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36. Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 17. September 1986 i.S. Rudolf Bautz gegen Kantonsrat Zürich (staatsrechtliche Beschwerde) | |
Regeste |
Art. 85 lit. a OG; Finanzreferendum; Börsenneubau mit Wohn-, Büro- und Ladentrakt. |
Mit der Stimmrechtsbeschwerde kann geltend gemacht werden, eine Vorlage enthalte zu Unrecht nicht alle Ausgaben für ein Projekt, selbst wenn der beantragte Kredit für sich allein bereits dem Referendum untersteht (E. 1b). |
Auch die Stimmrechtsbeschwerde ist grundsätzlich kassatorischer Natur (E. 1c). |
2. Kognition des Bundesgerichts bei Stimmrechtsbeschwerden (E. 2). |
3. Zweck und Gegenstand des Finanzreferendums; Begriff der "Ausgabe" und der "Anlage" (E. 2a). |
Die Finanzierung des Wohn-, Büro- und Ladentrakts des Börsenneubaus durch die Beamtenversicherungskasse des Kantons Zürich stellt eine Anlage im Sinne der Rechtsprechung dar (E. 2a). |
4. Es liegt im pflichtgemässen Ermessen des Kantons, wie er die für seine Verwaltung erforderlichen Räume beschafft (E. 2b/aa). |
Begriff der "Einheit der Materie" im Rahmen des Finanzreferendums (E. 2b/bb). |
Der Kanton Zürich war nicht verpflichtet, den Stimmberechtigten zusammen mit dem Kreditbeschluss für die Mitfinanzierung des Börsentrakts die künftigen Mietkosten für Büroräumlichkeiten im anderen Teil des Börsengebäudes zur Genehmigung vorzulegen (E. 2b/bb). |
5. Ausgaben zur Deckung des vom Staat benötigten Raumbedarfs sind "neu" im Sinne der Rechtsprechung. Der Abschluss von Mietverträgen ist grundsätzlich referendumspflichtig, wenn die betragsmässigen Grenzen erreicht werden. Bedeutung einer abweichenden kantonalen Praxis (E. 2c). | |
Sachverhalt | |
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Für diesen Standort wurde in der Folge ein neues Börsengebäude mit Geschäfts-, Büro- und Wohntrakt projektiert, dessen Erstellungskosten mit Fr. 112'843'000.-- veranschlagt sind. Von diesem Betrag entfallen auf den Börsentrakt Fr. 41'638'000.--, der Rest auf die übrigen Gebäudeteile. Diese werden durch die kantonale Beamtenversicherungskasse finanziert, wogegen die Kosten für die Börsenlokalität vom Kanton Zürich (Fr. 24'316'000.--) und dem Effektenbörsenverein Zürich (Fr. 17'322'000.--) getragen werden. Am 4. März 1985 beschloss der Kantonsrat Zürich zu diesem Zweck einen Objektkredit in entsprechender Höhe und unterstellte den Beschluss der Volksabstimmung. Dieser wurde im Amtsblatt des Kantons Zürich vom 19. April 1985 veröffentlicht.
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Der Kanton Zürich beabsichtigt, Teile des von der Beamtenversicherungskasse finanzierten Gebäudetraktes für Verwaltungs- und Justizzwecke zu mieten.
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Rudolf Bautz führt mit Eingabe vom 13. März 1985 staatsrechtliche Beschwerde und stellt den Antrag, der Beschluss des Kantonsrats sei insofern aufzuheben resp. abzuändern, als er nur die Fr. 24'316'000.-- Kostenanteil, die auf den Neubau der Börse entfallen, der Volksabstimmung unterstelle; dem Volk sei der gesamte, auf den Kanton entfallende Kostenanteil von Fr. 95'521'000.-- zur Bewilligung vorzulegen. Er rügt eine Verletzung des Stimmrechts (Art. 85 lit. a OG), des Prinzips der Gewaltenteilung und des Willkürverbots (Art. 4 BV).
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Am 9. Juni 1985 nahmen die Stimmbürger des Kantons Zürich die Kreditvorlage an.
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Erwägungen: | |
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a) Bei der vorliegenden staatsrechtlichen Beschwerde handelt es sich einmal um eine solche betreffend das politische Stimmrecht der Bürger im Sinne von Art. 85 lit. a OG. Der Beschwerdeführer ist als stimmberechtigter Einwohner des Kantons Zürich zu einer solchen Beschwerde legitimiert (BGE 111 Ia 116 E. 1a mit Hinweisen).
