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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
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15. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 27. April 1990 i.S. X. AG gegen Kantonales Steuergericht Solothurn (staatsrechtliche Beschwerde) | |
Regeste |
Besteuerung von stillen Reserven bei Verlegung des Geschäftsbetriebes einer Unternehmung in einen andern Kanton; Wegzugssteuer (Art. 4 BV; Willkürverbot, Rechtsgleichheitsgebot). | |
Sachverhalt | |
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B.- Im Rahmen der Veranlagung für das Steuerjahr 1983 erfasste die Kantonale Steuerverwaltung Solothurn nach § 59 lit. d ![]() | 2 |
C.- Mit seinem Urteil wies das Kantonale Steuergericht Solothurn einen Rekurs der X. AG ab. Zur Verfassungsmässigkeit der wegen des Wegzuges auf den stillen Reserven erhobenen Steuer (sog. Wegzugssteuer) führte es aus, die beanstandete Besteuerung verstosse nicht gegen Art. 4 BV. Die stillen Reserven könnten später steuerlich nicht mehr erfasst werden; dem Kanton Solothurn stehe als Sitzkanton nach der Geschäftsverlegung kein Anspruch auf eine quotenmässige Beteiligung am Gesamtgewinn einschliesslich der Gewinne aus Realisation von stillen Reserven mehr zu; vielmehr verbleibe ihm nur noch ein Vorausanteil von 10 Prozent.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde der X. AG ab.
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Aus den Erwägungen: | |
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c) BLUMENSTEIN hat die Wegzugssteuer bei deren Einführung im Kanton Bern bereits im Jahre 1945 kritisiert (ASA 14 225 ff.). Seither haben mehrere Kantone entsprechende Normen erlassen (SPORI, ASA 57 85; REICH, Die Realisation stiller Reserven im Bilanzsteuerrecht, Zürich 1983 S. 133). Die Verletzung des Rechtsgleichheitsgebotes begründet BLUMENSTEIN damit, dass der Wegzug eines Geschäftsunternehmens aus dem Kanton angesichts der in Art. 45 BV und Art. 62 BV zum Ausdruck kommenden Wertungen keinen erheblichen Grund für die steuerliche Schlechterstellung der wegziehenden Unternehmung gegenüber der im Kanton verbleibenden bilden könne. Diese Ansicht fand in der neueren Doktrin im Ergebnis zum Teil Anerkennung; dabei wird etwa vorgebracht, es bestehe kein sachlicher Grund für die Besteuerung durch den Wegzugskanton, weil die Möglichkeit der Steuererhebung bei späterer Realisation durch den Zuzugskanton gewährleistet sei (REYMOND, L'imposition des transferts de siège et des fusions intercantonales de sociétés est-elle contraire à la Constitution fédérale?, SAG 46 123 ff.). Teilweise wird die Besteuerung stiller Reserven beim Wegzug zwar als sachlich unbefriedigend, nicht jedoch als offensichtlich sachwidrig oder verfassungswidrig erachtet (KÄNZIG, Unternehmungskonzentrationen, S. 195; REICH, a.a.O. S. 134 ff.).
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Zur Begründung der Besteuerung stiller Reserven beim Wegzug wird demgegenüber angeführt, dass der steuerliche Zugriff auf diese Reserven entfalle bzw. dieses Steuersubstrat später nicht mehr erfasst werden könne (SPORI, ASA 57 84; KÄNZIG, a.a.O. S. 195; REICH, a.a.O. S. 137 ff.). Die Besteuerung der stillen Reserven beim Wegzug wird jedoch als mit dem Rechtsgleichheitsgebot vereinbar erachtet, weil es dem Hoheitsträger freigestellt sei, den Realisierungsbegriff so zu definieren, dass ihm die in seinem Hoheitsbereich entstandenen stillen Reserven in jedem Fall verhaftet sind (REICH, a.a.O. S. 135; SPORI, a.a.O. S. 88, mit Hinweis ![]() | 8 |
d) Die behauptete Verfassungswidrigkeit ergibt sich entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht schon daraus, dass keine handelsrechtliche, sondern nur eine steuersystematische Realisation vorliegt. Steuersystematische Realisationstatbestände sind nicht an sich schon willkürlich.
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Der Beschwerde ist zudem nicht zu entnehmen, inwiefern die Gründung einer ausserkantonalen Betriebsstätte in bezug auf die hier umstrittene Frage mit der bei der Beschwerdeführerin gegebenen Sachlage vergleichbar sein soll; auch nicht, inwiefern eine derartige Situation - soweit sie vergleichbar wäre - bei der Anwendung der massgebenden Bestimmung des kantonalen Steuergesetzes tatsächlich von den zuständigen kantonalen Behörden ungleich behandelt worden sein soll.
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Schliesslich kann die Verfassungsmässigkeit der Besteuerung bei rein fiskalischen Steuern, d.h. bei Steuern, die allein zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs des betreffenden Gemeinwesens erhoben werden, nicht mit dem Einwand bestritten werden, die Steuern würden aus rein fiskalischen Interessen erhoben. Das fiskalische Interesse an der Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs bildet im Gegenteil einen hinreichenden sachlichen Grund für die Besteuerung, sofern die sich aus Art. 4 BV ergebenden Grundsätze der Allgemeinheit und Gleichmässigkeit der Besteuerung sowie der Grundsatz der Verhältnismässigkeit der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gewahrt sind (BGE 114 Ia 323 E. 3b, mit Hinweisen). Bei Wegfall der Steuerhoheit ist es sachlich vertretbar und damit nicht willkürlich, zulasten früherer Erträge gebildete stille Reserven der Besteuerung zu unterwerfen. Es ist zwar unbefriedigend (REYMOND, a.a.O. S. 126), wenn der mit der Bildung von stillen Reserven verbundene ![]() | 11 |
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