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42. Urteil der I. Zivilabteilung vom 27. November 1973 i.S. Schweizerischer Landesverband für Leibesübungen gegen Eidg. Amt für geistiges Eigentum. | |
Regeste |
Musterschutz, Hinterlegung einer Zeichnung. |
2. Art. 2 MMG. Eine Zeichnung erfüllt den gesetzlichen Begriff des Musters nicht, wenn sie weder geeignet noch dazu bestimmt ist, bei der gewerblichen Herstellung eines Gegenstandes als Vorbild zu dienen (Erw. 2). | |
Sachverhalt | |
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Am 16. Mai 1973 stellte der Verband ein neues Gesuch. Er verlangte die verschlossene Hinterlegung eines Musters, das in einem versiegelten Umschlag beigelegt und als "Symbolfigur Sport für alle" bezeichnet wurde. Das Amt wies das Gesuch mit Verfügung vom 26. Juni 1973 zurück, weil die hinterlegte Symbolfigur den Schutz des MMG nicht geniessen könne.
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B.- Gegen diese Verfügung führt der Verband Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, sie aufzuheben und das Amt anzuweisen, das mit Gesuch vom 16. Mai hinterlegte Muster, das ein Vorbild für die Herstellung von Symbolfiguren "Sport für alle" enthalte, im Register einzutragen.
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Das Eidg. Amt für geistiges Eigentum beantragt, die Beschwerde abzuweisen.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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Das Amt führt zu dieser Frage insbesondere aus, gemäss Art. 17 Abs. 2 MMG habe es offen hinterlegte Gegenstände, die als Muster oder Modelle im Sinne des Gesetzes ausser Betracht fielen, zurückzuweisen. Dazu sei es auch verpflichtet, wenn eine Hinterlegung unter versiegeltem Umschlag spätestens nach Ablauf der ersten Schutzdauer von fünf Jahren in eine offene umgewandelt werde (Art. 9 Abs. 1, Art. 17 Abs. 3 MMG) und das angebliche Muster oder Modell sich dann als unzulässig ![]() | 6 |
Von einer echten Lücke des Gesetzes kann indes nicht die Rede sein. Die Möglichkeit, ein Muster oder Modell verschlossen zu hinterlegen, sah das MMG schon in der Fassung von 1888 vor. Nach der Entstehungsgeschichte dachte man dabei vor allem an Textilmuster, an deren Geheimhaltung Fabrikanten und Modeschöpfer interessiert sind, um ihre vorzeitige Bekanntmachung zu verhindern und sie vor Nachahmung zu schützen. Von der versiegelten Hinterlegung sollten aber auch andere Interessenten Gebrauch machen können (vgl. Botschaft des Bundesrates in BBl 1888 I S. 653 ff. insbes. S. 658/9); sie wird im Gesetz denn auch bloss der Grösse und dem Gewicht, nicht aber der Sache nach beschränkt (Art. 7 Abs. 2 und Art. 9 MMG). Indem der Gesetzgeber die verschlossene Hinterlegung frei zuliess, fand er sich mit der Gefahr ab, dass diese Art der Hinterlegung unter Umständen missbraucht wird und der Hinterleger auch Scheinrechte mit Schutzwirkung erlangen kann. Eine Folge davon ist, dass das Gesetz die Befugnis des ![]() | 7 |
Wenn das Amt einem verdeckten Rechtsmissbrauch nicht begegnen kann, heisst das jedoch nicht, dass es auch einen offenbaren hinnehmen müsse. Ein solcher liegt vor, wenn ein Gesuchsteller einen zunächst offen eingereichten, aber vom Amt als unzulässig zurückgewiesenen Gegenstand nachträglich verschlossen hinterlegen will. Der Gesuchsteller könnte den Zweck der Rückweisung nach Belieben vereiteln, wenn das Amt sich diesfalls mit der verschlossenen Hinterlegung abfinden müsste; es hält ein solches Vorgehen mit Recht für missbräuchlich im Sinne von Art. 2 Abs. 2 ZGB.
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Im vorliegenden Fall kann sich somit bloss fragen, ob die vom Beschwerderdeführer verschlossen hinterlegte "Symbolfigur Sport für alle" mit der zuvor offen eingereichten "Sport für alle - Figur" übereinstimmte. Dies musste das Amt nach den Unterlagen ernsthaft vermuten. Die Vermutung wird bestätigt durch die vom Beschwerdeführer unterbreiteten Belege, insbesondere durch den Vergleich zwischen der als "Sportli" bezeichneten neuen Symbolfigur und der zuerst eingereichten Figur. Der Beschwerdeführer versucht die vom Amt unverkennbar vorausgesetzte Übereinstimmung denn auch nicht zu widerlegen.
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Die hinterlegte Symbolfigur ist eine Zeichnung. Der Beschwerdeführer will nach eigenen Angaben Handels- und Gewerbebetrieben die Lizenz erteilen, die Figur "für die Herstellung verschiedenartigster Gegenstände" (z.B. Schlüsselanhänger, ![]() | 11 |
Dass das Muster oder Modell eine geistige, "nicht an eine einmalige Materialisation" gebundene Sache ist, wie der Beschwerdeführer unter Hinweis auf TROLLER (a.a.O. S. 517) einwendet, hilft ihm nicht. TROLLER sieht das Geistige in der zum Wesensmerkmal erhobenen Zweckbestimmung: Das Muster oder Modell soll bei der Herstellung eines Gegenstandes als Vorbild dienen, darf seine wesentlichen Züge aber nicht der physischen Bearbeitung des Materials, in dem es geformt wurde, verdanken. Er verkennt deswegen jedoch nicht, dass das Muster oder Modell "zur sinnlich wahrnehmbaren Existenz gebracht werden", "als fertige Form erkennbar sein" muss. Damit stimmt überein, dass er an anderer Stelle (a.a.O. S. 516), die vom Beschwerdeführer unvollständig zitiert wird, die äussere Formgebung im Sinne von Art. 2 MMG nicht bloss abstrakt als "visuell wahrnehmbare Form" auffasst, sondern zugleich konkret als "durch die Verwendung von mindestens zwei Linien oder Flächen entstandenes graphisches Gebilde im weitesten Sinne" oder als "dreidimensionale Form, Raumform" versteht. Auch nach der deutschen Lehre gehört die Körperlichkeit zum Wesen des Musters, gleichviel ob es plastisch oder flächig ist (FURLER, Geschmacksmustergesetz, 3. Aufl. S. 82).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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