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25. Urteil der II. Zivilabteilung vom 10. Juli 1984 i.S. A.X. gegen Stadtrat von Zug und Verwaltungsgericht des Kantons Zug (staatsrechtliche Beschwerde) | |
Regeste |
Entmündigung, psychiatrische Begutachtung, kantonales Rechtsmittelverfahren, persönliche Freiheit. |
2. Die Annahme, dass im Kanton Zug die Anordnung einer psychiatrischen Begutachtung im Entmündigungsverfahren nicht selbständig mit Beschwerde an den Regierungsrat angefochten werden kann, ist nicht willkürlich (E. 3). |
3. Es ist auch nicht willkürlich, wenn im Kanton Zug die Legitimation des Gemeinderats als Vormundschaftsbehörde zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde in Vormundschaftssachen bejaht wird (E. 4). |
4. Die Anordnung einer psychiatrischen Begutachtung im Entmündigungsverfahren gegen den Willen des Interdizenden verstösst nicht gegen die persönliche Freiheit, sofern ein hinreichender Anlass für die Eröffnung eines solchen Verfahrens bestand (E. 5). | |
Sachverhalt | |
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Mit Beschluss vom 13. Januar 1983 beauftragte der Stadtrat von Zug als Vormundschaftsbehörde den Kantonsarzt, über den Geisteszustand von A.X. ein Gutachten zu erstellen oder durch einen Facharzt erstellen zu lassen. Er wies A.X. unter Androhung von Ungehorsamsstrafe bzw. polizeilicher Vorführung an, sich für die ärztliche Untersuchung zur Verfügung zu halten. Eine Beschwerde gegen diesen Beschluss wurde vom Regierungsrat des Kantons Zug als vormundschaftlicher Aufsichtsbehörde mit Entscheid vom 28. Juni 1983 gutgeheissen, der angefochtene Beschluss aufgehoben und die Sache zur ergänzenden Abklärung und Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an den Stadtrat von Zug zurückgewiesen. Gegen den Entscheid des Regierungsrats erhob der Stadtrat von Zug Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Verwaltungsgericht ![]() | 2 |
Gegen diesen Entscheid hat A.X. beim Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde erhoben, mit der sie dessen Aufhebung verlangt. Der Stadtrat von Zug und das Verwaltungsgericht des Kantons Zug beantragen die Abweisung der Beschwerde.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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2. Die Beschwerdeführerin macht zunächst geltend, das Verwaltungsgericht habe mit seiner Auslegung der §§ 48 und 49 EG ZGB ZG bundesrechtliche Vorschriften über die Abgrenzung der sachlichen Zuständigkeit der Behörden verletzt, was mit staatsrechtlicher Beschwerde im Sinne von Art. 84 lit. d OG gerügt werden könne. Nach Art. 420 Abs. 2 ZGB könne nämlich nicht nur gegen verfahrensabschliessende Entscheide, sondern gegen sämtliche Beschlüsse der Vormundschaftsbehörde bei der Aufsichtsbehörde Beschwerde geführt werden. Diese Bestimmung ![]() | 5 |
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Willkür kann dem Verwaltungsgericht indessen nicht zur Last gelegt werden, wenn es die Beschwerde gegen den Beschluss des Stadtrats ausschloss. Wenn der Regierungsrat gemäss § 49 Abs. 1 EG ZGB ZG von Amtes wegen, d.h. unabhängig von einer entsprechenden Beschwerde des Betroffenen, einen Entmündigungsentscheid überprüfen kann, so folgt daraus keineswegs zwingend, dass er auch befugt sei, auf Beschwerde hin in das vor der Vormundschaftsbehörde hängige Verfahren einzugreifen. Inwiefern das Verwaltungsgericht gegen eine diesbezüglich eindeutige und klare kantonale Zuständigkeitsregel verstossen haben soll, wird von der Beschwerdeführerin nicht näher dargetan und ist auch nicht ersichtlich. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass prozessleitende Anordnungen im allgemeinen nicht gesondert mit Verwaltungsbeschwerde angefochten werden können, lässt sich mit sachlichen Gründen vertreten und ist daher nicht willkürlich.
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Auch hinsichtlich der eigenen Zuständigkeit ist das Verwaltungsgericht nicht in Willkür verfallen. Die Beschwerdeführerin übersieht auch hier, dass die Bestimmungen über die Beschwerde an die vormundschaftliche Aufsichtsbehörde im Entmündigungsverfahren nicht anwendbar sind. Es ist daher ohne Belang, ob es im Kanton Zug eine obere Aufsichtsbehörde im Sinne von Art. 361 Abs. 2 ZGB gibt oder nicht.
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5. Die Beschwerdeführerin macht schliesslich geltend, die angeordnete Begutachtung verstosse gegen das Recht der persönlichen Freiheit und sei zudem unverhältnismässig. Wie das Bundesgericht bereits in seinem nicht veröffentlichten Entscheid vom 13. Juli 1983 in Sachen der Beschwerdeführerin gegen C.X. dargelegt hat, greift die Verpflichtung, sich für eine psychiatrische Begutachtung zur Verfügung zu halten, zwar in die persönliche Freiheit ein, doch ist der Eingriff nicht als schwer zu betrachten, weshalb die Anwendung des kantonalen Rechts in diesem Zusammenhang nur auf Willkür überprüft werden kann (BGE 107 Ia 140 E. 4a, mit Hinweisen). Nach Art. 374 Abs. 2 ZGB darf eine Entmündigung wegen Geisteskrankheit oder Geistesschwäche nur nach Einholung des Gutachtens von Sachverständigen erfolgen. Es versteht sich von selbst, dass die Begutachtung auch gegen den ![]() | 10 |
Ist die Begutachtung bei der Entmündigung nach Art. 369 ZGB gesetzlich vorgeschrieben, so kann diese Massnahme auch nicht als unverhältnismässig bezeichnet werden. Was schliesslich die angebliche Gefährlichkeit der Begutachtung anbetrifft, durfte das Verwaltungsgericht ohne weiteres davon ausgehen, vom Kantonsarzt könne ein nach den Regeln der ärztlichen Kunst gebotenes, schonendes Vorgehen erwartet werden. Der allgemeine Hinweis der Beschwerdeführerin auf die Gefahren von erzwungenen medizinischen Massnahmen bei einer im neunten Lebensjahrzehnt stehenden Frau genügt nicht, um diese Annahme als willkürlich erscheinen zu lassen.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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