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40. Urteil vom 2. Februar 1973 i.S. Brunnengenossenschaft Wilen und ihrer Mitglieder gegen Wasserversorgungsgenossenschaft Schwendi-Wilen und Regierungsrat des Kantons Obwalden. | |
Regeste |
Bodenverbesserungen; Art. 703 ZGB. |
a) Art. 703 Abs. 1 ZGB ist eine öffentlichrechtliche Vorschrift des Bundes. Ihre Auslegung und Anwendung ist Gegenstand der Verwaltungsgerichtsbeschwerde (Erw. 1 a). |
b) Rügen im Zusammenhang mit der Durchführung einer Bodenverbesserung sind mit der staatsrechtlichen Beschwerde geltend zu machen (Erw. 1 b, c). |
2. Begriff der Bodenverbesserung i.S. von Art. 703 Abs. 1 ZGB. |
- Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts; Bedeutung des Entscheids des Bundesrates über die Gewährung von Bundesbeiträgen (Erw. 5). |
- Wasserversorgungen sind Bodenverbesserungswerke (Erw. 6). |
- Begriff und Umfang des landwirtschaftlichen Interesses (Erw. 7). |
3. Erfordernis des öffentlichen Interesses (Erw. 8). |
4. Rügen im Zusammenhang mit der Gründungsversammlung werden nach den für die Stimmrechtsbeschwerde geltenden Grundsätzen beurteilt (Erw. 2). |
- Verwirkung des Rechts auf Beanstandung des Verfahrens. |
- Anforderungen an die Einladung zur Gründungsversammlung. | |
Sachverhalt | |
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Die Kantone ordnen das Verfahren. Sie haben insbesondere für Güterzusammenlegungen eine einlässliche Ordnung zu treffen.
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Die kantonale Gesetzgebung kann die Durchführung solcher Bodenverbesserungen noch weiter erleichtern und die entsprechenden Vorschriften auf Baugebiet anwendbar erklären."
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Im Kanton Obwalden sind die Bodenverbesserungen in den Art. 114 bis 127 des Gesetzes betreffend die Einführung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches vom 30. April 1911 (EGZGB)
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geregelt. Art. 114 EGZGB lautet:
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Wenn die Mehrheit der beteiligten Grundeigentümer, denen zugleich mehr als die Hälfte des beteiligten Bodens gehört, der Bildung einer solchen Flurgenossenschaft zustimmt, so sind die übrigen Beteiligten zum Beitritt verpflichtet.
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Gebäude, Gärten, sowie Grundstücke, in denen Steinbrüche, Kies- oder Lehmgruben betrieben werden, können, soweit solche Betriebe gestört würden, nicht zwangsweise zu einem solchen Unternehmen herbeigezogen werden, es sei denn, dass das Unternehmen sonst nicht ausführbar ist."
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Von der Möglichkeit, die Vorschriften über die Bodenverbesserungen auf Baugebiet anzuwenden, hat das kantonale Recht keinen Gebrauch gemacht.
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B.- Am 16. März 1969 wurde in der Turnhalle Schwendi bei Sarnen die Wasserversorgungsgenossenschaft Schwendi-Wilen gegründet, durch welche im Raume Schwendi-Wilen eine zeitgemässe Wasserversorgung geschaffen werden soll. 66 Anwesende hatten mit Ja, 15 Anwesende mit Nein gestimmt, und 83 Abwesende waren als zustimmend im Sinne von Art. 703 ZGB betrachtet worden. In die neue Genossenschaft wurden auch die Mitglieder der Brunnengenossenschaft Wilen miteinbezogen. Diese ist Eigentümerin einer Quelle auf der Parzelle 1927 mit dem darauf befindlichen Wasserreservoir und des dazugehörenden Leitungsnetzes.
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Durch Bundesratsbeschluss vom 9. Juli 1969 wurde dem Unternehmen grundsätzlich zugestimmt, und es wurden nach den in der eidg. Landwirtschaftsgesetzgebung enthaltenen Grundsätzen Bundesbeiträge zugesichert, nämlich für den Raum Schwendi in der Höhe von 50%, für den Raum Wilen in der Höhe von 42%.
