, dass der Bewerber alle Erfordernisse erfüllt, weshalb die anbegehrte Polizeierlaubnis sogar ganz verweigert werden könnte (vgl. HANGARTNER, Widerruf und Änderung von Verwaltungsakten aus nachträglich eingetretenen Gründen, Diss. St. Gallen 1959, S. 161). Der Situation des Betroffenen trägt eine solche Bewilligung mit Widerrufsvorbehalt gebührend Rechnung: er wird dadurch günstiger gestellt als bei einer gänzlichen Verweigerung der Bewilligung; so kann er seine Berufstätigkeit frei ausüben, und er hat es in der eigenen Hand, den Beweis zu erbringen, dass er die geforderten Voraussetzungen erfüllt.
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e) Zu beachten ist aber auch, dass eine solche probeweise Patenterteilung nicht unbeschränkt lange aufrechterhalten werden kann. Insbesondere das Interesse des Patentinhabers an einer Klärung der Rechtslage verlangt nämlich, dass innert angemessener Frist Gewissheit darüber geschaffen wird, ob das Patent definitiv und ohne Widerrufsvorbehalt gewährt ist. Eine zeitlich bestimmte Probezeit braucht hiefür indes nicht angesetzt zu werden. Vielmehr genügt es, wenn nach einem den Umständen angemessenen Zeitraum beginnend ab der Aufnahme des Wirtschaftsbetriebes die Behörde prüfen kann, ob die bestehenden Zweifel beseitigt sind, mithin die Voraussetzungen der definitiven Patenterteilung erfüllt sind. Wie lange ein solches Provisorium von Verfassungs wegen dauern darf, braucht im vorliegenden Verfahren indes nicht näher geprüft zu werden, folgten doch die dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Übertretungen praktisch unmittelbar im Anschluss an die Aufnahme des Wirtschaftsbetriebes. Zu diesem Zeitpunkt jedenfalls war der Widerrufsvorbehalt zweifellos wirksam.
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f) Stellt aber die Bewilligung mit Widerrufsvorbehalt einen milderen Eingriff dar als die Patentverweigerung, deren Voraussetzungen im Gesetz enthalten sind, so bedarf sie keiner ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage. Dass auf der andern Seite das ausserrhodische Wirtschaftsgesetz eine solche Bewilligung ausdrücklich verbiete, wird vom Beschwerdeführer nicht behauptet und ist dem Gesetz im übrigen nicht zu entnehmen.
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b) Das entband ihn nicht von der Prüfung, ob das öffentliche Interesse und der Grundsatz der Verhältnismässigkeit den sofortigen Entzug des Patentes geboten (vgl. HANGARTNER, a.a.O., S. 162/3). Dabei kommt jedoch Art. 36 Abs. 2 Wirtschaftsgesetz nur zweitrangige Bedeutung zu. Die Bestimmung hat den Fall im Auge, wo dem Betroffenen das Patent ohne Vorbehalt erteilt worden ist. In einem solchen Fall rechtfertigt es sich in der Tat, besonders hohe Anforderungen an den sofortigen Patententzug zu stellen. Anders verhält es sich, wenn, wie vorliegend, von vornherein Zweifel an der Befähigung des Wirtes bestehen und das Patent berechtigterweise nur "auf Zusehen und Wohlverhalten hin" erteilt worden ist: diesfalls ist das Vertrauen des Betroffenen in den Rechtsbestand des Patentes weit geringer zu veranschlagen, denn er muss aufgrund des Vorbehalts damit rechnen, dass ihm das Patent im Falle berechtigter Klagen ohne weiteres entzogen wird.
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c) Zu prüfen bleibt demnach, ob im vorliegenden Fall die Vorkommnisse, die sich seit der Eröffnung des Wirtschaftsbetriebes ereignet hatten, in Verbindung mit den bereits bekannten Tatsachen ohne weiteres den Patentwiderruf zu rechtfertigen vermochten.
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Das ist zu bejahen. Allein die bereits mehrfach erwähnten Vorstrafen boten zwingenden Anlass zur Vermutung, dass der Beschwerdeführer die persönlichen Voraussetzungen im Sinne von Art. 23 lit. b Wirtschaftsgesetz nicht erfüllte. Die drei neuen Strafen sind ihrem gesamten Gewicht nach keine blossen Bagatellstrafen und betreffen, was von Bedeutung ist, ausnahmslos Übertretungen berufsspezifischer Vorschriften. Ausserdem ergingen sie innerhalb einer relativ kurzen Zeitspanne und praktisch unmittelbar im Anschluss an die Aufnahme des Gastwirtschaftsbetriebs. Der Beschwerdeführer war zudem kein Neuling in der Branche, hatte er doch bereits früher gewirtet. Es kann daher nicht gesagt werden, der Beschwerdeführer habe blosse Anfangsschwierigkeiten gehabt. Angesichts dieser Tatsachen durfte die kantonale Behörde mit guten Gründen annehmen, der Beschwerdeführer sei zum Wirten ungeeignet. Aufgrund des Widerrufsvorbehaltes war es aber auch nicht geboten, dem Beschwerdeführer eine Frist zur Behebung der Missstände anzusetzen. Der sofortige Widerruf des Patentes verletzt deshalb keine Verfassungsrechte, was zur Abweisung der Beschwerde führen muss.
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