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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
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49. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 17. Dezember 1993 i.S. Scheidegger Metallbau AG gegen ARGE Merkle/Roffler/Roffag (bestehend aus: Merkle Metallbau AG, Roffler & Co., Roffag Metallbau AG) und Regierung des Kantons Graubünden (Verwaltungsgerichtsbeschwerde und staatsrechtliche Beschwerde) | |
Regeste |
Submission: Arbeits- und Lieferungsvergebung. |
2. Da Vergebungsentscheiden der Charakter eines hoheitlichen Aktes gemäss Art. 84 OG fehlt und kein rechtlich geschützter Anspruch auf den Zuschlag besteht, ist eine materielle Anfechtung der Vergebung mit staatsrechtlicher Beschwerde unzulässig. Mit staatsrechtlicher Beschwerde kann einzig eine formelle Rechtsverweigerung durch Verletzung der durch das kantonale Verfahrensrecht gewährleisteten oder unmittelbar aus Art. 4 BV fliessenden Parteirechte geltend gemacht werden (E. 3c). |
3. Bei der Bestimmung des Kreises der im Submissionsverfahren geschützten formellen Befugnisse ist den Besonderheiten dieses Verfahrens Rechnung zu tragen; in Betracht fallen nur Ansprüche, welche den eigentlichen Verfahrensablauf betreffen. Soweit eine Verletzung von direkt aus Art. 4 BV fliessenden Regeln geltend gemacht wird, ist zu beachten, dass diese auf hoheitliche Verfügungsverfahren zugeschnitten und daher auf das Submissionsverfahren nur bedingt anwendbar sind (E. 4b; Präzisierung der Rechtsprechung). | |
Sachverhalt | |
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"Die Ausschreibung hat aufgrund der Preisanalyse ergeben, dass die Firma Scheidegger in den offiziellen Ausschreibungsunterlagen unter Pos. 4 (Paneelen) nicht devisgerecht offeriert hat, sondern einzig eine Unternehmervariante eingereicht hat.
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Gemäss Weisungen des ASB (Bundesamt für Strassenbau) sowie Submissionsverordnung des Kantons Graubünden und den allgemeinen Bedingungen des kantonalen Hochbauamtes ist aber erforderlich, dass eine Variante nebst dem offiziellen Angebot eingereicht wird."
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Die Scheidegger Metallbau AG hat mit zwei gesonderten Eingaben an das Bundesgericht sowohl staatsrechtliche Beschwerde als auch Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben. Das Bundesgericht tritt auf die beiden Beschwerden nicht ein.
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Aus den Erwägungen: | |
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Für Hoch- und Tiefbauten der Bundesverwaltung und ihrer Regiebetriebe gelten die Vorschriften der Verordnung vom 31. März 1971 über die Ausschreibung und Vergebung von Arbeiten und Lieferungen bei Hoch- und Tiefbauten des Bundes (SR 172.056.12; eidgenössische Submissionsverordnung). Die Regeln der eidgenössischen Submissionsverordnung sind nach Art. 1 Abs. 2 dieses Erlasses, besondere Regelungen vorbehalten, "sinngemäss" auch anzuwenden "auf Arbeiten und Lieferungen für Bauten, zu deren Finanzierung der Bund beiträgt".
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Für Arbeiten und Lieferungen, welche der Kanton Graubünden zu vergeben hat, gelten die Vorschriften der grossrätlichen Verordnung vom 28. Mai 1919 über das Submissionswesen (SubV).
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b) Die Sanierung des Gebäudes der Kantonspolizei und des Strassenverkehrsamtes, welche Gegenstand des vorliegend zu beurteilenden Submissionsverfahrens bildet, wird vom Bund zu Lasten der Nationalstrassenrechnung mit 20,5% subventioniert. Ob und ![]() | 8 |
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Zu einer Abweichung von dieser Rechtsprechung besteht kein Anlass. Auf die gegen den beanstandeten Vergebungsentscheid erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist mangels eines tauglichen Anfechtungsobjektes nicht einzutreten, ohne dass noch abzuklären wäre, wieweit sich dieser Entscheid auf Bundesrecht stützt.
