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6. Auszug aus dem Urteil vom 25. Februar 1972 i.S. Verband nordostschweizerischer Käserei- und Milchgenossenschaften gegen Gwerder und Eidg. Volkswirtschaftsdepartement. | |
Regeste |
Milchstatut: Bewilligung der Einrichtung und des Betriebs neuer Anlagen zur Herstellung und Abfüllung von Pastmilch. | |
Sachverhalt | |
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Gegen diesen Entscheid erhob Anton Gwerder Beschwerde. Diese wurde vom EVD am 31. August 1971 mit der Begründung gutgeheissen, dass gesamthaft die geordnete und kostensparende Konsummilchversorgung und die zweckmässige Milchverarbeitung durch die Selbstherstellung nicht gestört würden und dass örtlich von der Eigenfabrikation eine Verbesserung der Verhältnisse in bezug auf die Deckung des Pastmilchbedarfes und die zweckmässige Milchverwertung zu erwarten seien.
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B.- Gegen diesen Entscheid erhebt der Milchverband Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Er beantragt, das Bewilligungsgesuch des Anton Gwerder sei abzulehnen.
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Anton Gwerder beantragt die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde; ebenso das EVD für den Fall, dass auf die Beschwerde eingetreten werde.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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2. Nach Art. 21 bis Abs. 4 Milchbeschluss sind die Erstellung und der Betrieb neuer Anlagen für die Herstellung und Abfüllung von Pastmilch nur zu bewilligen, "wenn dadurch gesamthaft die geordnete und kostensparende Konsummilchversorgung und die zweckmässige Milchverarbeitung nicht gestört werden und eine einwandfreie Qualität gewährleistet wird". Die Qualitätsfrage ist nicht streitig. Die Handelsstelle des Schweizerischen Milchkäuferverbandes hat der Abteilung für ![]() | 6 |
a) Das EVD ging im angefochtenen Entscheid davon aus, bei Selbstherstellung könnte Anton Gwerder einen Jahresumsatz von 12 000 l erreichen. Nach Ansicht des Milchverbandes ist eine derartige Entwicklung des Pastmilchumsatzes "völlig unwahrscheinlich". Wie es sich damit verhält, kann das Bundesgericht frei prüfen (Art. 104 lit. b OG und Umkehrschluss aus Art. 105 Abs. 2 OG). Dabei ist indes zu berücksichtigen, dass es sich um eine Schätzung für die Zukunft handelt und zwar auf einem Spezialgebiet, in dem die zuständige Verwaltungsbehörde über grosse Erfahrung verfügt. Das Bundesgericht hat daher seine Überprüfung auf die Frage zu konzentrieren, ob die möglichen und zumutbaren Abklärungen getroffen wurden und ob die angestellte Schätzung den Beurteilungsfaktoren in vernünftiger Weise Rechnung trägt.
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Entgegen der Darstellung des Milchverbandes ist die von der Vorinstanz getroffene Schätzung nicht "ohne Abklärung der wirklichen Verhältnisse" erfolgt. Das EVD hat Abklärungen getroffen, die insofern erst ermöglicht wurden, als Anton Gwerder die Anlage im April 1971 eigenmächtig angeschafft und vorübergehend betrieben hatte. Während dieser Zeit konnte bereits eine erhebliche Umsatzsteigerung festgestellt werden. Hinzukommt, dass der Gemeinderat Muotathal das Gesuch des Anton Gwerder unterstützte und dass insbesondere der Milchkäuferverband Schwyz und Umgebung auf die Anstrengungen für den touristischen Aufschwung im Muotathal hinwies. Dass noch weitere Abklärungen hätten getroffen werden können und müssen, ist nicht ersichtlich; der Milchverband macht diesbezüglich denn auch keine Vorschläge.
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Aufgrund ihrer Feststellungen durfte das EVD eine Umsatzsteigerung bis auf 30-351 pro Tag im Jahresdurchschnitt oder rund 12 0001 im Jahr schätzen. Gestützt darauf sowie auf die ![]() | 9 |
b) Anton Gwerder hat glaubwürdig dargetan und das EVD mit Recht darauf abgestellt, dass die Ausnützung des Touristenkonsumbedarfs wegen dessen wetterbedingten Schwankungen eine flexible und kurzfristig anpassungsfähige Produktionsmöglichkeit voraussetzt. Die Zulieferung aus Winterthur vermag dem offensichtlich nicht zu entsprechen. Bei den im Gebirge oft unsicheren und rasch wechselnden Wetterlagen dürfte es nur selten möglich sein, bereits am Donnerstagnachmittag mit hinreichender Zuverlässigkeit den Touristenbedarf des Wochenendes abzuschätzen. Wegen der beschränkten Haltbarkeit der Pastmilch ist aber eine Anpassung des Angebotes an die Nachfrage unabdingbar. Mit ihr steht und fällt die Deckung des Touristenbedarfs im abgelegenen Muotathal und damit ganz allgemein die Absatzsteigerung von Pastmilch. Daraus ergibt sich, dass die von Anton Gwerder angestrebte Selbstherstellung von Pastmilch die "geordnete Konsummilchversorgung" nicht nur nicht stört, sondern erheblich verbessert. Dasselbe gilt bezüglich ![]() | 10 |
Wenn der Milchverband die wenigen hundert Liter Pastmilch pro Jahr dem Anton Gwerder nicht mehr liefern kann, ändert dies für ihn hinsichtlich der Milchverwertung und Milchversorgung kaum Wesentliches. Er macht aber zusätzlich geltend, eine large Bewilligungspraxis könnte das gesamte System aus den Fugen geraten lassen. Der Entscheid des EVD ist jedoch nicht dazu angetan, eine generell large Bewilligungspraxis einzuleiten. Darin wird lediglich Rücksicht genommen auf die in concreto besonders gelagerten Verhältnisse, namentlich auf die Abgelegenheit und Abgeschlossenheit des in Frage stehenden Versorgungsgebietes, die verhältnismässig komplizierte Zulieferung aus Winterthur sowie die nur kurzfristig erkennbaren Schwankungen der Nachfrage. Überdies fällt positiv ins Gewicht, dass durch die angestrebte Selbstherstellung ein neues Absatzgebiet für Pastmilch überhaupt erst erschlossen werden kann. Der vorliegende Fall dürfte sich daher von zahlreichen andern, namentlich solchen aus dem Mittelland, wesentlich unterscheiden. In diesem Lichte kann er auch nicht mit dem vom Bundesgericht beurteilten "Fall Villmergen" (Urteil vom 28.4.1967), den der Milchverband zur Begründung seiner Auffassung heranzieht, verglichen werden.
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c) Zusammenfassend ist demnach festzuhalten, dass dem Nachteil hinsichtlich der Gestehungskosten im vorliegenden Fall der Vorteil der wesentlich bessern Milchversorgung gegenübersteht. Durch diesen Vorteil wird der Nachteil zumindest ausgeglichen. Auch stört die Selbstherstellung von Pastmilch die zweckmässige Milchverarbeitung im Sinne von Art. 21 bis Abs. 4 Milchbeschluss nicht. Das EVD hat daher die Bewilligung zu Recht erteilt. Die Beschwerde des Milchverbandes ist unbegründet.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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