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2. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 27. Februar 1992 i.S. P. T. gegen Steuerverwaltung und Verwaltungsgericht des Kantons Luzern (staatsrechtliche Beschwerde und Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 4 BV, Willkür, Rechtsgleichheit, überspitzter Formalismus; Fristwahrung bei der Bezahlung von Kostenvorschüssen, Sammelauftragsdienst der PTT. |
Auswirkungen der neuen bundesgerichtlichen Rechtsprechung zur Bezahlung des Kostenvorschusses per Sammelauftragsdienst (BGE 117 Ib 220) auf kantonale Verfahren? Eine kantonale Behörde verletzt nicht schon dadurch verfassungsmässige Rechte, dass sie kantonalrechtliche Fristwahrungsbestimmungen noch entsprechend der früheren bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 32 OG auslegt (E. 2). | |
Sachverhalt | |
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Die Verfügung traf bei der Vertreterin von P. T. am 18. Januar 1989 (Mittwoch) ein. Die Frist endigte somit am 28. Januar beziehungsweise, da dieser Tag ein Samstag war, am Montag, den 30. Januar 1989. P. T. erteilte am 25. Januar 1989 (Mittwoch) seiner Bank den Auftrag, den Kostenvorschuss auf die Kasse des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern zu überweisen. Die Bank belastete das Konto von P. T. am 26. Januar 1989. Zur Ausführung des Auftrags benützte sie den Sammelauftragsdienst der PTT. Der Datenträger, auf welchem auch der Auftrag von P. T. aufgeführt war, wurde noch am 26. Januar 1989 in Basel zur Post gegeben. Für den Auftrag war als Fälligkeitsdatum der 30. Januar 1989 eingesetzt.
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Der Datenträger lag der Verarbeitungsstelle bei den Postcheckdiensten der PTT in Bern erst am 30. Januar 1989 (Montag), dem letzten Tag der Frist, vor, welche die Gutschrift auf dem Konto des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern somit erst am 31. Januar 1989 vornehmen konnte.
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Mit Urteil vom 9. März 1989 trat das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern auf die Beschwerde von P. T. nicht ein. Es begründete den Nichteintretensentscheid damit, dass der Kostenvorschuss nicht rechtzeitig bezahlt worden sei.
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Gegen dieses Urteil erhob P. T. Verwaltungsgerichtsbeschwerde, soweit das Urteil die direkte Bundessteuer, und staatsrechtliche Beschwerde, soweit es die Staats- und Gemeindesteuern zum Gegenstand hat.
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Erwägungen: | |
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b) Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann der Beschwerdeführer die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens rügen (Art. 104 lit. a OG). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts kann dabei auch die Rüge der Verletzung von Bundesverfassungsrecht erhoben werden, soweit diese eine Angelegenheit betrifft, die in die Sachzuständigkeit der eidgenössischen Verwaltungsrechtspflegeinstanz fällt (BGE 111 Ib 202 E. 2 mit Hinweisen). Haben kantonale Instanzen Bundesverwaltungsrecht anzuwenden und ist in der Hauptsache die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig, so ist die Rüge, das kantonale Verfahrensrecht sei in Art. 4 BV verletzender Weise angewendet worden, ebenfalls mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde geltend zu machen, und zwar selbst dann, wenn nicht gleichzeitig eine Verletzung von materiellem Bundesverwaltungsrecht behauptet wird, dessen Anwendung indessen übermässig erschwert oder gar vereitelt werden könnte (a.a.O.).
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Tritt eine kantonale Behörde auf ein Rechtsmittel allein gestützt auf kantonales Verfahrensrecht nicht ein, führt dies dazu, dass die korrekte Anwendung von Bundesrecht nicht überprüft wird, letztlich also die Durchsetzung von Bundesrecht vereitelt werden könnte. Im vorliegenden Fall ist daher der Nichteintretensentscheid mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde anzufechten. Dies heisst jedoch nicht, dass die Anwendung von kantonalem Recht frei geprüft wird. Es ist nur zu prüfen, ob die kantonale Behörde das kantonale Recht in einer Bundesverfassungsrecht verletzenden Weise angewendet hat. Die Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts geht daher nicht weiter als bei der staatsrechtlichen Beschwerde.