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Am 29. April 1970 erfolgte die Auflage der Kostenverteilung und des Projektes der Wasserversorgung Schwendi-Wilen durch die Perimeterkommission. Hiergegen erhoben die Brunnengenossenschaft Wilen und ihre Mitglieder am 19. Mai 1970 Einsprache, mit welcher sie sich der Eingliederung in die neue Wasserversorgungsgenossenschaft widersetzten. Die Brunnengenossenschaft Wilen machte geltend, sie wolle selbständig bleiben, und seitens ihrer Mitglieder wurde vorgebracht, dass sie genügend mit Wasser versorgt seien. Am 28. Juli 1970 genehmigte jedoch der Regierungsrat des Kantons Obwalden ![]() | 12 |
C.- Der von der Brunnengenossenschaft Wilen und 27 ihrer Mitglieder beim Regierungsrat des Kantons Obwalden dagegen erhobene Rekurs wurde am 20. Juli 1971 abgewiesen. Das Dispositiv des Entscheides lautet:
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"1. Die Perimeterkommission Wasserversorgung Schwendi-Wilen wird angewiesen, mit der Brunnengenossenschaft Wilen über eine freiwillige Abgabe der Parzelle 1927 mit dem Reservoir und dem gesamten Leitungsnetz zu verhandeln, wofür ein Übernahmepreis von Fr. 40'000.-- angemessen erscheint. Für die Übernahme der Quelle erscheint ebenfalls ein Betrag von Fr. 40'000.-- als Verhandlungsgrundlage gerechtfertigt zu sein.
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2. Die Mitglieder der Brunnengenossenschaft Wilen werden zu den von der Perimeterkommission festgesetzten Anschlussgebühren in die neue Wasserversorgungsgenossenschaft einbezogen und die Rekurse 2-28 im Sinne der Ausführungen abgewiesen.
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3. ... (Mitteilung)"
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Wie der Begründung des Entscheides im wesentlichen zu entnehmen ist, bejaht der Regierungsrat ein den Beitrittszwang rechtfertigendes öffentliches Interesse an der Eingliederung der Brunnengenossenschaft Wilen und ihrer Mitglieder in das neue Unternehmen. Die Brunnengenossenschaft Wilen habe keine Möglichkeit mehr, sich zu vergrössern. Sie habe denn auch in den letzten Jahren verschiedene Wasseranschlussgesuche nicht mehr bewilligen können. Zudem müsse sie mit einem vermehrten Wasserbedarf rechnen. Hinsichtlich der Feuerlöschmöglichkeiten müsse die bisherige Wasserversorgung als ungenügend bezeichnet werden. Bei der neuen Wasserversorgung könne dagegen mit einer genügenden Feuerlöschreserve gerechnet werden. Was die Qualität des Wassers betreffe, so sei aufgrund von Probeentnahmen der Beweis erbracht, dass sie nicht immer einwandfrei sei. Im übrigen müsse das Bestehen von zwei Wasserversorgungen und damit auch von Parallelleitungen im gleichen Gebiet unbedingt vermieden werden.
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Ein Rekurs des Walter von Ah-Koller, ebenfalls Mitglied der Brunnengenossenschaft Wilen, wurde gleichentags durch separaten Entscheid abgewiesen. Der Regierungsrat führt darin aus, dass die Wasserversorgung Stalden/Obstalden, die nicht miteinbezogen wurde, im Gegensatz zur Brunnengenossenschaft Wilen allen Wasserbezügern Wasser abgeben könne.
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E.- Der Regierungsrat des Kantons Obwalden beantragt, die Beschwerde abzuweisen und die angefochtenen Entscheide zu bestätigen. Die Wasserversorgungsgenossenschaft Schwendi-Wilen stellt keinen Antrag.
