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16. Auszug aus dem Urteil vom 16. Februar 1973 i.S. Y. gegen Generaldirektion der PTT-Betriebe. | |
Regeste |
Angestelltenordnung (Ango, BRB vom 10. November 1959). Ordentliche Kündigung des Anstellungsverhältnisses durch die Verwaltung. Sofortige Dienstenthebung. Verwaltungsbeschwerde, Verweigerung der aufschiebenden Wirkung. |
2. Die Kündigung muss schriftlich begründet werden (Erw. 2). |
3. Die Verwaltung entscheidet nach pflichtgemässem Ermessen darüber, ob die Kündigung angezeigt sei (Erw. 5). |
4. Einer Telegraphistin darf ohne vorherige Ermahnung gekündigt werden, wenn wegen ihrer politischen Aktivität Grund zur Befürchtung besteht, dass sie die Geheimhaltungspflicht verletzen könnte (Erw. 6, 7). | |
Sachverhalt | |
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A.- Die Beschwerdeführerin Y., geb. am 9. Juni 1950, trat im Jahre 1967 als Telegraphenlehrtochter in die Dienste der PTT-Betriebe. Im folgenden Jahre wurde sie von der zuständigen Kreistelephondirektion (KTD) zur Telegraphistin IV im Angestelltenverhältnis ernannt.
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Ende 1968 wurde sie durch Strafmandat wegen Nachtlärms zu einer Busse von Fr. 20.- und zu den Kosten von Fr. 5.- verurteilt. Sie erhob gegen den Strafbefehl nicht Einspruch, weigerte sich dann aber, die Busse zu bezahlen oder abzuverdienen. Die Busse wurde in Haft umgewandelt, und die Beschwerdeführerin verbüsste an zwei Arbeitstagen (28./29. August 1969) die Haftstrafe. Am 1. September 1969 wurde die Beschwerdeführerin wegen dieser Angelegenheit vom Personalchef einvernommen. Tags darauf erhielt sie ein Schreiben der KTD vom 29. August 1969, dem zu entnehmen ist:
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"Ihr Verhalten zwingt uns leider, das Anstellungsverhältnis mit Ihnen... zu künden... Die Gründe, die uns zu diesem Schritt zwingen, werden wir Ihnen mit separatem Schreiben darlegen."
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In einem Brief der KTD vom 5. September 1969 wurde der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass ihre Haltung in der Strafsache die Kündigung veranlasst habe. Am 22. September 1969 wurde ihr eröffnet, dass sie mit sofortiger Wirkung von der Dienstleistung enthoben werde, weil sie wahrheitswidrig erzählt habe, es sei ihr aus politischen Gründen gekündigt worden. Das Gehalt wurde der Beschwerdeführerin bis zum Ende der Kündigungsfrist (31. Dezember 1969) im vollen Umfang ausgerichtet.
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B.- Fräulein Y. erhob gegen die Kündigung und die sofortige Enthebung von der Dienstpflicht Beschwerde. Sie verlangte, der Beschwerde sei aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. In der Folge führte die Generaldirektion der PTT-Betriebe (GD/PTT) ![]() | 6 |
a) Die Beschwerdeführerin habe in den Monaten Mai und Juni 1969 einen unbezahlten Urlaub, der ihr für Sprachstudien in Spanien gewährt worden sei, für eine Reise in den Nahen Osten benützt, ohne dies ihren Vorgesetzten mitzuteilen. Nach ihrer Rückkehr habe sie die Arbeit statt am 3. Juli erst am 7. Juli nach ausdrücklicher Aufforderung wieder aufgenommen.
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b) Ausserdem sei sie aktives Mitglied der "Jeunesse progressiste", einer Vereinigung von Linksextremisten prochinesischer Richtung; es könne dem Staat nicht zugemutet werden, Arbeitnehmer in seinen Diensten zu haben, die nach chinesischem Vorbild "die Umwandlung der kapitalistischen in eine sozialistische Gesellschaftsordnung anstreben".
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c) Die sofortige Dienstenthebung sei wegen eines von der KTD seinerzeit nicht erwähnten, inzwischen abgeklärten Vorfalls vom 13. September 1969 erfolgt. An diesem Tage habe die Beschwerdeführerin eine Nachricht, die unter das Amtsgeheimnis falle, einem aussenstehenden Dritten weitergegeben.
