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10. Urteil vom 21. März 1973 i.S. Schüpbach gegen SBB und EVED. | |
Regeste |
Enteignung von Durchleitungsrechten für SBB-Hochspannungsleitung. |
2. Frage, auf welche Dauer den SBB die beanspruchten Durchleitungsrechte einzuräumen sind. Anwendbarkeit des ElG? (Erw. 3). | |
Sachverhalt | |
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B.- Mit Entscheid vom 2. März 1972 wies das Eidg. Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement (EVED) die Einsprache Schüpbachs ab. Es stellte fest, die fragliche Leitung bilde das Rückgrat der Energieversorgung der SBB und sei für diese auf unabsehbare Zeit unentbehrlich. Die SBB hätten sich von allen Grundeigentümern, mit denen ausseramtlich eine Verständigung erzielt worden sei, die gewünschten Dienstbarkeiten auf unbefristete Dauer, jedoch unter Auszahlung einer Entschädigung für die nächsten 50 Jahre einräumen lassen. Es würde allgemein nicht verstanden, wenn Schüpbach als einzigem eine Sonderstellung eingeräumt würde, die sich nicht mit den besondern Verhältnissen seines belasteten Grundstücks rechtfertigen liesse. Es bestehe kein Anlass anzunehmen, dass das Grundstück bald zu Bauland werde. Im übrigen habe sich die Enteignerin in den ausseramtlichen Dienstbarkeitsverträgen verpflichtet, Art. 50 Abs. 3 ElG, wonach der Grundeigentümer bei Änderung der Verhältnisse die Durchführung eines neuen Enteignungsverfahrens verlangen könne, analog anzuwenden. Nach jahrzehntelanger Praxis werde die Dauer der Mastbau- und Überleitungsrechte für elektrische Anlagen auf 50 Jahre bemessen, es sei denn, es handle sich um eine Leitung, deren Zweck nach kürzerer Zeit erreicht werde, oder das belastete Grundstück werde mit Sicherheit lange vor Ablauf der 50 Jahre zu Bauland. Da solche Umstände im konkreten Fall nicht vorlägen und dem Einsprecher mit einer 50-jährigen Dienstbarkeitsdauer kein unzumutbarer Nachteil zugefügt werde, anderseits ![]() | 2 |
C.- Gegen den Entscheid des EVED hat Schüpbach Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht erhoben. Er erklärt darin, er sei bereit, einer "Vertragsdauer" auf 50 Jahre zuzustimmen, sofern die Entschädigung nur für 25 Jahre festgesetzt und nach Ablauf dieser Zeit für die nächsten 25 Jahre neu berechnet werde; andernfalls widersetze er sich einer Enteignung auf 50 Jahre und verlange eine solche auf bloss 25 oder höchstens 30 Jahre. Zur Begründung macht er geltend, der angefochtene Entscheid trage der rasch fortschreitenden Mechanisierung der Landwirtschaft, die nicht auf 50 Jahre überblickt werden könne, der starken Geldentwertung und dem Umstand, dass das fragliche Grundstück in 15-30 Jahren in die Bauzone fallen werde, nicht Rechnung.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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2. Der rechtserhebliche Sachverhalt wird vom Beschwerdeführer nicht bestritten. Die SBB möchten auf dem Wege der Enteignung die Durchleitungsrechte, einschliesslich des Baurechts für einen Mast, für eine über das Grundstück des ![]() | 5 |
Bestritten ist bloss die Dauer der Enteignung. Der Beschwerdeführer wäre mit einer Einräumung der fraglichen Rechte auf die Dauer von 50 Jahren einverstanden, wenn die Entschädigung vorläufig bloss für 25 Jahre festgesetzt und nach Ablauf dieser Frist neu bestimmt würde. Eine solche unterschiedliche Ansetzung von Enteignungs- und Entschädigungsdauer ist aber vom Gesetz nicht vorgesehen. Nach Art. 19 EntG sind bei der Bestimmung der Entschädigung alle Nachteile zu berücksichtigen, die dem Enteigneten aus der Entziehung oder Beschränkung seiner Rechte erwachsen. Massgebend sind dabei die Verhältnisse zur Zeit des Enteignungsverfahrens (nach altem, hier noch anzuwendendem Recht im Zeitpunkt des Entscheids der Schätzungskommission: BGE 97 I 603; nach neuem Recht im Zeitpunkt der Einigungsverhandlung: Art. 19bis Abs. 1 EntG), wobei auch alle zukünftigen, nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge voraussehbaren Nachteile zu entschädigen sind (Art. 19 lit. c EntG). Eine Neufestsetzung der Entschädigung nach einer bestimmten Anzahl Jahre ist nicht zulässig. Dem stünde nicht zuletzt Art. 14 EntG entgegen, nach welchem der Enteigner innert 20 Tagen, nachdem der Entscheid über die Entschädigung in Rechtskraft erwachsen ist, auf den Vollzug der Enteignung verzichten kann. Einen solchen Entscheid kann der Enteigner jedoch nur treffen, wenn ihm