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38. Auszug aus dem Urteil vom 23. Juni 1972 i.S. Bank X. gegen Eidg. Bankenkommission. | |
Regeste |
OG: Beschwerdelegitimation einer durch die angefochtene Verfügung aufgelösten Gesellschaft (Erw. 1). |
- Die Bewilligung zur Geschäftstätigkeit ist einer in der Rechtsform der Kommanditgesellschaft gegründeten Bank gestützt auf Art. 23 quinquies Abs. 1 BankG zu entziehen, wenn kein Gesellschafter die Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 2 BankG mehr erfüllt (Erw. 4 a). |
- Weitgehend Ermessenssache ist der Entscheid über den genauen Zeitpunkt, da ein Bewilligungsentzug in Kraft treten und damit das Bankunternehmen aufgelöst werden soll; die Frage kann nur von Fall zu Fall und im Lichte der Gläubigerinteressen beantwortet werden (Erw. 4 b). |
- Die Bezeichnung der Revisionsstelle als Liquidatorin (Art. 23 quinquies BankG) ist grundsätzlich nicht ausgeschlossen (Erw. 5). | |
Sachverhalt | |
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Nach mehrmaligen fruchtlosen Aufforderungen, verschiedene Missstände zu beheben und gestützt auf einen Ergänzungsbericht der Revisionsstelle, setzte die Eidg. Bankenkommission am 27. Dezember 1971 die Revisionsstelle als "Beobachter" im Sinne von Art. 23 quater BankG ein. Die in der Folge festgestellten Unregelmässigkeiten in der Geschäftsführung der Bank veranlassten die Bankenkommission am 21. März 1972, der Bank X. gestützt auf Art. 23 quinquies BankG die Bewilligung zur Ausübung des Bankengewerbes zu entziehen und die Gesellschaft aufzulösen. Als Liquidatorin wurde die Revisionsstelle bezeichnet.
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Gegen diese Verfügung erhebt die Bank X. Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Sie beantragt, die angefochtene Verfügung sei aufzuheben, eventuell sei der Bewilligungsentzug und die ![]() | 3 |
Die Eidg. Bankenkommission beantragt, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, eventuell sei sie abzuweisen.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde im Sinne der Erwägungen ab.
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Aus den Erwägungen: | |
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Die Bank X., als unmittelbar Betroffene, hat an der Aufhebung oder Änderung der angefochtenen Verfügung ein schutzwürdiges Interesse (Art. 103 lit. a OG). Nachdem durch die angefochtene Verfügung das Bankunternehmen aufgelöst und sämtliche bisherigen Unterschriften gelöscht werden, fragt sich, ob die Komplementäre M. und N. X. für die Bank Beschwerde führen können; die Beschwerde gegen den Entscheid der Bankenkommission hat nämlich nur aufschiebende Wirkung, sofern der Präsident der verwaltungsrechtlichen Kammer sie von Amtes wegen oder auf Begehren einer Partei verfügt (Art. 111 Abs. 2 OG); über das Begehren der Beschwerdeführerin um aufschiebene Wirkung ist noch nicht entschieden worden.
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Die Legitimation von M. und N. X. ist zu bejahen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes muss dem gesetzlich eingeräumten Beschwerderecht eine seinem Sinn und Zweck entsprechende Tragweite zukommen. So darf grundsätzlich von einer Bewilligung vor Ablauf der Beschwerdefrist bzw. vor Abweisung eines allfälligen Gesuches um aufschiebende Wirkung noch keinen Gebrauch gemacht werden; die die Bewilligung einräumende Verfügung tritt bis zu diesem Zeitpunkt grundsätzlich nicht in Kraft (BGE 96 I 511). Ebenso würde der Sinn und Zweck des gesetzlich verankerten Beschwerderechtes vereitelt, wenn in der angefochtenen Verfügung die Beschwerdelegitimation der Betroffenen eingeengt, ja ausgeschlossen werden könnte. Für den Fall, wo - wie hier - eine Gesellschaft durch ![]() | 8 |
Nachdem die übrigen prozessualen Erfordernisse erfüllt sind (Art. 106 und 108 OG), ist auf die Beschwerde einzutreten.
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4. Nach Art. 23 quinquies Abs. 1 BankG entzieht die Bankenkommission einer Bank, welche die Voraussetzungen der Bewilligung nicht mehr erfüllt oder ihre gesetzlichen Pflichten grob verletzt, die Bewilligung zur Geschäftstätigkeit. Die Voraussetzungen, unter welchen die Bankenkommission verpflichtet wird, einer Bank die Bewilligung zur Geschäftstätigkeit zu entziehen, sind - wie aus dem Wortlaut dieser Bestimmung klar hervorgeht - alternativ. Es genügt, dass die Bank die Bewilligungsvoraussetzungen nicht mehr erfüllt oder dass sie ihre gesetzlichen Pflichten grob verletzt. Die Vorschrift des Art. 23 quinquies Abs. 1 BankG bringt auch unmissverständlich zum Ausdruck, dass es der Bankenkommission nicht freisteht einzuschreiten oder nicht. Ist eine der Voraussetzungen des Art. 23 quinquies Abs. 1 BankG erfüllt, ist der Bewilligungsentzug zwingend (vgl. auch Botschaft über die Revision des BankG, BBl 1970 I 1179). Ein gewisser Beurteilungsspielraum ist der Bankenkommission immerhin bei der Prüfung der Fragen eingeräumt, ob eine Bank die Bewilligungsvoraussetzungen erfüllt bzw. ob sie ihre gesetzlichen Verpflichtungen grob verletzt; denn die Bankenkommission hat hier unbestimmte ![]() | 10 |
a) Ohne die Schwere der Verletzungen gesetzlicher Pflichten durch die Verantwortlichen der Bank X. zu werten, stellt die Bankenkommission fest, dass im vorliegenden Fall schon das Fehlen der Gewähr für eine einwandfreie Geschäftsführung den Bewilligungsentzug nach Art. 23 quinquies Abs. 1 BankG rechtfertige. Weder M. noch N. X. - als mit der Geschäftsführung und Vertretung der Bank betraute Personen - genössen einen guten Ruf und böten Gewähr für eine einwandfreie Geschäftstätigkeit; dies sei nach Art. 3 Abs. 2 lit. c BankG eine Voraussetzung für die Bewilligung. Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass M. und N. X. die gesetzlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllen. Sie erachtet es jedoch als Verstoss gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit, wenn daraus der Schluss gezogen wird, die Kommanditgesellschaft X. müsse aufgelöst und die Bank liquidiert werden. Nichts hindere, dass die Bank ihre Geschäftstätigkeit unter der Leitung des dritten Komplementärs, O. X., sowie des Direktors und der Prokuristen der Bank weiterführen könne.