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C.- Gegen den Entscheid des Direktors der Fernmeldedienste wurde Beschwerde bei der GD/PTT geführt. Diese trat in ihrem Entscheid vom 10. Januar 1972 auf das Begehren um Feststellung, dass der Direktor der Fernmeldedienste der bei ihm eingereichten Beschwerde zu Unrecht keine aufschiebende Wirkung erteilt habe, nicht ein. Im übrigen wies sie die Beschwerde ab. Aus der Begründung:
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Der von der Beschwerdeführerin verübte Nachtlärm, die Nichtbezahlung der Busse und die Haftverbüssung seien einer Bundesbediensteten unwürdig und verstiessen gegen Art. 26 Ango. Das pflichtwidrige Verhalten der Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit dem Urlaub (Änderung des Reiseziels, verspäteter Dienstantritt bei der Rückkehr) habe das Vertrauen in ihre Zuverlässigkeit ebenfalls erschüttert. Auch wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer politischen Vereinigung von Linksextremisten könne ihr nicht mehr das nötige Vertrauen entgegengebracht werden, weil unter Umständen ihre politische Haltung ![]() | 11 |
D.- Fräulein Y. ficht den Entscheid der GD/PTT mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an. Sie macht u.a. geltend, die ausgesprochene Kündigung sei ungültig, weil das Kündigungsschreiben keine Begründung enthalte. Auf jeden Fall sei es in keiner Weise angemessen, einer noch nicht volljährigen Angestellten ohne vorherige Ermahnung oder Verwarnung wegen der hier erhobenen Vorwürfe zu kündigen und diese Massnahme noch durch sofortige Dienstenthebung zu verschärfen. Beide Anordnungen seien ungesetzlich.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
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Aus den Erwägungen: | |
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Die PTT-Betriebe waren nach der ursprünglichen Fassung des Art. 1 des PTT-Organisationsgesetzes vom 6. Oktober 1960 dem Post- und Eisenbahndepartement (jetzt Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement) unterstellt. Gemäss der neuen Fassung vom 19. Dezember 1969 (in Kraft seit 1. Juli 1970) sind sie "innerhalb der Schranken der Bundesgesetzgebung ein selbständiger eidgenössischer Betrieb". Der Beschwerdeentscheid der GD/PTT ist somit nach der neuen Regelung als Entscheid der letzten Instanz eines autonomen eidgenössischen Betriebes gemäss Art. 98 lit. d OG mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde weiterziehbar, während nach der frühern Regelung die Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde sich aus lit. c daselbst ergeben hätte. Dass Verfügungen und Beschwerdeentscheide der GD/PTT in bezug auf das Dienstverhältnis der Angestellten mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde weiterziehbar sind, soweit sie ihrer Natur nach dieser Beschwerde unterliegen, wird in Art. 39 lit. d Ziff. 2 Ango (Fassung vom 8. Januar 1971) noch ausdrücklich gesagt.
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b) (Die Beschwerdeführerin ist zur Anfechtung der Kündigung legitimiert.)