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b) Die Stimmrechtsbeschwerde auf dem Gebiete des Finanzreferendums ist im allgemeinen darauf gerichtet, einen bestimmten Ausgabenbeschluss dem obligatorischen oder fakultativen Referendum zu unterstellen (vgl. BGE 99 Ia 201 E. 2 mit Hinweisen). Daraus schliesst der Regierungsrat des Kantons Zürich, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, da der Objektkredit in jedem Fall dem obligatorischen Referendum unterstehe, unabhängig davon, ob er sich nur auf die kantonalen Kosten für den Börsentrakt oder für das Gesamtgebäude beziehe. Sei im Rahmen des obligatorischen Referendums aber ausschliesslich die Kreditsumme streitig, könne auf eine Stimmrechtsbeschwerde nur eingetreten werden, wenn durch die reduzierte Vorlage eine Irreführung der Stimmberechtigten beabsichtigt sei, was nicht zutreffe, denn die Gesamtaufwendungen von rund Fr. 112'843'000.-- seien in der Abstimmungszeitung mit aller Offenheit dargelegt worden.
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Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Der Standpunkt des Beschwerdeführers geht dahin, dass nicht ein Kredit von Fr. 24'316'000.--, sondern ein solcher von Fr. 95'521'000.-- hätte eingeholt werden müssen. Hierin liegt ein wesentlicher Unterschied, der sich auch im Abstimmungsergebnis auswirken kann (Urteil des Bundesgerichts vom 2. Oktober 1985 i.S. W. und Mitbeteiligte c. Kanton Bern, E. 1b, veröffentlicht im ZBl 1986/87, S. 118). Mit der Stimmrechtsbeschwerde kann daher geltend gemacht werden, eine Kreditvorlage sei unvollständig, auch wenn die Ausgabe in jedem Fall dem Referendum untersteht. Beispielsweise steht die Rüge offen, eine Gesamtvorlage sei quantitativ unrichtig in gebundene und neue Ausgaben aufgeschlüsselt worden (vgl. ![]() | 10 |
c) Die staatsrechtliche Beschwerde ist grundsätzlich kassatorischer Natur, d.h. es kann mit ihr nur die Aufhebung des angefochtenen Entscheides, nicht aber der Erlass positiver Anordnungen durch das Bundesgericht verlangt werden. Eine Ausnahme ist nur dann gerechtfertigt, wenn der verfassungsmässige Zustand nicht bereits mit der Aufhebung des angefochtenen Entscheides herzustellen ist (BGE 111 Ia 123 E. 1b, 47 E. 1c; je mit Hinweisen). Dies gilt auch für die Stimmrechtsbeschwerde (BGE 107 Ia 219 E. 1b mit Hinweis).
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Wird die Beschwerde gutgeheissen und damit der angefochtene Kreditbeschluss des Kantonsrates aufgehoben, so ist die vom Regierungsrat und Kantonsrat des Kantons Zürich vorgesehene Finanzierung des Bauvorhabens unter Berücksichtigung der bundesgerichtlichen Erwägungen neu zu ordnen. Positiver Anordnungen bedarf es zur Wiederherstellung des verfassungsmässigen Zustandes nicht. Soweit die Beschwerde demnach mehr verlangt als die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, ist auf sie nicht einzutreten.
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d) Der Beschwerdeführer erblickt eine Willkür darin, dass vorgesehen ist, Teile des zu erstellenden Gebäudes zu Verwaltungs- und Justizzwecken zu mieten anstatt zu Lasten des Verwaltungsvermögens zu erstellen. Sinngemäss rügt er zudem eine willkürliche Anwendung verschiedener Vorschriften des Gesetzes über den Finanzhaushalt des Kantons (Finanzhaushaltgesetz) vom 2. September 1979.
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Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, das gerügte Vorgehen verletze seine Rechte als Stimmbürger, ist er durch die Stimmrechtsbeschwerde nach Art. 85 lit. a OG hinreichend geschützt. Der Willkürbeschwerde kommt daneben keine selbständige Bedeutung zu. Soweit Rechtsverletzungen ausserhalb des Stimmrechts gerügt werden, ist der Beschwerdeführer nicht zu hören, da offensichtlich andere, ihm persönlich zustehende, rechtlich geschützte Interessen nicht betroffen sind. Namentlich dienen die Normen des Finanzhaushaltgesetzes keinen solchen Individualinteressen. Auf die Willkürbeschwerde ist daher nicht einzutreten (vgl. BGE 110 Ia 75 E. 2a mit Hinweisen; WALTER KÄLIN, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, Bern 1984, S. 235).
