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58. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 19. Dezember 1989 i.S. K. AG gegen Baudepartement des Kantons Basel-Stadt, Appellationsgericht als Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Stadt und X. (staatsrechtliche Beschwerde) | |
Regeste |
Art. 22ter BV; gesetzliche Grundlage des baselstädtischen Wohnanteilplans. |
2. Ein Wohnanteilplan muss nicht als Nutzungsplan im Sinne von Art. 21 RPG festgesetzt werden. Es genügt vielmehr, wenn der Regierungsrat einen Wohnanteilplan mit Richtzahlen erlässt und die Festsetzung des einzuhaltenden Mindestwohnanteils im Einzelfall dem pflichtgemässen Ermessen der Baubewilligungsbehörde überlässt (E. 4). | |
Sachverhalt | |
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Am 18. Februar 1987 reichte die K. AG ein Baugesuch für die Zweckänderung des vierten Obergeschosses und des Dachgeschosses ein. Anstelle der vier Wohnungen sollten auch in diesen beiden Geschossen Büros eingerichtet werden. Begründet wurde das Begehren mit dem Platzbedarf des Unternehmens und der schlechten Lage der Wohnungen. Mit Entscheid vom 26. Juni 1987 wies das Bauinspektorat dieses Begehren ab. Es stützte sich dabei auf § 15 des Gesetzes zur Förderung des Wohnungsbaus vom 15. Januar 1970 (WBFG) sowie die gestützt auf § 15 Abs. 5 WBFG erlassene regierungsrätliche Verordnung betreffend den Wohnflächenanteil vom 29. Januar 1985 (WAV) und den in § 3 Abs. 1 WAV für verbindlich erklärten Wohnanteilplan Nr. 11 163 vom April 1983. Gegen diesen Entscheid ergriff die K. AG ohne Erfolg Rekurs an die Baurekurskommission sowie gegen deren Entscheid vom 3. Februar 1988 an das kantonale Verwaltungsgericht. Dieses wies ihren Rekurs mit Entscheid vom 6. Januar 1989 ab. Eine gegen diesen Entscheid gerichtete staatsrechtliche Beschwerde weist das Bundesgericht ab, soweit es auf sie eintritt.
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Aus den Erwägungen: | |
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a) Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist die Delegation rechtssetzender Befugnisse an die Verwaltungsbehörde zulässig, wenn sie nicht durch das kantonale Recht ausgeschlossen ist, wenn sie auf ein bestimmtes Gebiet beschränkt wird und das ![]() | 4 |
b) Im vorliegenden Falle steht fest, dass das WBFG dem Referendum unterstand; dies galt auch für die Änderung von § 15 Abs. 4 und 5 WBFG durch Gesetz vom 15. September 1976. Das baselstädtische Recht schliesst die Delegation rechtssetzender Befugnisse an die Verwaltungsbehörde nicht aus. Schliesslich beschränkt sich die in § 15 WBFG enthaltene Delegation auf ein bestimmtes Gebiet, nämlich den Wohnungsbau. Fraglich kann somit nur sein, ob § 15 WBFG in verfassungsrechtlich genügendem Masse die Grundzüge der Regelung selbst enthält.
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aa) § 15 WBFG lautet wie folgt:
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"Bei der Änderung der Bauzoneneinteilung, der Festsetzung von Bebauungsplänen, dem Erlass spezieller Bauvorschriften sowie der Erteilung von Baubewilligungen ist den Bedürfnissen des Wohnungsbaues Rechnung zu tragen.
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Im Rahmen der Berücksichtigung einer städtebaulich ausgeglichenen Entwicklung ist auf eine wirtschaftlich günstige Anordnung und Erschliessung der Gebäude sowie auf eine rationelle Geschosszahl zu achten.
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Die entsprechenden Beschlüsse und Ausnahmebewilligungen können mit der Verpflichtung für den Gesuchsteller verbunden werden, einen Teil der geplanten Gebäude für Wohnungen zu reservieren oder die Hilfe des Bundes und des Kantons oder des Kantons allein zur Verbilligung des Mietzinses in Anspruch zu nehmen.
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Die Bewilligungsbehörde kann in Baubewilligungen den Mindestanteil der Wohnfläche in Gebäuden vorschreiben.
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Der Regierungsrat erlässt die entsprechenden Richtlinien."
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bb) Bei der Beantwortung der Frage, ob die angeführte Bestimmung in verfassungsrechtlich genügendem Masse selbst die Regelung der Wohnanteilflächen enthält, ist davon auszugehen, dass die Festsetzung eines Mindestwohnanteiles für Neubauten, die in einer für den Wohnungsbau bestimmten Zone errichtet werden, keinen besonders schweren Eigentumseingriff darstellt (vgl. BGE 112 Ib 267 f. E. 4 mit Hinweisen).