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c) Die sofortige Dienstenthebung unter Wahrung des vollen Gehaltsanspruches für die Dauer der Kündigungsfrist bewirkte für die Beschwerdeführerin keine Verschlechterung der Rechtslage. Die Beschwerdeführerin erhielt durch diese Massnahme die Möglichkeit, ihre Arbeitskraft schon in den Monaten Oktober, November und Dezember 1969 anderweitig einzusetzen, während die PTT-Betriebe ihr das Gehalt noch zahlten. Der Verzicht des Arbeitgebers auf die Dienstleistung hat - von hier nicht zutreffenden Ausnahmen abgesehen - für den Arbeitnehmer keine Nachteile zur Folge. Der Arbeitnehmer besitzt in der Regel keinen Anspruch darauf, effektiv beschäftigt zu werden; der Arbeitgeber kann ihn während der Dauer der Anstellung unter Bezahlung des Lohnes beurlauben (vgl. GUHL/MERZ/KUMMER OR S. 393 ff). Es besteht keine Vorschrift des Bundesverwaltungsrechts, welche den Angestellten des Bundes - abweichend vom privatrechtlichen Arbeitsvertragsrecht - gegen die Beurlaubung seitens des Arbeitgebers schützen würde. Der Grund einer solchen Bestimmung wäre auch schwer einzusehen. Art. 75 Ango ordnet die vorläufige Dienstenthebung als vorsorgliche Massnahme während der Durchführung einer Untersuchung und unter Vorbehalt der Wiedereinsetzung. Im vorliegenden Fall wurde aber nach der Kündigung auf die weitere Dienstleistung definitiv verzichtet; Art. 75 Ango ist daher nicht anwendbar. Ob der Kreistelephondirektor zu einem solchen Verzicht auf die weitere Dienstleistung unter Wahrung des Gehaltsanspruches bis zum Ablauf der Kündigungsfrist befugt war, ist hier nicht zu prüfen, da die Beschwerdeführerin auf jeden Fall durch diese Massnahme keinen Nachteil erlitten hat und deshalb in diesem Punkt zur Beschwerdeführung nicht legitimiert ist. Dass die Art, wie die sofortige Dienstenthebung erfolgte, von der Betroffenen als kränkend empfunden werden konnte, vermag nicht zu einer andern Beurteilung der Legitimationsfrage zu führen; denn wenn das schutzwürdige Interesse an der Aufhebung der Verfügung fehlt, kann die Beschwerdelegitimation sich nicht aus den Umständen und Modalitäten bei der Durchführung der konkreten Massnahme ergeben.
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2. Nach Art. 8 Abs. 2 Ango kann das Dienstverhältnis "von beiden Seiten unter Angabe der Gründe schriftlich gekündigt ![]() | 20 |
a) Die Kündigung seitens der Verwaltung ist eine Verfügung im Sinne des Art. 5 VwG. Sie ist schriftlich zu eröffnen und muss auch schriftlich begründet werden (Art. 8 Abs. 2 Ango; Art. 34 Abs. 1 und Art. 35 Abs. 1 VwG). Die Schriftform soll es dem Betroffenen erleichtern, gegen die Kündigung Beschwerde zu führen. Erforderlich ist eine im Beschwerdeverfahren überprüfbare Begründung (BGE 97 I 544 E. 5). Sie muss daher nicht nur schriftlich eröffnet werden, sondern auch konkrete Angaben enthalten. Gehört der Angestellte der Versicherungskasse an, so genügt es nicht, dass ihm die Verwaltung gemäss Art. 76 Abs. 4 Ango schriftlich mitteilt, ob die Kündigung im Sinne der Kassenstatuten als Entlassung aus eigenem Verschulden gelte; ausser dieser Mitteilung ist eine schriftliche materielle Begründung der Kündigung notwendig. Indessen muss die Begründung nicht im Kündigungsschreiben selber stehen; sie kann auch in einem besonderen Schreiben kurz nach der Kündigung eröffnet werden. Es kann auch nicht verlangt werden, dass schon bei der Kündigung eine erschöpfende schriftliche Begründung gegeben wird; nachträgliche Ergänzungen sind zulässig, müssen aber dem Betroffenen schriftlich bekanntgegeben werden.
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Das Fehlen der erforderlichen Begründung kann allerdings dazu führen, dass die Verfügung ungültig erklärt und aufgehoben wird. Nach der Rechtsprechung tritt jedoch diese Folge nicht ein, wenn der Betroffene durch den Mangel in der Verteidigung seiner Interessen nicht behindert worden ist (BGE 99 I b 99 E. 2 a).
