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37. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 27. Juli 1990 i.S. Einwohnergemeinde Kappel und Mitbeteiligte gegen Regierungsrat des Kantons Solothurn (staatsrechtliche Beschwerde) | |
Regeste |
Zonenplanung (Art. 15 RPG); Gemeindeautonomie, Eigentumsgarantie und Art. 4 BV. |
Private, die gleichzeitig wie die Gemeinde die teilweise Nichtgenehmigung des Zonenplans anfechten und diesbezüglich im wesentlichen die gleichen Fragen aufwerfen, sind ebenfalls zur Beschwerdeführung befugt (E. 1e). |
Parteistellung einer Beschwerdeführerin, die nach Einreichung der staatsrechtlichen Beschwerde ihr Grundstück verkauft hat (E. 1b). |
2. Den Gemeinden des Kantons Solothurn steht auf dem Gebiet der Ortsplanung Autonomie zu (E. 2b). |
3. Die generelle Ausrichtung der Bauzone auf die doppelte Einwohnerzahl einer Gemeinde ist mit dem Bundesrecht nicht vereinbar (E. 3b). |
4. Zum Inhalt des Richtplans des Kantons Solothurn. Die Erschliessungsplanung ist auf die neue Nutzungsplanung auszurichten (E. 4a). |
5. Nichtgenehmigung von Teilen eines kommunalen Zonenplans (E. 4d). | |
Sachverhalt | |
1 | |
"1. Die Ortsplanung der Gemeinde Kappel, bestehend aus
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- Zonenplan 1:2500
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- Zonenreglement
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- Verkehrsrichtplan wird im Sinne der Erwägungen teilweise genehmigt.
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2. Die Gebiete
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- Einfamilienhauszone E2, "Bohlacker"
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- Ortsbildschutzzone OSCH und Reservegebiet, "Unterdorf"
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- Industrie-Reservegebiet, "Höchimatten"
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- unüberbauter Teil von Parzelle GB Nr. 445 werden von der Genehmigung ausgenommen.
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3. § 7 Abs. 2 des Bau- und Zonenreglementes wird von der Genehmigung ausgenommen.
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4. Der Verkehrsrichtplan ist im Gebiet "Bohlacker" entsprechend den Erwägungen in Kap. IV.a) anzupassen.
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5.-12. ..."
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Gegen diesen Entscheid führen die Einwohnergemeinde Kappel sowie verschiedene private Grundeigentümer staatsrechtliche Beschwerde beim Bundesgericht. Sie beantragen, die Ziffern 2, 3 und 4 des genannten Regierungsratsbeschlusses seien aufzuheben (siehe auch BGE 116 Ia 193 ff., 197 ff., 236 f.).
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Aus den Erwägungen: | |
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Der angefochtene Nichtgenehmigungsentscheid trifft die Einwohnergemeinde Kappel in ihrer Eigenschaft als Trägerin hoheitlicher Gewalt. Sie ist daher berechtigt, mit staatsrechtlicher Beschwerde eine Verletzung ihrer Autonomie zu rügen. Ob ihr im betreffenden Bereich tatsächlich Autonomie zusteht, ist keine Frage der Legitimation, sondern Gegenstand der materiellen Beurteilung (BGE 114 Ia 76 E. 1, 81 E. 1a; BGE 113 Ia 202 E. 1a, je mit Hinweisen). Die Gemeinde kann neben der Verletzung ihrer Autonomie auch einen Verstoss gegen das Willkürverbot (Art. 4 BV) geltend machen, wenn diese Rüge mit jener der Verletzung der Gemeindeautonomie eng zusammenhängt (BGE 113 Ia 333 E. 1b, 110 Ia 51, je mit Hinweis).
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d) Der angefochtene Entscheid ist teilweise ein Rückweisungsentscheid und insofern ein Zwischenentscheid, der das umstrittene Ortsplanungsverfahren nicht abschliesst. Staatsrechtliche Beschwerden gegen Zwischenentscheide, die lediglich einen Schritt auf dem Weg zu einem letztinstanzlichen Endentscheid darstellen, sind gemäss Art. 87 OG wegen Verletzung von Art. 4 BV nicht zulässig, es sei denn, der Zwischenentscheid habe für den Betroffenen einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil zur Folge. Soweit andere Rügen erhoben werden, können letztinstanzliche Zwischenentscheide auch dann angefochten werden, wenn sie keinen nicht wiedergutzumachenden Nachteil bewirken (Art. 86 OG). Werden neben der Verletzung von Art. 4 BV noch weitere Beschwerdegründe vorgebracht, so tritt das Bundesgericht auf die Beschwerde in vollem Umfang ein, allerdings nur dann, wenn die neben der Verletzung von Art. 4 BV geltend gemachten Verfassungsrügen nicht mit der Willkürrüge zusammenfallen, somit selbständige Bedeutung haben und nicht offensichtlich unzulässig oder unbegründet sind (BGE 115 Ia 314 E. 2b mit Hinweisen).