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b) Gemäss ständiger Rechtsprechung sind kantonale Vergebungsentscheide, da ihnen der Charakter eines hoheitlichen Aktes im Sinne von Art. 84 OG abgeht, grundsätzlich auch nicht mit staatsrechtlicher Beschwerde anfechtbar (BGE 115 Ia 76 E. 1b S. 78; BGE 106 Ia 323 E. 3a S. 325; BGE 101 IV 407 E. 1b S. 411; Urteil vom 18. Februar 1991, in ZBl 92/1991 S. 560 E. 2b S. 561).
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Da regelmässig kein rechtlich geschützter Anspruch auf den Zuschlag besteht, fehlt dem nicht berücksichtigten Bewerber insoweit zugleich die nach Art. 88 OG erforderliche Legitimation zur materiellen Anfechtung des Vergebungsentscheides (BGE 115 Ia 76 E. 1c S. 78 f., mit Hinweisen).
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d) Einer analogen Betrachtungsweise bei der Anfechtung bundesrechtlich geordneter Submissionsverfahren durch Verwaltungsgerichtsbeschwerde, wie sie vom Bundesgericht in einem Urteil vom 5. Dezember 1980 (Rep. 1980, S. 234) erwogen wurde (vgl. auch unveröffentlichtes Urteil i.S. W. vom 11. Juli 1984), steht Art. 101 lit. a OG entgegen. Danach kann dieses Rechtsmittel, wenn es gegen die Endverfügung ausgeschlossen ist, auch nicht gegenüber irgendwelchen Zwischenverfügungen oder zur Geltendmachung von Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung im betreffenden Verfahren ergriffen werden (Grundsatz der Einheit des Verfahrens; BGE 111 Ib 73; BGE 119 Ib 414 E. 2a; FRITZ GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., Bern 1983, S. 106 f., 237). Da der im Submissionsverfahren ergehende Vergebungsentscheid, wie dargelegt ![]() | 14 |
e) Vorliegend ist somit die staatsrechtliche Beschwerde zulässig; und zwar allein zur Geltendmachung von Verfahrensverletzungen, die einer formellen Rechtsverweigerung gleichkommen. Das Rechtsmittel der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist hingegen ausgeschlossen. Die miteingereichte Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist daher ebenfalls als staatsrechtliche Beschwerde zu behandeln (vgl. BGE 118 Ib 145 E. 6 S. 153).
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b) Anders liegen die Verhältnisse indessen dort, wo sich die staatsrechtliche Beschwerde, mangels eines kantonalen Rechtsmittels, direkt gegen den Vergebungsentscheid oder im Vergebungsverfahren ergangene Anordnungen richtet oder wo das kantonale Recht zwar ein Rechtsmittel zur Verfügung stellt, die im Anschluss an einen solchen Rechtsmittelentscheid mittels staatsrechtlicher Beschwerde erhobenen Verfahrensrügen sich aber nicht auf das kantonale Rechtsmittelverfahren, sondern unmittelbar auf das Submissionsverfahren selber beziehen (und die betreffenden Verfahrensverletzungen in Anbetracht der beschränkten Kognition der kantonalen Rechtsmittelinstanz nicht als geheilt betrachtet werden können). Hier stellt sich die Frage, welche Befugnisse der Teilnehmer am Submissionsverfahren im Sinne der in E. 3c erwähnten Rechtsprechung als Verfahrensrechte zu betrachten sind, deren Verletzung einer formellen Rechtsverweigerung gleichkommt, und wo die Grenze gegenüber den - der bundesgerichtlichen Überprüfung entzogenen - materiellrechtlichen Belangen der Vergebung zu ziehen ist.