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b) Das der Beschwerdeführerin zugesandte Kündigungsschreiben vom 29. August 1969 enthält allerdings als Grundangabe nur die Mitteilung, dass ihr "Verhalten" zur Kündigung zwinge, und verweist im übrigen auf ein separates Schreiben. Im nachfolgenden Brief vom 5. September 1969 wurde aber der ![]() | 23 |
5. Die Ango enthält keine näheren Bestimmungen über die Gründe, aus denen die Verwaltung ein Anstellungsverhältnis kündigen darf. Der Entscheid darüber, ob eine Kündigung angezeigt sei, ist dem Ermessen der Behörde überlassen. Die Verwaltung ist in dieser Beziehung nicht weniger frei als beim Entscheid über die Erneuerung des Dienstverhältnisses des Beamten gemäss Art. 57 BtG, der ausdrücklich bestimmt, dass die Wahlbehörde hierüber nach freiem Ermessen befindet. Die Behörde hat aber ihr Ermessen beim Entscheid über die Kündigungsfrage wie in jedem anderen Bereich pflichtgemäss auszuüben. Sie darf nur kündigen, wenn sie sich auf triftige Gründe stützen kann (vgl. BGE 97 I 544 E. 5, wo allerdings die Kündigung seitens der Verwaltung nicht als eigentlicher Ermessensentscheid aufgefasst wurde). Ein wichtiger Grund im Sinne des Art. 77 Ango, d.h. ein Umstand, der die fristlose Entlassung des Angestellten rechtfertigen würde, braucht nicht nachgewiesen zu sein. Es muss genügen, dass die Kündigung sich im Rahmen des der Verwaltung zustehenden Ermessens hält, angesichts des Verhaltens des Angestellten als vertretbare Massnahme erscheint. Sachlich nicht haltbare, willkürliche Kündigungen seitens der Verwaltung sind im verwaltungsgerichtlichen Verfahren aufzuheben. Das Bundesgericht prüft, ob die Verwaltung das ihr von der Ango hinsichtlich der Kündigung eingeräumte Ermessen überschritten oder missbraucht habe. Zu einer eigentlichen Ermessenskontrolle ist es auf diesem Gebiete nicht befugt; denn ![]() | 24 |
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b) Schwerwiegender ist die Verbüssung der Umwandlungsstrafe. Die Beschwerdeführerin nahm in mutwilliger Weise die Verbüssung einer Haftstrafe auf sich, die sie möglicherweise schon durch Einsprache gegen das Strafmandat, auf jeden Fall aber durch Zahlung der Geldstrafe hätte vermeiden können. Zudem meldete sie die durch die Haft verursachte Absenz erst unmittelbar vor dem Antritt der Strafe. Die Organe der PTT-Betriebe sehen in diesem Vorgehen ein Verhalten, das gegen Art. 26 Ango verstösst, mit der Achtung und dem Vertrauen, welches die Stellung einer Telegraphistin erfordert, nicht vereinbar ist. Sie durften im Rahmen des ihnen zustehenden Ermessens aus dieser Handlungsweise der Beschwerdeführerin und ihrer nachherigen Stellungnahme dazu den Schluss ziehen, dass die Vertrauenswürdigkeit dieser Telegraphistin durch die das übliche Mass übersteigende jugendliche Trotzhaltung gegenüber staatlichen Anordnungen in Frage gestellt sei. Während eine solche Folgerung lediglich auf Grund der Bestrafung mit einer Busse wegen Nachtlärms, begangen in einer Gruppe junger Leute, wohl als Überschreitung des Ermessens zu qualifizieren wäre, ist das nachherige Verhalten, das schliesslich zur Verbüssung der Haft führte, doch recht aussergewöhnlich, und es kann nicht beanstandet werden, dass die KTD die Haltung der Beschwerdeführerin in dieser Strafsache zum Anlass nahm, um die Frage der Weiterführung des Anstellungsverhältnisses zu überprüfen.
