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48. Auszug aus dem Urteil vom 6. April 1973 i.S. Genossenschaft X. | |
Regeste |
Wehrsteuer: Merkmale der Steuerumgehung. | |
Sachverhalt | |
1 | |
A.- Die Beschwerdeführerin, ein Genossenschaftsverband gemäss Art. 921 ff. OR, wurde im Jahre 1961 gegründet. Sie hat nach Art. 2 ihrer Statuten zum Zweck, einen rationellen Warenumschlag zwischen einem Dachverband und den ihr angeschlossenen örtlichen Genossenschaften zu gewährleisten, insbesondere durch gemeinsamen Einkauf und gemeinsame Lagerung der von diesen Mitgliedern benötigten Waren. Zur Finanzierung dienen die Einzahlungen der Mitglieder auf Anteilscheine und aufgenommene fremde Gelder (Art. 13). Jedes Mitglied muss mindestens einen Anteilschein von Fr. 200 zeichnen; ausserdem können die Mitglieder je nach Finanzbedarf zur Übernahme weiterer Anteile verpflichtet werden (Art. 14). Die Beschwerdeführerin gibt die Ware zu den Selbstkosten weiter (Art. 16). Ein allfälliger Reinüberschuss wird nach den gesetzlichen Reservezuweisungen zur Verzinsung der Anteilscheine verwendet (Art. 17).
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B.- In den auf Ende Juni 1963-1966 erstellten Bilanzen der Beschwerdeführerin sind folgende Posten enthalten:
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30.6.1963 30.6.1964 30.6.1965 30.6.1966
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Fr. Fr. Fr. Fr.
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Bilanzsumme 5'465'518 5'354'454 5'347'298 5'046'569
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Immobilien 4'115'000 4'055'000 3'995'000 3'908'259
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Anteilscheinkapital
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und Reserven 101'000 102'000 103'000 105'000
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Hypotheken 3'000'000 2'819'814 2'793'850 2'759'898
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Darlehen
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der Mitglieder 2'092'300 2'092'300 1'860'400 1'452'000
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Angesichts des Verhältnisses zwischen dem ausgewiesenen Eigenkapital und den Mitgliederdarlehen fand die kantonale Wehrsteuerverwaltung, es liege eine Steuerumgehung durch Schaffung verdeckten Eigenkapitals vor. Sie betrachtete ein Eigenkapital von 20% der Bilanzsumme als normal und stellte deshalb bei der Einschätzung der Beschwerdeführerin für die 11., 12. und 13. Wehrsteuerperiode einen Teil der Mitgliederdarlehen als verdecktes Eigenkapital in Rechnung. Die kantonale Rekurskommission bestätigte die Einspracheentscheide.
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Das Bundesgericht lehnt den grundsätzlichen Standpunkt der Beschwerdeführerin ab.
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Aus den Erwägungen: | |
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Indessen verkennt die Beschwerdeführerin die Natur und die Tragweite des Merkblattes. Dieses hat keineswegs den Charakter einer Rechtsverordnung, die nur für die Zukunft und bloss für die im Text genannte Kategorie von Steuerpflichtigen anwendbar wäre. Vielmehr enthält es administrative Weisungen, welche schon vorher massgebliche allgemeine Rechtsgrundsätze betreffen und deren einheitliche Anwendung im Fall der Immobiliengesellschaften erleichtern sollen.
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Diese Rechtsgrundsätze sind in einer langjährigen Rechtsprechung über die Steuerumgehung entwickelt worden. Auf sie hat sich das Bundesgericht in einem Urteil vom 12. November 1971 (ASA 41 S. 243 ff.) bei der Prüfung der im angefochtenen Entscheid befolgten, auf das Merkblatt vom 10. Juli 1968 gestützten Praxis berufen (E. 3a). Das Merkblatt bezieht sich deshalb nur auf die Immobiliengesellschaften, weil bei ihnen die "Unterkapitalisierung" besonders häufig vorkommt. Die Besteuerung verdeckten Eigenkapitals kommt aber auch in anderen Fällen in Frage. In diesem Sinne hat sich das Bundesgericht ![]() | 18 |
Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Selbsthilfegenossenschaften erstrebten im Unterschied zu den Aktiengesellschaften keinen Gewinn und seien daher anders zu behandeln als diese. Sie erklärt, dass sie wirtschaftlich nicht selbständig sei, sondern lediglich die Funktion einer Umschlagstelle erfülle, indem sie den Einkauf und die Lagerung der Waren für ihre Mitglieder zentralisiere, wobei sie nur die Selbstkosten in Rechnung stelle. Den Folgerungen, die sie aus diesen Feststellungen ableitet, kann jedoch nicht beigepflichtet werden. Der Wehrsteuerbeschluss unterwirft die Genossenschaften grundsätzlich dem gleichen System der Besteuerung wie die Aktiengesellschaften, ohne darauf abzustellen, ob ein Gewinn erstrebt wird oder nicht (Art. 50 und 61). Diese Gleichbehandlung bei der Wehrsteuer wird übrigens schon von der Bundesverfassung gefordert, die in Art. 41 ter Abs. 5 lit. a vorschreibt, dass die ![]() | 19 |
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Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich hat angenommen, bei Darlehen der Gesellschafter an die Gesellschaft habe man es mit verdecktem Eigenkapital und Steuerumgehung zu tun, wenn a) die Gesellschaft ihre Aufgabe ohne die geborgten Mittel nicht hätte erfüllen können, b) ein Darlehen in der vereinbarten Höhe nach den geschäftlichen Gepflogenheiten von einem der Gesellschaft fernstehenden Dritten nicht erhältlich ![]() | 21 |
Wie im angefochtenen Entscheid mit Recht ausgeführt wird, sind hier die Merkmale der Steuerumgehung erfüllt. Die Beschwerdeführerin benötigte umfangreiche Mittel, um die für ihre Tätigkeit erforderlichen Immobilien im Werte von rund 4 Millionen Franken anschaffen zu können. Mit einem Anteilscheinkapital von bloss Fr. 100 000 und ohne andere eigene Mittel hätte sie gewiss nicht das gesamte noch fehlende Kapital bei Dritten borgen können, auch nicht gegen hypothekarische Sicherstellung. Das normale Vorgehen hätte in einer starken Erhöhung des Anteilscheinkapitals bestanden. Die Statuten der Beschwerdeführerin bestimmen denn auch in Art. 14, dass die Mitglieder "je nach Finanzbedarf" im Verhältnisse ihrer Warenbezüge "zusätzliche obligatorische Anteile zu übernehmen" haben. Es war den wirtschaftlichen Gegebenheiten völlig unangemessen und statutenwidrig, die gesamten zusätzlich erforderlichen Mittel auf dem Wege einfacher Darlehen der Mitglieder zu beschaffen. Diese Darlehen waren zum Teil dem mit dem Unternehmen der Beschwerdeführerin verbundenen Risiko ausgesetzt, in gleicher Weise wie das Anteilscheinkapital. Das von den Beteiligten gewählte Vorgehen hätte auch, was nicht bestritten ist, eine beträchtliche Steuerersparnis zur Folge, wenn es für die Besteuerung hingenommen würde. Es lässt sich nur mit der Absicht erklären, Steuern einzusparen, die bei sachgemässer Gestaltung der Verhältnisse geschuldet wären. Ein anderer Grund wird nicht genannt und ist auch nicht ersichtlich.
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