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cc) § 15 Abs. 1 WBFG verlangt, es sei bei der Erteilung von Baubewilligungen den Bedürfnissen des Wohnungsbaues Rechnung zu tragen. Diese Anweisung ist pflichtgemäss auszuüben. Im regierungsrätlichen Bericht Nr. 7238 betreffend weitere Massnahmen auf dem Gebiete des Wohnschutzes, mit welchem der Regierungsrat dem Grossen Rat die Änderung und Ergänzung von § 15 ![]() | 13 |
dd) Die WAV, auf die sich die Verweigerung des Umbaugesuchs der Beschwerdeführerin stützt, enthält solche sachgerechten Kriterien. Diese decken sich im übrigen auch mit den Grundsätzen und Zielen des RPG, gemäss denen bei der Ordnung der Besiedlung auf die Bedürfnisse von Bevölkerung und Wirtschaft zu achten ist sowie Wohn- und Arbeitsgebiete einander zweckmässig zugeordnet und durch das öffentliche Verkehrsnetz hinreichend erschlossen werden sollen (Art. 1 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 3 lit. a RPG). Die Vorschriften der Bauzone 5a für fünfgeschossige Überbauung, welche im gesamten Umfange auf die Liegenschaft der Beschwerdeführerin zur Anwendung gebracht wurden, entsprechen diesen Anforderungen. Es handelt sich um eine hinsichtlich der Nutzung gemischte Zone, in der neben Wohnungen auch Gewerbebetriebe zulässig sind, die zu keinen erheblichen Belästigungen der Nachbarn führen (§§ 1 und 24 Anhang zum HBG i.V.m. § 133 HBG). Die in der Allschwilerstrasse verlaufende Strassenbahnlinie bildet Teil des öffentlichen Verkehrsnetzes. Die Liegenschaft befindet sich im Geviert Allschwilerstrasse/Friedrichstrasse/Spalenring, in welchem der durchschnittliche Wohnanteil gemäss den im Jahre 1980 durchgeführten Erhebungen 72% beträgt, was die Beschwerdeführerin nicht in Abrede stellt.
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ee) Bei dieser Sachlage ergibt sich somit bereits aus der Anwendung der im formellen Gesetz enthaltenen Regel von § 15 Abs. 1 WBFG die Verpflichtung der Beschwerdeführerin, bei ihrem Neubau den Bedürfnissen des Wohnungsbaues Rechnung zu tragen. Wohl trifft es zu, dass bei der Erstellung von Wohnungen auch darauf zu achten ist, dass sie von lästigen Einwirkungen wie Lärm und Erschütterungen möglichst verschont werden (Art. 3 Abs. 3 ![]() | 15 |
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b) Der baselstädtische Gesetzgeber hat bewusst im Unterschied zu anderen Kantonen davon abgesehen, für die Festsetzung eines Mindestwohnanteiles einen für jedermann verbindlichen Nutzungsplan im Sinne von Art. 21 RPG festzusetzen. Er hat es dabei bewenden lassen, die eindeutige gesetzliche Verpflichtung aufzustellen, bei Neu- und Umbauten den Bedürfnissen des Wohnungsbaues Rechnung zu tragen. Zur Durchsetzung dieser Regel hat er die Baubewilligungsbehörde ermächtigt, in Baubewilligungen den Mindestanteil der Wohnfläche gemäss den vom Regierungsrat zu erlassenden Richtlinien vorzuschreiben. Diese Ermächtigung ist nach pflichtgemässem Ermessen auszuüben. Als Instrument zur Sicherung einer rechtsgleichen und verhältnismässigen Rechtsanwendung dient der genannte Wohnanteilplan, der in Berücksichtigung der bestehenden Verhältnisse Richtzahlen für die zum Wohnen geeigneten Gebiete angibt. Diese bedürfen im Einzelfall der Konkretisierung, wobei der Lage der Liegenschaft sowie auch den Interessen des Eigentümers im ![]() | 17 |
Die Auffassung der Beschwerdeführerin, der genannte Wohnanteilplan Nr. 11 163 sei deshalb ein Nutzungsplan, weil er im Wohnmischgebiet jede Parzelle mit der Auflage belaste, einen Wohnflächenanteil zu realisieren, geht deshalb fehl, weil sich diese Verpflichtung unmittelbar aus § 15 WBFG sowie aus der WAV ergibt. Dass der Plan als Instrument für die sachgerechte Betätigung des Ermessens zu verstehen ist, ergibt sich deutlich aus § 3 WAV, der von der Einhaltung der Richtzahlen spricht und die Bewilligungsbehörde anweist, innerhalb der Richtzahlen den bestehenden Verhältnissen, namentlich den Eigenschaften des Grundstücks und dem Charakter des Quartiers, Rechnung zu tragen (§ 3 Abs. 2 WAV). Im übrigen trifft es auch nicht zu, dass aus dem Wohnanteilplan für die Stadt Zürich, auf den die Beschwerdeführerin verweist und der ein Nutzungsplan im Sinne der RPG ist, für jede einzelne Parzelle genau entnommen werden kann, wie hoch deren Mindestwohnanteil ist. Auch die Ausführungsvorschriften der Bauordnung der Stadt Zürich enthalten notwendigerweise Ausnahmeregelungen, um zu starre Festsetzungen zu vermeiden (BGE 111 Ia 98 E. 2a). Wenn der baselstädtische Gesetzgeber bewusst eine flexible Regelung gewählt hat, so werden die Grundeigentümer dadurch nicht benachteiligt. Ihr umfassender Rechtsschutz bleibt vielmehr gewährleistet, indem sie im Einzelfall darlegen können, dass ein ihnen auferlegter Wohnanteil in Berücksichtigung der bestehenden Verhältnisse, der Eigenschaft ihres Grundstücks und des Charakters des Quartiers sowie in Abwägung ihrer ![]() | 18 |
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