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c) Von besonderm Gewicht war für den Kreistelephondirektor und die verwaltungsinternen Beschwerdeinstanzen der Umstand, dass die Beschwerdeführerin der "Jeunesse progressiste" angehört. Die politische Aktivität eines Angestellten des Bundes ![]() | 27 |
Im Falle der Beschwerdeführerin waren die Organe des PTT-Betriebe durch die Bundesanwaltschaft darüber orientiert, dass die "Jeunesse progressiste" von der Bundespolizei überwacht wurde. Die Notwendigkeit dieser Überwachung konnten und mussten die Organe der PTT-Betriebe nicht beurteilen. Sie durften aus dem Umstand, dass eine junge Telegraphistin aktiv in einer politischen Organisation mitwirkt, welche durch die Bundespolizei überwacht wird, den Schluss ziehen, es bestehe die akute Gefahr einer Verletzung der Geheimhaltungspflicht durch diese Telegraphistin; denn eine 19-jährige, die sich in einer Organisation wie der "Jeunesse progressiste" aus Überzeugung oder aus Freundschaft zu einem dieser Bewegung angehörenden Burschen betätigt, wird nach allgemeiner Lebenserfahrung der Versuchung schwerlich widerstehen, eine Wahrnehmung, die der Geheimhaltungspflicht untersteht, den politischen Gesinnungsgenossen zu melden, sofern die Meldung für diese von Interesse sein kann. Wird die Organisation von der Bundespolizei überwacht und der Telegrammverkehr teilweise kontrolliert, so ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Telegraphistin, welche dieser Organisation angehört, in eine Versuchungssituation gerät, ausserordentlich ![]() | 28 |
Eine ordentliche Kündigung ist nicht nur zulässig, wenn eine erhebliche Verletzung der Dienstpflicht nachgewiesen ist; sonst wäre ja diese Massnahme in bezug auf die Voraussetzungen praktisch der sofortigen Entlassung aus wichtigen Gründen gleichgestellt. Für die ordentliche Kündigung genügt es, dass der Arbeitgeber aus sachlichen Erwägungen eine Dienstpflichtverletzung befürchtet und deswegen das erforderliche Vertrauen in den Angestellten nicht mehr besitzt. In der Beurteilung des Risikos künftigen pflichtwidrigen Verhaltens ist den Vorgesetzten, welche die Persönlichkeit des Arbeitnehmers und die besondern Anforderungen des Arbeitsplatzes kennen, ein entsprechendes Ermessen einzuräumen. Auch der begründete Verdacht einer Verfehlung kann unter Umständen die Vertrauenswürdigkeit derart in Frage stellen, dass eine Kündigung angebracht ist, selbst wenn der strikte Nachweis der Verfehlung sich nicht erbringen lässt. In diesem Sinne dürfte - sofern die Kündigung nicht ohnehin als hinreichend begründet erschiene - auch die von der Beschwerdeführerin bestrittene, aber nach den gesamten Umständen sie doch sehr belastende Meldung der Polizei über eine am 13. September 1969 begangene krasse Verletzung der Geheimhaltungspflicht als ein die Vertrauenswürdigkeit erschütternder Faktor berücksichtigt werden. Da das Bundesgericht hier an die Sachverhaltsfeststellung im angefochtenen Entscheid nicht gebunden ist (Art. 105 Abs. 1 OG), dürfte auch dieser nach der Kündigung eingetretene Umstand, der im bisherigen Verfahren nur als Anlass zur sofortigen Dienstenthebung gewürdigt wurde, in die Beurteilung der Entlassungsfrage einbezogen werden (zur Berücksichtigung neuer Tatsachen vgl. BGE 92 I 327 E. 2, BGE 97 I 474 E. 2).
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a) Eine Pflicht, eine Angestellte, der man im bisherigen Arbeitsbereich nicht mehr das erforderliche Vertrauen schenken ![]() | 31 |
b) Hingegen wird eingewendet, der Beschwerdeführerin hätte nicht ohne vorangehende Ermahnung oder Verwarnung gekündigt werden dürfen. Diese Rüge wäre allenfalls berechtigt, wenn nach den gegebenen Umständen hätte erwartet werden können, dass eine Ermahnung Erfolg haben werde. Da aber der Vertrauensverlust seine Hauptursache in der Zugehörigkeit der Beschwerdeführerin zur "Jeunesse progressiste" hat, lässt sich mit guten Gründen die Auffassung vertreten, von einer Ermahnung habe man keine das Vertrauen wiederherstellende Änderung erwarten können, sondern höchstens grössere Vorsicht bei pflichtwidrigem Verhalten. Die Organe der PTT-Betriebe konnten daher annehmen, dass eine Verwarnung das oben umschriebene Risiko einer Verletzung der Geheimhaltungspflicht nicht beseitigt hätte. Sie durften aus sachlichen Gründen und ohne Ermessensüberschreitung eine blosse Ermahnung von vornherein für unwirksam halten. Die ausgesprochene Kündigung ist nicht zu beanstanden.
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