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Nach der Praxis des Bundesgerichts kann ein nicht wiedergutzumachender Nachteil für eine Gemeinde dann vorliegen, wenn sie verpflichtet wird, im Sinne des Entscheids der kantonalen Behörde direkt eine neue, ihrer Auffassung widersprechende Anordnung zu treffen. Im Kanton Solothurn besteht im Verfahren der Ortsplanung nur eine einzige Rekursinstanz (Regierungsrat). Der Rückweisungsentscheid trifft die Gemeinde derart, dass sie gezwungen wäre, entgegen ihrer Rechtsauffassung der Weisung des Regierungsrats Folge zu leisten. Würde auf die Beschwerde nicht eingetreten, so wäre es der Gemeinde in der vorliegenden Angelegenheit verwehrt, sich je über eine Verletzung ihrer Autonomie vor Bundesgericht zu beschweren. Die Beschwerde der Gemeinde ist deshalb zulässig (vgl. BGE 116 Ia 44 E. 1b mit zahlreichen Hinweisen und nicht publizierten Entscheid vom 13. September 1989 i.S. Gemeinde Flims E. 1b).
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bb) Die Rüge der privaten Beschwerdeführer, der Regierungsrat habe mit dem angefochtenen Entscheid die Eigentumsgarantie verletzt, hat selbständige, über die Rüge der Verletzung des Willkürverbots (Art. 4 BV) hinausgehende Bedeutung, da das Bundesgericht grundsätzlich frei prüft, ob die angefochtenen Planungsmassnahmen durch das von der Verfassung geforderte überwiegende öffentliche Interesse gedeckt sind (BGE 114 Ia 243 E. 4, 338 E. 2a, je mit Hinweisen). Dass die Berufung auf Art. 22ter BV bei der gegebenen Sachlage offensichtlich unbegründet sei, lässt sich nicht von vornherein sagen. Die gegen den letztinstanzlichen Rückweisungsentscheid des Regierungsrats eingereichte staatsrechtliche Beschwerde der privaten Grundeigentümer ist daher ![]() | 22 |
e) Die privaten Beschwerdeführer waren im Zeitpunkt der teilweisen Nichtgenehmigung der Ortsplanung Kappel durch den Regierungsrat Grundeigentümer im Gebiet Bohlacker, welches nach Auffassung des Regierungsrats nicht zur Bauzone geschlagen werden soll. Hinsichtlich ihrer Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde (Art. 88 OG) ist zu beachten, dass noch keine definitiven, ihr Eigentum betreffende Beschränkungen erlassen wurden und damit fraglich ist, ob sie vom angefochtenen Entscheid in ihren rechtlich geschützten Interessen betroffen sind. Eine definitive Eigentumsbeschränkung aufgrund einer Nutzungsplanungsmassnahme erfolgt im Hinblick auf Art. 26 Abs. 1 RPG erst, wenn diese vom Regierungsrat genehmigt worden ist. Das ist hier in bezug auf die umstrittenen Gebiete noch nicht geschehen. Mit der Behandlung der Autonomiebeschwerde der Gemeinde wird indessen bezüglich der Dimensionierung der Bauzone weitgehend über dieselben materiellen Fragen entschieden, die auch die privaten Beschwerdeführer in ihrer staatsrechtlichen Beschwerde aufwerfen. Der angefochtene Entscheid berührt somit auch die privaten Grundeigentümer in ihren rechtlich geschützten Interessen, soweit er aufgrund der Beschwerde der Gemeinde vom Bundesgericht zu überprüfen ist. Schon aus diesem Grund sowie auch aus Gründen der Prozessökonomie ist die Beschwerde der privaten Beschwerdeführer gleichzeitig mit jener der Gemeinde zu behandeln. Sie werfen dem Regierungsrat vor, er habe im angefochtenen Entscheid die Eigentumsgarantie (Art. 22ter BV) und Art. 4 BV verletzt und machen hilfsweise eine Verletzung der Gemeindeautonomie geltend, was nach der Praxis zulässig ist (BGE 114 Ia 292 E. 3a mit Hinweisen).
