BGE 118 Ia 110 | |||
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15. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 30. Januar 1992 i.S. R. gegen K. und Mitbeteiligte sowie Appellationshof des Kantons Bern (staatsrechtliche Beschwerde) | |
Regeste |
Art. 86 Abs. 2 und 87 OG. | |
Sachverhalt | |
Mit Urteil vom 5. November 1990 wies der Appellationshof des Kantons Bern eine Forderungsklage des R. gegen K. und Mitbeteiligte ab. R. führt staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, dieses Urteil sowie den gleichentags getroffenen Vorfrageentscheid betreffend Rückweisung seiner Eingabe vom 14. März 1990 wegen Verletzung von Art. 4 BV aufzuheben; eventuell sei die erwähnte Eingabe samt den damit eingereichten Akten, Plänen und Urkunden zu den Prozessakten zu erkennen.
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Die Beschwerdegegner beantragen, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, eventuell sei sie abzuweisen. Der Appellationshof schliesst sich diesem Antrag an und verweist zur Begründung auf die Vernehmlassung der Beschwerdegegnerin 2.
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Das Bundesgericht tritt auf die Beschwerde nicht ein aus folgenden
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Erwägungen: | |
3. Die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV ist gemäss Art. 86 Abs. 2 und 87 OG nur gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide zulässig. Das setzt voraus, dass die vor Bundesgericht erhobenen Rügen mit keinem kantonalen Rechtsmittel hätten geltend gemacht werden können (BGE 116 Ia 74, BGE 114 Ia 201, BGE 109 Ia 89).
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Urteile der Zivilkammern des bernischen Appellationshofs unterliegen der Nichtigkeitsklage an dessen Plenum (Art. 7 Abs. 3 ZPO/BE). Gemäss Art. 359 Ziff. 3 ZPO kann mit dieser Klage gerügt werden, der sich beschwerenden Partei sei das vollständige rechtliche Gehör verweigert worden. Der Beschwerdeführer macht in seiner ergänzenden Eingabe geltend, gemäss neuer Praxis des Plenums des Appellationshofs stehe ihm die Nichtigkeitsklage für die Rüge, sein Gehörsanspruch sei durch die Nichtabnahme angebotener Beweise verletzt worden, nicht mehr zur Verfügung. Die Beschwerdegegnerin 2 hält diese Auffassung zu Recht für verfehlt. Denn der Beschwerdeführer und auch der von den Beschwerdegegnern 1 erwähnte Autor BRÖNNIMANN (Die Behauptungs- und Substantiierungslast im schweizerischen Zivilprozessrecht, Bern 1989, S. 195, Fn. 999) messen dem Entscheid des Plenums des Berner Appellationshofs vom 12. November 1982 (veröffentlicht in ZBJV 121/1985 S. 288 ff.) eine Tragweite bei, die ihm nicht zukommt. Darin wird wohl festgehalten, dass weder die Systematik noch der Wortlaut des Gesetzes den Schluss zulassen, der Nichtigkeitsgrund von Art. 359 Ziff. 3 ZPO sei bereits ohne weiteres gegeben, wenn Parteianbringen nicht gewürdigt oder beantragte Beweise nicht ausgehoben werden. Keineswegs heisst dies dagegen, dass die Nichtabnahme beantragter Beweise allgemein nicht mehr als Grund für eine Nichtigkeitsklage gemäss Art. 359 Ziff. 3 ZPO in Frage kommen könnte. Das Plenum des Appellationshofs hat es lediglich abgelehnt, auf eine solche Nichtigkeitsklage hin eine Kontrolle appellatorischen Charakters vorzunehmen. Es soll m.a.W. ausgeschlossen sein, dass Entscheide des Appellationshofs auf dem Wege der Geltendmachung angeblich unvollständiger oder unrichtiger Beweiswürdigung durch eine kantonale Instanz auch materiellrechtlich überprüft werden können, wie dies bei den der Nichtigkeitsklage gemäss Art. 360 ZPO unterliegenden erstinstanzlichen Entscheiden möglich ist (ZBJV 121/1985 S. 290). Dies entspricht durchaus Wortlaut und Sinn der gesetzlichen Bestimmung. Ob die Nichtabnahme beantragter Beweise den Gehörsanspruch verletzt, wird vom Plenum des Appellationshofs auf Nichtigkeitsklage hin nach wie vor geprüft. Wird diese Rüge unter dem Titel der Verletzung des rechtlichen Gehörs somit zugelassen, so stösst auch die von BRÖNNIMANN (a.a.O.) an der Berner Rechtsprechung geübte Kritik ins Leere.
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Soweit der Beschwerdeführer den Vorwurf der Gehörsverweigerung direkt beim Bundesgericht erhebt, statt den Kammerentscheid vorgängig mit kantonaler Nichtigkeitsklage beim Plenum des Appellationshofs anzufechten, ist demnach auf seine Beschwerde mangels Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges nicht einzutreten. Dies trifft nicht nur auf die Hauptrüge zu, seine Beweismitteleingabe vom 14. März 1990 hätte nicht weggewiesen werden dürfen, sondern auch auf den Einwand, es hätte im kantonalen Verfahren ein zweiter Schriftenwechsel durchgeführt werden sollen. Die behauptete Verletzung kantonaler Verfahrensbestimmungen (Art. 89, 92 und 93 ZPO) läuft ebenfalls durchwegs auf den Vorwurf hinaus, es sei dem Beschwerdeführer das rechtliche Gehör verweigert worden. Auch dies wäre vorgängig mit Nichtigkeitsklage gemäss Art. 359 Ziff. 3 ZPO beim Plenum des Appellationshofs zu rügen gewesen.
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