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Diese Argumentation schlägt nicht durch. Die Kommanditgesellschaft ist nach Massgabe der Bestimmungen des Obligationenrechtes eine Vereinigung mehrerer Personen unter gemeinsamer Firma zum Betrieb eines nach kaufmännischer Art geführten Gewerbes, wobei mindestens ein Gesellschafter unbeschränkt und mindestens ein Gesellschafter nur bis zum Betrag einer bestimmten Vermögenseinlage (Kommanditsumme) haften (Art. 594 Abs. 1 OR). Die Geschäftsführung wird in der Regel durch den oder die unbeschränkt haftenden Gesellschafter besorgt (Art. 599 OR), welche die Gesellschaft nach den für die Kollektivgesellschaft geltenden Vorschriften vertreten (Art. 603 OR). Von dieser gesetzlichen Regelung der Geschäftsführung und Vertretung kann unter besondern Umständen abgewichen und nötigenfalls auch ein beschränkt haftender Gesellschafter mit der Geschäftsführung und Vertretung betraut werden (vgl. SIEGWART, Kommentar N. 1 zu Art. 509/600 OR und N. 1 zu Art. 603 OR). Die Kommanditgesellschaft verliert jedoch den ![]() | 12 |
b) Ist demnach der Bank die Bewilligung gestützt auf Art. 23 quinquies Abs. 1 zu Recht entzogen worden, bleibt zu prüfen, ob eine Bundesrechtsverletzung darin erblickt werden kann, dass die Bankenkommission ihre Massnahme unverzüglich in Kraft setzte. Sie tat dies deshalb, weil ihres Erachtens Gefahr im Verzuge lag. Die Beschwerdeführerin hält dem entgegen, dass vor der Verfügung dieser verhältnismässig scharfen Massnahme, welche geeignet sei, das Stundungsverfahren zu erschweren, die Übernahme der Bank durch die zu gründende Aktiengesellschaft oder doch zumindest der 31. Mai 1972 hätte abgewartet werden sollen.
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Auch dieser Einwand ist unbegründet. Die Bankenkommission hat, als sie den Zeitpunkt des Bewilligungsentzugs festgelegt hat, das ihr eingeräumte Ermessen nicht fehl gebraucht. Es trifft zu, dass die Bank Z. Interesse an der Gründung einer Aktiengesellschaft X. gezeigt hat. In einem Schreiben vom ![]() | 14 |
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Art. 23 quater Abs. 1 BankG erwähnt ausdrücklich, dass die Revisionsstelle als "Beobachter" eingesetzt werden kann. Art. 23 quinquies enthält darüber, ob die Revisionsstelle auch als "Liquidator" bezeichnet werden kann, nichts. Daraus den Schluss zu ziehen, der Gesetzgeber habe damit zum Ausdruck bringen wollen, dass die Revisionsstelle zwar als Beobachterin, nicht aber als Liquidatorin eingesetzt werden kann, wäre fehl. Weder die bundesrätliche Botschaft zur Revision des BankG noch die Protokolle der Beratungen der Eidg. Räte bieten Anhaltspunkte, welche einen solchen Schluss nahe legen. Was aus den Materialien hervorgeht, ist, dass mit den neuen Art. 23 bis bis 24 BankG der Bankenkommission ein wirksameres Instrumentarium in die Hand gegeben werden wollte, um besser gegen Missstände einschreiten zu können; dabei ![]() | 16 |
Im vorliegenden Fall ist nicht zu beanstanden, dass die Bankenkommission die Revisionsstelle als Liquidatorin bezeichnet hat. Dass diese fähig ist, die Aufgabe zu erfüllen, bezweifelt selbst die Beschwerdeführerin nicht. Während mehreren Jahren bereits amtete sie als Revisionsstelle der Bank X.; es wurde ihr sodann die Funktion des Beobachters übertragen. Die Beschwerdeführerin hat sie überdies selbst als provisorische Kommissärin im Bankstundungsverfahren vorgeschlagen. Die Tatsache, dass sie unter anderem auch Verantwortlichkeitsansprüche entgegenzunehmen und abzuklären hat, vermag allein noch keine ernstlichen Zweifel daran zu begründen, dass sie fähig ist, ihre Aufgabe als Liquidator richtig zu erfüllen.
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