die volle, für die ganze Dauer der Enteignung zu entrichtende Entschädigung bekannt ist. Diese muss deshalb von Anfang an für die ganze Zeit der Enteignung festgesetzt werden (so auch der unveröffentlichte Entscheid des Bundesgerichts i.S. Herdern vom 11. Juli 1962). Art. 17 EntG lässt einzig verschiedene Zahlungsarten (Kapital- oder Rentenzahlungen) zu. Wenn die SBB und zahlreiche Grundeigentümer sich in ausseramtlichen Verträgen dahin geeinigt haben, dass die beanspruchten Dienstbarkeiten zwar unbefristet einzuräumen sind, die vereinbarte Entschädigung jedoch nur für 50 Jahre gilt, so ist das eine von den SBB freiwillig hingenommene Spaltung von Dienstbarkeits- und ![]() | 6 |
Der Beschwerdeführer empfindet die erläuterte Rechtslage vor allem wegen der fortschreitenden Geldentwertung als ungerecht. Es ist ihm aber entgegenzuhalten, dass in Fällen, wo das Eigentum an einem Grundstück enteignet wird, selbstverständlich auch nur der heutige Verkehrswert entschädigt wird und nicht nach Jahren wieder Neubewertungen stattfinden. Im übrigen kann der Enteignete der Wertverminderung des Geldes dadurch begegnen, dass er den ausbezahlten Kapitalbetrag in geeigneter Weise anlegt. Sollte der Beschwerdeführer, wie er weiter befürchtet, durch die Hochspannungsleitung, insbesondere durch den auf seinem Grundstück stehenden Mast, später auf eine Art geschädigt werden, die nicht oder nicht vollumfänglich vorauszusehen war, so steht ihm der Weg der nachträglichen Entschädigungsforderung nach Art. 41 EntG offen. Wird die fragliche Parzelle zu Bauland, so kann er zu gegebener Zeit verlangen, dass die Leitungseigentümerin die Leitung verlege oder ein Bauverbot oder eine Baubeschränkung enteigne und ihn entsprechend entschädige (BGE 98 I b 437, Erw. 3 a; vgl. auch Art. 50 Abs. 3 ElG und dazu HESS, Das Enteignungsrecht des Bundes, N. 73 ff.).
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a) Nach Art. 1 Abs. 2 EntG kann das Enteignungsrecht nur geltend gemacht werden, wenn und soweit es zur Erreichung des Zweckes notwendig ist. Diese Einschränkung ergibt sich auch aus der Eigentumsgarantie (Art. 22ter BV).
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Wie das Bundesgericht bereits bei anderer Gelegenheit festgestellt hat (BGE 96 I 517 /18), ist weder dem Enteignungsgesetz noch dem Elektrizitätsgesetz Näheres zu entnehmen, für welche Dauer Durchleitungsrechte zu erteilen sind. Art. 6 EntG, der die vorübergehende Enteignung auf 5 Jahre beschränkt, ist auf den vorliegenden Fall offensichtlich nicht anwendbar. Denn unter "vorübergehender Enteignung" im Sinne dieser Bestimmung ist der Erwerb von Rechten gemeint, die lediglich während des Baus eines auf Dauer angelegten Werkes benötigt werden wie Wegrechte, Rechte zur Lagerung von Material, zum Bezug von Baustoffen, zur Aufstellung von ![]() | 10 |
Bei dieser Rechtslage kann offenbleiben, ob die Ansicht des EVED, das ElG und insbesondere dessen Art. 47 seien auf Enteignungen zugunsten von Eisenbahnen überhaupt nicht anwendbar (doch könnten sie immerhin analog herangezogen werden), richtig ist. Diese auf HESS (Kommentar, N. 10 zu Art. 43 ElG) gestützte Auffassung ist zumindest nicht über alle Zweifel erhaben. Zwar ist es fraglos, dass gewisse Bestimmungen des ElG, wie z.B. Art. 43 und Art. 50 Abs. 1 und 2, für Eisenbahnunternehmungen insofern nicht massgebend sein können, als den Bundesbahnen und den konzessionierten Bahnunternehmungen das Enteignungsrecht von Gesetzes wegen zusteht und sie dieses nicht erst beim Bundesrat nachsuchen müssen (Art. 3 EbG). Dagegen ist nicht ohne weiteres einzusehen, warum andere Vorschriften des ElG, wie z.B. Art. 47 und 50 Abs. 3, nicht auch für elektrische Anlagen von Eisenbahnen gelten sollten. An andern Orten (vgl. Art. 3 Abs. 2 lit. c, 15 Abs. 1, 21 Ziff. 2 und 46 Abs. 3) erwähnt das Gesetz die Eisenbahnen sogar ausdrücklich. Die Frage der Anwendbarkeit des ElG braucht hier aber, wie erwähnt, nicht entschieden zu werden, da Art. 47 ElG dem Enteigneten ohnehin keinen Anspruch auf zeitliche Befristung einräumt.
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Wenn daher das Departement keinen Grund sah, den SBB das Recht zur Enteignung der beanspruchten Dienstbarkeiten auf 25 oder 30 Jahre zu beschränken, wie das der Beschwerdeführer verlangt, so hat es keineswegs Bundesrecht verletzt.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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