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a) Der Beschwerdeführer rügt zunächst, der Beitrag der Beamtenversicherungskasse von Fr. 71'205'000.-- an die Baukosten sei unzulässigerweise als Anlage qualifiziert und damit der Volksabstimmung entzogen worden. Auch dieser Betrag stelle vielmehr eine Ausgabe dar und müsse deshalb zusammen mit dem Anteil des Kantons von Fr. 24'316'000.-- als Gesamtkredit von Fr. 95'521'000.-- dem obligatorischen Referendum unterstellt werden.
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Der verfassungspolitische Zweck des Finanzreferendums besteht darin, dem Bürger bei Beschlüssen über erhebliche Ausgaben, die ihn als Steuerzahler mittelbar treffen, ein Mitspracherecht zu sichern (BGE 97 I 824 E. 4). Gegenstand des Referendums sind mithin Aufwendungen des Gemeinwesens, die geeignet sind, die steuerliche Belastung zu beeinflussen. Ausgehend von diesem Gedanken und von der klassischen Einteilung staatlicher Vermögenswerte in Finanzvermögen (Sachen, die dem Gemeinwesen durch ihren Kapital- oder Ertragswert dienen) und Verwaltungsvermögen (Sachen, die dem Gemeinwesen durch ihren Gebrauchswert dienen), haben Lehre und Rechtsprechung das Begriffspaar der "Anlage" und der "Ausgabe" entwickelt. Eine Anlage ist dabei gegeben, wenn einer staatlichen Aufwendung ein frei realisierbarer ![]() | 18 |
Die Absicht der Beamtenversicherungskasse, den Wohn-, Büro- und Ladentrakt des neuen Börsengebäudes mit einem Aufwand von Fr. 71'205'000.-- zu erstellen und weiter zu vermieten, stellt klarerweise eine Anlage im Sinne der Rechtsprechung dar. Die Versicherungskasse legt das ihr von den Versicherten und den Arbeitgebern anvertraute Vermögen in einer Liegenschaft an, um eine angemessene Rendite zu erzielen und die künftigen Rentenansprüche zu sichern. Sie ist zur Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrages nicht auf die unmittelbare Nutzung der von ihr finanzierten Gebäudeteile angewiesen. Die Investition stellt für sie eine reine Kapitalanlage dar. Dabei ist für den vorliegenden Entscheid unerheblich, wie die Raumgestaltung aussieht und wie die Eigentumsverhältnisse geordnet sind. Selbst wenn dadurch die optimale wirtschaftliche Nutzung beeinträchtigt bzw. eine freie Verkäuflichkeit nicht gewährleistet wäre, würde dies an der freien Realisierbarkeit im vorgenannten Sinn nichts ändern.
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b) Es ist unbestritten, dass der Kanton Zürich beabsichtigt, Teile des neu zu erstellenden Gebäudes für Verwaltungs- und Justizzwecke zu mieten. Dazu ist ein Mietverhältnis mit der Beamtenversicherungskasse vorgesehen. Da die Investition der Versicherungskasse als reine Kapitalanlage nicht dem Finanzreferendum unterliegt (E. 2a), ist einzig zu prüfen, ob der Kanton Zürich berechtigt ist, den Raumbedarf für die Erfüllung seiner öffentlichen Aufgaben mietweise zu decken, und ob der Grundsatz der finanzrechtlichen Sacheinheit dadurch verletzt wurde, dass die künftigen Mietaufwendungen für die Büros im Börsengebäude im Rahmen des Kreditbeschlusses unberücksichtigt blieben.
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aa) Mit dem Entscheid, eine staatliche Verwaltung aufzubauen oder zu verlegen, ist noch nicht gesagt, auf welche Weise die für die Erfüllung der Aufgaben notwendigen Räumlichkeiten zu beschaffen seien. In der Regel stellt das Gemeinwesen die erforderlichen Räume durch den Bau eigener Gebäude bereit. Möglich ist aber auch, die benötigten Räumlichkeiten durch Einmietung in Gebäude Dritter zu besorgen.
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Welche dieser beiden Alternativen der Kanton wählt, liegt grundsätzlich in seinem pflichtgemässen Ermessen. Das Bundesrecht verpflichtet ihn nicht, den für die Verwaltung benötigten Raumbedarf primär durch eigene Gebäude sicherzustellen und zum Mittel des Mietvertrages nur zu greifen, wenn die rechtlichen oder tatsächlichen Möglichkeiten eines Eigenbaus nicht bestehen.
