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65. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 9. Oktober 1991 i.S. B. und Mitb. gegen Gemeinderat Stäfa und Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde) | |
Regeste |
Art. 4 und Art. 22ter BV; § 123 ff. Zürcher PBG; Quartierplanverfahren. |
2. Voraussetzungen für die Einleitung eines Quartierplanverfahrens nach Zürcher PBG (E. 2). |
3. Grundsatz von Treu und Glauben. Hat sich seit einer Zusicherung die Rechtslage verändert, so kann sich ein Betroffener nicht auf diesen Grundsatz berufen (E. 3). |
4. Widerspricht ein bestehender Quartierplan dem später beschlossenen Verkehrs- und Erschliessungsplan, so ist das öffentliche Interesse am Erlass eines neuen Plans gegeben (E. 4). | |
Sachverhalt | |
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Auf Begehren eines Grundeigentümers leitete der Gemeinderat Stäfa mit Beschluss vom 6. Dezember 1988 das amtliche Teilquartierplanverfahren Furrgasse ein. Das Quartierplangebiet umfasst auch die Grundstücke, die bereits vom Quartierplan Sunnenhalden-Bürgistobel betroffen sind. Das teilweise unüberbaute Gebiet liegt gemäss der Bau- und Zonenordnung der Gemeinde Stäfa vom 4. Juli 1985 ungefähr zu gleichen Teilen in der eingeschossigen Wohnzone (empfindliches Gebiet) sowie in der zwei- und dreigeschossigen Wohnzone. Die Furrgasse verläuft vom Ortszentrum aus in nordöstlicher Richtung mitten durch das Quartierplangebiet und von hier weiter hangwärts ins Landwirtschafts- und Erholungsgebiet der Gemeinde Stäfa.
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B. und 8 Mitbeteiligte sowie A. und 6 Mitbeteiligte erhoben gegen den Einleitungsbeschluss des Gemeinderates Rekurs bei der kantonalen Baurekurskommission II. Sie machten insbesondere geltend, das Gebiet sei nicht quartierplanbedürftig. Die Baurekurskommission II wies die Rekurse jedoch mit Entscheid vom 15. Mai 1990 ab.
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Gegen den Baurekurskommissionsentscheid gelangten B. und 15 weitere Grundeigentümer an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich. Dieses wies die Beschwerde am 1. Februar 1991 ab.
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Das Bundesgericht weist die staatsrechtliche Beschwerde ab aus folgenden
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Die Beschwerdeführer sind als Eigentümer verschiedener, vom Plan erfasster Grundstücke legitimiert, staatsrechtliche Beschwerde zu erheben, soweit es um die Auswirkungen des Plans auf ihre Grundstücke geht (Art. 88 OG; BGE 117 Ia 20; BGE 113 Ia 238 E. 2b).
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b) Die staatsrechtliche Beschwerde ist in der Regel nur gegen kantonal letztinstanzliche Entscheide zulässig (Art. 86/87 OG). Nach der Rechtsprechung können Hoheitsakte unterer kantonaler Instanzen nur dann mitangefochten werden, wenn die Überprüfungsbefugnis der letzten kantonalen Behörde enger ist als diejenige im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren (BGE 115 Ia 414; BGE 114 Ia 310). Im vorliegenden Fall konnte das Zürcher Verwaltungsgericht die von den Beschwerdeführern erhobenen Rügen mit der gleichen Prüfungsbefugnis beurteilen, wie sie dem Bundesgericht im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren zusteht (vgl. § 50 Abs. 1 und Abs. 2 des Zürcher Verwaltungsrechtspflegegesetzes). Auf den Antrag, der Beschluss des Gemeinderates Stäfa vom 6. Dezember 1988 sei aufzuheben, kann daher nicht eingetreten werden.
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c) Nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG muss die Beschwerdeschrift neben den Anträgen des Beschwerdeführers die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte und inwiefern sie durch den angefochtenen Erlass oder Entscheid verletzt worden sind. Im ![]() | 9 |
d) Die Rüge im Zusammenhang mit dem Nichteinbezug des Grundstücks Nr. 9963 ins Quartierplanverfahren erfüllt die Anforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG ebenfalls nicht. Die Beschwerdeführer haben die fragliche Rüge auch vor dem Verwaltungsgericht erhoben. Das Gericht ist jedoch darauf nicht eingetreten. Die Beschwerdeführer setzen sich mit diesen Nichteintretenserwägungen nicht auseinander, insbesondere machen sie weder eine Verletzung von kantonalem Verfahrensrecht noch eine Rechtsverweigerung geltend. Sie rügen einzig, der Nichteinbezug dieser Parzelle sei willkürlich und stelle eine Rechtsungleichheit dar. Da es in diesem Punkt somit an einer Auseinandersetzung mit den verwaltungsgerichtlichen Erwägungen fehlt, kann darauf nicht eingetreten werden.