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F.- Das EVD, Abteilung für Landwirtschaft, schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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a) Dem angefochtenen Entscheid liegt die Auffassung zugrunde, dass die Wasserversorgung Schwendi-Wilen ein Bodenverbesserungsunternehmen im Sinne von Art. 703 ZGB ist. Art. 703 Abs. 1 ZGB ist eine öffentlichrechtliche Vorschrift des Bundes. Verfügungen, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen, unterliegen nach Massgabe von Art. 97 OG und Art. 5 VwG der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Der angefochtene Regierungsratsentscheid geht von einer letzten kantonalen Instanz aus (Art. 98 lit. g OG) und stellt als Rekursentscheid eine Verfügung im Sinne von Art. 97 Abs. 1 und Art. 5 VwG dar. Von den in Art. 99 bis 102 OG aufgeführten Gründen, welche die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ausschliessen, trifft hier keiner zu. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist daher gegeben, ![]() | 23 |
b) Indem die Beschwerdeführer die Notwendigkeit ihres Anschlusses an die neue Wasserversorgung bestreiten, beanstanden sie die Ausführung des Werkes. Die Durchführung von Bodenverbesserungen ist nach Art. 703 ZGB nicht vom Bundesrecht geregelt und bleibt somit den Kantonen überlassen. Die Anwendung von kantonalem Recht ist an sich nicht Gegenstand der Verwaltungsgerichtsbeschwerde (Art. 97 OG und 5 VwG), sondern, sofern wie hier in der behaupteten Rechtsverletzung gleichzeitig die Verletzung eines verfassungsmässigen Rechts gesehen wird, der staatsrechtlichen Beschwerde. Die Rüge steht hier jedoch in einem engen Zusammenhang mit der im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu prüfenden Frage, ob die Voraussetzungen für ein landwirtschaftliches Bodenverbesserungsunternehmen und damit einen Beitrittszwang nach Art. 703 Abs. 1 ZGB gegeben sind. Es rechtfertigt sich deshalb, sie gleichfalls im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu überprüfen.
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Nach Auffassung der Beschwerdeführer war die Einladung zur Gründungsversammlung nicht klar genug, sodass es den einzelnen Betroffenen nicht möglich gewesen sei, ihre Rechte zu wahren. Damit beanstanden sie die Durchführung der Abstimmung der Grundeigentümer über die Gründung der Bodenverbesserungskorporation. Sie machen eine Verletzung des ihnen zustehenden Stimmrechts geltend. Die Gesetzgebung des Kantons Obwalden enthält keine besonderen Vorschriften für das Verfahren bei der Gründung einer Bodenverbesserungsgenossenschaft nach Art. 703 ZGB. Die Rüge ist deshalb im Lichte der für Abstimmungen allgemein geltenden Grundsätze zu prüfen, soweit die Besonderheit des Verfahrens nach Art. 703 ZGB ihre Anwendung nicht ausschliesst. Da aber nicht eine ![]() | 26 |
a) Wenn hier die verwaltungsrechtliche Kammer des Bundesgerichts die Rüge der Verletzung von Art. 4 BV überprüft, welche an sich Gegenstand der staatsrechtlichen Beschwerde ist, so sind dennoch die für diese geltenden Anforderungen zu beachten. Nach Art. 87 OG setzt die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV die Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges voraus. Der letzten kantonalen Instanz kann zudem nicht Willkür vorgeworfen werden im Zusammenhang mit einer Frage, die ihr zur Entscheidung gar nicht unterbreitet wurde. Die Beschwerdeführer machen die behaupteten Verfahrensmängel jedoch erstmals mit der staatsrechtlichen Beschwerde an das Bundesgericht geltend. Auf die Rüge kann daher nicht eingetreten werden.
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Der Umstand, dass die Durchführung der Gründungsversammlung nicht schon im kantonalen Verfahren beanstandet wurde, ist jedoch nicht der einzige Grund, weshalb sich das Bundesgericht nicht mehr damit befasst. Das Einspracherecht ist auch unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben verwirkt. Bei Stimmrechtsbeschwerden erkennt das Bundesgericht in ständiger Rechtsprechung, dass es stossend wäre, wenn mit der Anfechtung von Anordnungen, welche der Abstimmung vorausgehen, bis nach deren Durchführung zugewartet würde (BGE 89 I 400, BGE 81 I 208). In gleicher Weise muss es hier als unzulässig betrachtet werden, wenn Verfahrensmängel bei der Gründungsversammlung nicht im Anschluss an diese gerügt werden. Das kantonale Recht räumt im Zusammenhang mit der Gründungsversammlung allerdings keine Einsprachefrist ein. Nachdem die Beschwerdeführer es aber auch unterlassen haben, ihre Rügen zumindest noch im Einspracheverfahren im Anschluss an die Projektauflage vorzubringen, haben sie ihre Anfechtungsmöglichkeit jedenfalls verwirkt.
