BGE 98 Ib 266 | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
37. Urteil vom 12. Juli 1972 i.S. Beauftragter für die Stabilisierung des Baumarktes gegen Permac AG und Konsorten und Sachverständigengremium zur Stabilisierung des Baumarktes der Region Bern. | |
Regeste |
BB über Massnahmen zur Stabilisierung des Baumarktes vom 25. Juni 1971 (BauB); Ausführungssperre. | |
Sachverhalt | |
A.- Die Permac AG, Köniz, Alfred Boss, Muri, und die Brügger-von Tobel & Cie AG, Bern, beabsichtigen, in Köniz ein "Gewerbehaus" zu erstellen und dessen Geschosse in Stockwerkeigentum untereinander aufzuteilen. Namens der drei Bauherren stellte Architekt Heinz Strub am 31. August 1971 drei Gesuche um Befreiung von der Ausführungssperre gemäss BB über Massnahmen zur Stabilisierung des Baumarktes vom 25. Juni 1971 (BauB). Er machte geltend, das geplante Gebäude umfasse zwar insgesamt 27'910 m3 und komme auf über 4 Mio Franken zu stehen. Unter dem Gesichtspunkt von Art. 4 lit. c BauB seien aber die Anteile der drei Gesuchtsteller am Raumprogramm und an den Erstellungskosten voneinander getrennt zu betrachten. Keiner von ihnen erreiche für sich allein die in dieser Vorschrift festgesetzte Volumen- oder Kostengrenze.
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Das Sachverständigengremium zur Stabilisierung des Baumarktes - Region Bern stellte am 28. März 1972 fest, das geplante "Gewerbehaus" falle nicht unter die Ausführungssperre.
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B.- Diesen Entscheid ficht der Beauftragte für die Stabilisierung des Baumarktes mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an. Er macht geltend, es gehe nicht an, bei Bauten mit Stockwerkeigentum den umbauten Raum und die Erstellungskosten auf die einzelnen Stockwerkeigentümer aufzuteilen. Für die Beurteilung nach Art. 4 lit. c BauB sei die gesamte Baute als solche massgebend. Die Baute falle nach Art. 4 lit. c BauB unter die Ausführungssperre, es sei denn, sie diene der Rationalisierung, was bei Gutheissung der Beschwerde noch zu prüfen sein werde.
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C.- Das Sachverständigengremium für die Stabilisierung des Baumarktes in der Region Bern und die drei Bauherren beantragen Abweisung der Beschwerde.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut aus folgenden
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Erwägungen: | |
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Art. 4 lit. c BauB wurde erst im Laufe der parlamentarischen Beratungen in den Baubeschluss aufgenommen; doch kann den Gesetzesmaterialien zu der hier strittigen Frage nichts entnommen werden.
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Die drei Bauherren sind der Ansicht, sie dürften nicht schlechter gestellt werden, als wenn jeder von ihnen sein Raumprogramm in einem eigenen Gebäude verwirklichen würde. Sie behaupten, durch die Zusammenfassung ihrer Bauvorhaben in einem Gebäude werde überdies die Bauwirtschaft entlastet.
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Nach dem Wortlaut von Art. 4 lit. c BauB gilt die dort angegebene Volumen- und Kostengrenze für industrielle und gewerbliche Neu- und Erweiterungsbauten. Die Vorschrift nimmt in keiner Weise Bezug auf die Eigentumsverhältnisse an solchen Bauten. Dies muss heissen, dass die von den drei Bauherren im vorliegenden Falle vorgesehene Aufteilung der projektierten Baute in Stockwerkeigentum für die Beurteilung nach Art. 4 lit. c BauB ausser Betracht fällt und es allein auf Volumen und Erstellungskosten des gesamten Gebäudes ankommt. Zwar ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Bauwirtschaft stärker belastet wird, wenn die drei Bauherren statt der unter die Ausführungssperre fallenden Gemeinschaftsbaute unabhängig voneinander mit demselben Raumprogramm drei volumen- und kostenmässig nicht der Ausführungssperre unterliegende Gebäude erstellen. Würde Art. 4 lit. c BauB aber im Sinne der Beschwerdegegner ausgelegt, so könnte er praktisch wohl meistens umgangen werden, denn es wäre für einen Bauherrn nicht allzu schwierig, ein industrielles oder gewerbliches Bauvorhaben, das die in Art. 4 lit. c BauB angesetzte Volumen- oder Kostengrenze überschritte, im Hinblick auf diese Bestimmung zunächst zusammen mit Dritten in Stockwerkeigentum zu erstellen und nachträglich die Bauteile dieser Dritten mietweise oder gar zu Eigentum zu übernehmen. Im vorliegenden Falle bestehen keine Anzeichen für ein solches Umgehungsmanöver. Art. 4 lit. c BauB ist hier aber in allgemein gültiger Weise auszulegen. Dies spricht dafür, anzunehmen, dass die in dieser Vorschrift angesetzte Volumen- und Kostengrenze bei Bauten im Stockwerkeigentum mehrerer für das ganze Gebäude als solches gilt. Die Beschwerde ist deshalb gutzuheissen. Wie Art. 4 lit. c BauB anzuwenden ist, wo Mehrere Bauherren gemeinsam einen Bau erstellen, den sie unter sich nicht horizontal, im Stockwerkeigentum, sondern vertikal aufteilen, kann hier offen bleiben.
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