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e) Nicht eingetreten werden kann schliesslich auf die Beschwerde, soweit darin geltend gemacht wird, durch die Erteilung einer Baubewilligung für ein Doppelwohnhaus auf dem Grundstück Kat.-Nr. 7200 an einen Dritten seien sie rechtsungleich und willkürlich behandelt worden. Die Beschwerdeführer haben diese Baubewilligung nicht angefochten, und diese steht mit der Einleitung des Teilquartierplanverfahrens Furrgasse auch nicht in direktem Zusammenhang. Im vorliegenden staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren sind die Beschwerdeführer jedoch mit dem Einwand zu hören, mit der Erteilung der betreffenden Baubewilligung habe der Gemeinderat Stäfa selbst gezeigt, dass die Furrgasse als Zufahrt schon heute genüge.
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f) Die Beschwerdeführer beantragen die Durchführung eines Augenscheins. Die Akten enthalten indessen alle notwendigen Sachverhaltselemente, weshalb ein Augenschein nicht erforderlich ist.
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2. a) Zu prüfen ist vorab, ob das Verwaltungsgericht die Voraussetzungen für die Einleitung eines Quartierplanverfahrens zu Recht bejaht hat. Das Gericht kommt in diesem Zusammenhang unter Hinweis auf die regierungsrätlichen Normalien über die Anforderungen an Zugänge vom 9. Dezember 1987 zum Schluss, die Furrgasse erweise sich für den zu erschliessenden Bereich als ungenügend. Gestützt auf diese Zugangsnormalien habe eine Zufahrtsstrasse bei mehr als 30 Wohneinheiten eine Breite von mindestens ![]() | 13 |
b) Die Beschwerdeführer rügen, die Annahme, es fehle an einer hinreichenden Zufahrt, sei willkürlich. Seit der Festsetzung des Quartierplanes Sunnenhalden-Bürgistobel verfüge die Furrgasse nämlich über rechtskräftige Baulinien. Die tatsächliche Breite der Furrgasse betrage gegen 4,5 m, und lediglich im obersten Teilstück sei die Strasse nur zwischen 4,15 m und 4,3 m breit. Es bestünden unwiderrufliche privatrechtliche Vereinbarungen über die interne Erschliessung der nicht direkt an die Furrgasse anstossenden Grundstücke. Der Gemeinderat Stäfa habe seine eigene Behauptung, die Furrgasse sei keine genügende Zufahrt, mit der Erteilung einer Baubewilligung auf dem Grundstück Nr. 7200 selbst widerlegt.
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c) Der Quartierplan ermöglicht im erfassten Gebiet eine der planungs- und baurechtlichen Ordnung entsprechende Nutzung und enthält die dafür nötigen Anordnungen (§ 123 Abs. 1 PBG), insbesondere Massnahmen der Parzellarordnung und der Erschliessung. Zur Erschliessung gehört vor allem die genügende Zugänglichkeit der Grundstücke im Sinne von § 237 PBG (vgl. MÜLLER/ROSENSTOCK/WIPFLI/ZUPPINGER, Kommentar zum Zürcher Planungs- und Baugesetz, Wädenswil 1985, § 128 N 1 und N 1c). Erfordern die Umstände keine umfassende Regelung, kann sich der Quartierplan auf die nötigen Teilmassnahmen beschränken (§ 123 Abs. 2 PBG). Der Quartierplan dient sowohl öffentlichen als auch privaten Interessen. Die Allgemeinheit ist im Hinblick auf die Baulandknappheit daran interessiert, dass eingezontes Land tatsächlich überbaut werden kann, während der Quartierplan für die Grundeigentümer ein Mittel bildet, um zu baureifem Land zu kommen (WALTER HALLER/PETER KARLEN, Raumplanungs- und Baurecht, Zürich 1990, § 7 N 56 f.). Die Quartierplananlagen müssen den technischen Anforderungen vergleichbarer öffentlicher Werke entsprechen (MÜLLER/ROSENSTOCK/WIPFLI/ZUPPINGER, a.a.O., N 3 zu § 166). Die Anlage und Trassierung der Strassen eines Quartierstrassennetzes, nach der zugelassenen oder vorgesehenen Überbauungsnutzung und -art sowie nach der Topographie zu richten (HANS STOLLER, Planungs- und Baugesetz des Kantons Zürich, aktuelles Nachschlagewerk, ![]() | 15 |