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b) Mit dem angefochtenen Entscheid hat der Regierungsrat im Genehmigungsverfahren die von der Einwohnergemeinde Kappel beschlossene Ortsplanungsrevision teilweise nicht genehmigt. Aufgrund der §§ 9 ff. des Baugesetzes des Kantons Solothurn vom 3. Dezember 1978 (BauG) steht den Gemeinden des Kantons Solothurn auf dem Gebiet der Ortsplanung Autonomie zu. Dies wird vom Regierungsrat denn auch zu Recht nicht bestritten.
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c) Wann eine Gemeinde durch den Entscheid einer kantonalen Rechtsmittelbehörde in ihrer Autonomie verletzt ist, hängt vom Umfang der Überprüfungsbefugnis der kantonalen Instanz ab ![]() | 26 |
Im Hinblick auf diese Vorschriften kann die Gemeinde eine Verletzung ihrer Autonomie nur dann mit Erfolg geltend machen, wenn der Eingriff des Regierungsrats in die kommunale Gestaltungsfreiheit sich nicht mit vernünftigen, sachlichen Gründen vertreten lässt. Auch darf der Regierungsrat nicht einfach das Ermessen der Gemeinde durch sein eigenes ersetzen. Er hat es in Übereinstimmung mit der Regel von Art. 2 Abs. 3 RPG den Gemeinden zu überlassen, unter mehreren verfügbaren und zweckmässigen Lösungen zu wählen. Der Regierungsrat kann jedoch bei seiner Zweckmässigkeitskontrolle nicht erst einschreiten, wenn die Lösung der Gemeinde ohne sachliche Gründe getroffen wurde und schlechthin unhaltbar ist. Die kantonalen Behörden dürfen sie vielmehr korrigieren, wenn sie sich aufgrund überkommunaler öffentlicher Interessen als unzweckmässig erweist oder wenn sie den wegleitenden Grundsätzen und Zielen der Raumplanung nicht entspricht oder unzureichend Rechnung trägt. Verlangt die kantonale Behörde von der Gemeinde mit vernünftiger, sachlicher Begründung eine Änderung der Zonenplanung, um diese mit den gesetzlichen Anforderungen in Übereinstimmung zu bringen, so kann sich die Gemeinde nicht mit Erfolg über eine Verletzung ihrer Autonomie beklagen (BGE 113 Ia 194 f. E. 2d; BGE 112 Ia 284 E. 3d, BGE 111 Ia 70 E. 3d, je mit Hinweisen; Urteil vom 12. Februar 1986 in ZBl 88/1987, S. 131 f., E. 3c).
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3. Die Gemeinde hält das Argument des Regierungsrats für unzutreffend, wonach der Nichtgenehmigungsentscheid ![]() | 28 |
a) Der Regierungsrat führt dazu im angefochtenen Entscheid im wesentlichen aus, dass das Gesetz (RPG und BauG) die zulässige Grösse einer Bauzone bestimme. Diese habe nach § 26 BauG jenes Land zu umfassen, das bereits weitgehend überbaut und erschlossen sei oder das nach objektiven Planungsgrundsätzen in absehbarer Zeit - Art. 15 RPG lege 15 Jahre fest - für eine geordnete Besiedlung benötigt werde und auch erschlossen werden könne. Zur Konkretisierung dieser Bestimmungen sei der Planungsgrundsatz des Faktors 2 aufgestellt und in den kantonalen Richtplan über die Besiedlung und Landschaft von 1982 aufgenommen worden. Nach diesem Grundsatz dürfe die Bauzone höchstens so gross bemessen sein, dass sie, gesamthaft gesehen, der doppelten heutigen Einwohnerzahl einer Gemeinde Platz biete. Dieser Faktor 2 stelle eine alleroberste, allen Eventualitäten Rechnung tragende Grenze dar, damit die Bauzonengrösse den gesetzlichen Anforderungen noch genügen könne. Eine Bauzone, welche über diese maximale Grösse hinausgehe, sei nicht nur unzweckmässig, sondern gesetzwidrig. Die Berechnung des Fassungsvermögens der Bauzone von Kappel habe ergeben, dass Faktor 2 deutlich überschritten sei (Faktor ca. 2,2). Das Fassungsvermögen der Bauzone sei somit um ca. 300 Einwohner zu gross. Die Gemeinde halte diese Berechnung des Fassungsvermögens indessen für