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Informationen zum Dokument  BGE 116 Ia 102  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
4. Der Beschwerdeführer bringt weiter vor, die angefochtenen ...
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
19. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 31. Mai 1990 i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich und Obergericht (I. und II. Strafkammer) des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
 
 
Regeste
 
Art. 4 BV; Anspruch auf Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistands.  
2. Diese zürcherische Praxis verletzt im zu beurteilenden Anwendungsfall auch nicht den aus Art. 4 BV fliessenden verfassungsrechtlichen Minimalanspruch auf unentgeltliche Verteidigung (E. 4b).  
 
Sachverhalt
 
BGE 116 Ia, 102 (102)A.- X. wird von den Untersuchungsbehörden des Bezirkes Zürich beschuldigt, sich wiederholt in schwerer Weise gegen das Betäubungsmittelgesetz vergangen zu haben. Der Präsident des Bezirksgerichtes Zürich bestellte ihm mit Verfügung vom 9. Mai 1989 einen amtlichen Verteidiger. Nachdem wegen Heroinhandels mit ca. 300 Gramm gegen X. Anklage erhoben und zur BGE 116 Ia, 102 (103)Hauptverhandlung vorgeladen worden war, teilte Rechtsanwältin Y. dem Bezirksgericht mit, X. habe sie beauftragt, als erbetene Verteidigerin seine Rechte zu wahren. Gleichentags entliess das Bezirksgericht Zürich den amtlichen Verteidiger. Schon wenige Tage nach dem ersten Teil der Hauptverhandlung vom 6. Oktober 1989 stellte Rechtsanwältin Y. ein erstes Gesuch um Umwandlung der erbetenen in eine amtliche Verteidigung. Dieses Gesuch wurde letztinstanzlich vom Obergericht des Kantons Zürich mit Beschluss vom 6. Dezember 1989 abgewiesen.
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Am 12. Januar 1990 stellte Rechtsanwältin Y. beim Bezirksgericht Zürich, bei dem die Anklage immer noch hängig war, ein zweites Gesuch um Umwandlung der erbetenen in eine amtliche Verteidigung. Diesem Begehren wurde vom Bezirksgericht Zürich nicht entsprochen und im Hinblick auf den unmittelbar bevorstehenden zweiten Teil der Hauptverhandlung vom 26. Januar 1990 vorsichtshalber der ursprüngliche amtliche Verteidiger von X. erneut zum amtlichen Verteidiger bestellt. Zwei Tage vor dieser Verhandlung teilte Rechtsanwältin Y. dem Gericht telefonisch mit, sie werde X. doch weiterhin verteidigen. Der amtliche Verteidiger wurde daraufhin vom Bezirksgericht Zürich erneut entlassen. Dieses sprach X. am 26. Januar 1990 verschiedener Betäubungsmitteldelikte schuldig und bestrafte ihn mit drei Jahren Zuchthaus, abzüglich 267 Tage Untersuchungshaft.
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Gegen dieses Urteil erhob Rechtsanwältin Y. im Namen von X. Berufung an das Obergericht. Gleichzeitig mit ihrer Berufungserklärung vom 5. Februar 1990 stellte sie ein drittes Gesuch um Bestellung als amtliche Verteidigerin. Mit Beschluss vom 28. März 1990 wies das Obergericht (II. Strafkammer) das Gesuch ab und setzte Rechtsanwältin Y. Frist zur Erklärung an, ob sie weiterhin als erbetene Verteidigerin des Angeklagten tätig sein werde.
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B.- In der Zwischenzeit hatte die Bezirksanwaltschaft Zürich gegen X. eine neue Untersuchung wegen weitern Handels mit Heroin eröffnet. Am 30. Juni 1989 stellte Rechtsanwältin Y. beim Präsidenten des Bezirksgerichtes Zürich für dieses neue Verfahren ein Gesuch um Umwandlung der erbetenen in eine amtliche Verteidigung. Der Präsident des Bezirksgerichtes Zürich wies das Gesuch mit Verfügung vom 1. Februar 1990 ab.
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Gegen diesen Entscheid erhob X. Rekurs beim Obergericht. Das Obergericht (I. Strafkammer) wies den Rekurs mit Entscheid vom 27. März 1990 ab.
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BGE 116 Ia, 102 (104)C.- Am 2. Mai 1990 erhob X. mit zwei getrennten Rechtsschriften staatsrechtliche Beschwerde beim Bundesgericht einerseits gegen den Entscheid des Obergerichts (II. Strafkammer) vom 28. März 1990 und andererseits gegen den Entscheid des Obergerichts (I. Strafkammer) vom 27. März 1990. Das Bundesgericht weist die beiden Beschwerden ab.
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Aus den Erwägungen:
 