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bb) Bei der Bestimmung des Kreises der geschützten formellen Befugnisse muss den Besonderheiten des Submissionsverfahrens Rechnung getragen werden: Dieses ist dadurch gekennzeichnet, dass es nicht zu einer verbindlichen hoheitlichen Verfügung führt, sondern allein der Einholung und Evaluation privatrechtlicher Offerten ![]() | 19 |
cc) Zu den Verfahrensgarantien, welche nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes unabhängig von der Beschwerdelegitimation in der Sache geltend gemacht werden können, gehören nebst den in den einschlägigen Verfahrensordnungen vorgesehenen Befugnissen auch die - subsidiär Platz greifenden - unmittelbar aus Art. 4 BV fliessenden minimalen Parteirechte (BGE BGE 118 Ia 232 E. 1a S. 234 f., mit Hinweisen; BGE 114 Ia 307 E. 3c S. 312 f.). Diese sind jedoch auf hoheitliche Verfügungsverfahren zugeschnitten und daher auf das Submissionsverfahren nur bedingt anwendbar. Es entspricht Zweck und Wesen dieses besonderen Verfahrens, dass die üblichen Parteirechte (Anspruch auf Teilnahme an Beweiserhebungen, auf Stellungnahme zum Beweisergebnis, auf Akteneinsicht, auf Begründung des Entscheides usw.) hier grundsätzlich nicht zum Zuge kommen können. Unmittelbar aus Art. 4 BV folgende Minimalgarantien können immerhin auch in einem Submissionsverfahren etwa dann Platz greifen, wenn es um die von den Verwaltungsbehörden zu beachtenden Ausstandspflichten geht (vgl. BGE 112 Ia 142 E. 2d S. 147; BGE 107 Ia 135 E. 2b S. 137).
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5. a) Die Beschwerdeführerin rügt mit ihrer staatsrechtlichen Beschwerde eine Verletzung von Art. 9 Abs. 3 SubV. Danach dürfen von der vergebenden Instanz nur Angebote berücksichtigt werden, "welche den Anforderungen entsprechen, die der Ausschreibung zugrunde liegen". Nach Auffassung der Beschwerdeführerin ist die Annahme der Regierung, ihre Offerte sei nicht "devisgemäss", krass willkürlich und "überspitzt formalistisch". Die Beschwerdeführerin führt aus, sie sei wegen mangelhafter bzw. nicht erfüllbarer ![]() | 21 |
b) Die Regierung des Kantons Graubünden stellt in ihrer Vernehmlassung zur staatsrechtlichen Beschwerde in Abrede, dass die vorgeschriebene Konstruktionsart Mängel aufgewiesen habe und die Beschwerdeführerin damit zur Einreichung einer Variante gezwungen gewesen sei. Es habe denn auch keiner der übrigen zwölf Submittenten die geforderte Konstruktionsart bemängelt.
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c) Wie es sich damit verhält, kann dahingestellt bleiben. Ob eine Offerte den in der Ausschreibung formulierten technischen Anforderungen entspricht oder ob sie wegen Abweichung von den Vorgaben gemäss Art. 9 Abs. 3 SubV unberücksichtigt bleiben muss, ist eine den materiellen Vergebungsentscheid berührende Sachfrage, jedenfalls nicht eine Frage der Verletzung von eigentlichen Parteirechten, welche im Sinne der vorstehenden Darlegungen als formelle Rechtsverweigerung angefochten werden könnte. Es ist daher auf diese Rüge nicht einzutreten. Entsprechendes gilt für den Einwand der Beschwerdeführerin, sie sei in bezug auf die Handhabung von Art. 9 Abs. 3 SubV oder sonstiger Zuschlagskriterien gegenüber andern Bewerbern rechtsungleich behandelt worden.
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d) Auch aufgrund der Ausführungen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist nicht erkennbar, dass und inwiefern eigentliche Verfahrensgarantien, die sich aus den allenfalls anwendbaren (bzw. zusätzlich anwendbaren) eidgenössischen Vergebungsvorschriften ergeben, durch das beanstandete Vorgehen der kantonalen Behörde verletzt worden wären. Ob die eingereichte Offerte den technischen Vorgaben entspricht, ist auch unter dem Gesichtswinkel der eidgenössischen Vorschriften vorab eine Frage der materiellen Beurteilung der Offerte.
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