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Ebensowenig lässt sich eine solche zwingende Stufenordnung dem vom Beschwerdeführer angerufenen kantonalen Recht entnehmen. Insbesondere begründet die Tatsache, dass das fragliche Gebiet nach Massgabe des kantonalen Gesamtplanes für öffentliche Bauten vorgesehen ist, keine Verpflichtung des Staates, die zonenkonformen Anlagen auch selbst zu erstellen. Der Gesamtplan des zürcherischen Rechts ist ein Richtplan (§§ 28 f. des Gesetzes ![]() | 24 |
bb) Zu prüfen ist weiter, ob der Kanton das Stimmrecht dadurch verletzt hat, dass er die Aufwendungen für die baulichen Investitionen und für künftige Miete der Büros nicht in einer einheitlichen Vorlage den Stimmbürgern unterbreitete:
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Aus der Tatsache allein, dass ein und dasselbe Bauvorhaben verschiedene Investitionen bedingt, ergibt sich noch nicht zwingend, alle diese Aufwendungen seien auch referendumspflichtig. So ist es beispielsweise durchaus zulässig, sowohl neue wie gebundene Ausgaben in ein und dasselbe Vorhaben zu investieren, wobei aber lediglich die neuen für ein allfälliges Finanzreferendum von Bedeutung sind (BGE 111 Ia 39 E. 5; Urteil des Bundesgerichts vom 7. Januar 1986 i.S. Th. c. Kanton Bern, veröffentlicht in BVR 1986, S. 49 ff.).
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Das Bundesrecht enthält den Grundsatz der Einheit der Materie. Für das Finanzreferendum folgt daraus, dass sich die dem Bürger gestellte Frage nicht auf mehrere Gegenstände beziehen darf, es sei denn, dass mehrere Ausgaben sich gegenseitig bedingen oder aber einem gemeinsamen Zweck dienen, der zwischen ihnen eine enge sachliche Verbindung schafft. Auf der andern Seite darf ein Gegenstand, der ein Ganzes bildet, nicht künstlich in Teilstücke aufgeteilt werden, welche je einzeln dem Referendum nicht unterstehen mit dem Ziel, den Gegenstand dem Referendum zu entziehen (BGE 105 Ia 89 E. 7c; BGE 104 Ia 427 E. 5a; je mit Hinweisen). Sind die einen Ausgaben ohne die anderen nicht denkbar, so muss sich das bei der Kreditgenehmigung einzuschlagende Verfahren nach den Gesamtaufwendungen richten (BGE 110 Ia 188 E. 4; ZBl 65/1964, S. 492 ff.). Dieser Grundsatz erfordert, dass beispielsweise bei der Errichtung eines Verwaltungsgebäudes Land- und Gebäudekosten zusammenzuzählen (BGE 111 Ia 201 ff.) oder bei zwangsläufig voneinander abhängigen, einmaligen und wiederkehrenden ![]() | 27 |
Bezogen auf den konkreten Fall führen diese Grundsätze zu folgenden Schlüssen:
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Der Börsen- und der Bürotrakt des projektierten Neubaus stellen wohl eine bauliche, nicht aber eine funktionelle Einheit dar. Die bauliche Einheit allein führt aber nicht dazu, dass alle dafür notwendigen Aufwendungen zusammen dem Referendum unterstellt werden müssen.
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Funktionell sind der Börsen- und der Bürotrakt vollständig unabhängig, dienen insbesondere ganz verschiedenen Zwecken. Die Errichtung der Börse ist nicht davon abhängig, dass die in den oberen Stockwerken vorgesehenen Büroräumlichkeiten der kantonalen Verwaltung und Justiz zur Verfügung gestellt werden. Der Kanton Zürich ist auch nicht verpflichtet, gleichzeitig mit der Errichtung einer neuen Börse zusätzliche Büroräumlichkeiten für eine börsenunabhängige Verwaltung zu bauen. Es ist deshalb zulässig, die Baufinanzierung und die Mietzinsaufwendungen getrennt zu beschliessen.
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Bereits die Investition für den Börsentrakt allein unterliegt dem obligatorischen Finanzreferendum. Dieses wird daher durch die Aufspaltung der Vorlage nicht umgangen; die Zuständigkeit wird nicht verschoben.
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Die mietweise Übernahme der zu erstellenden Büroräumlichkeiten durch den Kanton Zürich ist zwar beabsichtigt, steht im Detail aber noch nicht fest. Auch der Beschwerdeführer macht nicht geltend, die Vertragsbedingungen, insbesondere der Mietpreis, seien bereits ausgehandelt. Er selbst weist darauf hin, dass dessen Bemessung von den Baukosten abhängen wird.