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b) Es ist jedoch festzuhalten, dass die Art, in welcher die Grundeigentümer zur Teilnahme an der Gründungsversammlung aufgefordert wurden, vor Art. 4 BV nicht standhält. Eine persönliche Einladung an jeden Beteiligten böte sicher die beste Gewähr dafür, dass von der Versammlung Kenntnis genommen ![]() | 29 |
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Der Bundesrat hat mit Beschluss vom 9. Juli 1969 dem neuen Wasserversorgungsunternehmen grundsätzlich zugestimmt und ![]() | 33 |
Das Bundesgericht dagegen prüft die Frage, ob ein landwirtschaftliches Bodenverbesserungsunternehmen vorliegt, im Rechtsschutzverfahren im Hinblick darauf, ob die Grundeigentümer zum Beitritt gezwungen werden dürfen. Die Kriterien, von denen sich das Bundesgericht bei der Auslegung und Anwendung der massgebenden Gesetzesvorschriften leiten lässt, ergeben sich aus dem Rechtsschutzverfahren und der Natur des Streites, der um eine öffentlichrechtliche Eigentumsbeschränkung geht. Sie brauchen sich mit den Kriterien, nach denen die Verwaltung das Gesetz für die Entrichtung von Subventionen handhabt, nicht zu decken. Nach Art. 104 OG steht dem Bundesgericht die freie Überprüfungsbefugnis zu, und es kann die Feststellung des Sachverhaltes durch den Regierungsrat von Amtes wegen überprüfen (Art. 105 OG). Deshalb kommt der Rüge der Willkür, soweit sie in diesem Zusammenhang erhoben wird, keine selbständige Bedeutung zu (BGE 97 I 462, nicht publ. E. 1, BGE 91 I 147).
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Unter den in Art. 703 ZGB aufgeführten Beispielen von Bodenverbesserungen sind die Wasserversorgungen nicht genannt. Aus der Art der Werke und Massnahmen, die in der nicht abschliessenden Aufzählung im Gesetz erwähnt werden, lässt sich jedoch schliessen, dass auch Wasserversorgungen darunter fallen können. Werden doch nicht nur Vorkehren genannt, die der Verbesserung des Bodens im eigentlichen Sinne dienen, sondern auch Werke, wie z.B. Weganlagen, die auf irgendeine Weise dazu bestimmt und geeignet sind, die Bewirtschaftung zu erleichtern und die Produktionskosten zu senken (HAAB, Komm. zu Art. 703 ZGB N 1). Dieser Auslegung von Art. 703 ZGB entspricht die in Art. 77 Abs. 1 LWG gegebene Legaldefinition der Bodenverbesserungen. Art. 77 Abs. 1 LWG lautet:
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"Bodenverbesserungen im Sinne dieses Gesetzes sind Massnahmen oder Werke, die den Zweck haben, die Ertragsfähigkeit des Bodens zu erhalten oder zu steigern, seine Bewirtschaftung zu erleichtern oder ihn vor Verwüstungen oder Zerstörungen durch Naturereignisse zu schützen."
