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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
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15. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 31. Mai 1989 i.S. H. und Mitbeteiligte gegen Gemeinde Pontresina und Regierung des Kantons Graubünden (staatsrechtliche Beschwerde) | |
Regeste |
Art. 4 BV; Rechtsschutz des Grundeigentümers bei der Revision von Nutzungsplänen. | |
Sachverhalt | |
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Diese genehmigte am 5. Dezember 1988 den Strassenplan und wies die dagegen gerichteten Beschwerden ab. Dies wurde im wesentlichen damit begründet, dass das von der Gemeinde verabschiedete Konzept zur verkehrsmässigen Erschliessung des fraglichen Gebiets durch die jüngste Ortsplanungsrevision gar keine Änderung erfahren habe. Die Beschwerdeführer hätten somit keinen Anspruch auf eine volle Überprüfung des Strassenplanes.
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Gegen diesen Entscheid haben einerseits H. bzw. die Erbengemeinschaft W. und andererseits die Geschwister G. staatsrechtliche Beschwerde eingereicht. Das Bundesgericht weist die Beschwerden ab.
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b) aa) Ist wie hier ohnehin ein Verfahren auf Totalrevision eines Nutzungsplanes im Gange, so darf der Grundeigentümer jedenfalls im Rahmen der Berufung auf Art. 4 BV verlangen, dass die seine Parzelle betreffenden Anordnungen im Hinblick auf die gegenwärtigen Verhältnisse auf ihre materielle Verfassungsmässigkeit überprüft werden. Dieses Recht besitzt er auch, wenn er schon bisher derselben Ordnung unterworfen war, die jetzt (formell) einfach bestätigt, also beibehalten werden soll, und - entgegen der Auffassung der Regierung - sogar dann, wenn er seine Einwände schon im seinerzeitigen Planfestsetzungsverfahren hätte erheben können oder erhoben hat (BGE 99 Ia 714 f. E. 4; ZBl 81/1980, S. 548 mit Verweisungen auf die bereits erwähnte gleichlautende Rechtsprechung zu den Prozessvoraussetzungen ![]() | 5 |
bb) Diese Prüfung der Verfassungsmässigkeit setzt nicht voraus, dass die Verhältnisse sich erheblich geändert haben. Trifft dies jedoch zu, so muss zwar der Nutzungsplan angepasst werden (Art. 21 Abs. 2 RPG; BGE 112 Ia 273 E. 3c), so lange keine Überwiegenden Rechtssicherheitsinteressen entgegenstehen (BGE BGE 114 Ia 33 f.; EJPD/BRP, Erläuterungen zum Bundesgesetz über die Raumplanung, Bern 1981, S. 268 f.), Wenn aber die Gemeinde ihre Ortsplanung ohnehin revidiert, gilt diese Voraussetzung nicht als besondere, zusätzliche, spezifische Schranke. Vielmehr ist "ohne Rücksicht auf den früheren (Zonen-)Plan" (BGE 99 Ia 715) wie bei einer erstmaligen oder Neuplanung zu entscheiden. Dies heisst durchaus, dass die dort gebotene Abstimmung und Abwägung (Art. 1 Abs. 1 Satz 2 und Art. 2 Abs. 1 RPG; BGE 113 Ib 230 f. E. 2c) wirklich umfassend vorgenommen wird, Damit ist eingeschlossen, dass die gegenwärtigen Verhältnisse, samt der Änderungen seit dem letzten Planbeschluss, berücksichtigt werden (BGE 99 Ia 714 f.). Dies ist erneut Ausdruck des vom Bundesgericht mehrfach in verfahrensrechtlicher und inhaltlicher Richtung unterstrichenen Prinzips, dass die Sicherung eines wirksamen verfassungsrechtlichen Grundrechtsschutzes eine umfassende Prüfung voraussetzt (BGE 104 Ia 184 f. E. c/bb; BGE 107 Ia 91 f.). Anders entscheiden hiesse den Unterschied zwischen einer Gesamtrevision und einer erstmaligen Planung überschätzen: Auch ein "erstmaliger" Planerlass ergeht nicht im planerischen Niemandsland; schon vorher gilt von Bundesrechts wegen eine minimale Nutzungsordnung (Art. 36 Abs. 2 und 3 und Art. 24 RPG). Ferner ist zu bedenken, dass, wenn es sich wie hier um einen Strassenplan handelt, die Erschliessung Folge der Zonenplanung ist (Art. 15 lit. b und Art. 19 RPG). Werden Zonenplanänderungen vorgesehen, bewirken diese potentiell immer, dass auch der zugehörige Erschliessungsplan in Frage gestellt wird. Solche Impulse können von Zonenplanänderungen in ganz anderen Gemeindeteilen ausgehen, weil sich die Gemeinde an ein konsequentes und rechtsgleich anzuwendendes Konzept halten muss. Die Streichung von Erschliessungsstrassen an einem Ort kann aus Konsequenzgründen die gleiche Massnahme in einer anderen Gegend, wo an sich zonenplanerisch keine Änderung vorgesehen ist, nach sich ziehen. Schliesslich kann der Entscheid, gegenüber dem bisherigen Plan nichts zu ändern, auch eine zusätzliche Belastung bedeuten, ![]() | 6 |
cc) Die Regierung wendet ein, sie - und damit im Ergebnis auch die Gemeinde - zu einer derart umfassenden Prüfung zu verpflichten, laufe dem Gebot der Übersichtlichkeit und der Lesbarkeit der Pläne und dem Grundsatz der Rechtssicherheit diametral zuwider. Gemeinden, in denen sich Teilrevisionen aufdrängten, würden sich davor hüten, gerade eine neue Plangrundlage für die gesamte Gemeinde zu schaffen.
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Dem ist entgegenzuhalten, dass Teilrevisionen nicht beliebig weit oder eng angeordnet werden dürfen. Das Gebot der umfassenden Abstimmung und Abwägung verlangt, dass sie so weit gezogen werden, dass sie alle wesentlichen Gesichtspunkte umfassen. Sodann schliesst eine inhaltliche Überprüfung nicht aus, dass solche erneute, wiederholende Entscheidungsverfahren und Entscheide kurz gehalten werden. Man darf in verfahrensökonomischer Weise frühere materielle Überlegungen übernehmen und darauf verweisen. Im übrigen gerät, wie das Bundesgericht schon früher erklärt hat, keineswegs das gesamte Plangefüge aus den Fugen, wenn die Auswirkungen eines Nutzungsplanes auf einzelne Grundstücke als verfassungswidrig anerkannt werden (BGE 107 Ia 92). Weiter sind die Übersichtlichkeit und die Lesbarkeit der Pläne nicht so wichtig, dass deswegen der Grundrechtsschutz einfach verweigert werden darf.
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