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55. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 9. Dezember 1986 i.S. H. gegen R. (staatsrechtliche Beschwerde) | |
Regeste |
Art. 36 des Konkordats über die Schiedsgerichtsbarkeit (SR 279). |
Der Nichtigkeitsgrund der offenbaren Verletzung des Rechts gemäss Art. 36 lit. f KSG betrifft nur das materielle, nicht aber Verfahrensrecht (E. 2). | |
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1. Bei staatsrechtlichen Beschwerden gemäss Art. 84 Abs. 1 lit. b OG überprüft das Bundesgericht die Auslegung und Anwendung von Konkordatsrecht grundsätzlich frei (BGE 112 Ia 169 ![]() | 1 |
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Im angefochtenen Entscheid erwägt das Appellationsgericht, das Schiedsverfahren werde in erster Linie durch Parteivereinbarung und subsidiär durch Beschluss der Richter bestimmt. Gemäss Art. 36 KSG sei die Nichtigkeitsbeschwerde nur bei bestimmten - in Art. 36 und 25 KSG aufgezählten - Verfahrensmängeln zulässig. Die Verletzung der Eventualmaxime sei dort nicht erwähnt und falle auch nicht unter Art. 36 lit. f KSG, der nur das ![]() | 3 |
b) Art. 36 lit. f nennt als Beschwerdegrund eine "offenbare Verletzung des Rechts" (französischer Text: parce qu'elle constitue une violation évidente du droit; italienischer Text: una manifesta violazione del diritto). In der Literatur vertritt JOLIDON (Kommentar, N. 91 zu Art. 36, S. 515) die Auffassung, auch eine offensichtliche Verletzung von Prozessrecht könne zur Aufhebung des Schiedsspruchs wegen Willkür im Sinne der genannten Bestimmung führen. Das Appellationsgericht beruft sich demgegenüber auf DUTOIT/KNÖPFLER/LALIVE/MERCIER (Répertoire de droit international privé suisse, Bd. 1 S. 351 N. 492). Die genannten Autoren sind in der Tat der Auffassung, Art. 36 lit. f KSG habe in erster Linie Verletzungen des materiellen Rechts im Auge, ohne indessen das Prozessrecht ausdrücklich davon auszunehmen. Dasselbe gilt für RÜEDE/HADENFELD, Schweizerisches Schiedsgerichtsrecht, S. 346 lit. c und d. In beiden zitierten Werken wird zudem keine Begründung für eine Auslegung im Sinne des angefochtenen Urteils gegeben.
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Im Konkordat werden verschiedene Verfahrensmängel ausdrücklich genannt, die mit Nichtigkeitsbeschwerde bei einem ordentlichen Gericht gerügt werden können (vgl. Art. 36 bzw. 25). Die Systematik spricht somit dafür, dass gestützt auf Art. 36 lit. f KSG von den kantonalen Instanzen nur offenbare Verletzungen des materiellen Rechts zu beheben sind. Ziel eines Schiedsverfahrens ist die rasche Erledigung eines Rechtsstreits, was unter anderem durch Beschränkung der Rechtsmittel und Rechtsbehelfe zu erreichen versucht wird (BGE 110 Ia 130 E. 5d). Parteien, die eine Schiedsklausel vereinbaren, engen somit bewusst ihre Anfechtungsmöglichkeiten ein. Ein lückenloses Rechtsmittelsystem ist weder vorgesehen noch anzustreben, da es dem Zweck einer Schiedsvereinbarung zuwiderlaufen würde. Das Konkordat enthält eine ausführliche und detaillierte Regelung der Nichtigkeitsgründe. Es ist allgemein anerkannt, dass Art. 36 KSG eher einschränkend auszulegen ist (BGE 110 Ia 124 E. 1, BGE 100 Ia 423 E. 5a; RÜEDE/HADENFELD, a.a.O., S. 342 lit. b). Die Auffassung des Appellationsgerichts, wonach mit Nichtigkeitsbeschwerde gemäss Art. 36 lit. f KSG die willkürliche Anwendung von Verfahrensrecht, hier der Eventualmaxime, nicht geltend gemacht werden kann, ist demnach richtig und die Beschwerde in diesem Punkt abzuweisen.
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