unrichtig. Sie berufe sich dabei auf eine Zusicherung des damaligen Kreisplaners, wonach in der Wohnzone W3 ein Splitting der Ausnützungsziffer zulässig sei, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass grössere Teile der Wohnzone W3 lediglich mit zweigeschossigen Bauten genutzt würden. Der Einwohnerwert für die Wohnzone W3 müsse gemäss dieser Absprache mit 100 E./ha angenommen werden und nicht wie üblich mit 120 E./ha. Bei Berücksichtigung dieser Argumente wäre Faktor 2 eingehalten. Dazu erklärt der Regierungsrat im angefochtenen Entscheid, die Ermittlung des Fassungsvermögens der Bauzone erfolge in ständiger Praxis nach einer genau definierten Methode, welche für alle Gemeinden des Kantons in gleichem Masse Gültigkeit besitze. Nur durch eine exakt definierte Methode sei eine gleichwertige Behandlung verschiedener Ortsplanungen gewährleistet. Die Einwohnerdichtewerte für die verschiedenen Nutzungszonen würden hierbei gemäss der Richtlinie "Quartierplananalysen" (= Richtlinie ![]() | 29 |
a) Einfamilienhauszone E2: "Bohlacker", Parzellen GB Nrn. 666, 668-671, 680, 681, 703, 704, 968, 1583
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b) Wohnzone W2OSCH und Reservegebiet: "Unterdorf", Parzellen GB Nrn. 28, 270-272, 280-282, 284, 290, 291, 293
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c) Industrie-Reservegebiet: "Höchimatten", Parzellen GB Nrn. 476, 479, 491-495, 498, 500, 501, 503, 504, 1153
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Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass der Regierungsrat sich bei der Überprüfung der Ortsplanungsrevision der Einwohnergemeinde Kappel trotz der nach seiner Ansicht nicht bindenden Zusicherung des Kreisplaners aus Gründen von Treu und Glauben über den Planungsgrundsatz "Faktor 2" hinweggesetzt hat. Er ist indessen selbst der Meinung, die Ausrichtung einer Bauzone auf die Verdoppelung der Bevölkerung sei das Äusserste, was im Hinblick auf Art. 15 RPG überhaupt noch als zulässig erscheine.
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b) Diese Erwägungen des Regierungsrats und des Bau-Departements erweisen sich in verschiedener Hinsicht als problematisch, weil sie mit den in Art. 15 RPG enthaltenen Grundsätzen zur Dimensionierung der Bauzonen teilweise nicht übereinstimmen. Das im Kanton Solothurn praktizierte Vorgehen zur Bestimmung der maximalen Bauzonengrösse ist mit der generellen Berücksichtigung des Planungsgrundsatzes "Faktor 2" zu schematisch und nimmt insbesondere auf die Kriterien des in den letzten Jahren erfolgten Flächenverbrauchs, des voraussichtlichen Flächenbedarfs, der Bevölkerungsentwicklung der letzten Jahre und der Bevölkerungsprognose für die nächsten 15 Jahre keine oder jedenfalls nicht genügend Rücksicht. Betrachtet man den "Faktor 2" neben diesen Gesichtspunkten als einen Planungsgrundsatz, der die Grenze dessen, was nach Art. 15 RPG hinsichtlich der Grösse einer Bauzone im äussersten Fall noch zulässig ist, bestimmt, so ist er als Planungsgrundsatz aus der Sicht des Bundesrechts nicht zu beanstanden (vgl. nicht publiziertes Urteil vom 24. Februar 1987 i.S. V. B. c. Gem. Wisen, E. 3). Wird der "Faktor 2" aber so verstanden, dass die Bauzonengrösse generell auf die doppelte Bevölkerungszahl ausgerichtet werden soll, ohne dass auf die speziellen Verhältnisse der einzelnen Gemeinde eingegangen wird, ist er mit den Grundsätzen des Raumplanungsgesetzes des Bundes nicht vereinbar. In diesem letztgenannten Sinne soll er aber nach den Ausführungen des Regierungsrats und des Bau-Departements im Kanton Solothurn verbreitet Anwendung finden. Wie erwähnt, scheint der Regierungsrat im vorliegenden Fall für die Einwohnergemeinde Kappel sogar eine grössere Bauzone zuzulassen, als dies ![]() | 35 |