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Offenbleiben kann die Frage, ob eine andere Betrachtungsweise angebracht wäre, wenn durch die an sich zulässige Aufteilung der Vorlage die Stimmbürger über das Gesamtprojekt irregeführt werden sollten. Davon kann jedenfalls im vorliegenden Fall keine Rede sein, weist die Abstimmungszeitung vom 6. März 1985 doch ausdrücklich auf den Gesamtaufwand, die Finanzierungsabsichten und die vorgesehene Miete der Büroräumlichkeiten der Beamtenversicherungskasse durch den Kanton Zürich hin. Dem Stimmbürger war damit ohne weiteres erkennbar, dass die zu erwartenden Gesamtinvestitionen sich nicht in der Beteiligung des Kantons an den Baukosten erschöpfen würden.
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c) Der Beschwerdeführer macht jedoch weiter geltend, die Referendumsbestimmungen würden vorliegend auch deshalb umgangen, weil nach feststehender zürcherischer Praxis, welche er selbst in Frage stellt, der Abschluss von Mietverträgen nicht referendumspflichtig sei. Der Bürger könne somit nie zur Art und Weise Stellung nehmen, wie der Kanton die Raumbedürfnisse für seine Verwaltung decke. Wie der Regierungsrat stützt sich auch der Beschwerdeführer dabei auf eine Abhandlung von Z. GIACOMETTI (Die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden zum Abschluss von langfristigen Mietverträgen für Verwaltungszwecke, ZBl 59/1958, S. 97 ff.).
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In der Tat hat Giacometti in der zitierten Abhandlung die Ansicht vertreten, Ausgaben, die für das Unterbringen des staatlichen Personals notwendig seien, müssten als gebunden betrachtet werden. Lehre und Praxis haben ihm allerdings die Zustimmung versagt (BGE 95 I 538 E. 4 mit Hinweisen auf die Literatur). Für das Bundesgericht besteht keine Veranlassung, von der in BGE 95 I 531 ff. vertretenen Auffassung abzuweichen. Neue und gebundene Ausgaben unterscheiden sich nach der Bestimmtheit ihrer demokratischen Grundlagen. Dabei kann auch dann, wenn die Frage, "ob" eine mit Ausgaben verbundene Aufgabe zu erfüllen sei, weitgehend durch den Grunderlass präjudiziert ist, das "wie" wichtig genug sein, um die Mitsprache des Volkes zu rechtfertigen. Immer dann, wenn der entscheidenden Behörde in bezug auf den Umfang der Ausgabe, den Zeitpunkt ihrer Vornahme oder andere Modalitäten eine verhältnismässig grosse Handlungsfreiheit ![]() | 36 |
Der Regierungsrat des Kantons Zürich stellt in seiner Vernehmlassung fest, nach ausdrücklicher Auffassung des Kantonsrates und des Regierungsrates falle der Abschluss von Mietverträgen für gesetzlich festgelegte Verwaltungszwecke, auch wenn sie langfristig von finanziell erheblicher Bedeutung seien, in die Zuständigkeit des Regierungsrates als vollziehende Behörde im Sinne der Art. 37 und 40 der Kantonsverfassung. Eine solche, von der dargelegten Auffassung der neuen und gebundenen Ausgaben abweichende Auslegung wäre beachtlich (BGE 95 I 539 E. 4 mit Hinweisen), indessen ist allein mit dieser Aussage nicht überzeugend nachgewiesen, dass die zürcherische Verfassungspraxis Mietaufwendungen generell als gebundene Ausgaben behandelt.
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In bezug auf die vorgesehene mietweise Befriedigung der Raumbedürfnisse für Verwaltung und Justiz im Börsenneubau ist schon heute festzustellen, dass die Aufwendungen für die Lokalmiete ebenfalls dem Finanzreferendum unterstehen werden, sofern die verfassungsmässigen Grenzen erreicht werden und sofern der Kanton nicht eine eigene, von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung abweichende und erhebliche Praxis für die Behandlung dieser Ausgaben als gebundene nachweist.
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d) Der Beschwerdeführer rügt auch eine Verletzung des Prinzips der Gewaltenteilung, weil ein wesentlicher Teil der Anlagekosten des neuen Gebäudes zu Unrecht nicht dem obligatorischen Referendum unterstellt, sondern durch den Regierungsrat zu Lasten der Beamtenversicherungskasse beschlossen worden sei. Wie die Erwägung 2a zeigt, deckt sich dieser Einwand mit der in der Stimmrechtsbeschwerde erhobenen Rüge, die Kreditsumme sei zu niedrig angesetzt worden. Es kommt ihm im vorliegenden Beschwerdeverfahren somit keine selbständige Bedeutung zu.
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