BGE 118 Ia 406 | |||
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55. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 25. November 1992 i.S. G. und Mitb. gegen Regierungsrat des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde) | |
Regeste |
Art. 22ter BV; Festsetzung von Baulinien für einen Seeuferweg. | |
Sachverhalt | |
G., B. und H. gehören je eine Liegenschaft in der Gemeinde Kilchberg. Alle Grundstücke liegen direkt nebeneinander und sind der Wohnzone im empfindlichen Gebiet (W1) zugeteilt. Mit Verfügung Nr. 2814 vom 16. August 1988 setzte die Direktion der öffentlichen Bauten des Kantons Zürich (Baudirektion) Verkehrsbaulinien für den Seeuferweg S-61 auf dem Gebiet der Gemeinde Kilchberg fest. Gegen diese Verfügung erhoben G., B. und H. Rekurs an den Regierungsrat des Kantons Zürich in der Hauptsache mit dem Antrag, die Seeuferweg-Baulinien seien im Bereich der fraglichen Grundstücke aufzuheben. Am 19. Dezember 1990 wies der Regierungsrat die Rekurse ab.
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G., B. und H. führen gegen den Entscheid des Regierungsrates am 4. bzw. 8. Februar 1991 staatsrechtliche Beschwerde. Sie verlangen die Aufhebung des angefochtenen Entscheides. Das Bundesgericht heisst die Beschwerden von G. und B. vollumfänglich, diejenige von H. teilweise gut.
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Aus den Erwägungen: | |
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Die verhältnismässig bescheidene Breite des Parzellenstreifens, welcher mit der Baulinie belastet ist, könnte zur Annahme verleiten, dass von einem die verfassungsmässigen Rechte des Beschwerdeführers verletzenden Eingriff in sein Eigentum nicht gesprochen werden kann. Der Vergleich mit den grösseren Abständen, welche die Seeuferbaulinie in anderen Abschnitten gegenüber den seeuferseitigen Parzellengrenzen aufweist, scheint diese Annahme zu bestätigen. Werden jedoch die bestehenden baulichen Verhältnisse sowie das Niveau des Geländes betrachtet, so ergeben sich Bedenken. Die Vertreter des Staates legten dar, dass der etwa 2 Meter breite Seeuferweg ungefähr einen halben Meter über dem Seespiegel angelegt werden solle; eine zeitweilige Überflutung des Weges bei hohem Wasserstand sei in Kauf zu nehmen. Bei einer derartigen Gestaltung schliesst der Weg an die relativ hohe bestehende Ufermauer an und kommt vollständig auf heutiges Seeareal zu liegen. Die teilweise aufgefüllte ehemalige kleine Haab, in welcher ein ufernaher Sitzplatz angelegt wurde, muss allerdings geändert werden. Insoweit wird die Ufergestaltung auf der Parzelle des Beschwerdeführers eine Änderung erfahren müssen.
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Bei einer Wegführung nahe dem Seespiegel ist ein Einblick in das Gartenareal der Liegenschaft des Beschwerdeführers mit Ausnahme des von der ehemaligen Haab erfassten Abschnittes nicht möglich, wie am Augenschein gezeigt wurde. Dementsprechend ist auch nicht zu befürchten, dass die Weganlage durch eine irgendwie störende Gestaltung der in Frage stehenden Gartenfläche beeinträchtigt werden könnte. Sodann wurde das Wohnhaus des Beschwerdeführers vollständig auf Seeanlageland gebaut. Die Landanlagekonzession enthält zwar keinen Vorbehalt für die spätere Anlegung eines Seeuferweges; der Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers wurde vielmehr verpflichtet, den angrenzenden Schilfbestand im Seeareal zu pflegen. Dennoch ist für allfällige Bauten auf Seeanlageland die Zustimmung der kantonalen Baudirektion erforderlich. Ausserdem müssen bauliche Anlagen einen Mindestabstand von Gewässern einhalten. Gemäss § 62 PBG (Gesetz über die Raumplanung und das öffentliche Baurecht vom 7. September 1975) ist gegenüber öffentlichen Gewässern und Baulinien für Fluss- und Bachkorrektionen der gleiche Abstand wie gegenüber Nachbargrundstücken, mindestens jedoch ein solcher von 5 Metern einzuhalten; die Baudirektion kann dieses Mass im Einzelfall erhöhen.