Im Jahre 1977, d.h. vor Inkrafttreten des Raumplanungsgesetzes hat das Bundesgericht erklärt, es habe bisher nicht näher umschrieben, wann eine Bauzone zu gross sei und ihre Verkleinerung demnach im öffentlichen Interesse liege. Es bezeichnete die ausgeschiedene Bauzone als offensichtlich überdimensioniert, wenn sie aller Voraussicht nach bis weit über das Jahr 2000 hinaus ausreichte, wenn sie beim Bevölkerungsstand in den Jahren 2020-2040 voraussichtlich nicht benötigt würde oder wenn sie wesentlich mehr als die doppelte Bevölkerungszahl aufzunehmen vermöchte, die in den nächsten 10-15 Jahren erwartet werden könnte (BGE 103 Ia 252 E. 2b). Inzwischen hat sich jedoch die Rechtslage geändert. Seit dem 1. Januar 1980 besteht in Art. 15 RPG eine bundesrechtliche Vorschrift, die sich eingehend mit der Bemessung der Bauzone befasst (vgl. BGE 103 Ia 253). Es gibt verschiedene Methoden zur Berechnung des Fassungsvermögens von Bauzonen im Sinne von Art. 15 RPG. Im Kanton Zürich bildet Ausgangspunkt dieser Prognose das Verhältnis der überbauten zu den innerhalb der Bauzone gelegenen noch unüberbauten Flächen. Aus der jährlichen Gegenüberstellung dieser Flächen wird die tatsächliche Beanspruchung der Baulandreserven in den vergangenen Jahren berechnet und danach der im Planungszeitraum zu erwartende Bedarf geschätzt. Diese Methode hat das Bundesgericht verschiedentlich als sachlich vertretbar und zulässig erklärt (vgl. BGE 114 Ia 369, ZBl 84/1983, S. 319). Ein zu dieser Problematik vom Bundesamt für Raumplanung herausgegebener Bericht mit dem Titel "Ermittlung der möglichen Bevölkerungsentwicklung bei vorgegebenen Bauzonen" (erschienen in der Reihe "Materialien zur Raumplanung" im Juni 1981) nimmt auf die verschiedenen Methoden zur Berechnung des Fassungsvermögens von Bauzonen ![]() | 36 |
Betrachtet man die Verhältnisse in der Einwohnergemeinde Kappel im Lichte dieser Rechtsprechung, so ergibt sich, dass das Vorgehen des Regierungsrats verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, soweit er eine Nichtgenehmigung der Ortsplanung Kappel ausgesprochen hat. Viel näher liegt die im vorliegenden Verfahren nicht zur Diskussion stehende Frage, ob der Regierungsrat der Gemeinde im angefochtenen Entscheid nicht zu weit entgegengekommen ist und eine zu grosse, Art. 15 RPG widersprechende Bauzone akzeptiert hat. Ein Blick auf die Materialien der hier zu beurteilenden Ortsplanungsrevision zeigt nämlich deutlich, dass eine Bauzonengrösse, welche auf die Verdoppelung der Bevölkerung ausgerichtet ist, weit von denjenigen Planungszielen entfernt ist, welche das Raumplanungsgesetz insbesondere in Art. 15 RPG umschreibt. Auch wenn man von den Berechnungen des Gemeinderats ausgeht, ergibt sich eine viel zu grosse Bauzone. Aus dem Vorprüfungsbericht des kantonalen Amtes für Raumplanung geht hervor, dass der Zonenplan 1968 der Einwohnergemeinde Kappel ein Fassungsvermögen von 7460 Einwohnern aufweist. Die Gemeinde zählte am 1. Januar 1984 1913 Einwohner und wies nach den Angaben der Beschwerdeführer im Februar 1988 einen Bevölkerungsstand von 2052 Einwohnern auf. Im erwähnten ![]() | 37 |
Der frühere Zonenplan aus dem Jahre 1968 stellt angesichts der Grösse der darin ausgeschiedenen Bauzone nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts keinen Nutzungsplan im Sinne der Art. 14 ff. RPG dar. Die vom Regierungsrat im angefochtenen Nichtgenehmigungsentscheid verlangten Planungsmassnahmen sind daher nicht als Aus-, sondern als Nichteinzonungen in die Bauzone zu bezeichnen (BGE 115 Ia 345 E. 5).