Auf die Durchführung eines Quartierplanverfahrens kann verzichtet werden, wenn die Schaffung überbaubarer und erschlossener Grundstücke nicht zwingend einen Quartierplan erfordert. So kann zum Beispiel die Erstellung einer Erschliessungsstrasse ausserhalb des Quartierplanverfahrens erfolgen, wenn die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse einfach liegen und keine planungsrechtlichen Auswirkungen auf eine weitere Umgebung zu erwarten sind (HANS STOLLER, a.a.O., Teil 2.9, Kapitel 4, S. 3). Im Bereich der Furrgasse sind Grundstücke vorhanden, die noch gänzlich (Kat.-Nrn. 9268-9270 sowie 9421) bzw. teilweise (insbesondere Kat.-Nr. 7201) unerschlossen sind und deren Anschluss an die Furrgasse nicht ohne weiteres verwirklicht werden kann. Das Verwaltungsgericht hat eingehend dargelegt, dass eine blosse Verbreiterung der Furrgasse allein diese Grundstücke nicht erschliessen könne, weil die bestehenden privatrechtlichen Vereinbarungen die Zufahrten rechtlich nicht hinreichend sichern; insbesondere hätten die berechtigten Grundstücke im Falle ihrer vorzeitigen Überbauung keinen Anspruch auf Erstellung der Zufahrtsstrasse.
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d) Aus diesen Erwägungen folgt, dass das Verwaltungsgericht die Quartierplanbedürftigkeit dem Grundsatz nach ohne Verfassungsverletzung bejahen durfte; die Furrgasse ist für das Beizugsgebiet als Zufahrt ungenügend, und der Ausbau der Furrgasse allein verschafft den erwähnten unüberbauten Parzellen noch keine hinreichende Erschliessung, weshalb keine Gründe vorliegen, die einen Verzicht auf das Quartierplanverfahren rechtfertigen könnten. Die Beschwerdeführer erheben indessen verschiedene weitere Einwände, die im folgenden zu prüfen sind.
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b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts verleiht der aus Art. 4 BV abgeleitete Grundsatz von Treu und Glauben einen Anspruch auf Schutz des berechtigten Vertrauens in behördliche Zusicherungen und sonstiges, bestimmte Erwartung begründendes Verhalten der Behörden. Gemäss Praxis des Bundesgerichts ist selbst eine unrichtige Auskunft bindend, wenn die Behörde in einer konkreten Situation mit Bezug auf bestimmte Personen gehandelt hat, wenn sie für die Erteilung der betreffenden Auskunft zuständig war, wenn der Bürger die Unrichtigkeit der Auskunft nicht ohne weiteres erkennen konnte, wenn er im Vertrauen auf die Richtigkeit der Auskunft Dispositionen getroffen hat, die nicht ohne Nachteil rückgängig gemacht werden können und wenn die Rechtslage seit der Auskunftserteilung keine Änderung erfahren hat (BGE 115 Ia 18 E. a, BGE 114 Ia 213 E. a).
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c) Im vorliegenden Fall fehlt es vor allem am letzten Erfordernis. Der Quartierplan Sunnenhalden-Bürgistobel (östlicher Teil), in welchen die Grundstücke von neun der Beschwerdeführer miteinbezogen worden sind, wurde vom Gemeinderat Stäfa am ![]() | 21 |
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b) Der Einbezug der Grundstücke der Beschwerdeführer in den Teilquartierplan Furrgasse stellt eine Eigentumsbeschränkung dar. Eine solche ist mit Art. 22ter BV nur vereinbar, wenn sie auf gesetzlicher Grundlage beruht, im öffentlichen Interesse liegt, den Verhältnismässigkeitsgrundsatz nicht verletzt und, sofern sie in ihrer Wirkung einer Enteignung gleichkommt, gegen Entschädigung erfolgt (BGE 115 Ia 29 E. 4, BGE 114 Ia 249 E. 5a, 337 E. 2, BGE 110 Ia 33, BGE 105 Ia 226 E. 2a, mit Hinweisen).
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c) Die Beschwerdeführer machen in Missachtung von Art. 90 OG nicht geltend, worin genau die Verletzung der Eigentumsgarantie liegen soll. Es ist möglich, dass sie der Ansicht sind, der ![]() | 24 |
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