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b) Massgeblicher Gesichtspunkt für die von einer Mehrheit des Gesamtbundesgerichts beschlossene Änderung der Rechtsprechung zu Art. 32 OG ist, im Sinne einer Vereinheitlichung und Gleichbehandlung sämtlicher Zahlungsarten vom Erfordernis abzusehen, dass die Gutschrift auf dem Konto der Gerichtskasse am letzten Tag der Frist erfolgt sein muss. Nach der früheren Praxis galt dieses Erfordernis einzig im Fall, wo eine Bank mit der Zahlung des Kostenvorschusses beauftragt wurde und den Sammelauftragsdienst der PTT benützte. Bei allen anderen Zahlungsarten (Bezahlung mit Einzahlungsschein, Zustellung eines Post- oder Bankchecks, Giromandat) genügte es, wenn der Kostenvorschuss am letzten Tag der Frist bei einer Poststelle einbezahlt oder die Sendung mit dem Überweisungsauftrag beziehungsweise dem Check am letzten Tag dieser Frist der Post übergeben wurde. Diese Praxis hatte zur Folge, dass bei einer häufig benützten Zahlungsart die Zahlungsfrist faktisch verkürzt wurde, weil die mit der Zahlung beauftragte Bank den ![]() | 13 |
c) Die auf die frühere bundesgerichtliche Rechtsprechung gestützte Praxis des Kantons Luzern verstösst indessen nicht gegen verfassungsmässige Rechte.
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Vorerst fällt eine Verletzung des Willkürverbots ausser Betracht. Orientiert sich nämlich eine kantonale Behörde erklärtermassen gerade an der publizierten und noch geltenden Bundesgerichtspraxis, die auf der Auslegung einer bundesrechtlichen Norm beruht, kann ihr nicht vorgeworfen werden, ihr Entscheid sei unhaltbar und damit willkürlich.
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Das Rechtsgleichheitsgebot wäre nur verletzt, wenn sich für eine unterschiedliche Behandlung von Sammelauftragsdienst einerseits und der übrigen Zahlungsarten anderseits überhaupt keine sachlichen und vernünftigen Gründe anführen liessen. Wohl hat sich das Bundesgericht für eine Gleichbehandlung sämtlicher Zahlungsarten entschieden, was aber nicht heisst, dass die gegenteilige Lösung angesichts der unterschiedlichen Zahlungsabläufe mit dem Rechtsgleichheitsgebot unvereinbar wäre.
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Wird der Sammelauftragsdienst benützt, so wird der Datenträger durch die beauftragte Bank zuerst an eine Zentralstelle der Banken übermittelt. Diese gibt den Zahlungsauftrag zusammen mit anderen Aufträgen auf einen Datenträger ein, und sie hat anzugeben, wann die Zahlungen auszuführen sind. Der Datenträger wird an die Verarbeitungsstelle der PTT übermittelt. Erst zum Zeitpunkt, da diese den Datenträger bearbeitet, liegen den PTT die einzelnen Zahlungsaufträge als individuell erfasste und ausführbare Aufträge vor. Angesichts dieser einzig bei Benützung des Sammelauftragsdienstes herrschenden Besonderheit war es vertretbar, die Einsetzung eines richtigen Fälligkeitsdatums und die innert Frist erfolgte Übergabe des Datenträgers an die Post nicht genügen zu lassen, weil eine fristgerechte postalische Erfassung des Auftrags nicht nur wegen des Zustellungswegs, sondern schon technisch bedingt ausgeschlossen war. Dabei konnte eben das eingesetzte Fälligkeitsdatum, wenn es nach den postalischen Vorschriften im Zeitpunkt der Verarbeitung nicht mehr zu berücksichtigen (sondern auf das nächstfolgende Bearbeitungsdatum zu verschieben) war, gar nicht "richtig" sein. Die neue ![]() | 17 |
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