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Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass nur für den unüberbauten Teil des Gebietes Bohlacker die Einzonungsgenehmigung verweigert worden ist. Sodann ist zu beachten, dass der Bohlacker weder im kantonalen Richtplan noch im Koordinationsplan "der Bauzone zugeteilt" worden ist. Wie das Bau-Departement in seiner Vernehmlassung zutreffend darlegt, stellt der Richtplan des Kantons Solothurn - jedenfalls in diesem Zusammenhang betrachtet - keinen Vornutzungsplan dar. Er gibt lediglich zu ![]() | 40 |
Die Behauptung der Beschwerdeführer, der Bohlacker sei in jeder Beziehung erschlossen, ist aktenwidrig. Es fehlt vielmehr die Feinerschliessung für das zur Nichteinzonung vorgesehene unüberbaute Gebiet. Es bestehen nur im bereits überbauten, vom Nichtgenehmigungsentscheid des Regierungsrats nicht betroffenen Gebiet genügende Erschliessungsstrassen. Dass die Gemeinde ihre Erschliessungsplanung den neuen, sich aus dem Raumplanungsgesetz, insbesondere aus den Art. 14 ff. RPG ergebenden Bauzonenverhältnissen anzupassen hat, versteht sich von selbst und ist keinesfalls verfassungswidrig.
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Auch wenn der Bohlacker landwirtschaftlich uninteressant ist und das Land lediglich im Gesamtinteresse landwirtschaftlich genutzt werden soll (Art. 16 Abs. 1 lit. b RPG), ändert das nichts daran, dass eine Nichteinzonung namentlich im Hinblick auf die Gesichtspunkte der Bauzonendimensionierung als ![]() | 42 |
Der Nichteinbezug des Bohlackers in die Bauzone entspricht den Zielsetzungen des Raumplanungsgesetzes, wie sie namentlich in den Art. 14 ff. RPG enthalten sind. Er verstösst deshalb nicht gegen die Eigentumsgarantie. Diese vermittelt in Verhältnissen, wie sie hier vorliegen, keinen Rechtsanspruch darauf, dass Land einer Bauzone zugeteilt wird. Im weiteren ist zu beachten, dass sich die Frage der Rechtssicherheit und damit der Planbeständigkeit nach der bundesgerichtlichen Praxis nur für bundesrechtskonforme Pläne stellt (BGE 114 Ia 32 ff. mit Hinweisen).
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d) Die Beschwerdeführer erklären im weiteren, auch für den Fall, dass entgegen ihrer Auffassung anzunehmen sei, das Baugebiet sei offensichtlich zu gross, sei es nicht Sache des Regierungsrats, die Reduktion nach seiner Wahl vorzunehmen. Ein solches Vorgehen widerspreche der gesetzlichen Ordnung. Solange die Gemeinde nicht in Verzug sei, sei es ihre Aufgabe, die Bauzone im Rahmen von § 25 BauG zu redimensionieren.
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Hinsichtlich der erwähnten zeitlichen Komponente ist darauf hinzuweisen, dass in der Gemeinde Kappel nun bereits seit über 10 Jahren ein bundesrechtswidriger Zonenplan besteht. Es darf deshalb durchaus von einer gewissen zeitlichen Dringlichkeit für die Anpassung dieser Ortsplanung an das Raumplanungsgesetz ausgegangen werden. Im übrigen gibt das kantonale Baugesetz dem Regierungsrat in § 18 BauG die Möglichkeit von Gebietsbezeichnungen. Gemäss § 18 Abs. 3 BauG kann der Regierungsrat sogar allfällige Änderungen selber beschliessen, wenn deren Inhalt eindeutig bestimmbar ist und die Änderungen der Behebung offensichtlicher Mängel oder Planungsfehler dienen. Im vorliegenden Fall hat der Regierungsrat nicht so gehandelt, sondern es bei einer blossen Nichtgenehmigung einzelner Teile der ihm vorgelegten Ortsplanungsrevision bewenden lassen. Das ist - im Lichte des kantonalen Rechts betrachtet - verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Im übrigen wusste die Einwohnergemeinde Kappel seit Jahren, dass der Regierungsrat den Einbezug gewisser Teile des Gemeindegebiets in die Bauzone ablehnte. Die Gemeinde hat den ihr gegenüber von den kantonalen Behörden wiederholt ![]() | 45 |
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