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In Beachtung dieser Rechtslage ist eine Inanspruchnahme des von der Baulinie belasteten Abschnittes, der vom vorgesehenen Niveau des Seeuferweges aus gar nicht einsehbar ist, für bauliche Anlagen wohl ausgeschlossen. Auch schliesst es die beachtliche Niveaudifferenz zwischen der nur wenig über dem Seespiegel vorgesehenen Wegführung aus, dass der mit der Baulinie belastete Abschnitt des Gartens, dessen Ausmass zwischen Wohnhaus und Ufermauer bescheiden ist, als eine den Weg begleitende Grünanlage in Betracht kommen kann. Eine solche, vom Weg gar nicht einsehbare Grünanlage wäre durch kein öffentliches Interesse zu rechtfertigen.
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Diese sich aus den örtlichen Verhältnissen, insbesondere dem Niveau des Gartens und demjenigen des Weges ergebende Beurteilung unterscheidet sich von der nur teilweise vergleichbaren Lage bei der Liegenschaft von A. F. in Thalwil (BGE 118 Ia 400 E. 4a). Auch bei jener Parzelle kann zwar der Weg unterhalb einer Ufermauer angelegt werden, doch ist diese weniger hoch. Sie schliesst daher den Blick in das Gartenareal nicht von vornherein aus, weshalb im Zusammenhang mit der Weganlage eine Gestaltung gefunden werden muss, die zu einer zumutbaren Belastung für A. F. führt (vgl. BGE 118 Ia 400 E. 4a). Diese Verschiedenheit der tatsächlichen Verhältnisse rechtfertigt die Belastung der Liegenschaft A. F. mit der Baulinie, da die entsprechende Fläche in die Ausführungsprojektierung einbezogen werden muss.
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Auf Grund der bei der Liegenschaft G. gegebenen Niveauverhältnisse entbehrt demgegenüber die in einem Abstand von rund 5,5 Metern von der Parzellengrenze festgesetzte Baulinie eines ihrem Zweck dienenden Sinnes. Sie ist nicht notwendig zur Sicherung der Weganlage. Die nur etwa 3 Meter breite ehemalige Bootshaab, die umgestaltet werden muss, führt zu keinem anderen Schluss. Die Weganlage wird auch in jenem Bereich durch eine den Interessen des Beschwerdeführers so weit wie möglich Rechnung tragende Einfriedigung ihre Begrenzung finden müssen, wofür sich eine Baulinienbelastung im vorgenommenen Ausmass nicht rechtfertigen lässt. Kann jedoch der Baulinie kein ihrem Zweck entsprechender Sinn beigelegt werden, so fehlt ein ausreichendes öffentliches Interesse für deren Festsetzung im genannten Abstand von der Parzellengrenze. Damit erweist sich die Eigentumsbeschränkung auch als unverhältnismässig. Die Überlegung, die Linie führe zu keiner ins Gewicht fallenden Eigentumsbeschränkung, da sie nur Land belaste, auf welchem ohnehin keine baulichen Anlagen errichtet werden dürften, vermag diese Folgerung nicht zu entkräften, führt doch die Linie zu weiteren rechtlichen Nachteilen wie der Androhung der Enteignungsfolge. Wenn sich bereits aus der Überprüfung der Linienfestsetzung ergibt, dass eine Enteignung des Gartenareales für die Weganlage nicht in Betracht kommt und der Landstreifen auch nicht als eine den Weg begleitende Grünanlage in Frage kommen kann, so hat dies zur Aufhebung der Linie zu führen.
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Es folgt hieraus, dass die staatsrechtliche Beschwerde von G. gutzuheissen ist. Freilich ist hieraus nicht zu folgern, dass keine landseitige Baulinie für den der Ufermauer entlangführenden Weg gezogen werden darf. Die Notwendigkeit, Bauarbeiten entlang der Mauer auszuführen und die nötige Umgestaltung der ehemaligen kleinen Bootshaab zu veranlassen, wird eine gegen die Grenzmauer verschobene Linie zu rechtfertigen vermögen, doch ist es Sache der zuständigen Planungsbehörden, die nötigen Abklärungen für eine sachgerechte und dem Gesetzeszweck entsprechende Baulinienziehung zu treffen und nach Durchführung des ordnungsgemässen Verfahrens, in dem auch der Beschwerdeführer zu Worte kommen kann, einen neuen Festsetzungsbeschluss zu erlassen.
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