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Güterzusammenlegungen, Bewässerungen, Entwässerungen und Weganlagen genügen nicht immer, um die Bewirtschaftung des Bodens in dem gewünschten Masse zu erleichtern. Zu den Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft gehört auch, dass die Höfe und Häuser arbeitstechnisch und hygienisch gut eingerichtet sind, wozu eine einwandfreie Wasserversorgung und die Zuführung elektrischer Energie gehören. In der Bodenverbesserungs-Verordnung, welche das LWG näher ausführt, werden die Wasserversorgungen denn auch ausdrücklich als Bodenverbesserungswerke aufgeführt (Art. 40 lit. a der VO vom 29. Dezember 1954, Art. 37 lit. a der neuen VO vom 14. Juni 1971, welche nach Art. 70 Abs. 2 der Übergangsbestimmungen auf den vorliegenden Fall allerdings noch nicht anwendbar ist), nämlich als solche, deren Unterstützung durch den Bund auf Berggebiete beschränkt ist. Diese dem LWG zugrundeliegende Vorstellung vom Begriff der Bodenverbesserung geht nicht über die Bedeutung von Art. 703 ZGB hinaus, sondern es wird im ![]() | 38 |
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a) Die Bodenverbesserungs-Verordnung nennt die Voraussetzungen für die Erteilung von Bundesbeiträgen und bestimmt damit, was unter dem erforderlichen landwirtschaftlichen Interesse zu verstehen ist. Nach Art. 40 lit. a der Bodenverbesserungs-Verordnung vom 29. Dezember 1954 sind beitragsberechtigt "Wasserversorgungen für Einzelhöfe, für Alp- und Weidegebiete oder Ortswasserversorgungen finanzschwacher Gemeinden mit vorwiegend in der Landwirtschaft tätiger Bevölkerung". Die neue Verordnung vom 14. Juni 1971 verlangt bereits einen geringeren Anteil an in der Landwirtschaft Tätigen: Art. 37 setzt voraus, dass "ein angemessener Teil der Erwerbstätigen auf die Landwirtschaft entfällt; nach Massgabe des landwirtschaftlichen Interesses können auch Unternehmen für Weiler und Ortschaften unterstützt werden, die eine kleinere Quote landwirtschaftlicher Erwerbstätiger aufweisen". Die neue Bodenverbesserungs-Verordnung ist zwar, wie dargelegt, im Falle der Wassergenossenschaft Schwendi-Wilen nicht anwendbar. Doch ist dies nur mit Bezug auf die Entrichtung von Subventionen von Bedeutung. Im vorliegenden Verfahren aber geht es darum, ohne Rücksicht auf die Frage der Beitragsberechtigung den Sinn von Art. 77 LWG bzw. Art. 703 ZGB zu ermitteln. Es steht deshalb nichts entgegen, auch diese Verordnung, die sich ja nur im Rahmen des Gesetzes bewegen kann, heranzuziehen. Allerdings sind das LWG und die dieses ausführende Bodenverbesserungs-Verordnung auf die Ausrichtung von Bundesbeiträgen zugeschnitten, und insoweit kann eine Bejahung des landwirtschaftlichen Interesses aufgrund ![]() | 40 |
b) In den Listen der an der neuen Wasserversorgung beteiligten Grundeigentümer sind aus dem Gebiet der Wasserversorgung Schwendi 47 Landwirte, 5 Nichtlandwirte sowie 10 Eigentümer ohne Berufsangabe (von denen allerdings einige Landwirte zu sein scheinen, was abzuklären jedoch unterbleiben kann, da eine Bestätigung sich nur zuungunsten der Beschwerdeführer auswirken würde) aufgeführt, von der Wasserversorgung Wilen 58 Landwirte und 41 Nichtlandwirte sowie 3 Eigentümer ohne Angabe. Im Versorgungsgebiet Schwendi ist das landwirtschaftliche Interesse offensichtlich gegeben und wird auch nicht bestritten; nach dem Antrag des EVD an den Bundesrat vom 30. Juni 1969 betreffend die Gewährung des Bundesbeitrages beträgt es 72%. Für den Raum Wilen stellt das EVD jedoch ein landwirtschaftliches Interesse von nur 49% fest. Nach dem technischen Bericht des mit der Ausarbeitung des Projektes beauftragten Ingenieurbureaus vom 22. November 1968 sind im Versorgungsgebiet Wilen zum Anschluss gemeldet:
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Tagesverbrauch "600 Einwohner à 300 l/Kopf und Tag: 180 m3
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480 Stk Grossvieh à 50 l: 24 m3