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a) Der Anspruch einer unbemittelten Partei, einen unentgeltlichen Rechtsbeistand zu erhalten, bestimmt sich zunächst nach den Vorschriften des kantonalen Rechts. Nur wenn dieses keine oder ungenügende Vorschriften enthält, greifen die unmittelbar aus Art. 4 BV hergeleiteten Regeln ein, die ein Mindestmass an Rechtsschutz und damit an Verteidigungsmöglichkeiten gewährleisten (BGE 114 Ia 101 f. E. 2 mit Hinweisen). § 13 Abs. 2 letzter Satz StPO verlangt, ein Vorschlag des Gesuchstellers mit Bezug auf die Person des amtlichen Verteidigers sei nach Möglichkeit zu berücksichtigen. Die zürcherische Praxis geht dahin, dass ein solcher Anspruch nur einmal zu Beginn einer Strafuntersuchung besteht. Einen solchen Anspruch hatte bei Beginn der ersten Untersuchung auch der Beschwerdeführer. Die Auslegung und Anwendung des kantonalen Rechtes, d.h. von § 13 Abs. 2 letzter Satz StPO, prüft das Bundesgericht gestützt auf Art. 4 BV grundsätzlich nur unter dem beschränkten Gesichtswinkel der Willkür, d.h. es kann nur eingreifen, wenn die Auslegung nicht nur unrichtig, sondern schlechthin unhaltbar ist (BGE 114 Ia 27 E. 3b, BGE 113 Ia 19 E. 3a). Das Bundesgericht hat bereits am 10. Oktober 1988 entschieden, dass die einmalige Möglichkeit eines Vorschlagsrechts im Hinblick auf die Person des amtlichen Verteidigers vor dem Willkürverbot standhält (unveröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts vom 10. Oktober 1988 i.S. P. E. 4). Der Beschwerdeführer bringt nichts vor, was ein Abweichen von dieser Praxis rechtfertigen würde. Es ist demnach an ihr festzuhalten. Eine Verletzung des Willkürverbots liegt nicht vor.
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b) Es bleibt zu prüfen, ob eine Verletzung der bundesrechtlichen Minimalgarantie von Art. 4 BV vorliegt.
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BGE 116 Ia, 102 (105)aa) Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist ein Begehren um Wechsel des amtlichen Verteidigers nur und immer dann zu bewilligen, wenn aus objektiven Gründen eine sachgemässe Vertretung der Interessen des Angeschuldigten durch den amtlichen Verteidiger nicht mehr gewährleistet ist (BGE 105 Ia 302 f; unveröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts vom 11. Mai 1989 i.S. K. E. 4a mit Hinweisen).
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bb) Der Beschwerdeführer bringt vor, es bestehe kein Vertrauen mehr in den ursprünglichen amtlichen Verteidiger. In den beiden Beschwerdeschriften wird indessen nichts Substantiiertes vorgebracht, weshalb dieser seine Aufgabe nicht korrekt erfüllt haben sollte bzw. weshalb das Vertrauensverhältnis aus objektiven Gründen gestört sei. Es wird lediglich auf einige Schreiben des Beschwerdeführers an Rechtsanwältin Y. hingewiesen, worin dieser betont, er möchte nur diese als Verteidigerin bzw. es sei "ein einfaches, mir so einen Rechtsanwalt zu geben, der nur dem Staatsanwalt beipflichtet". Der Beschwerdeführer übersieht, dass dieses Vorbringen allein keinen Grund für einen berechtigten Wechsel des amtlichen Verteidigers bildet. Der Beschwerdeführer verkennt auch, dass die Art und Weise der Verteidigung der amtliche Verteidiger bestimmt und dass dieser nicht bloss das unkritische Sprachrohr seines Mandanten ist (vgl. dazu auch Robert Hauser, Kurzlehrbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 2. Auflage, Basel 1984, S. 97). Im vorliegenden Fall sind die Verhältnisse keineswegs derart, dass nicht weiterhin eine effektive Verteidigung durch den ursprünglichen amtlichen Verteidiger möglich wäre. Im Gegenteil, es geht aus den Akten eindeutig hervor, dass Rechtsanwalt X. seine Pflichten ordnungsgemäss erfüllt hat, namentlich den Beschwerdeführer relativ häufig in der Untersuchungshaft besuchte.
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c) Mit Bezug auf das zweite Strafverfahren bringt der Beschwerdeführer zusätzlich vor, dieses sei vom ersten grundsätzlich unabhängig, so dass die Argumentation, weshalb einem Wechsel des amtlichen Verteidigers nicht zugestimmt werden könne, nicht ohne weiteres einfach auf das neue Verfahren übertragen werden könne.
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Dieses Vorbringen des Beschwerdeführers ist widersprüchlich, pflichtet er doch auf der selben Seite seiner Beschwerdeschrift der Argumentation ausdrücklich bei, es sei sinnvoll und zweckmässig, wenn er in beiden gegen ihn anhängigen Verfahren durch den selben Anwalt vertreten werde. Dies trifft denn auch um so mehr zu, als für den Fall, dass das erste Verfahren vorzeitig rechtskräftig BGE 116 Ia, 102 (106)beendet sein sollte, für die mit der zweiten Untersuchung verfolgten Taten eine Zusatzstrafe auszufällen wäre. Derartige widersprüchliche Vorbringen, wie sie vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang erhoben werden, sind offensichtlich rechtsmissbräulich und verdienen keinen Rechtsschutz. Es wäre, im Gegensatz zu den Schlussfolgerungen des Beschwerdeführers, geradezu willkürlich, ihm für das zweite Verfahren einen andern amtlichen Verteidiger zu bestellen.
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