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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
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11. Auszug aus dem Urteil vom 28. März 1974 i.S. Aktiengesellschaft X. gegen Eidg. Steuerverwaltung | |
Regeste |
Warenumsatzsteuer: Das Zurverfügungstellen von Arbeitskräften stellt keine steuerbare Warenlieferung dar. | |
Sachverhalt | |
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Die Beschwerdeführerin entrichtete daraufhin die bei ihr erhobene Warenumsatzsteuer nur unter Vorbehalt. Die EStV betrachtete jedoch die Zahlung als begründet und bestätigte diese Auffassung im Einspracheverfahren. Dagegen richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtsbeschwerde, die vom Bundesgericht gutgeheissen wurde.
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Erwägungen: | |
1. Der Warenumsatzsteuer unterliegen nach Art. 13 WUStB u.a. die Lieferung im Inland und der Eigenverbrauch von Waren durch Grossisten. Der Warenlieferung ist nach Art. 15bis seit 1. Januar 1972 gleichgestellt die Herstellung von Bauwerken für fremde Rechnung. Als solche gelten nach Art. 18bis "alle Arbeiten an Grundstücken und Dauerbauten ![]() | 3 |
Arbeit am eigenen Bau ist - unter Vorbehalt des Eigenverbrauchs (Art. 16 Abs. 2 WUStB) - steuerfrei. Die Steuerpflicht hängt ausschliesslich davon ab, ob die Arbeiten als durch den Arbeitgeber der Ausführenden oder als durch den Eigentümer des Baues vorgenommen zu werten sind. Bei der Abwägung, wem die Arbeiten umsatzsteuerrechtlich zuzurechnen sind, muss dem Umstand, dass Planung und Leitung der Arbeiten, die Weisungsbefugnis gegenüber den eingesetzten Arbeitskräften und insbesondere die Verantwortung für den Erfolg der Arbeit beim Eigentümer des Baues liegen, das grössere Gewicht zukommen als dem Verhältnis zwischen den ausführenden Arbeitern und dem Arbeitgeber, der ihnen zwar den Lohn bezahlt, aber sich um die Arbeit nicht zu kümmern hat. Gegenstand der Steuer ist schliesslich das Arbeitsprodukt, das als wirtschaftliche Leistung des Eigentümers des Bauwerkes zu gelten hat, gleichgültig ob er es mit seinen eigenen Arbeitern oder mit fremden Arbeitern geschaffen hat.
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Diese Betrachtungsweise, von der bis anhin auch die EStV ausgegangen ist, verstösst keineswegs gegen den Grundgedanken der Warenumsatzsteuer. Baugewerbliche Arbeiten sind nur zu erfassen, wenn sie gewerbsmässig auf fremde Rechnung ausgeführt werden. Bei Arbeiten am eigenen Bau könnte sich, sofern ![]() | 5 |
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a) Insbesondere ist nicht einzusehen, wieso die neue Praxis gerechter sein soll als die bisherige. Der zur Diskussion stehende Tatbestand könnte an sich nach dem Sinn des Gesetzes mit einigen guten Gründen den steuerpflichtigen Vorgängen zugeordnet werden. Wo die entscheidende Abgrenzung gegenüber den steuerfreien zu treffen ist, ist reine Auslegungsfrage. Es mag gerecht erscheinen, Arbeiten, die durch "geliehene" Arbeitskräfte Dritter ausgeführt worden sind, jenen gleichzustellen, die im Werkvertragsverhältnis durch Dritte ausgeführt werden, und damit anders zu behandeln als mit eigenem Personal ausgeführte Arbeiten. Es ist aber ebenso gerecht, alle am eigenen Bauwerk geleisteten Arbeiten gleich zu behandeln ohne Rücksicht auf die Art der Beschaffung der Arbeitskräfte, aber anders als die Fälle, bei denen die Verantwortung für Arbeitsablauf und -ergebnis bei einem Dritten liegt. Bei jeder Betrachtungsweise wird man sich damit abfinden müssen, dass genau dieselbe Arbeit unter bestimmten Umständen umsatzsteuerpflichtig ist, unter anderen nicht.
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b) Auch aus dem Gesichtspunkt der Wettbewerbsneutralität lässt sich die Praxisänderung nicht begründen. Die EStV hat jedenfalls nicht darzutun vermocht, inwieweit die Wettbewerbsverhältnisse durch die bisherige Praxis verfälscht worden sein sollen. Zwar scheinen bis anhin offenbar hauptsächlich Grossunternehmen mit Verträgen über die Zurverfügungstellung von Arbeitskräften zu arbeiten. Allein, dieses Mittel steht auch anderen ![]() | 8 |
c) Dem Gesichtspunkt der Praktikabilität schliesslich kann grundsätzlich keine entscheidende Bedeutung zukommen. Dass die neue Praxis unter Umständen eine gewisse Vereinfachung erlauben würde, mag zutreffen; ebenso kann sie aber, wenn es um die Abrechnung im Einzelfall geht, aufwendigere Abgrenzungsprobleme mit sich bringen. Im Rahmen des gesamten mit der Warenumsatzsteuererhebung verbundenen Verwaltungsaufwandes fällt dieser Gesichtspunkt jedenfalls nicht ernstlich ins Gewicht.
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Sprechen damit keine entscheidenden Gründe zu Gunsten einer Praxisänderung, ist die bisherige Praxis beizubehalten. Gegenüber dem Postulat der Rechtssicherheit lässt sich eine Praxisänderung grundsätzlich nur begründen, wenn die neue Lösung besserer Erkenntnis der ratio legis, veränderten äusseren Verhältnissen oder gewandelten Rechtsanschauungen entspricht (H. DUBS, Praxisänderungen, S. 138 ff).
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