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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
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31. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 21. August 1991 i.S. W. gegen Staatsanwaltschaft und Präsident des Kassationsgerichts des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde) | |
Regeste |
Art. 58 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK; Anspruch auf einen unbefangenen Richter. | |
Sachverhalt | |
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Gegen diesen Entscheid reichte W. staatsrechtliche Beschwerde ein. Er rügt unter anderem eine Verletzung des Anspruchs auf einen unbefangenen Richter im Sinne der Art. 58 BV und 6 EMRK. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
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Aus den Erwägungen: | |
2. Gemäss § 429 Abs. 1 der Strafprozessordnung des Kantons Zürich (StPO) hemmt die Nichtigkeitsbeschwerde des Verurteilten die Vollstreckung des Urteils, soweit er nicht seine Zustimmung dazu erklärt. Vorbehalten bleibt - wie Abs. 2 des § 429 StPO bestimmt - die Verfügung, dass die Sicherheitshaft fortzudauern habe. Diese Verfügung trifft der Präsident des Gerichts, das geurteilt ![]() | 3 |
Im vorliegenden Fall verfügte die Staatsanwaltschaft, nachdem der Beschwerdeführer gegen das Urteil des Obergerichts Nichtigkeitsbeschwerde beim Kassationsgericht eingereicht hatte, gestützt auf § 429 Abs. 3 StPO die Sicherheitshaft und stellte beim Präsidenten des Kassationsgerichts Antrag auf Bestätigung dieser Massnahme. Mit der angefochtenen Verfügung hat der Präsident des Kassationsgerichts die Massnahme bestätigt. Er war der Auffassung, die Voraussetzung für die Anordnung der Sicherheitshaft sei erfüllt, da der Haftgrund der Fluchtgefahr im Sinne von § 49 Abs. 1 lit. b StPO gegeben sei.
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a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts kann der Verstoss einer kantonalen Vorschrift gegen eine Bestimmung der Bundesverfassung oder der EMRK auch noch bei der Anfechtung eines aufgrund der betreffenden Vorschrift ergangenen Anwendungsaktes gerügt werden. Die vorfrageweise Feststellung der Verfassungs- oder Konventionswidrigkeit der Vorschrift führt indessen nicht zu deren Aufhebung; sie hat nur zur Folge, dass die Vorschrift auf den Beschwerdeführer nicht angewendet und der gestützt auf sie ergangene Entscheid aufgehoben wird (BGE 114 Ia 52 E. 2a mit Hinweisen).
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Das Bundesgericht hatte wiederholt zu prüfen, ob ein Richter deswegen als befangen abgelehnt werden könne, weil er sich bereits in einem früheren Zeitpunkt in amtlicher Funktion mit der konkreten Streitsache befasst hatte. Es hat zu diesem Umstand der sogenannten Vorbefassung ausgeführt, es könne nicht allgemein gesagt werden, in welchen Fällen die Tatsache, dass ein Richter schon zu einem früheren Zeitpunkt in der betreffenden Angelegenheit tätig war, unter dem Gesichtswinkel von Verfassung und Konvention die Ausstandspflicht begründe, und in welchen Fällen das nicht zutreffe. Als massgebendes Kriterium für die Beurteilung dieser Frage im Einzelfall hielt es aber fest, es sei generell zu fordern, dass das Verfahren in bezug auf den konkreten Sachverhalt und die konkret zu entscheidenden Rechtsfragen trotz der Vorbefassung als offen erscheine und nicht der Anschein der Vorbestimmtheit erweckt werde (BGE 116 Ia 34 f. E. 3a mit Hinweisen).
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Der Beschwerdeführer ist der Meinung, § 429 Abs. 3 StPO verstosse deshalb gegen Verfassung und Konvention, weil bei Berücksichtigung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, wonach sich in einem demokratischen Rechtsstaat eine einengende Auslegung der Art. 58 Abs. 1 BV und 6 Ziff. 1 EMRK nicht vertreten liesse, von der "generellen Unvereinbarkeit von haft- und sachrichterlicher Tätigkeit auszugehen" sei. Dem kann nicht beigepflichtet ![]() ![]() | 9 |
Ist nach dem Gesagten die Mitwirkung des Haftrichters beim Sachurteil grundsätzlich zulässig, so verstösst § 429 Abs. 3 StPO, der die Personalunion von Haftrichter und Sachrichter für das Nichtigkeitsbeschwerdeverfahren vorsieht, nicht gegen Art. 58 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK. Die Rüge des Beschwerdeführers, die angefochtene Verfügung stütze sich auf eine verfassungs- und konventionswidrige Bestimmung, erweist sich somit als unbegründet.
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