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470 Stk Kleinvieh à 50 l (Schweinemast): 24 m3
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310 Hotelbetten à 150 l: 47 m3
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70 Betten Pflegerinnenschule à 100 l: 7 m3
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1 Schwimmbad und Therapie: 10 m3"
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Was die Grundeigentümer betrifft, so überwiegen die Landwirte auch in diesem Gebiet noch deutlich. Wenn nach den Feststellungen des EVD trotzdem nur ein landwirtschaftliches Interesse von 49% gegeben ist, so offensichtlich wegen der Hotels, der Pflegerinnenschule und des Schwimmbads sowie deshalb, weil ein beträchtlicher Teil der erwerbstätigen Einwohner nicht in der Landwirtschaft beschäftigt ist. Vom Anschluss eines Neubaus der Pflegerinnenschule, dessen Wasserverbrauch sich übrigens in kleinem Rahmen halten wird, kann nicht gesagt werden, er sei zweckfremd, trägt der Spitalneubau doch zur ![]() | 48 |
8. Aus der Eigentumsgarantie folgt, dass für die zwangsweise Durchführung von Bodenverbesserungsmassnahmen nicht nur die gesetzliche Grundlage, sondern auch das öffentliche Interesse gegeben sein muss (BGE 98 Ia 199). Es muss ein hinreichendes Bedürfnis nach den Verbesserungsmassnahmen vorhanden sein, und der Eingriff in das Eigentum des Einzelnen muss unter dem Gesichtspunkt einer zweckmässigen Ausführung des Werkes gerechtfertigt sein. Dabei geht es um die Würdigung der örtlichen Verhältnisse und um technische Fragen der Projektausführung, die den zuständigen kantonalen Behörden einen weiten Spielraum des Ermessens belassen. Wie weit die in diesem Zusammenhang sich stellenden Fragen im einzelnen unter dem Gesichtspunkt von Art. 703 Abs. 1 ZGB oder des kantonalen Rechts und damit je nachdem gemäss den für die Verwaltungsgerichtsbeschwerde oder die staatsrechtliche Beschwerde geltenden Grundsätzen zu beurteilen sind, kann offen ![]() | 49 |
Der Regierungsrat bejaht das öffentliche Interesse an der neuen Wasserversorgung Schwendi-Wilen mit der Begründung, dass es um die Sanierung der Trinkwasserversorgung eines ganzen Gebietes gehe, und zwar in qualitativer wie auch in quantitativer Hinsicht. Der Beweis sei erbracht, dass die Wasserqualität, wie sie vom Schweiz. Lebensmittelbuch gefordert werde, nicht immer einwandfrei sei. Zudem müsse im Raume der Wassergenossenschaft Wilen mit einem vermehrten Wasserbedarf gerechnet werden, da eine beträchtliche Anzahl älterer Gebäude angeschlossen sei, die bei einer Verbesserung der sanitären Einrichtungen einen grösseren Verbrauch haben werden. Die Brunnengenossenschaft Wilen habe sogar landwirtschaftliche Abonnenten, deren Ställe nicht von ihr mit Wasser versorgt würden. Die bisherige Wasserversorgung sei auch inbezug auf die Feuerlöschmöglichkeiten ungenügend. Schliesslich würde das Bestehen von zwei Wasserversorgungen und damit von Parallelleitungen im gleichen Gebiet, was die Nichteinbeziehung der Brunnengenossenschaft Wilen zur Folge hätte, zu unerwünschten Schwierigkeiten beim Bau von Kanalisationen, der Durchführung von Kabelleitungen usw. führen, was unbedingt zu vermeiden sei.
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Die Beschwerdeführer stellen sich vor allem auf den Standpunkt, dass die Wasserversorgung der Brunnengenossenschaft Wilen für den Bedarf ihrer Mitglieder noch auf lange Zeit genügen werde. Dabei verkennen sie jedoch, dass im Raume der Brunnengenossenschaft Wilen mit einem vermehrten Wasserverbrauch infolge einer Verbesserung der sanitären Einrichtungen in den landwirtschaftlichen Heimwesen gerechnet wird. Eine Anpassung der sanitären Anlagen in den Bauernhäusern an die heutigen Anforderungen ist mit Rücksicht auf verbesserte Lebensbedingungen der Landwirte und zur Verhinderung der besonders in Berggebieten drohenden Abwanderung sicher notwendig.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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